Zur Umsetzung des im Wasserhaushaltsgesetz sowie im Berliner Wassergesetz verankerten Grundsatzes des vorsorgenden Grundwasserschutzes sowie einer nachhaltigen Grundwasserbewirtschaftung werden in Berlin Messnetze im Rahmen des informationsorientierten Grundwasser-Monitorings betrieben. Informationen dieser Messnetze zum Grundwasserstand und zur -beschaffenheit dienen auch dazu, die in Berlin aus dem eigenen Stadtgebiet betriebene und qualitativ hochwertige Wasserversorgung langfristig sicherzustellen. Dies ist eine umweltpolitische Schwerpunktaufgabe des Senates.
Auf Grundlage der hydrochemischen Daten des, landesweit betriebenen Grundwasserbeschaffenheitsmessnetzes ist der aktuelle Zustand des Grundwassers in der Periode von 1995-2000 charakterisiert worden [1]. Vorhandene Daten und Erkenntnisse aus den Bohrprogrammen der siebziger bis neunziger Jahre sind in die Untersuchung mit eingegangen. Flächenhafte Grundlagen der Bewertung sind vorhandene Daten zu ober- und unterirdischen Einzugsgebieten, zur aktuellen Landnutzung, zu den hydrogeologischen Teilräumen sowie zur Charakterisierung der Grundwasserüberdeckung.
Mit der vorliegenden Studie [1] sollen die Aufgaben der seit Dezember 2000 in Kraft getretenen Europäischen Wasserrahmenrichtlinie unterstützt werden. Hier ist bis Ende 2004 zunächst eine Bestandsaufnahme erforderlich und innerhalb einer Frist von 15 Jahren der “gute chemische Zustand” des Grundwassers zu garantieren. Die Erreichung dieses Zieles in Bezug auf die Grundwasserbeschaffenheit kann unterstützt werden, wenn ein umfassend bewerteter Informationsstand zu den hydrogeochemischen Verhältnissen auf der Basis aller vorhandenen Daten besteht.
Die statistische Bewertung der Beschaffenheitsdaten zeigt insbesondere in Bezug auf die Grundwasserleiter-Zuordnung sowie die Tiefenlage der Messstellen signifikante Unterschiede bei den Konzentrationen vieler Inhaltsstoffe des Grundwassers. Hohe Konzentrationen treten in den oberflächennahen Grundwasserleitern vor allem bei Sulfat, untergeordnet auch bei Kalium, Natrium, Chlorid und Bor auf. Die Sulfatgehalte liegen z. T. noch deutlich oberhalb des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung (240 mg/l). Das Ausmaß dieser Überschreitungen des Grenzwertes liegt deutlich höher, als dies bei Schwermetallen oder synthetischen Stoffen im Grundwasser (LHKW, PSM) der Fall ist.
Die Konzentrationen der o.g. Hauptinhaltsstoffe liegen deutlich über den Gehalten, die als “natürliche Hintergrundgehalte” des Grundwassers innerhalb des norddeutschen Lockergesteinsgebietes beschrieben werden. Die Ursachen hierfür sind in zeitlicher und räumlicher Hinsicht sehr komplex. Aufgrund der Tiefenlage (z. T. bereits mehr als 50 m) muss der Stoffeintrag bereits langfristig stattfinden, insbesondere der Bauschutteintrag nach dem zweiten Weltkrieg, aber auch die atmosphärische Deposition von Rauchgasen im Ballungsraum Berlin ist hier von flächendeckender Bedeutung. Kleinräumiger, z. T. jedoch noch intensiver wirkt sich (im Innenstadtbereich) der Abwassereinfluss durch defekte Leckagestellen des veralteten Rohrnetzes sowie die starke Absenkung des Grundwassers (im Bereich der Wassergewinnungsanlagen) durch die hierdurch induzierte Oxidation von dispers im Sediment verteilten Materials aus.
Um das Mosaik dieser sich gegenseitig z.T. überlagernden, hydrogeochemischen Beeinflussungen des Grundwassers im Raum Berlin schärfer fassen und quantifizieren zu können ist ein Bewertungsschema mit sieben verschiedenen Typen der hydrochemischen Beeinflussungen entwickelt und auf die Daten des Senatsmessnetzes sowie der Bohrprogramme angewendet worden. Das Schema umfasst sowohl geogen (z. T. die chloridische Versalzung), als auch anthropogen (z. B. die Beeinflussung durch künstlich in das Grundwasser eingetragene Schadstoffe) induzierte Vorgänge. Von den sieben Typen nicht betroffen, also hydrochemisch in keiner Hinsicht beeinflusst, waren nur 9 % der bewerteten Messstellen. Sehr breiten Raum (etwa jede vierte Messstelle) nimmt die “unspezifische Beeinflussung” ein, die sich in der Erhöhung der Konzentrationen einer ganzen Reihe von Hauptinhaltsstoffen zeigt und im Zusammenhang mit dem diffusen Schadstoffeintrag interpretiert werden muss. Der Vergleich der sich
ergebenden Konzentrationsspannen innerhalb der jeweiligen Klassen mit den Daten aus Brandenburg zeigt signifikant höhere Werte in Berlin. Aus diesem Grund wurde eine zusätzliche Klasse (“berlintypisch”) in das Schema aufgenommen, die dem Umstand der ubiquitär innerhalb des Ballungsraumes erhöhten Werte gegenüber dem Umland Rechnung trägt. Für die verbleibenden, unbeeinflussten Wässer wurden typische Bandbreiten der Konzentrationen pro Parameter und Grundwasserleiter ausgewiesen.
Die zeitliche Entwicklung der Grundwasserbeschaffenheit seit 1995 zeigt im allgemeinen nur schwache Trends. Während Chlorid und Sulfat im allgemeinen geringfügig rückläufig sind wird bei dem abwasserbürtigen Bor eine gewisse Zunahme regisitriert. Mit einer verbesserten Datengrundlage kann hier – nach den Vorgaben der Bewertung, die für die Erfüllung der Berichtspflichten für die Wasserrahmenrichtlinie bundesweit angewendet werden – in einigen Jahren ein schärferes Bild gezeichnet werden.
[1] FUGRO GmbH, HYDOR CONSULT GmbH (2002): “Hydrochemische Charakterisierung des Grundwassers in Berlin”, im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung