Dieses Konzept wurde von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz unter Öffentlichkeitsbeteiligung erarbeitet und nach Senatsbeschluss am 13. August 2010 zur abschließenden Beschlussfassung in das Abgeordnetenhaus eingebracht. Anschließend wurde in den letzten Monaten dieses Konzept im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses unter Beteiligung von Fachexperten intensiv erörtert. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten relevanten Aspekte und Anregungen wurden per Änderungsantrag noch in das Abfallwirtschaftskonzept eingearbeitet.
Mit dem Abgeordnetenhausbeschluss liegt für das Land Berlin nun ein richtungweisendes und anspruchsvolles Abfallwirtschaftskonzept vor. In diesem werden verbindliche Rahmenbedingungen über Vermeidung und Entsorgung aller im Land Berlin anfallenden Abfälle für den Planungszeitraum bis 2020 geschaffen. Dieses Konzept legt die wesentlichen Schritte für eine Weiterentwicklung der Berliner Abfallwirtschaft zu einer modernen Kreislaufwirtschaft – insbesondere unter Ressourcen- und Klimaschutzaspekten – in den nächsten Jahren verbindlich fest.
Mit dem Konzept werden über die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit des Landes Berlin hinaus anspruchsvolle Klimaschutzziele vorgegeben. Zusätzlich zu der von der Berliner Abfall- und Entsorgungswirtschaft bereits jährlich erzielten Klimaentlastung von 1,2 Mio. Mg CO2 pro Jahr sollen darüber hinaus weitere relevante Klimaentlastungspotentiale in Höhe von jährlich 1,1 Mio. Mg CO2 bis 2020 erzielt werden. Zur Veranschaulichung: Diese geplante Klimaschutzentlastung entspricht rund 25 Prozent der vom Land Berlin von 2010 bis 2020 angestrebten Einsparungen an Klimagasen. Somit wird deutlich, dass eine nachhaltige Abfallwirtschaft große Anteile an der Erreichung der klimapolitischen Ziele des Landes Berlin leisten kann.
Diese ehrgeizige Reduzierung an schädlichen Klimagasen soll vor allem durch eine hochwertige und klimaschonende Verwertung von Abfällen sowie durch die verpflichtende Anwendung von Umweltschutzkriterien bei der Vergabe von Aufträgen zur Beschaffung von Produkten, Bau- und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand erreicht werden.
So sollen relevante Beiträge zur CO2-Einsparung und zum Ressourcenschutz durch die nachhaltige stoffliche und energetische Nutzung des vorhandenen großen Verwertungspotentials aller im Land Berlin anfallenden biogenen und nicht biogenen Abfälle bis 2020 erreicht werden.
Da durch die derzeitig noch erfolgende Deponierung wertvolle Stoffe (rund 70.000 Mg/a) von einer nachhaltigen Nutzung als CO2-neutraler Energieträger ausgeschlossen werden, sollen nach dem Abfallwirtschaftskonzept ab 2015 alle anfallenden Siedlungsabfälle so behandelt und stofflich oder energetisch verwertet werden, dass keine zu deponierenden Stoffe mehr anfallen. Auch durch den baldigen Ausstieg aus der derzeitigen Verwertung von biogenen Stoffen in einfachen Kompostierungsanlagen können erhebliche Einsparungen an Klimagasen (z.B. Methan, Lachgas) erreicht werden. Daher sollen ab 2016 alle anfallenden biogenen Stoffe (rund 1.200.000 Mg/a) – wie beispielsweise Rasenschnitt und Laub – einer klimaschonenden und energieeffizienten Behandlung zugeführt werden. Durch solche und durch weitere Maßnahmen zur hochwertigen Verwertung biogener Stoffe – wie beispielsweise flächendeckende und entgeltfreie häusliche Bioabfallsammlung – sollen insgesamt
Klimaschutzentlastungspotentiale von rund 260.000 Mg CO2 pro Jahr bis 2016 erreicht werden. Zur Veranschaulichung: Dieses Einsparpotential entspricht rund 11 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen aller Pkw-Fahrten im Land Berlin.
Zur Evaluierung und zur Ermittlung weiterer Klimaschutzentlastungspotentiale im Bereich der Abfallwirtschaft soll nach diesem Konzept eine jährliche Stoffstrom-, Umwelt- und Klimabilanz für alle relevanten Abfallarten durch die Senatsumweltverwaltung erstellt und regelmäßig fortgeschrieben werden. Durch dieses bundesweit einmalige und vorbildhafte Instrument können wichtige Impulse zur dauerhaften und klimaschonenden Verwertung aller anfallenden Stoffe geleistet werden. Basierend auf den Vorgaben des Abfallwirtschaftskonzeptes plant die Senatsumweltverwaltung noch in diesem Jahr eine umfangreiche Untersuchung zur Erschließung weiterer Klimaschutzentlastungspotentiale bei der Verwertung nicht biogener Stoffe (z.B. Mineralik, gemischte Bau- und Siedlungsabfälle, Kunststoffe) sowie biogener Stoffe.
In diesem Zusammenhang kommt der flächendeckenden Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne eine besondere abfallwirtschaftliche Bedeutung zu. Durch die zusätzliche Erfassung von Wertstoffen (rund 30.000 Mg/a) mit vorrangiger stofflicher Verwertung sollen gegenüber der Beseitigung große Umweltentlastungspotentiale bis 2012 erreicht werden.
Alle im Abfallwirtschaftskonzept genannten Einzelmaßnahmen sind so entwickelt worden, dass gegenüber der Abfallbeseitigung eine hochwertigere und klimaschonendere Verwertung der Abfälle erreicht wird. Vor diesem Hintergrund soll die derzeit verwertete Siedlungsabfallmenge um rund 100.000 Mg/a bis zum Jahr 2020 gesteigert und folglich die anfallende jährliche Restabfallmenge zur Beseitigung auf rund 820.000 Mg/a reduzieren werden.
Beim Aufbau einer modernen Kreislaufwirtschaft kommt dem öffentlichen Beschaffungswesen eine Schlüsselrolle zu. So beschafft das Land Berlin Produkte und Dienstleistungen in einem finanziellen Umfang von rund 4 bis 5 Milliarden Euro pro Jahr. Die öffentliche Verwaltung kann bei der Auftragsvergabe und bei der Beschaffung einen erheblichen Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz leisten, indem sie umweltfreundliche Produkte und Materialien sowie umweltschonende Verfahren bei der Erfüllung von Leistungen bevorzugt und somit eine moderne Kreislaufwirtschaft nachhaltig stärkt und zur Abfallvermeidung beiträgt. Basierend auf dem in Kraft getretenen Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz beabsichtigt die Senatsumweltverwaltung durch Senatsbeschluss baldmöglichst eine Verwaltungsvorschrift mit entsprechenden ökologischen Mindestkriterien für relevante Produkte und Dienstleistungen für alle öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin verbindlich zu erlassen. Allein
durch eine derartige umweltfreundliche Beschaffung und den exemplarischen Aufbau einer vorbildhaften Kreislaufwirtschaft können schätzungsweise jährlich bis zu rund 800.000 Mg CO2 bis 2020 eingespart werden.
Umweltsenatorin Lompscher betont, dass das Land Berlin mit der Beschlussfassung dieses ambitionierten Abfallwirtschaftskonzeptes auch bundesweit vorbildhafte Akzente zur Weiterentwicklung einer ressourcen- und klimaschonenden Abfallwirtschaft setzt. Insbesondere vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Klimawandels ist es unumgänglich, dass das Land Berlin zukünftig auch seine vorhandenen und regelmäßig anfallenden Ressourcen an Abfällen nachhaltig als CO2-neutralen Energieträger intelligent nutzt. Hierzu bedarf es großer Anstrengungen und Initiativen aller Akteure der Entsorgungs- und Energiewirtschaft sowie der entsprechenden Fachabteilungen in den Berliner Verwaltungen.