Zusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit gibt einen aktuellen Überblick über die Gefährdung aller 195 bisher in Berlin nachgewiesenen aquatisch lebenden Käferarten der Familiengruppen Hydradephaga, Hydrophiloidea [partim], Byrrhoidea [partim] und Staphylinoidea [partim]. Sie verteilen sich auf die Familien Hygrobiidae [1], Haliplidae [17], Dytiscidae [102], Noteridae [2], Gyrinidae [7], Hydraenidae [7], Hydrochidae [4], Hydrophilidae [28], Helophoridae [15], Spercheidae [1], Elmidae
[4] und Dryopidae [7]. Unberücksichtigt bleiben lediglich die terrestrischen Vertreter der Familie Hydrophilidae (die meisten Arten der Gattung Cercyon und alle Sphaeridiinae), die Georissidae [1] und die Familie der Scirtidae. Rezente Aufsammlungen sind nach 2005 in fast allen Berliner Fließgewässern und einigen Seen (Erfassung der Fauna des Makrozoobenthos bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie), ausgewählten Moorgebieten und wenigen Pfuhlen getätigt worden.
Moor-, Bruch- und Auwaldgewässer sowie überspannte Großseggenriede, Röhrichte und Sumpfwiesen sind für fast alle aquatischen Käferfamilien, bis auf die Elmidae, Dryopidae und Gyrinidae, Zentren höchster Diversität. Leider hat sich das in den letzten 10 Jahren nicht auf die seit langem eingeforderten Umsetzungen von Biotoppflegemaßnahmen in den Berliner Feuchtgebieten ausgewirkt. Der Zustand fast aller Berliner Moorschutzgebiete ist, aus Sicht der aquatischen Käferfauna, besorgniserregend. Ebenfalls stark zurückgegangen sind fast alle Pionierbesiedler von Rohbodenhabitaten, da vegetationslose Kleingewässer im Stadtgebiet praktisch kaum noch vorhanden sind. Neben den unterlassenen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sind auch die klimatisch bedingten Rückgänge der Winter- und Frühjahrsniederschläge für den Niedergang der Berliner Wasserkäferfauna verantwortlich zu machen.
Verbessert hat sich dagegen die Artenzusammensetzung der Seen, Flussseen und kleineren Fließgewässer, wobei die wenigen Quellen in der Stadt davon ausdrücklich ausgenommen sind. Arten mit atlantomediterranem, holomediterranem und pannonischem Verbreitungsschwerpunkt sind auch in der letzten Dekade deutlich häufiger geworden, wohingegen Taxa mit eurosibirischem Verbreitungsschwerpunkt weiterhin stark zurückgegangen oder gar verschollen sind. Insgesamt können für Berlin 32 Arten (16,4 %) als verschollen betrachtet werden, 18 (9,2 %) sind vom Aussterben bedroht, 21 (10,8 %) stark gefährdet, 10 (5,1 %) gefährdet und bei 9 (4,6 %) ist eine Gefährdung anzunehmen. Dies entspricht 90 von 195 Arten, also 46,2 % der Gesamtfauna.
Bezogen auf die Gesamtartenzahl sind die Elmidae (100 ), %[la]Gyrinidae (86 ), %[la]Haliplidae (59 ) und %[la]Dytiscidae (57 ) die am stärksten betroffenen Gruppen. Bei den %[la]Dytiscidae sind insbesondere Arten der nährstoffarmen Moorgewässer, überstauten Seggenriede, Bruchwaldgewässer, kleineren Fließgewässer, Quellen, Rohbodenhabitate und meso- bis schwach eutrophen Seen und Weiher gefährdet. Ein Drittel aller Arten gilt bereits als ausgestorben.