Bei dem Projekt handelte es sich um eine Erweiterung der jährlich durchgeführten deutsch-polnischen Kooperation KULTURBRÜCKE ÜBER DIE ODER. Das Projekt verfolgte das Ziel, im grenznahen Bereich mit kulturellen Begegnungen auf das gemeinsame geschichtliche und kulturelle Erbe der alten Kulturlandschaft „Lebuser Land“ aufmerksam zu machen und einen Beitrag zur deutsch-polnischen Verständigung in diesem Landschaftsraum zu leisten.
Getrennt durch die Oder, geteilt durch die Folgen von Flucht und Vertreibung sowie durch sprachliche und soziokulturelle Barrieren, hatten es die Menschen der Region schwer, ein gemeinschaftliches Bewusstsein für den von ihnen bewohnen Raum zu finden. Heute, in einem einigen Europa, schwindet das Trennende wieder. Empfanden die Alten ihre Region oft noch als fremd, fühlt die junge Generation sich mittlerweile heimisch. Dennoch sind die kulturellen, religiösen und politischen Unterschiede zwischen Polen und Deutschen noch deutlich verfestigt.
Ein weiteres Ziel war es auch, auf Erinnerungsorte zur deutsch-jüdischen Geschichte aufmerksam zu machen, die aus dem kollektiven Bewusstsein nahezu verschwunden sind.
In diesem Jahr jährt sich zu 80. Mal die Zwangsausweisung polnischer Staatsbürger/innen jüdischen Glaubens aus dem “Deutschen Reich”. Dieses Ereignis Ende Oktober 1938 gilt als der eigentliche Auftakt zur Vernichtung der europäischen Juden durch das NS-Regime. Etwa 10.000 polnische Juden landeten auf dem Bahnhof in der deutsch-polnischen Grenzstadt Bentschen (jetzt Zbaszyn), wo sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern interniert wurden. Für viele wurde diese „Aktion“ zum Beginn des unausweichlichen Weges in die Vernichtungslager. Im Projekt sollte mit drei musikalischen Veranstaltungen in Zbaszyn (Polen), Beeskow (Land Brandenburg) und Berlin an die politischen Ereignisse dieser Zeit erinnert werden.
Initiator des Projektes ist „Das Diplomatische Streichquartett Berlin“, ein Ensemble, das sich primär der Aufführung von Werken vergessener jüdischer Komponisten in Europa widmet. Das Quartett hat die Erfahrung gemacht, dass das Publikum mit musikalischen Mitteln oft sehr unmittelbar erreicht wird. Thematische Inhalte schärfen die Aufmerksamkeit und die Intensität der Wahrnehmung. Dies zeigt sich besonders bei der Aufführung von Musik, die in der Nazizeit verboten wurden und deren Tonsetzer politisch verfolgt und/oder Opfer des Holocoust wurden. Vor diesem Hintergrund verstehen wir das geplante Vorhaben auch als Modellprojekt in Hinblick auf die Vermittlung von Musik und der damit im Zusammenhang stehenden historischen Ereignissen, besonders hier in Berlin, einer Stadt mit kontinuierlich wachsendem Bevölkerungsanteil jüdischen Glaubens.