Erzählungen zur Architektur der Stadt
Der Antrieb für die Berliner Portraits ist eine Faszination für die Komplexität und Vielschichtigkeit der Stadt Berlin. Berlin stand, wie viele andere deutsche Städte nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs vor einem Neuanfang. Doch wie kaum an einem anderen Ort ist hier Geschichte lesbar geblieben – die Geschichte der Stadt Berlin, die zugleich eine europäische Geschichte ist. Hier folgte der Wiederaufbau keineswegs nur einer bestimmten Ideologie! Vielmehr vermag die gebaute Stadt noch heute von ihrem vielschichtigen Werden zu erzählen, von Zerstörung und Wiederaufbau, von der politischen Teilung, von den verschiedenen städtebaulichen und architektonischen Leitbildern. Gebäude als kulturelle Artefakte dienen in diesem Zusammenhang als Speicher von Erinnerung und machen Vergangenes erlebbar.
Dieses Berlin der Nachkriegszeit ließ wie kaum ein anderer Ort das Nebeneinander vielfältiger, oftmals konträrer architektonischer Haltungen und Interpretationen der Stadt, zu. Daraus resultiert heute ein denkbar pluralistisches Stadtbild – ein Spiegel Berlins als multikulturelle Stadt –, das sich dennoch vielerorts der tradierten Vorstellung einer europäischen Stadt entzieht.
Konkret wurden in diesem Projekt Video-Interviews mit Persönlichkeiten geführt, die eine besonders eigenständige architektonische Position im spezifischen Kontext Berlins entwickelt oder eine wichtige Rolle in der städtebaulichen Diskussion ihrer Zeit gespielt bzw. die bauliche Entwicklungsgeschichte der Stadt kritisch begleitet haben. Diese Interviews wurden anschließend in Video- und Textform und begleitet von Bildmaterial der Werke der Gesprächspartner/innen, auf einer Webseite veröffentlicht.
Ziel war es, die einzelnen Positionen als solche zu beleuchten und in der Gesamtzusammenstellung Strömungen und Gemeinsamkeiten, sowie konträre Haltungen auszumachen. Die einzelnen Positionen sollen also in einen größeren ideengeschichtlichen Zusammenhang gestellt werden. Wir wollten herausfinden, wie die einzelnen Protagonisten sich im politischen, gesellschaftlichen und architektonischen Kontext ihrer Zeit verorten und inwieweit ihre Haltung aus dem spezifischen Charakter der Stadt Berlin erwachsen ist.
Das Projekt soll einen Beitrag leisten zur Reevaluation des architektonischen Erbes und dazu beitragen Bauten nicht nur als reine Nutzobjekte, sondern als Spiegel gesellschaftlicher Phänomene, als Träger des Europäisches Kulturerbes, zu sehen.
Die Interviews sollen Ende 2018 in Buchform erscheinen. Zeitgleich werden die Interviews im Video-Format auf der Webseite berliner-portraits.de veröffentlicht. Anschließend sollen als unmittelbare öffentlichkeitswirksame Maßnahme, in Absprache mit den Besitzern/Betreibern der portraitierten Bauten, Plaketten mit einem QR-Code angebracht geben, um die Interviews mit der gebauten Stadt zu verlinken. So kann am Gebäude selbst der Code eingescannt und somit das Interview aufgerufen werden. Diese Gebäude befinden z.B. in der Lützowstraße 41/42, der Rauchstrasse 14, dem Fraenkelufer 28, am Winterfeldtplatz, in der Lietzenburgerstraße 86, in der Schloßstr. 56 oder Am Berlinmuseum.