JVollzDSG Bln - Teil 2 - Kapitel 4 - Übermittlung, Abgleich und Austausch von Daten

Kapitel 4 - Übermittlung, Abgleich und Austausch von Daten

Abschnitt 1 - Allgemeine Bestimmungen

§ 38 - Übermittlung personenbezogener Daten

Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten an andere Stellen nur übermitteln,

  1. soweit dies nach diesem Gesetz zugelassen ist oder
  2. soweit eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten über Gefangene bezieht.

§ 39 - Mitbetroffene personenbezogene Daten

Sind mit personenbezogenen Daten, die nach diesem Gesetz übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten der betroffenen Person oder von Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung, Anonymisierung oder Pseudonymisierung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen der betroffenen Personen oder Dritter an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Soweit es sich um besondere Kategorien personenbezogener Daten handelt, ist regelmäßig von einem überwiegenden berechtigten Interesse der betroffenen Personen auszugehen. Eine Verwendung der mitbetroffenen personenbezogenen Daten nach Satz 1 durch den Empfänger ist unzulässig.

§ 40 - Verantwortung für die Datenübermittlung

(1) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt der Justizvollzug.

(2) Erfolgt die Übermittlung personenbezogener Daten auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung. In diesem Fall prüft der Justizvollzug nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der empfangenden öffentlichen Stelle liegt und § 18 Absatz 3 sowie die §§ 58 und 60 bis 65 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.

(3) Erfolgt die Übermittlung durch ein automatisiertes Verfahren auf Abruf nach § 11 Absatz 4, trägt die abrufende Stelle die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Übermittlung. Der Justizvollzug prüft die Zulässigkeit der Abrufe nur, wenn dazu Anlass besteht. Der Justizvollzug gewährleistet, dass die Übermittlung personenbezogener Daten zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden kann.

(4) Soll die Übermittlung auf Ersuchen einer nicht-öffentlichen Stelle erfolgen, hat diese die hierfür erforderlichen Angaben zu machen, insbesondere die Rechtsgrundlage für die Übermittlung anzugeben.

(5) Der Justizvollzug hat angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die unrichtig oder nicht mehr aktuell sind, nicht übermittelt oder sonst zur Verfügung gestellt werden. Soweit dies mit angemessenem Aufwand möglich ist, sind die personenbezogenen Daten vor ihrer Übermittlung oder Bereitstellung auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität zu überprüfen.

(6) Bei der Übermittlung personenbezogener Daten werden, soweit dies möglich und angemessen ist, Informationen beigefügt, die es den empfangenden öffentlichen Stellen ermöglichen, die Richtigkeit, die Vollständigkeit und die Zuverlässigkeit der personenbezogenen Daten sowie deren Aktualität zu beurteilen.

(7) Stellt der Justizvollzug fest, dass personenbezogene Daten unrechtmäßig übermittelt wurden, so ist dies den Empfängern unverzüglich mitzuteilen. Die Empfänger haben diese Daten in eigener Verantwortung zu löschen.

§ 41 - Zweckbindung übermittelter personenbezogener Daten

(1) Vom Justizvollzug übermittelte personenbezogene Daten dürfen vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Sie sind auf geeignete Weise gegen unzulässige Kenntnisnahme und Übermittlung zu sichern.

(2) Der Empfänger darf die personenbezogenen Daten nur für andere Zwecke verarbeiten, soweit sie ihm auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen, und wenn im Falle einer Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen der Justizvollzug zugestimmt hat.

(3) Der Empfänger darf die personenbezogenen Daten nur weiter übermitteln, soweit sie auch unmittelbar vom Justizvollzug an den Dritten hätten übermittelt werden dürfen, und wenn im Falle einer Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen der Justizvollzug zugestimmt hat.

(4) Der Justizvollzug hat die Empfänger der Daten bei der Übermittlung auf die Zweckbindung hinzuweisen.

§ 42 - Auskunft und Akteneinsicht zu Forschungszwecken

Für die Übermittlung personenbezogener Daten zu wissenschaftlichen Zwecken gilt § 476 der Strafprozessordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können. Die Übermittlung kann auch auf elektronischem Wege erfolgen.

Abschnitt 2 - Datenaustausch mit öffentlichen Stellen

§ 43 - Übermittlung an öffentliche Stellen zu vollzuglichen Zwecken

(1) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig erhoben hat, an öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 9 Absatz 3 genannten Zwecken erforderlich ist.

(2) Die Übermittlung von zulässig erhobenen besonderen Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn dies zu den in Absatz 1 genannten Zwecken unbedingt erforderlich ist oder wenn dies in diesem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.

§ 44 - Erkennungsdienstlicher Datenabgleich

(1) Bestehen Zweifel an der Identität von Gefangenen, übermittelt der Justizvollzug soweit bei ihm vorliegend den Nachnamen, Geburtsnamen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsland und die Staatsangehörigkeit der Gefangenen und die von ihm erhobenen oder anderweitig bei ihm vorliegenden erkennungsdienstlichen Daten im Sinne des § 19 Absatz 1 sowie bekannt gewordene Aliaspersonalien unverzüglich dem Landeskriminalamt, soweit dies zur Identitätsfeststellung erforderlich ist. Das Landeskriminalamt veranlasst einen Abgleich der übermittelten Daten mit den dort vorliegenden Daten zum Zwecke der Identifizierung der Gefangenen und teilt das Ergebnis dem Justizvollzug mit.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 darf der Justizvollzug auch das Bundeskriminalamt sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um einen Abgleich der erkennungsdienstlichen Daten und Identitätsdaten ersuchen.

§ 45 - Überprüfung Gefangener

(1) Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt prüft der Justizvollzug, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse über Gefangene vorliegen. Sicherheitsrelevant sind Erkenntnisse insbesondere über extremistische, gewaltorientierte Einstellungen oder Kontakte zu derartigen Organisationen, Gruppierungen oder Personen oder Kontakte zur organisierten Kriminalität.

(2) Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende, einer oder einem Gefangenen zurechenbare Gefahr für die Sicherheit der Anstalt, darf der Justizvollzug Justiz- und Sicherheitsbehörden um Auskunft ersuchen, soweit dies zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist. Insbesondere darf er dazu

  1. eine Auskunft nach § 41 Absatz 1 Nummer 1 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.
    September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2760) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung einholen,
  2. sicherheitsrelevante Erkenntnisse der Polizeibehörden des Bundes und der Länder anfragen und,
  3. soweit im Einzelfall erforderlich, sicherheitsrelevante Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde des Landes Berlin anfragen.

(3) Die Anfrage nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 erstreckt sich auf die personengebundenen Hinweise und die Erkenntnisse des polizeilichen Staatsschutzes. Bei der Anfrage nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 erfolgt die Anfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems durch die Verfassungsschutzbehörde des Landes Berlin.

(4) Der Justizvollzug übermittelt den angefragten Behörden soweit möglich den Nachnamen, Geburtsnamen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsland und die Staatsangehörigkeit der Gefangenen. Über Satz 1 hinaus sollen bekannt gewordene Aliaspersonalien, die voraussichtliche Vollzugsdauer sowie das Aktenzeichen der der Vollstreckung zugrunde liegenden Entscheidung mitgeteilt werden.

(5) Die gemäß Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nummer 2 und 3 angefragten Behörden des Landes Berlin teilen dem Justizvollzug die sicherheitsrelevanten Erkenntnisse über die Gefangenen mit, soweit dies zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist.

(6) Bestehen auf Grund der übermittelten sicherheitsrelevanten Erkenntnisse tatsächliche Anhaltspunkte für eine Gefahr der Sicherheit der Anstalt, darf der Justizvollzug zusätzliche Auskünfte oder Unterlagen bei Justiz- und Sicherheitsbehörden einholen, soweit dies zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist.

(7) Im Rahmen der Anfrage mitgeteilte sicherheitsrelevante Erkenntnisse sind in gesonderten Akten oder Dateisysteme zu führen.

(8) Die Verarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis für personenbezogene Daten über Gefangene zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt schließt die Verarbeitungsbefugnis zum Zwecke der Vollzugs- und Eingliederungsplanung der Gefangenen ein, soweit dies erforderlich ist.

§ 46 - Überprüfung vollzugsfremder Personen

(1) Vollzugsfremde Personen, die in einer Anstalt tätig werden sollen und nicht im Auftrag einer anderen Behörde oder als Organ der Rechtspflege handeln, dürfen zu diesen Tätigkeiten nur zugelassen werden, wenn keine Sicherheitsbedenken bestehen. Der Justizvollzug soll zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt mit Einwilligung dieser Personen eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. Insbesondere darf der Justizvollzug dazu prüfen, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse entsprechend § 45 Absatz 1 vorliegen sowie Auskunft entsprechend § 45 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3, Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5 einholen. Sicherheitsrelevant können hierbei auch Erkenntnisse über erhebliche strafrechtliche Verurteilungen, eine bestehende Suchtproblematik oder andere für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erhebliche Umstände sein.

(2) Ist eine Überprüfung in Eilfällen, insbesondere bei kurzfristig notwendigen Reparaturarbeiten, nicht möglich, soll eine Beaufsichtigung der vollzugsfremden Personen bei deren Tätigkeit in der Anstalt erfolgen.

(3) Der Justizvollzug sieht von einer Anfrage nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn auf Grund des Anlasses, der Art, des Umfangs oder der Dauer des Aufenthalts oder der Tätigkeit in der Anstalt eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt fernliegt.

(4) Darüber hinaus darf der Justizvollzug bei tatsächlichen Anhaltspunkten einer drohenden Gefahr für die Sicherheit der Anstalt auch bei Personen, die die Zulassung zum Besuch von Gefangenen oder zum Besuch der Anstalt begehren, hierfür mit ihrer Einwilligung eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. In den Fällen des § 45 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und 3 teilt der Justizvollzug auch mit, ob und für welche Gefangenen die Zulassung zum Besuch begehrt wird.

(5) Absatz 4 gilt nicht für Besuche von Verteidigerinnen und Verteidigern sowie von Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die jeweiligen Gefangenen betreffenden Rechtssache sowie für die im Rahmen der Überwachung des Schriftwechsels der Gefangenen gesetzlich privilegierten Personen und Stellen.

(6) Werden dem Justizvollzug sicherheitsrelevante Erkenntnisse bekannt, sollen die vollzugsfremden Personen nicht oder nur unter Beschränkungen zu der Tätigkeit oder dem Besuch zugelassen werden. Gleiches gilt, wenn die vollzugsfremden Personen eine Einwilligung in eine Zuverlässigkeitsüberprüfung verweigern.

(7) Eine erneute Zuverlässigkeitsüberprüfung kann erfolgen, wenn neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren, sofern ihre Erforderlichkeit nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und Absatz 4 weiter besteht.

§ 47 - Übermittlung an öffentliche Stellen zu anderen Zwecken

(1) Der Justizvollzug hat personenbezogene Daten, die er zulässig zu vollzuglichen Zwecken erhoben hat, an öffentliche Stellen zu anderen Zwecken zu übermitteln, soweit diese Zwecke in der Zuständigkeit der Stelle liegen und die Übermittlung für

  1. Maßnahmen der Gerichtshilfe, der Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe, der Jugendbewährungshilfe, der Führungsaufsicht, der forensischen Ambulanzen oder für Entscheidungen in Gnadensachen,
  2. die Erfüllung gesetzlicher Auskunftsverpflichtungen der Gefangenen, insbesondere nach § 6 Absatz 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122), das zuletzt durch Artikel 38des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) geändert worden ist,
  3. gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege,
  4. Entscheidungen über Leistungen, die mit der Aufnahme in einer Anstalt entfallen oder sich mindern, und Zwecke der gesetzlichen Sozialversicherung der Gefangenen,
  5. die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs der Gefangenen,
  6. dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr sowie der zuständigen
    Zivildienststellen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten und Zivildienstleistenden,
  7. asyl- oder ausländerrechtliche Maßnahmen,
  8. die Durchführung der Besteuerung,
  9. die Erfüllung der Aufgaben der Jugendämter,
  10. die Erfüllung einer Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Januar 2021 (BGBl. I S. 370) geändert worden ist, oder
  11. die Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten oder einen der anderen in § 9 Absatz 4 oder § 48 genannten Zwecke oder in den Fällen des § 27 Absatz 1 des Verfassungsschutzgesetzes Berlin

erforderlich ist.

(2) Die Übermittlung von zulässig erhobenen besonderen Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn dies für die in Absatz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist.

§ 48 - Fallkonferenzen mit den Sicherheitsbehörden

(1) Der Justizvollzug kann Fallkonferenzen mit den Polizeibehörden des Bundes und der Länder durchführen, sofern

  1. tatsächliche Anhaltspunkte für die fortdauernde erhebliche Gefährlichkeit der jeweiligen Gefangenen für die Allgemeinheit vorliegen,
  2. die Entlassung der jeweiligen Gefangenen aller Voraussicht nach in einem Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr bevorsteht und
  3. dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Verbrechen, von Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung, von Vergehen nach den §§ 89, 89a, 89b, 89c, 129, § 129a Absatz 3 und Absatz 5, § 129b, von Vergehen nach § 224 zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen oder Partnern oder von Vergehen nach § 238 des Strafgesetzbuches erforderlich ist.

Fallkonferenzen mit den Polizeibehörden dürfen auch zur Vorbereitung von Ausführungen, Vorführungen, Ausantwortungen, Rückführungsmaßnahmen, Überstellungen und Verlegungen bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, und der Selbstverletzung oder Selbsttötung von Gefangenen stattfinden. An
den Fallkonferenzen sind die Strafvollstreckungsbehörden, die Bewährungshilfe, die Führungsaufsichtsstellen und die Ausländerbehörden zu beteiligen, soweit dies zur Erreichung des Vollzugsziels oder des Zwecks der Fallkonferenz erforderlich ist.

(2) Der Justizvollzug kann Fallkonferenzen mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder durchführen, sofern

  1. tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht für sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder für Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland begründen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
    a) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind,
    b) eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
    c) auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  2. eine damit im Zusammenhang stehende Gefahr für die Sicherheit der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels einzutreten droht und
  3. dies zur Verhütung der in Nummer 2 genannten Gefahren unbedingt erforderlich ist.

Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend, sofern die Entlassung der Gefangenen in voraussichtlich nicht mehr als einem Jahr bevorsteht.

(3) Fallkonferenzen dürfen auch unter gleichzeitiger Beteiligung der Polizeibehörden und Verfassungsschutzbehörden stattfinden, wenn sowohl eine Fallkonferenz mit den Polizeibehörden nach Absatz 1 als auch eine Fallkonferenz mit den Verfassungsschutzbehörden nach Absatz 2 zulässig ist. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Im Rahmen von Fallkonferenzen nach Absatz 1 bis 3 darf der Justizvollzug personenbezogene Daten, die er zulässig erhoben hat, einschließlich Daten besonderer Kategorien, insbesondere den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, die voraussichtliche Entlassungsadresse sowie die Vollzugs- und Eingliederungspläne, den an der Konferenz teilnehmenden Stellen übermitteln, soweit dies zur Erreichung des Vollzugsziels oder des Zwecks der Fallkonferenz erforderlich ist. Im Rahmen der Fallkonferenzen darf der Justizvollzug personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, bei den an der Konferenz teilnehmenden Stellen abfragen und erheben, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken erforderlich ist.

(5) Die teilnehmenden Stellen und wesentlichen Ergebnisse der stattgefundenen Fallkonferenzen sind zu dokumentieren.

(6) Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung bleibt dem Justizvollzug vorbehalten.

§ 49 - Aktenüberlassung

(1) Soweit die Übermittlung der darin enthaltenen Daten zulässig ist, dürfen Akten mit personenbezogenen Daten seitens des Justizvollzugs

  1. den Behörden des Justizvollzugs, der Führungsaufsichtsstelle und den Sozialen Diensten,
  2. den Justizvollzugsbehörden aller Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes sowie deren zur Dienst- oder Fachaufsicht oder zu dienstlichen Weisungen befugten Stellen,
  3. den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs-, straf-, asyl- und ausländerrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie
  4. den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden

überlassen oder im Falle elektronischer Aktenführung in Form von Duplikaten übermittelt werden.

(2) Die in Absatz 1 genannten Übermittlungen sind auch an andere öffentliche Stellen zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der die Aktenüberlassung begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Satz 1 gilt entsprechend für die Übermittlung an die vom Justizvollzug, der Vollstreckungsbehörde oder einem Gericht mit Gutachten beauftragten Stellen.

§ 50 - Mitteilung über Haftverhältnisse an öffentliche Stellen

Öffentlichen Stellen hat der Justizvollzug auf Verlangen mitzuteilen,

  1. ob und gegebenenfalls in welcher Anstalt sich eine Person in Haft befindet,
  2. ob ihre Entlassung voraussichtlich innerhalb eines Jahres bevorsteht sowie
  3. falls die Entlassung innerhalb eines Jahres bevorsteht, den vorgesehenen Entlassungstermin,

soweit die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist. Die Mitteilung ist in den Gefangenenpersonalakten der betroffenen Gefangenen zu dokumentieren.

§ 51 - Akteneinsichtnahme durch nationale und internationale Stellen zur Verhütung von Folter

Die Mitglieder einer Delegation der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe sowie einer durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe legitimierten Stelle erhalten während des Besuchs in der Anstalt Einsicht in die Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Patientenakten im Justizvollzugskrankenhaus, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben der jeweiligen Stelle unbedingt erforderlich ist.

Abschnitt 3 - Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen

§ 52 - Übermittlung an nicht-öffentliche Stellen zu vollzuglichen Zwecken

(1) Der Justizvollzug kann personenbezogene Daten an nicht-öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken erforderlich ist.

(2) Die Übermittlung ist insbesondere dann zu vollzuglichen Zwecken erforderlich, wenn sich der Justizvollzug zur Erfüllung oder Unterstützung einzelner vollzuglicher Aufgaben in zulässiger Weise der Mitwirkung nicht-öffentlicher Stellen bedient und diese Mitwirkung ohne die Verarbeitung vom Justizvollzug übermittelter personenbezogener Daten unmöglich oder wesentlich erschwert wäre.

(3) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten ist regelmäßig erforderlich, wenn sie dazu dient, Gefangenen

  1. den Besuch von Behandlungs-, Trainings- und Bildungsmaßnahmen sowie die Beschäftigung innerhalb und außerhalb von Einrichtungen des Justizvollzugs,
  2. die Inanspruchnahme von Leistungen von Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträgern gemäß § 60 oder deren Hilfspersonen,
  3. den Einkauf,
  4. die Inanspruchnahme von Telekommunikations- und Mediendienstleistungen von Anbietern, die nicht dem Justizvollzug angehören, oder
  5. die Inanspruchnahme von Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung, des Übergangs in die Freiheit, der Schuldenregulierung, der Entlassung, der Wiedereingliederung, der nachgehenden Betreuung oder des freiwilligen Verbleibs

zu ermöglichen.

(4) Die Übermittlung von zulässig erhobenen besonderen Kategorien personenbezogener Daten an nicht-öffentliche Stellen ist nur zulässig, wenn dies zu vollzuglichen Zwecken unbedingt erforderlich ist.

§ 53 - Pseudonymisierung

(1) Personenbezogene Daten, die an nicht-öffentliche Stellen übermittelt werden sollen, sind seitens des Justizvollzugs vor der Übermittlung zu pseudonymisieren. Dabei ist die Buchungsnummer der Gefangenen als Pseudonym zu verwenden, wenn dem nicht besondere Gründe entgegenstehen.

(2) Dies gilt nicht, wenn zur Erfüllung des der Übermittlung zugrundeliegenden Zwecks die Kenntnis der Identität der betroffenen Personen unbedingt erforderlich ist.

(3) Bei der Einbindung Dritter in den Justizvollzug nach § 52 Absatz 3 Nummer 3 und 4 sind die personenbezogenen Daten stets nach Absatz 1 zu pseudonymisieren.

§ 54 - Förmliche Verpflichtung Dritter

(1) Personen, die bei einer nicht-öffentlichen Stelle oder für eine solche Stelle Kenntnis von personenbezogenen Daten erlangen sollen, die vom Justizvollzug übermittelt wurden, sind vor Aufnahme ihrer Tätigkeit vom Justizvollzug gemäß § 1 des Verpflichtungsgesetzes förmlich zu verpflichten.

(2) Personen, die nicht nach Absatz 1 förmlich verpflichtet wurden, dürfen von vollzuglichen personenbezogenen Daten nur Kenntnis erlangen,

  1. wenn die übermittelten Daten vor ihrer Übermittlung pseudonymisiert wurden,
  2. wenn die nicht verpflichteten Personen nur im Einzelfall Kenntnis von vollzuglichen personenbezogenen Daten erlangen sollen, sodass die förmliche Verpflichtung auch unter Berücksichtigung der Belange der betroffenen Personen grob unverhältnismäßig wäre, und der Justizvollzug der Kenntniserlangung zuvor ausdrücklich zugestimmt hat,
  3. wenn die förmliche Verpflichtung vor Kenntniserlangung Leib oder Leben eines Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden würde, die Verpflichtung ist dann unverzüglich nachzuholen; erfolgt die Übermittlung der personenbezogenen Daten nicht durch den Justizvollzug, ist dieser unverzüglich unter Angabe der Personalien der Kenntniserlangenden von der Übermittlung zu unterrichten oder
  4. wenn sie Amtsträger im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs sind.

(3) Der Justizvollzug stellt auf geeignete Weise sicher, dass bei nicht-öffentlichen Stellen nur solche Personen Kenntnis von übermittelten personenbezogenen Daten erlangen, die zuvor nach Absatz 1 verpflichtet wurden oder die gemäß Absatz 2 auch ohne förmliche Verpflichtung Kenntnis von übermittelten personenbezogenen Daten erlangen dürfen.

§ 55 - Mitteilung über Haftverhältnisse an nicht-öffentliche Stellen und Verletzte

(1) Nicht-öffentlichen Stellen hat der Justizvollzug auf schriftlichen Antrag die in § 50 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bestimmten Angaben zu machen, soweit

  1. ein berechtigtes Interesse an dieser Mitteilung glaubhaft dargelegt wird und
  2. die betroffenen Gefangenen kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben.

(2) Den Verletzten einer Straftat sowie deren Rechtsnachfolgerinnen und Rechtsnachfolgern sind über Absatz 1 hinaus auf schriftlichen Antrag Auskünfte zu erteilen

  1. über die Entlassungsadresse oder die Vermögensverhältnisse von Gefangenen, soweit die Auskunft zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit Straftaten erforderlich ist, sowie
  2. darüber, ob freiheitsentziehende Maßnahmen gegen Gefangene beendet oder ob ihnen Vollzugslockerungen gewährt werden, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 bedarf es der Darlegung eines berechtigten Interesses nicht, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller Verletzte oder Verletzter einer Straftat nach

  1. den §§ 174 bis 182 oder 184i bis 184k des Strafgesetzbuchs,
  2. den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuchs, die versucht wurde,
  3. den §§ 221, 223 bis 226a und 340 des Strafgesetzbuchs,
  4. den §§ 232 bis 238, 239 Absatz 3, §§ 239a, 239b und 240 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs,
  5. § 4 des Gewaltschutzgesetzes oder
  6. § 142 des Patentgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, § 10 des Halbleiterschutzgesetzes, § 39 des Sortenschutzgesetzes, den §§ 143 bis 144 des Markengesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, § 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen sind. Satz 1 gilt entsprechend in den Fällen des § 395 Absatz 3 der Strafprozessordnung, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller zur Nebenklage zugelassen wurde.

(4) Die betroffenen Gefangenen werden vor der Mitteilung gehört; es sei denn, es ist zu besorgen, dass dadurch die Verfolgung der Interessen der Antragstellerin oder des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde, und eine Abwägung ergibt, dass diese Interessen das Interesse der Gefangenen an ihrer vorherigen Anhörung überwiegen.

(5) Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Gefangenen über die Mitteilung unter Angabe des Inhalts nachträglich unterrichtet.

(6) Bei Anhörung und Unterrichtung Gefangener nach Absatz 4 und 5 ist auf die berechtigten Interessen der Empfänger der Daten an der Geheimhaltung ihrer Identität oder Lebensumstände in besonderer Weise Rücksicht zu nehmen. Keinesfalls darf die Anschrift der Empfänger übermittelt werden.