01/2023-CHARKIW – Weihnachts- und Neujahrsgrüße aus Steglitz-Zehlendorf

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Charkiw / Januar 2023

Traditionell feiern Ukrainer Weihnachten nach dem julianischen Kalender, also am 7. und 8. Januar. Heiligabend fällt in den orthodoxen Kirchen somit auf den 6. Januar, dem Tag, an dem in der Westkirche das Fest der Heiligen Drei Könige (Epiphanie) begangen wird. Die von der Sowjetunion ererbte säkulare Tradition, dass „Väterchen Frost“ (eine Art „Weihnachtsmann“) in der Silvesternacht die Kinder beschert, scheint mittlerweile nicht mehr ganz unumstritten. Bereits 2017 hat die Werchowna Rada, das ukrainische Parlament, entschieden, den 25. Dezember zu einem zusätzlichen Feiertag zu erklären.

Für die ukrainischen Kinder, die sich über Geschenke zu Weihnachten und Neujahr freuen, spielt die kulturelle Abgrenzung zu Russland sicher keine große Rolle. Im Angesicht des Krieges und der permanenten Bedrohung ist ihnen jede kleine Aufmerksamkeit willkommen, die ihnen ein wenig Ablenkung und Freude verschafft.

Das dachte sich auch Dr. Maria Derenda von der „Courage AG“ des Goethe-Gymnasiums: Auf Initiative der Pädagogin wurde ein spontanes Projekt ins Leben gerufen, um Kindern und Jugendlichen aus der Partnerstadt Charkiw eine Weihnachtsüberraschung zu bereiten. Zum Mitmachen wurden das Willi-Graf-Gymnasium und das Lilienthal-Gymnasium gewonnen. Begünstigte waren zwei Charkiwer Schulen mit jeweils ca. 300 Schülerinnen und Schülern im Alter von 7 bis 17 Jahren. Als wichtiger Kooperationspartner stand der Städtepartnerschaftsverein Steglitz-Zehlendorf e.V. den Schulen zur Seite. Er stellte die Kontakte zu den Schulen vor Ort her und organisierte den Transport.

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Der Weltenbummler hatte die Geschenkeaktion bereits an anderer Stelle thematisiert.

Die Pakete gingen an die „Schule Nr. 4“ im Zentrum von Charkiw, sowie an die „Schule Nr. 119“ in unserem Partnerbezirk Industrialnyj.

Schule Nr. 4

Wie Olga Pischel, Vorstandsmitglied des Städtepartnerschaftsvereins, berichtet, ist an dieser Schule „seit November ein Wärme- und Schutzpunkt eingerichtet, deswegen war keine Weihnachtsfeier für die Kinder eingeplant“. Als jedoch die Weihnachtsgeschenke eingetroffen seien, hätten die Lehrerin und die Schuldirektorin „doch noch spontan etwas organisiert“. 12 Kinder der Klasse 7 A seien am 30. Dezember 2022 zur Schule gekommen, um die Geschenke entgegenzunehmen. Die Lehrerin hat ihr von einer großen Freude erzählt, die die überraschende Aktion ausgelöst habe. „Das Erstaunliche ist, dass die Kinder (…) sofort einige Namen (…) auf Instagram fanden und sich sofort bei den Schülern aus Berlin für die Geschenke bedankten“, schreibt Frau Pischel.

Schule Nr. 119

Am 27. Dezember 2022 stand ein Weihnachtsfest auf dem Programmkalender der Schule Nr. 119. Rund 200 Kinder seien aus diesem Anlass zur Schule gekommen, und auch der Weihnachtsmann habe sich angekündigt, erzählt Olga Pischel. Die größte Überraschung seien freilich die Pakete aus Berlin gewesen, „die für die Kinder sehr viel Freude und Zuversicht bedeuteten“. Nur zwei Tage später, am 29. Dezember, stand der Stadtbezirk und dessen Infrastruktur schon wieder im Fokus russischer Raketen.

Frau Pischel gibt wieder, was ihr die Schulleiterin schrieb:

„In der Schule gibt es kein Licht und kein Internet. Mehrere Angriffe an diesem Tag, die Metro ist zweitweise nicht gefahren“.

Das ist der Alltag in unserer Partnerstadt, die sich nun im zweiten Kriegsjahr befindet.

Die Organisation des Transports nach Charkiw war angesichts des Winterwetters eine große Herausforderung. Lange Wartezeiten an den Grenzübergängen, Stromausfälle, all das habe zu großen logistischen Schwierigkeiten geführt, berichtet Olga Pischel.

„Umso größer war die Freude, doch im letzten Moment einen Fahrer zu finden und zu sehen, dass die 29 Kartons *am 25. Dezember nach Charkiw gebracht und an die Schulen Nr. 4 und Nr. 119 übergeben wurden“.*

Insgesamt packten und verschickten die Schülerinnen und Schüler aus unserem Bezirk ca. 400 Geschenke, versehen mit Weihnachtsgrußkarten und persönlichen Botschaften (teilweise auf Ukrainisch). Der Städtepartnerschaftsverein stockte die Sendung um weitere fünf Kartons auf: mit Powerbank-Stationen, Reflektorenstreifen und Gummibärchen.

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Bewährte Zusammenarbeit der drei Schulen

Die Zusammenarbeit der drei Schulen ist nicht neu: Erstmals im Frühjahr 2022 hatten sie eine gemeinsame Spendenaktion zugunsten der Ukraine auf die Beine gestellt. Insgesamt 97 Kisten an Sachspenden waren damals zusammengekommen.

„Der Zusammenschluss der Schulen versprach ein Erfolgsrezept zu sein und somit entschied man sich dazu, eine weitere Aktion noch in diesem Jahr … umzusetzen“, ist hierzu im aktuellen Schulrundbrief Nr. 01/2023 „Wir sind Schule – Aktuelles aus dem Schulamt Steglitz-Zehlendorf“ nachzulesen. Den beteiligten Schülerinnen und Schülern ist es in beeindruckender Form gelungen, innerhalb der Schulgemeinschaft für ihre Idee zu werben: durch Mund-zu-Mund-Propaganda, Plakate und die geschickte Nutzung interner Kommunikationswege.

Wie Olga Pischel berichtet, habe es selbst in der Silvesternacht 2022 feindliche Raketenangriffe auf Charkiw gegeben, „teilweise fehlten Strom, Wasser, die Internetverbindung“. Stellvertretend für die beschenkten Kinder zieht sie dennoch ein positives Fazit: Sie hätten sich gefreut und „auf keinen Fall alleingelassen gefühlt“.

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf

Schüler in Charkiw freuen sich über Weihnachtsgeschenke aus Steglitz-Zehlendorf