Charkiw / Dezember 2022
Weihnachtsgrüße aus Charkiw
Im Advent 2022 bereitet sich Charkiw auf ein Weihnachtsfest vor, das es in ähnlicher Form vielleicht seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat. Wie ein Damoklesschwert schwebt die permanente Bedrohung des Aggressors über der Stadt, deren kritische Infrastruktur pausenlos gefährdet ist. Ziel der Russen ist, die Moral der ukrainischen Zivilbevölkerung zu zermürben. „Mögen im Jahre 2023 Gutes und Frieden, Verständnis und gegenseitige Achtung, … herrschen“ schreibt Oberbürgermeister Ihor Terechow an seine Amtskollegin aus Steglitz-Zehlendorf, Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg. Dass es ein Weihnachtsfest im Kriegswinter ist, illustriert die Vorderseite der Grußkarte, auf der ein ukrainischer Soldat neben einem blau-gelb stilisierten Christbaum abgebildet ist.
Der Oberbürgermeister und die gesamte Stadtverwaltung geben sich „alle Mühe, den Verwaltungsbetrieb aufrechtzuerhalten“, wie unser deutschsprachiger Kontaktmann Iwan Nemitschew am 19. Dezember 2022 schreibt. Er berichtet von attackierten Kraftwerken, Trafostationen und Stromausfällen.
„Jetzt haben wir nur noch minus neun Grad draußen und kaum warme Heizkörper in den Wohnungen, aber solange es Strom gibt, kann man sich mit Elektroheizern retten“.
In Stromausfallzeiten würden in Krankenhäusern, Zelten und U-Bahn-Schächten sogenannte „Punkte der Unbeugsamkeit“, also improvisierte Wärmestuben, organisiert. „Die Versorgung mit Essen erfolgt manchmal mit Feldküchen“, ergänzt er. Supermärkte hätten „ihre eigenen Notstromaggregate und halten länger durch, fast 48 Stunden“.