07/2023 – Steglitz-Zehlendorf vereint gegen Antisemitismus

Symbolbild Stolperstein mit Trauerkränzen

Juli 2023

Wichtiges Element der Erinnerungskultur: Stolpersteine

Immer wieder bringen Stolpersteinverlegungen in unserem Bezirk zum Ausdruck, dass es zur Überwindung von Antisemitismus einer lebendigen Erinnerungskultur bedarf. Die nächste öffentliche Verlegung von neun Stolpersteinen findet am 10. August um 11:00 Uhr an der Ernst-Ring-Straße 2 in 14129 Berlin-Schlachtensee statt – zu Ehren der jüdischen Familie von Adolf und Coba Sultan. Die vorangegangenen Recherchearbeiten verdanken wir der AG Spurensuche der Evangelischen Kirchengemeinde Schlachtensee, besonders deren Hauptansprechpartner Dirk Jordan. Adolf Sultan war ein Spirituosenfabrikant, dessen Liebe der Musik galt. Seine jüngste Tochter Grete überlebte die NS-Verfolgung und wurde später eine bekannte Pianistin. Die zweitälteste Tochter Claere Guttsmann wurde 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet. Sultans Ehefrau konnte rechtzeitig in die Schweiz ausreisen. 1939 waren die Sultans durch die Nazis enteignet worden.

Dank des Netzwerks Erinnerungskultur des Evangelischen Kirchenkreises Steglitz waren am 23. Juni 2023 weitere vier Stolpersteine verlegt worden: Durch diese posthume Ehrung wird am Standort Hartmannstraße 35 in 12207 Berlin-Lichterfelde des früheren Geschäftsmannes Simon Braun, seiner Schwiegermutter Marianne Brach und Richard Goldbergs gedacht.

Als unschuldiges Opfer einer Racheaktion nach einem Brandanschlag auf eine NS-Ausstellung wurde Simon Braun am 28. Mai 1942 in Sachsenhausen erschossen. Marianne Brach wurde Opfer eines sogenannten „Alterstransports“ und starb am 24. September 1942 in Theresienstadt. Auch Richard Goldberg wurde am 30. Juni 1943 mit einem „Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert.

Für die in Auschwitz ermordete Ehefrau von Simon Braun, Edith Braun, liegt bereits ein Stolperstein im Bürgersteig vor der Hausnummer 35.

5. Juli 2023 im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf: BVV-Vorsteher René Rögner Francke verleiht den Eheleuten Tarun die Bezirksmedaille

5. Juli 2023 im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf: BVV-Vorsteher René Rögner Francke verleiht den Eheleuten Tarun die Bezirksmedaille

Inge und Günther-Henning Tarun von der Steglitzer Evangelischen Markus-Kirchengemeinde wurden am 5. Juli 2023, zusammen mit vier weiteren Persönlichkeiten, mit der Bezirksmedaille der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf geehrt. Grund der Auszeichnung war „ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement (…), insbesondere für die Arbeit zur Verlegung von ‚Stolpersteinen‘ zur mahnenden Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes (…)“, heißt es in der per Pressemitteilung am 4. Juli 2023 vorab verkündeten Begründung.

Kulturhaus "Schwartzsche Villa", Steglitz

Kulturhaus "Schwartzsche Villa", Steglitz

Ausstellung „Vergessen und vorbei? in der Schwartzschen Villa

Noch bis zum 27. August 2023 ist im Steglitzer Kulturhaus „Schwartzsche Villa“ (Grunewaldstraße 55, 12165 Berlin) die Ausstellung „Vergessen und vorbei? Das Lager Lichterfelde und die französischen Kriegsgefangenen“ zu sehen. Bei freiem Eintritt ist die Ausstellung montags bis sonntags jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.

Präsentiert wird die Ausstellung des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit durch den Fachbereich Kultur Steglitz-Zehlendorf. Während des Zweiten Weltkriegs befand sich das Kriegsgefangenenlager Lichterfelde-Süd, in dem die Wehrmacht zwischen 1940 und 1945 vor allem französische Soldaten internierte, auf einer ausgedehnten Fläche. Der künftige Umgang mit dem historischen Ort wird den Bezirk angesichts des großen Wohnungsbauprojekts „Neulichterfelde“ auf dem ehemaligen Lagergelände noch länger beschäftigen.

Die Ausstellungseröffnung war am 12. Juni 2023 im Beisein von Tim Richter, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Soziales, Oliver Friederici, Staatssekretär für Gesellschaftlichen Zusammenhalt bei der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, sowie Dr. Christine Glauning, Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit, erfolgt.

8. Mai 2023: Thomas Schleissing-Niggemann, Vorsitzender der Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde e.V., wendet sich an die Besucherinnen und Besucher der Gedenkveranstaltung

8. Mai 2023: Thomas Schleissing-Niggemann, Vorsitzender der Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde e.V., wendet sich an die Besucherinnen und Besucher der Gedenkveranstaltung

8. Mai 2023: Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (auf dem Bild links) legt an der Gedenksäule des ehem. KZ-Außenlagers Lichterfelde einen Kranz nieder. V.r.n.l. daneben: Bezirksstadtrat Tim Richter, Bezirksstadtrat Urban Aykal, stellv. BVV-Vorsteher Sören Grawert

8. Mai 2023: Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (auf dem Bild links) legt an der Gedenksäule des ehem. KZ-Außenlagers Lichterfelde einen Kranz nieder. V.r.n.l. daneben: Bezirksstadtrat Tim Richter, Bezirksstadtrat Urban Aykal, stellv. BVV-Vorsteher Sören Grawert

Kranzniederlegung an der Gedenksäule des früheren KZ-Außenlagers Lichterfelde

Am 8. Mai 2023, als des Endes der nationalsozialistischen Diktatur gedacht wurde, hatte sich die politische Bezirksspitze vor der Gedenksäule am Ort des früheren KZ-Außenlagers Lichterfelde versammelt und Kränze niedergelegt. Das Bezirksamt war durch Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg und die Bezirksstadträte Urban Aykal und Tim Richter vertreten. Die BVV wurde durch den stellvertretenden Vorsteher Sören Grawert repräsentiert. Für das Berliner Abgeordnetenhaus war dessen Präsidentin Cornelia Seibeld nach Lichterfelde gekommen.

Jüdische Campuswoche an der Freien Universität Berlin

Zum ersten Mal war die Freie Universität Berlin (FU) vom 8. bis 12. Mai 2023 Gastgeberin der Jüdischen Campuswoche (JCW). Koordiniert von der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands, findet die Jüdische Campuswoche seit 2019 an verschiedenen Hochschulen des Landes statt.

„Bundesweit soll mit der JCW (…) jüdisches Leben an Hochschulen sichtbar gemacht und der Austausch zwischen jüdischen sowie nichtjüdischen Studierenden gefördert werden“,

hatte es hierzu in einer Pressemitteilung der FU vom 3. Mai 2023 geheißen. Als Gast einer Podiumsdiskussion nahm Prof. Dr. Samuel Salzborn, der Antisemitismusbeauftragte des Landes Berlin, teil. In seinem Vortrag am 11. Mai nahm er zum Thema „Klischees, Stereotype, Herkunft und Entwicklung“ im Zusammenhang mit Juden und dem Judentum Stellung. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch das Institut für Judaistik der Hochschule und durch das Anne-Frank-Zentrum Berlin e.V..

Jüdisches Theaterschiff macht in Wannsee fest

Viele Schiffe nehmen regelmäßig Kurs auf den Fähranleger direkt am S-Bahnhof Wannsee. Jüdische Theaterschiffe tun das nicht ganz so häufig. Im Juli 2023 war das anders: Den ganzen Monat über ankerte die MS Goldberg am Ufer des „Berliner Meers“. Mit einem abwechslungsreichen Programm gastierte das Kultur- und Theaterschiff direkt am See: Von Jazz über Klezmer bis zu jüdischen Hits, Chansons und argentinischem Tango war so ziemlich alles dabei, was das musikalische Herz begehrt. Das Projekt setzt laut einem Eintrag auf der eigenen Webseite

„in guter alter talmudischer Manier auf Austausch, wechselseitige Inspiration und die gegenseitige Akzeptanz auch von Minderheiten. Dies verstehen wir als wichtigen Beitrag gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“.

Gedenk- und Bildungsstätte "Haus der Wannsee-Konferenz"

Gedenk- und Bildungsstätte "Haus der Wannsee-Konferenz"

Gedenk- und Bildungsstätte "Haus der Wannsee-Konferenz"

Gedenk- und Bildungsstätte "Haus der Wannsee-Konferenz"

Besuch des Hauses der Wannseekonferenz

Dem Bezirksamt als Arbeitgeber ist die Antisemitismusprävention der Beschäftigten ein Anliegen. Das Angebot der Personalentwicklung, im Rahmen der politischen Bildung die Dauerausstellung in der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ zu besuchen, wurde sehr gut angenommen. Dass die Besichtigung auf den 8. Mai 2023 gefallen ist, also auf den Tag, an dem des Endes der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedacht wird, war vermutlich nicht zufällig.