Fahrradtour "Mobil ohne Auto" durch den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

Fahrradtour vom 22.09.2007, 13.00, Treffpunkt S-Bahnhof Halensee

S-Bahnhof Halensee

Radtour "Mobil ohne Auto" (22. 9. 2007)

Radtour "Mobil ohne Auto" (22. 9. 2007)

1877 wurde der S-Bahnhof Halensee eröffnet, damals noch unter dem Namen Bahnhof “Grunewald”, 1884 in “Bahnhof Halensee”, umbenannt, 1894 weiter östlich an die heute Stelle verlegt und umgebaut. 1960 wurde ein Neubau im Pavillonstil errichtet. Bald nach dem Mauerbau wurde der Bahnhof stillgelegt. 1985 eröffnet Opel Hesse in dem Pavillon einen Autosalon. 1993 hat die Bahn beschlossen, den Bahnhof ohne Empfangshalle zu betreiben und das Gebäude abgerissen.

Kurz vor der Maueröffnung wurde 1988 überlegt, das Bahngelände hier in Halensee zu überbauen. Der Halenseegraben sollte mit einer Art Deckel versehen werden, auf dem dann 1.400 Wohnungen entstehen sollten. 1,5 Milliarden DM hat man damals für eine solche Baumaßnahme kalkuliert. West-Berlin konnte sich nicht in die Fläche ausdehnen. Deshalb suchte man solche Möglichkeiten, zusätzliche Baumöglichkeiten zu schaffen. Mit der Wende wurden diese Pläne zu den Akten gelegt.

Bornstedter Straße
1888 benannt nach dem Stadtteil von Potsdam, damals noch “Bornstädter Straße”, seit 1906 Bornstedter Straße

Friedhof Grunewald (Bornstedter Str. 11-12)
1892 wurde der Friedhof für die neugegründete Villenkolonie Grunewald auf 11.686 qm Fläche angelegt und wegen seiner schon damals von Bahngleisen umschlossenen Lage im Volksmund die “Toteninsel” genannt. Die neugotische Friedhofskapelle stammt aus dem Jahr 1897.

Hier sind unter anderem begraben:

  • Otto Lessing (Bildhauer, gest.1912) (mit einem Marmorrelief von Otto Lessing)
  • Oskar Hertwig (Biologe, gest.1922)
  • Carl Paul Goerz (Optiker, Fabrikant, gest.1923)
  • Hermann Sudermann (Schriftsteller, Dramatiker, gest.1928). Hans Delbrück (Historiker, gest.1929)
  • Bernhard Dernburg (Bankier, Kolonialminister, gest.1937)
  • Hans Geiger (Physiker, Erfinder des “Geigerzählers”, gest 1945)weiter über den Trabener Steg

Friedenthal-Park
Der Park wurde 1938 als Landschaftspark von Josepfh Pertl gestaltet. Er hieß zunächst Halenseepark. 1997 wurde er nach dem preußischen Politiker und Unternehmer Karl Rudolf Friedenthal (15.9.1827 – 7.3.1890) benannt. Wegen seiner jüdischen Herkunft war im Jahr 1938 die nach ihm benannte Friedenthalstraße in Schellendorffstraße umbenannt worden. Da eine Rückbenennung der Straße nicht möglich war, wurde ersatzweise der Halenseepark nach Friedenthal benannt.
Der Park ist im Sommer eine beliebte Nacktbadewiese.
1935 musste der Lunapark einem Autobahnzubringer Richtung Olympiastadion weichen.

Halensee (Bodenfilter)
Der Halensee als ein alteingesessener Badesee im Innenstadtbereich wird durch die Strassenabwassereinleitungen u.a. von der Autobahn, insgesamt 67,8 ha Fläche, über die letzten Jahrzehnte immer stärker belastet. Aufgrund der schlechten Wasserwerte darf der Halensee nicht mehr als Badesee benutzt werden. Um die Gewässerqualität zu verbessern wurde ein sogenannter Retentionsbodenfilter gebaut. Über ihn werden die Straßenabwässer des größten der drei Straßeneinzugsgebiete zur Reinigung geleitet. Seit Frühjahr des Jahres ist der Bodenfilter nun im Probebetrieb. Das Ziel ist es, langfristig wieder Badewasserqualität im Halensee zu erreichen. Die Baumaßnahmen an den Wegen und dem Einlaufbauwerk einschließlich der Entfernung des Bauzaunes sollen bis 30.10.2007 abgeschlossen sein

Der Halensee gehört zur Kleinen Grunewaldseenkette und ist mit 55.887 m² Oberfläche der größte dieser Seen. Der Halensee wird durch Grundwasser gespeist und hat keinen natürlichen Zufluss. Er hat eine mittlere Tiefe von ca. 3,21 m und ein Volumen von ca. 179.363 m3. Der größte Teil der Uferzone ist in privater Hand. Lediglich im Norden und Süden ist der See frei zugänglich. Uferwanderweg geplant.
(Weiter über Trabenerstraße, Erbacherstraße zur Koenigsallee)

Gedenkstein Walther Rathenau Koenigsallee Ecke Erdener Straße
Seit Jahren organisieren Schülerinnen und Schüler am 9. November einen Gang vom Gedenkstein, der an die Ermordung Walther Rathenaus 1922 erinnert, zum Bahnhof Grunewald, wo eine Gedenkveranstaltung mit Holocaust-Überlebenden stattfindet
(optional Weiter über Lynarstraße, Bismarckallee)

Garten- und Baudenkmal Villa Hartenneck
1911/12 von Architekt Adolf Wollenberg streng klassizistisch erbaut; 1985 Rekonstruktion der historischen Gartenanlage, die heute als öffentlicher Park zugänglich ist. Die Villa wird gewerblich genutzt.
Der Garten der Villa gehört zu den wenigen, heute noch fast vollständig erhaltenen Anlagen in der Villenkolonie Grunewald. Den ursprünglich dreiteiligen Garten gestaltete der Architekt abhängig von der jeweiligen Nutzung.
Der Erwerbsgarten, ein Küchengarten mit Treibhäusern, ist nicht erhalten
An die Südfassade des Hauses, deren Mittelteil an die offenen Arkaden antiker Architekturen erinnert, schließt sich ein geometrisches, gestuftes Rasenparterre mit Fontänenbecken an; der Villa gegenüber begrenzt eine steinerne Pergola die Rasenfläche. Im Kontrast dazu steht der landschaftlich gestaltete Gartenteil mit altem Wald- und Parkbaumbestand.
(Douglasstraße, Auerbacherstraße, Bahnhof Grunewald)

Bahnhof Grunewald
Dieser Bahnhof wurde 1879 zunächst als Bahnhof Hundekehle eröffnet, 1884 wurde er umbenannt in “Bahnhof Grunewald”. Das Bahnhofsgebäude wurde 1899 von Karl Cornelius gebaut und steht ebenso unter Denkmalschutz wie der Tunnel, der 1884-85 entstand, gemeinsam mit dem Bahnsteig 1. Der Bahnsteig 2 wurde 1935 eröffnet.
Seit dem 18. Oktober 1941 fuhren von hier und von den Bahnhöfen Putlitzstraße und Lehrter Stadtbahnhof Deportationszüge nach Lodz, Riga und Auschwitz und brachten insgesamt mehr als 50.000 jüdische Berlinerinnen und Berliner in die Vernichtungslager, wo die meisten von ihnen ermordet wurden.
Auf Initiative der Bezirksverordnetenversammlung Wilmersdorf wurde am 18. Oktober 1991 das Mahnmal von Karol Broniatowski enthüllt. Es zeigt in einem Betonblock Negativabdrücke von menschlichen Gestalten und informiert daneben auf einer Bronzetafel über die Deportationen. Diese Bronzetafel ist leider schwer lesbar, aber der Künstler wollte es so: Das Entziffern des Textes soll Mühe machen.

Der Text lautet:

“Zum Gedenken
an die mehr als 50.000 Juden Berlins,
die zwischen Oktober 1941 und Februar 1945
vorwiegend vom Güterbahnhof Grunewald aus
durch den nationalsozialistischen Staat
in seine Vernichtungslager deportiert und ermordet wurden.
Mahnung an uns,
jeder Mißachtung des Lebens und der Würde des Menschen
mutig und ohne Zögern entgegenzutreten.”

Auch die Deutsche Bahn AG hat sich für die Erinnerung an die Deportationen von diesem Bahnhof engagiert. Am 27. Januar 1998 wurde das Mahnmal auf der Gleisanlage von der Deutschen Bahn AG enthüllt. Es wurde von Nicolaus Hirsch, Wolfgang Lorch und Andrea Wandel geschaffen. Es befindet sich an den Gleisen, von denen die Deportationszüge abgefahren sind. Es besteht aus Metallplatten auf den ehemaligen Verladebahnsteigen. Auf diesen Metallplatten sind die Daten, Bestimmungsorte und die Opferzahlen der einzelnen Transporte eingraviert. Wir kennen diese Daten aus den Transportlisten der Nationalsozialisten. Die großen Transporte mit meist mehr als 1000 Menschen gingen zunächst nach Lodz und Riga, seit Ende 1942 bis Juni 1943 nach Auschwitz. Danach gab es noch bis zum 2.2.1945 kleinere Transporte, zuletzt am 2.2.1945 mit 11 Opfern nach Ravensbrück.
Die Reichsbahn verlangte von der SS pro Person und gefahrenem Schienenkilometer 4 Pfennige, pro Kind 2 Pfennige, nur die Hälfte wenn mehr als 400 Menschen transportiert wurden. Für die ersten Transporte wurden noch Personenzüge verwendet, später Güterzüge.

Von den etwa 170.000 in Berlin lebenden Juden wurden 55.000 in Konzentrationslagern ermordet. Von 5000, die in den Untergrund gingen, haben 400 überlebt – wie zum Beispiel Hans Rosenthal und Inge Deutschkron, die davon in ihren Lebenserinnerungen berichtet haben.

Für die geplante Bebauung des Güterbahnhof-Geländes mit Wohnhäusern hat die Bezirksverordnetenversammlung strenge Auflagen formuliert: Das Mahnmal muss in seiner jetzigen Anlage und künstlerischen Gestaltung unversehrt und unbeeinträchtigt bleiben. Die Sichtachse von Gleis 17 in die Ferne muss frei gehalten werden. Ein Supermarkt darf hier in der Nähe nicht errichtet werden. Im Zusammenhang mit dem Bauprojekt soll eine ausführliche Dokumentation zum Geschehen am Bahnhof Grunewald erstellt werden.

Wir fahren jetzt an einer ehemaligen Kiesgrube vorbei, die aufgrund ihrer Arten- und Biotopvielfalt unter Naturschutz steht. Sie darf betreten werden. Die besonders sensiblen Bereiche sind umzäunt. Für Kinder ist der große Sandhügel im Zentrum ein Erlebnis.

Teufelssee
Ist einer der beiden offiziellen Badestellen im Bezirk . Er ist ca.
2,4 ha groß, hat eine maximale Tiefe von 5,93 m und beliebte (inoffizieller Nackt-) Badewiese. Der Teufelssee ist Teil eines Naturschutzgebietes, das sich als “Teufelsfenn” am nördlichen Ufer fortsetzt. Am nördlichen Ufer liegt auch das Naturschutzzentrum Ökowerk am Teufelssee.
Der Teufelssee ist Teil einer eiszeitlichen Nebenrinne der Havel, des westlichen Grunewaldgrabens. Wegen Grundwasserabsenkungen – vor allem durch den Betrieb des Wasserwerkes am Teufelssee von 1871 bis 1967 – droht dem See die Verlandung. Deshalb werden über ein Pumpsystem jährlich 200.000 Kubikmeter Wasser zugeführt.

Ökowerk Teufelssee e.V.
Das Ökowerk wurde 1982 als Naturschutzzentrum im ehemaligen Wasserwerk Teufelssee gegründet. Die Gesamtanlage steht unter Denkmalschutz. 1872/73 wurde das Wasserwerk zur Versorgung der westlichen Vororte Berlins gebaut. Das Maschinenhaus ist im Originalzustand erhalten. Das Wasserwerk ist das älteste erhaltene Werk in Berlin. Es wurde 1969 wegen technischer und hygienischer Mängel stillgelegt. 1978 wurden die Heizkessel verschrottet.
Im Ökowerk werden Seminare, Exkursionen, Wandertage und Führungen angeboten. Auf dem 2,8 ha großen Gelände gibt es eine Bibliothek, ein Labor, einen Biogarten, Teiche, ein Wassermuseums in den alten Filterhallen und eine Veranstaltungshalle.

Fahrradstraße Teufelsseechausee
Die Teufelsseechausee ist seit Ende August die erste Fahrradstraße des Bezirkes , hier haben Fahrradfahrer vorrang und dürfen auch nebeneinander fahren. Autoverkehr ist nur als Anliegerverkehr erlaubt.
(weiter über Soldauer Straße Lötzener Allee, Waldschulallee)

Funkturm
Das 150 Meter hohe Bauwerk aus einem Stahlfachwerk wurde 1924-26 gebaut und ist Pionier in der Radiogeschichte. Von ihm aus wurden die ersten regelmäßigen Rundfunksendungen in den Äther geschickt.

ICC
Auch das ICC ist ein typisches Stück West-Berlin und ebenfalls in seiner Existenz bedroht. 1975 –79 von Ralf Schüler und Ursula Schüler-Witte erbaut, ist das ICC ein weltweit bekanntes, geschätztes und gut ausgebuchtes Congresszentrum, übrigens das größte Europas. Das ICC liegt quasi auf einer Verkehrsinsel zwischen Autobahn, Messedamm und Kantstraße. Es hat sehr wesentlich dazu beigetragen, dass Berlin weltweit Congressstadt Nr. 4 ist (hinter Barcelona, Wien, Singapur). 10 Mio. Menschen haben in 26 Jahren über 15.000 Veranstaltungen besucht. Das ICC stärkt über die internationalen Besucher die Wirtschaftskraft in erheblichem Umfang. Allerdings ist die Zukunft des ICC unklar. So will die Messe Berlin die defizitäre Einrichtung nicht mehr betreiben und einen Neubau errichten. In der gleichen Richtung hat sich auch schon Finanzsenator Sarrazin geäußert.
Am Ende der Halenseestraße, die wir jetzt entlang fahren werden, befand sich bis in die 30`er – Jahre des letzten Jahrhunderts eine große Grünanlage, der Lunapark. 1904 als “Terrassen am Halensee” eröffnetes Vergnügungsgelände mit orientalisierender Fantasiearchitektur, seit 1910 “Lunapark” mit jährlich wechselnden Attraktionen wie Wellenbad, Wasserrutschbahn, Gebirgsbahn, Wirbelschaukel, Teufelsscheibe, Somalidorf usw. Es war ein riesiger Vergnügungspark, der sich vom Kurfürstendamm bis zum See erstreckte. Sein Lärm war in ganz Halensee zu hören. Zeitweise gab es an jedem Abend zum Abschluss ein großes Feuerwerk. 1934 durch die Nationalsozialisten als “Schandfleck des Westens”
geschlossen, abgerissen und stattdessen Anlage einer Aufmarschstraße zum “Reichssportfeld”. Heute führt die Halenseestraße als Autobahnzubringer mitten durch das Gelände.
Der Eingang befand sich unweit des heutigen Rathenauplatzes an dem wir als nächstes halten.

Rathenau Platz
Stadtplatz mit vier Straßeneinmündungen an der Einfahrt zur Villenkolonie Grunewald. Die Benennung nach dem im Jahr 1922 ermordeten Außenminister Walther Rathenau erfolgte 1957 anläßlich seines 90. Geburtstages.
Mittelinsel mit Rasenfläche und der Skulptur “Beton Cadillacs” (“2 Beton-Cadillacs in Form der nackten Maja”) von Wolf Vostell, eine der Großskulpturen des Skulpturenboulevards, geschaffen 1987 zur 750-Jahrfeier Berlins. “. Vostells Intention war die Entlarvung des “24-stündige(n) Tanz(es) der Autofahrer ums Goldene Kalb”. Gegen die Aufstellung der Skulptur formierte sich ein starker Bürgerprotest. Kein anderes Kunstwerk war in der Nachkriegszeit in Berlin so umstritten. Zeitweise wurde als Pendant zur Vostell-Skulptur auf dem benachbarten Grünstreifen ein Beton-Trabi aufgestellt.
Im Herbst 2006 wurde die Skulptur vom Verein Pro City West e.V. unter der künstlerischen Leitung von Wolf Vostells Sohn Rafael Vostell für insgesamt 100.000.- EUR umfassend restauriert und anschließend illuminiert.
Wenn die unter dem Platz verlaufende Stadtautobahn mit einbezogen wird, ist der Rathenauplatz der verkehrsreichste Platz Europas.