Projekt zur Erfassung und Förderung von Fledermaushabitaten im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

Fransenfledermaus

Warum führen wir dieses Projekt durch?

Fledermäuse gehören in Mitteleuropa zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten, deren Bestände sich in den letzten Jahren dramatisch vermindert haben. Alle einheimischen Fledermäuse gehören gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz zu den streng geschützten Arten. So gilt es bei Planungen sowie bei der Gestaltung und Pflege von Grünflächen ihre Lebensstätten und -räume zu berücksichtigen. Laut Roter Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) von Berlin mit dem Bearbeitungsstand Dezember 2003 wurden 16 verschiedene Arten nachgewiesen, wovon allerdings nur wenige den Winter in der Stadt verbringen.

Charlottenburg-Wilmersdorf mit seinem hohen Anteil an Grünanlagen und Altbauten bietet dabei vielen Arten Nahrungs- und Lebensraum im Sommer sowie diverse Winterquartiere. Das Umwelt- und Naturschutzamt will gemeinsam mit dem Grünflächenamt den Schutz und die Förderung von Fledermäusen intensivieren. Aufgrund fehlender aktueller Daten zu den Populationen sowie zur Nutzung und Funktionsfähigkeit bestehender Fledermauskästen sollen u.a. in öffentlichen Grünanlagen die vorhanden Habitate erfasst, auf den Erhaltungszustand überprüft und notwendige Reparaturen durchgeführt werden.

Ausführliche Informationen zur ersten Erfassung erhalten Sie untenstehend auf dieser Seite.

Zeitraum und Durchführung des Projektes

Eine erste Bestandsaufnahme der vorhanden Sommer- und Winterkästen auf Ihre Nutzung und Tauglichkeit wurde im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 durch den Berliner Artenschutz Team (BAT) e.V. durchgeführt. Hierbei wurden darüber hinaus in genutzten Quartieren Ausflugzählungen, Netzfänge, Sichtkontrollen und akustische Monitorings durchgeführt. Die Untersuchungen werden kontinuierlich fortgeführt und anhand der ersten Bestandsaufnahme intensiviert.

Welche Grünanlagen werden untersucht?

Vergleich der bei den Kontrollen erfassten Arten

  • Sommerkontrollen

    Braunes Langohr (Plecotus auritus)
    Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus),
    Fransenfledermaus (Myotis nattereri)
    Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri) – nicht in 2019/2020 erfasst
    Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
    Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) – nicht in 2019/2020 erfasst
    Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)
    Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)

    Winterkontrollen

    2018/2019
    in den Grünanlagen:
    Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    im Wasserturm VP Jungfernheide:
    Fransenfledermaus (Myotis nattereri)
    Braunes Langohr (Plecotus auritus)
    Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)

    seit 2021/2022
    in den Grünanlagen:
    Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
    Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)

Hinweise auf Reproduktion

Die Erfassung von laktierenden (milchgebenden) Weibchen, Männchen in Paarungskondition oder juvenilen bzw. subadulten Tieren zeigt, dass sowohl der Große Abendsegler als auch Zwerg- und Mückenfledermaus sowie Kleinabendsegler und Breitflügelfledermaus die untersuchten Parkanlagen zumindest als Jagdrevier in der Wochenstubenzeit nutzen. Eine Reproduktion findet somit in den Grünanlagen oder in direkter Nähe statt.

Wiederfunde

Anhand von Ringdaten lassen sich Rückschlüsse zum Zugverhalten ziehen. Die erfassung von einigen Exemplaren sowohl im Sommer als auch im Winter, könnte ein erster Hinweis darauf sein, dass die Parkanlagen auch dauerhaft von Abendseglern als Lebensraum genutzt werden.

In der Uckermark, im Spreewald oder Greifswald beringte Tiere, konnten ebenfalls hier in Charlottenburg-Wilmersdorf erfasst werden. Diese Wiederfunde sind eindrückliche Belege für die auch überregionale Bedeutung der Überwinterungsquartiere in den Parkanlagen des Bezirks.

Darüber hinaus wurden in Charlottenburg-Wilmersdorf beringte Tiere breits im Landkreis Elbe-Elster sowie nach einer Flugstrecke von knapp 111 Kilometern im Torgauer Ratsforst gefunden.

Ausführliche Ergebnisse der ersten Bestandsaufnahme 2018 bis 2019

  • Quartierskontrollen Sommer
    Netzfang einer Fledermaus im Ruhwaldpark

    Netzfang einer Fledermaus im Ruhwaldpark

    In einer ersten Kontrolle wurden 233 Objekte, Fledermaus- und Vogelkästen sowie Höhlungen in Bäumen, erfasst. 186 davon wurden als potentielle Sommerquartiere und 21 als potentielle Winterquartiere eingestuft.

    Während der Sommerkontrollen konnten im Jungfernheidepark und Georg-Kolbe-Hain Große Abendsegler (Nyctalus noctula) nachgewiesen werden. Zwei Kästen konnten als Paarungsquartier identifiziert werden, in denen jeweils 1 balzendes Männchen des Großen Abendseglers gefunden wurde. Beide wiesen bereits eine starke Paarungskondition auf.
    In weiteren Kästen konnten durch teils bis zu 5 cm hohe Koteinlagerungen Nutzungen als Wochenstubenquartier abgeleitet werden. In zwei Kästen befanden sich mumifizierte bzw. skelettierte Große Abendsegler.
    In einer Naturhöhle konnte frischer Fledermauskot, in einer weiteren Soziallaute nachgewiesen werden.

  • Quartierskontrollen Winter
    Großgruppe des großen Abendseglers in Sommerkasten

    Großgruppe des großen Abendseglers in Sommerkasten

    Bei den Winterkontrollen waren ein Vogelkasten, zwei Fledermaussommerkästen und vier Fledermauswinterkästen mit Großen Abendseglern besetzt.
    Drei starke Winterschlafgruppen konnten im Georg-Kolbe-Hain nachgewiesen werden, zwei starke Gruppen im Jungfernheidepark. Weiterhin konnten im Jungfernheidepark zwei Kleingruppen (4 bzw. 6 Individuen) gefunden werden.
    Die starken Winterschlafgruppen umfassten viermal ca. 100 bzw. mehr als 100 Individuen und einmal ca. 40 Individuen.

  • Welche Arten nutzen die Parkanlagen als Jagdhabitate?

    Während nur im Georg-Kolbe-Hain und Volkspark Jungfernheide eine Nutzung von Fledermauskästen belegt werden konnte, wurde durch Detektorarbeit, Batlogger und Netzfang in allen Parks Fledermausaktivität nachgewiesen.

    Georg-Kolbe-Hain:

    • Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    • Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
    • Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
    • Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
    • Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)

    Messelpark:

    • Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    • Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
    • Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)

    Ruhwaldpark:

    • Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    • Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
    • Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
    • Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
    • Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri)

    Volkspark Jungfernheide:

    • Großer Abendsegler (Nyctalus noctula)
    • Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
    • Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
  • Besonderheiten

    Im Zuge der Netzfänge konnten mehrere männliche Vertreter des großen Abendseglers, der Zwerg- und Breitflügelfledermäuse in deutlicher Paarungsbereitschaft nachgewiesen werden.

    Zusätzlich wurde ein laktierendes, also milchgebendes Kleinabendseglerweibchen im Ruhwaldpark identifiziert. Dies ist ein deutliches Zeichen für das Vorhandensein einer Wochenstube in der Umgebung.

    Ein weiterer herausragender Fund während der Winterkontolle war ein Großer Abendsegler, welcher im Juli 2018 im nördlichen Brandenburg an seinem Geburtsort beringt worden war. Somit konnte die Wanderung zwischen dem Wochenstubenquartier in das ca. 87 Kilometer entfernte Winterquartier in Charlottenburg nachgewiesen werden.

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