Wir stehen vor dem Haus, in dem Erich Kästner von 1929 bis 1944 wohnte, und zwar befand sich seine Wohnung im 4. Stock im Gartenhaus. Zuvor hatte er in Wilmersdorf in der Prager Straße 17 gewohnt.
Am 31. August 1929 berichtete Kästner in einem Brief an seine Mutter in Dresden über den Umzug. Ich zitiere:
bq. Liebes gutes Muttchen!
Na, die kleine Wohnung ist ganz reizend. In einer Seitenstraße vom Kurfürstendamm. Schön ruhig. Alle möglichen Autobusse, Straßenbahnen und Stadtbahnhof Charlottenburg 2 Minuten entfernt. In einem vierstöckigen Gartenhaus. Zu beiden Seiten bißchen was Grünes. Im 4. Stock. Fahrstuhl. Neubau, seit genau einem Jahr bezogen. Die Leute, junges Ehepaar, wollen sich vergrößern. Loben das Haus, die Wohnung etc. sehr. Haben noch 4 Jahre Kontrakt. Den übernehme ich, wenn ich miete. Der Wirt ist eine große Gesellschaft.
Die Wohnung selber: 3 Zimmer, Morgensonne, Balkon, 1 Bad, Klosett, zusammen, 1 Küche, 1 Mädchenkammer, kleine Diele, Speisekammer, zwei eingebaute Schränke. Zentralheizung, Telefon. Die Zimmer sind nicht sehr groß…
Am 15. Februar 1944 wurde das Haus von einer Fliegerbombe zerstört. Ich zitiere noch einmal:
bq. Ein paar Kanister »via airmail« eingeführten Phosphors aufs Dach, und es ging wie das Brezelbacken. Dreitausend Bücher, acht Anzüge, einige Manuskripte, sämtliche Möbel, zwei Schreibmaschinen, Erinnerungen in jeder Größe und mancher Haarfarbe, die Koffer, die Hüte, die Leitzordner, die knochenharte Dauerwurst in der Speisekammer, die Zahnbürste, die Chrysanthemen in der Vase und das Telegramm auf dem Schreibtisch: »ankomme 16. früh anhalter bahnhof bringe weil paketsperre frische wäsche persönlich muttchen«. Wenigstes einer der Schreibmaschinen wollte ich das Leben retten. Leider sausten mir schon im dritten Stock brennende Balken entgegen. Der Klügere gibt nach.
Er zog zuerst bei seiner Lebensgefährtin Luiselotte Enderle in die Sybelstraße 8 ein, die als Dramaturgin bei der Ufa arbeitete. Mit einem Filmteam und einem vorgetäuschten Filmprojekt gelang es Kästner nach Tirol zu fahren. Dort wartete er das Ende des Kriegs ab. Nach dem Krieg zog er nach München. Die Zeit in Berlin gehörte zu den kreativsten und wichtigsten in seiner schriftstellerischen Laufbahn. Kaestner starb 1974 bei München.
Wir gehen nun ein paar Schritte auf der anderen Seite der Straße zurück zu den Häusern Nummer 6 und 7.