HIER WOHNTE
DR. HILDEGARD
BÖHME
JG. 1884
DEPORTIERT 17.5.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Hildegard Zerline Böhme wurde als Tochter des Verbandsstofffabrikanten Moritz Böhme und dessen Frau Klara geb. Worms am 6. November 1884 An der Spandauer Brücke 8 geboren. Sie genoss eine reichhaltige Ausbildung als Lehrerin und Sozialarbeiterin. 1903 bzw. 1905 erhielt sie von der Königlichen Prüfungskommission in Berlin die „Qualifikation zur Erteilung des Unterrichts in der englischen (französischen) Sprache“. 1907/08 nahm sie an einem vom Berliner Verein für Volkserziehung veranstalteten Kursus für Hortleiterinnen teil, 1908/1909 besuchte sie die Soziale Frauenschule von Dr. Alice Salomon.
Hildegard Böhmes Zeugnis der Deutschen Akademie für Jungendfürsorge e.V., wo sie von 1909 bis 1918 wirkte, hebt ihre Tätigkeit als Referentin, vor allem als Leiterin der Auskunftsstelle, hervor und endet mit der Anerkennung ihrer besonderen „Fähigkeit, neue Probleme rasch in ihrer Wesenheit zu erkennen und zu meistern“.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bestand sie an der Hamburgischen Universität die Prüfung für Versicherungssachverständige und 1923 die staatswissenschaftliche Doktorprüfung. Ihr Dissertation über die Entwicklung des gewerblichen Lehrlingswesens in Preußen wurde so hoch bewertet, dass die Arbeit, was damals selten war, zum Druck empfohlen wurde.
Von 1923 bis 1934 stand Dr. Hildegard Böhme als Referentin für Wohlfahrtspflege und als Archivleiterin in Diensten des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Berlin. In dieser Zeit veröffentlichte sie „Organisatorische Grundlagen des DRK“ (1925), „Gegenwartsfragen der Gemeindeskrankenpfleger“ (193) und Aufsätze in den Zeitschriften des DRK. In ihrer Hand lag die Redaktion der „Umschau“ und der „Blätter des DRK“. Nebenher unterrichtete sie ehrenamtlich an der Haushaltungsschule des Pestalozzi-Fröbel-Hauses II, in der Werner-Schule des DRK für Schwestern und am Paul-Gerhard-Stift für Haushaltspflegerinnen.
1935 trat Hildegard Böhme in die Reichsvertretung der deutschen Juden ein. Sie arbeitete dort nicht nur in der Altenfürsorge, sondern auch bei der Ausbildung jüdischer Jugendlicher, die zur Auswanderung bereit waren. Eigene Fluchtpläne verschiebend arbeitete sie nach Beobachtungen von außen „pausenlos und verantwortungsbewusst“. Ihre engen Freundinnen waren Hannah Karminski und Cora Berliner. 1942 soll sie sich eingeschaltet haben, um bei den Nationalsozialisten die Freilassung Hannah Karminskis zu bewirken.
Am 17. Mai 1943 wurde sie über Theresienstadt nach Auschwitz deportiert, wo sie am 19. Mai ankam. Es ist anzunehmen, dass die damals 59jährige hochkompetente und tatkräftige Frau zu den systematisch Ermordeten gehörte.
Zum Gedenken an ihren Bruder Alfred Siegmund Böhme (geboren am 13. September 1886 in Berlin, deportiert am 16. Juni 1943 nach Theresienstadt und am 9. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz) ist am 28.3.2013 an der Martin-Luther-Straße 29 in Schöneberg ein Stolperstein verlegt worden.
Die Erzieherin Hannah Karminski (geboren 1897) gilt als Seele des Jüdischen Frauenbundes, dessen Hauptgeschäftsführerin sie war. 1942 wurde sie deportiert und ermordet, Todesort und Todesdatum sind nicht bekannt. 2002 wurde eine Straße in Berlin-Charlottenburg nach ihr benannt. Am 13.12.2012 ist ein Stolperstein für sie vor dem Haus Oranienburger Straße 22 in Berlin-Mitte verlegt worden, www.stolpersteine-berlin.de/de/orte-biografien/suche/liste
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Cora Berliner (geboren 1890) war ebenfalls in der in der jüdischen Jugend- und Frauenbewegung aktiv und wurde Professorin am Berufspädagogischen Institut in Berlin. Am 24. Juni 1942 ist sie deportiert und in Minsk ermordet worden. Für sie wurde am 29.10.2013 ein Stolperstein an der Emser Straße 37 verlegt.
Dieser Text ist weitgehend einem Buch über jüdische Akademiker entnommen und von Helmut Lölhöffel bearbeitet.