Baraschstraße

Baraschstraße: Seit dem 26. Februar 2022 hängt das Straßenschild mit dem neuen Namen

Seit dem 26. Februar 2022 hängt das Straßenschild mit dem neuen Namen

In einem offiziellen Festakt mit der stellvertretenden Bezirksbürgermeisterin und Kulturstadträtin Heike Schmitt-Schmelz wurde die Wissmannstraße in Grunewald am 27. Februar 2022 in Baraschstraße umbenannt.

Der Live-Stream der Umbenennungsveranstaltung zum Nachschauen

1. Reihe vorn: Lili, ihr Vater Joachim Krotoschiner, Georg Barasch, Hanni und ihre Mutter Herta Krotoschiner (Tochter von Georg Barasch), Berta Barasch, Irene Barasch-Haas 2 Reihe hinten: Werner Barasch, Lotte, Else Barasch, dann rechts hinten Erich Barasch (Sohn von Georg) und Artur Barasch

Die Familie Barasch vermutlich Anfang bis Mitte der 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts: 1. Reihe vorn: Lili, ihr Vater Joachim Krotoschiner, Georg Barasch, Hanni und ihre Mutter Herta Krotoschiner (Tochter von Georg Barasch), Berta Barasch, Irene Barasch-Haas 2 Reihe hinten: Werner Barasch, Lotte, Else Barasch, dann rechts hinten Erich Barasch (Sohn von Georg) und Artur Barasch

Wer die Familie Barasch war

Buchtitel Barasch

"Entronnen" - die Erinnerungen von Werner Barasch

Bericht über eine Flucht

Werner Barasch hat ein Buch über sein Leben und seine Flucht geschrieben: “Entronnen: Autobiographische Skizze der Jahre 1938 bis 1946”, Verlag: Haag+Herchen, ISBN: 978-3-89846-726-1

In der Sammlung des Holocaust Memorial Museum der Vereinigten Staaten gibt es auch ein Video mit einem Interview, in dem Werner Barasch seine Erinnerungen an seine und die Geschichte seiner Familie erzählt.

Wissmannstraße wird zu Baraschstraße.

Proteste gegen den Namensgeber Hermann von Wissmann auf den Straßenschildern

Chronik einer Straßenumbenennung

In Charlottenburg-Wilmersdorf hatte nach einem BVV-Beschluss ein Prozess begonnen, der die Umbenennung der Wissmannstraße in Grunewald und eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialvergangenheit zum Ziel hatte. Auch in Neukölln hatte eine Wissmannstraße einen neuen Namen bekommen.

5. März 2021: Informationsveranstaltung
Auf einer digitalen Informationsveranstaltung konnten sich Anwohner*innen und Interessierte über die geplante Straßenumbenennung und ihre Hintergründe informieren.

9. April 2021: Namensvorschläge
Bis zum Stichtag 9. April 2021 konnten sich drei Jurymitglieder mit Wohnsitz in der Wissmannstraße melden. Gesucht wurden auch Namensvorschläge für die Umbenennung. Alle Bürger*innen und Initiativen aus Charlottenburg-Wilmersdorf waren vorschlagsberechtigt. Gesucht wurde vorzugsweise eine Namensgeberin, die in Charlottenburg-Wilmersdorf gelebt und/oder gewirkt, sich um den Bezirk besonders verdient gemacht oder die Widerstand gegen die Kolonialmächte geleistet und/oder afrodeutsche Geschichte sichtbar gemacht hat. Eingereicht wurden 47 Namensvorschläge. Viele der zu ehrenden Persönlichkeiten lebten in Grunewald, in direkter Nachbarschaft zur Wissmannstraße oder sogar direkt in der Straße.

12. Mai 2021: Jury schlägt der BVV einen Namen vor
Eine Jury, besetzt aus Anwohner*innen der Wissmannstraße, Decolonize Berlin, Berlin Postkolonial und Vertreter*innen der in der Bezirksverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen bereit am Mittwoch, 12. Mai, über die Vorschläge. Als Ergebnis der Jurysitzung wurde beschlossen, dem Bezirksamt und der Bezirksverordnetenversammlung den Namen “Baraschstraße” vorzuschlagen. Mit diesem neuen Straßennamen sollten die Eheleute Irene und Arthur Barasch, die bis zu ihrer Deportation beziehungsweise Flucht mit ihren Kindern Else und Werner im Haus Wissmannstraße 11 gelebt haben, geehrt werden.

27. Mai 2021: Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf hat entschieden: Die Grunewalder Wissmannstraße wird in Baraschstraße umbenannt – und erinnert damit künftig nicht mehr an den deutschen Kolonialoffizier Hermann von Wissmann (1853 bis 1905), der für die blutige Niederschlagung eines Aufstands in Ostafrika verantwortlich war. Die BVV folgte der Empfehlung einer Jury aus Fraktionsvertreter*innen, Mitgliedern des Bündnisses „Decolonize Berlin“ und Anwohner*innen.

02. November 2021: Bezirksamt beschließt Umbenennung
Nachdem alle anzuhörenden Stellen angehört wurden und keine Einwände vorgebracht wurden, hat das Bezirksamt die Umbenennung der Wissmannstraße in Baraschstraße beschlossen. Dabei geht es immer darum, dass sichergestellt wird, dass nicht gleichlautende Benennungsabsichten oder –initiativen in anderen Bezirken bestehen, da es nicht zu neuen Doppelbenennungen in Berlin kommen soll. Der Beschluss des Bezirksamts wird im Amtsblatt veröffentlicht.

Der BVV-Beschluss, der den Prozess initiierte

  • Drucksache Umbenennung Wissmannstraße

    PDF-Dokument (66.4 kB)

Hermann von Wissmann

Hermann von Wissmann

Fragen und Antworten zur Wissmannstraße

Das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf hatte zu Beginn des Beteiligungsprozesses Fragen und Antworten zum Thema Umbenennung Wissmann-Straße entwickelt:

Wo befindet sich die Wissmannstraße?
Die Wissmannstraße befindet sich im Ortsteil Grunewald. Sie verbindet die Erdener Straße mit der Trabener Straße. Sie ist eine Wohnstraße mit Gründerzeitvillen.

Wer war Hermann von Wissmann?
Hermann von Wissmann (1853-1905) war Befehlshaber deutscher Kolonialtruppen und Kolonialbeamter. Als Befehlshaber deutscher Kolonialtruppen schlug Wissmann 1889/1890 den Widerstand der Küstenbevölkerung in Ostafrika gewaltsam nieder. Hierbei handelte es sich um den ersten kolonialen Eroberungskrieg, den das Deutsche Reich mit Landstreitkräften führte. Mit früheren Expeditionen trug Wissmann maßgeblich zur Kolonisierung des Kongo unter dem belgischen König Leopold II. bei.

Fotodokumente

  • Wissmann-Statue vor dem General Hospital in Dar-es-salaam 1915/17

    Wissmann-Statue vor dem General Hospital in Daressalam 1915/17

  • Portrait Wissmann mit Begleitern d. Kassai Expedition 1884-85

    Portrait Wissmann mit Begleitern der Kassai Expedition 1884-85

  • Eine Sektion der "Wissmanntruppe" - offizielle Deutsche Schutztruppe in Ostafrika mit einem "eingeborenen" Offizier (rechts) 1889 / vorn sitzend: - Wissmann mit Oberleutenant Schaffer

    Eine Sektion der "Wissmanntruppe" - offizielle Deutsche Schutztruppe in Ostafrika mit einem "eingeborenen" Offizier (rechts) 1889 / vorn sitzend: - Wissmann mit Oberleutenant Schaffer

  • Einweihung des Wissmann-Denkmals in Daressalam

    Einweihung des Wissmann-Denkmals in Daressalam

  • Bismarckplatz mit Wissmann-Denkmal in Daressalam

    Bismarckplatz mit Wissmann-Denkmal in Daressalam

  • Zeichnung: Hermann Wißmann, der Führer der beabsichtigten deutschen Emin-Pascha-Expedition

    Zeichnung: Hermann Wißmann, der Führer der beabsichtigten deutschen Emin-Pascha-Expedition

  • Wissmann-Denkmal in Daressalam

    Wissmann-Denkmal in Daressalam

  • Kommandant und Offiziere der deutschen Schutztruppe in Ostafrika

    Kommandant und Offiziere der deutschen Schutztruppe in Ostafrika

  • Hermann von Wissmann 1889/90

    Hermann von Wissmann 1889/90

Warum soll die Straße seinen Namen nicht mehr tragen?
2019 hat die Bezirksverordnetenversammlung eine Initiative mit dem Ziel der Umbenennung der Wissmannstraße beschlossen.
Straßen tragen den Namen einer Persönlichkeit in aller Regel um die Persönlichkeit zu ehren und an ihre Verdienste zu erinnern. So auch im Falle der Wissmannstraße in Grunewald, die noch zu seinen Lebzeiten nach Wissmann benannt wurde.
Von 1884 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 gehörte Deutschland zu den führenden europäischen Kolonialmächten. Kolonialismus war ein Unrechtssystem, in dem europäische Staaten Menschen im globalen Süden gewaltsam beherrschten, ihnen Grundrechte verweigerten und sie wirtschaftlich ausbeuteten. Als gewaltsame Fremdherrschaft wurde der Kolonialismus durch ein rassistisches Weltbild europäischer Überlegenheit legitimiert.
Eine kritische Erinnerung an den deutschen Kolonialismus hat in der Gegenwart an öffentlicher Bedeutung gewonnen. Gestiegen ist damit auch das Bewusstsein für die Auswirkungen des Kolonialismus bis in die Gegenwart. Wissmann spielte eine zentrale Rolle in der gewaltsamen Kolonisierung Ost- und Zentralafrikas. Eine ehrende Erinnerung an Akteure wie Wissmann ist daher mit demokratischen Werten der Gegenwart nicht mehr vereinbar. Seit vielen Jahren engagieren sich bereits zivilgesellschaftliche Initiativen für eine kritische Revision von Straßennamen mit kolonialem Kontext. Schauplätze sind unter anderem das Afrikanische Viertel im Bezirk Mitte, die Wissmannstraße in Neukölln, das May-Ayim-Ufer in Friedrichshain-Kreuzberg, das bereits seit 2010 den Namen der afrodeutschen Lyrikerin und Aktivistin trägt.

Gibt es eine, mehrere, viele Wissmannstraßen?
In mehr als zwanzig deutschen Städten tragen heute noch Straßen Wissmanns Namen. Seit 1945 haben zudem mehrere Städte nach Wissmann benannte Straßen umbenannt. In der DDR – in Erfurt, Frankfurt/Oder, Leipzig – geschah dies bereits in den 1950er-Jahren. Auch in den 1990er- und 2000er-Jahren wurden Wissmannstraßen umbenannt, beispielsweise in Bochum und Stuttgart. Im Berliner Bezirk Neukölln wurde 2020 eine Umbenennung der Wissmannstraße in Lucy-Lameck-Straße beschlossen. Lucy Lameck (1934-1993) war die erste Frau in einem tansanischen Regierungskabinett. Sie brachte Frauenrechte in Tansania voran und war eine wichtige Unterstützerin der panafrikanischen Idee.

Wie kam die Straße in Grunewald zu ihrem Namen?
In der Sekundärliteratur findet sich die Angabe, die Straße in Grunewald habe ihren Namen 1898 erhalten. Diese Jahreszahl wird auch im Antrag der Linksfraktion (DS-Nr: 0491/5, siehe oben) an die BVV Charlottenburg-Wilmersdorf genannt. Historische Adressbücher erwähnen eine Wissmannstraße in der Villenkolonie Grunewald jedoch bereits im Jahr 1893. Spätestens zu diesem Zeitpunkt scheint es also eine Straße in Grunewald mit diesem Namen gegeben zu haben. Damit handelt es sich bei der Wissmannstraße in Grunewald im Gegensatz zu denen in anderen deutschen Städten weder um eine posthume Ehrung noch um eine, die dem Kolonialrevisionismus nach 1918 zuzurechnen ist. Stattdessen ehrte diese Straßenbenennung Wissmann bereits zu Lebzeiten für seine Niederschlagung des Widerstands in Ostafrika 1889/1890.
Für einige Monate im Jahr 1895 wohnte Wissmann mit seiner Ehefrau Hedwig (geb. Langen) selbst in der Villenkolonie Grunewald. Das Paar mietete laut Wissmanns Biografen eine Wohnung in der Hagenstraße 39. Mehr oder weniger zeitgleich mit dem Einzug in Grunewald wurde Wissmann im April 1895 zum Kaiserlichen Gouverneur für “Deutsch-Ostafrika” ernannt und reiste im Juli dorthin aus.

Welche Rolle spielte Wissmann für die Kolonialbewegung?
Seit der Niederschlagung des Widerstands in Ostafrika 1889/1890 war Wissmann bekannt und wurde hierfür in den Adelsstand erhoben. Zur Reichsregierung hatte Wissmann zu Lebzeiten jedoch ein angespanntes Verhältnis. So war es insbesondere die organisierte Kolonialbewegung, die einen Heldenkult um ihn pflegte, auch über seinen Tod hinaus. 1905 regte die Deutsche Kolonialgesellschaft (DKG) mehrere Denkmäler zu seinen Ehren an. Eine Statue des Bildhauers Adolf Kürle wurde 1909 im ostafrikanischen Daressalam eingeweiht. Nach der Aberkennung der Kolonien in Folge des Ersten Weltkriegs versuchte eine zahlenmäßig kleine Kolonialbewegung, in der ehemalige Kolonialmilitärs, Siedler und Händler mobilisierten, die deutsche Öffentlichkeit und Regierung zu einer schärferen Revisionspolitik des Versailler Vertrags zu bewegen. Gedenkveranstaltungen für Wissmann spielten dabei wiederum eine Rolle – wie etwa das Wiederaufstellen der Wissmann-Statue aus Daressalam vor der Hamburger Universität 1922. An diese revisionistische Erinnerungspolitik knüpfte das NS-Regime an. Nach mehreren gescheiterten Versuchen gelang Studierenden der Universität Hamburg der Denkmalsturz 1967. Das Denkmal ist ein Beispiel für den wechselvollen Umgang mit Zeugnissen des deutschen Kolonialismus.

Was ist mit Wissmanns Verdiensten als Afrikaforscher?
Bevor Wissmann im Auftrag des Deutschen Reiches einen Kolonialkrieg führte, nahm er in den 1880er-Jahren an mehreren Forschungsexpeditionen durch Zentralafrika teil. Er erwarb sich den Ruf, als erster Europäer den Kontinent auf dem Landweg durchquert zu haben.
Die Forschungsziele der Expeditionen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts sind jedoch vom “Wettlauf um Afrika” und der gewaltsamen Kolonisierung des Kontinents nicht zu trennen. Sie trugen durch landeskundliche Kenntnisse und den Aufbau von Infrastruktur zur Kolonisierung bei und hatten teils militärischen Charakter. Dies gilt insbesondere für die Expedition, die Wissmann 1886/87 im Auftrag des belgischen Königs Leopold II. anführte. Sie diente der Eingliederung des bereisten Gebiets in Leopolds Privatkolonie, den “Kongo-Freistaat”.

Wird durch eine Umbenennung nicht dieses Kapitel der deutschen Geschichte aus dem öffentlichen Gedächtnis verbannt?
Initiativen für Umbenennungen haben in den vergangenen Jahren überhaupt erst eine öffentliche Auseinandersetzung mit deutscher Kolonialgeschichte mit angestoßen. In diesem Prozess hat Wissen über den deutschen Kolonialismus Verbreitung gefunden. Durch eine Umbenennung soll lediglich die ehrende öffentliche Erinnerung beendet werden – nicht die kritische, öffentliche Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus.
Auch der Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung regt eine Informationstafel an, die über den Namensgeber, die Umbenennung und den neuen Namen aufklären soll. Damit wird es in Zukunft mehr – und nicht weniger – Information im Stadtraum über den historischen Kontext des deutschen Kolonialismus geben als bisher.
Zudem setzen sich zivilgesellschaftliche Initiativen neben ergänzenden Informationstafeln auch ausdrücklich dafür ein, dass in neuen Straßennamen historische Bezüge zur deutschen Kolonialzeit, afrodeutsche und panafrikanisch bedeutsame Persönlichkeiten berücksichtigt werden. Dabei wird die Perspektive umgekehrt: Nicht Profiteure des Kolonialismus sollen geehrt werden, sondern seine Kritiker und diejenigen, die gegen Kolonialismus und Rassismus Widerstand geleistet haben und deren Geschichten bisher im öffentlichen Raum kaum Sichtbarkeit haben. Bürger*innen Charlottenburg-Wilmersdorfs haben die Möglichkeit, solche Vorschläge einzureichen, wenn ihnen ein solcher Bezug im neuen Straßennamen wichtig ist.

Warum sollten wir uns mit (kolonialen) Straßennamen auseinandersetzen?
Auch vor dem Hintergrund, dass die Ressource Stadt als Erinnerungslandschaft beschränkt ist (es gibt nicht ständig neue Straßen), sind Straßennamen ein Bereich von Erinnerungspolitik, der in den Alltag der Stadtgesellschaft wirkt. Im politischen Wandel der Berliner Geschichte wurde die Stadtlandschaft wiederholt umgestaltet und Orte wie Straßen benannt und auch umbenannt, jedoch nicht immer umfassend. Straßennamen können auch im Widerspruch zu einem politischen Wandel oder historischen Narrativen weiterbestehen – und zu einem bestimmten Zeitpunkt damit in Konflikt geraten.
Straßennamen sind nicht die einzigen kolonialen Spuren im Raum. Das Problem: Die kolonialen Spuren im öffentlichen Raum sind für viele die meiste Zeit unsichtbar. Und schon auf die Frage, was denn koloniale Spuren sind, gibt es vielfältige Antworten. Das Ziel einer Dekolonisierung des öffentlichen Raums ist es, dass die breite Stadtgesellschaft darüber in eine Auseinandersetzung mit kolonialen Spuren tritt. Damit sind alle aufgefordert, sich in diesen Blicken zu üben. Gerade in der Vielfalt der Sichtweisen liegt dabei das Potenzial, den Austausch fruchtbar zu gestalten: Postkoloniale Geschichtswerkstätten, Diaspora-Communities und zivilgesellschaftliche Initiativen haben hier bereits viel Arbeit geleistet und können in diesem Prozess Positionen beziehen. Die Spurensuche bringt also eine zweite Aufgabe mit sich: Einander Zuzuhören. Aus diesem Grund werden auch an dem Namensfindungsprozess für die Wissmannstraße zivilgesellschaftliche Initiativen beteiligt.
Über die Umbenennung von Straßen hinaus gibt es verschiedene Ansätze, um die Stadtgesellschaft mit kolonialen Spuren im öffentlichen Raum zu konfrontieren. Tafeln oder digitale Verweise können die Orte historisch kontextualisieren. Künstlerische Positionen und Gegendenkmäler können zu einer Reflexion einladen. An vielen Orten gibt es bereits kritische Stadtführungen, um über Kolonialgeschichte in einen Austausch zu treten.

Und wo soll das noch hinführen?
Antikoloniale und antirassistische Proteste gegen Manifestationen im Stadtraum haben wir in großer Fülle in letzter Zeit erfahren. Diese Proteste sind global vernetzt, und zugleich in jeweils spezifischen lokalen Anliegen eingebettet. Eine Dekolonisierung des Stadtraums ist ein unabgeschlossener Prozess. Eine Umbenennung trägt zu einer kritischen öffentlichen Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte bei.