Ausgangspunkt des 10. Kulturspazierganges am 13. April 2024 war der U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim, benannt nach dem damaligen Pflegeheim, welches sich, unter der Leitung des Arztes Konrad Biesalki, der Pflege und Reha körperlich behinderter Kinder widmete. Auf dem Weg zum Universitätscampus wurde noch ein Stopp an der Dreipfuhlsiedlung und dem anliegenden Dreipfuhlpark eingelegt. Die 1956 erbaute Siedlung diente den US-Streitkräften und Militäreinheiten als Wohnort. Die typisch amerikanischen Bungalowbauten sollten für ein Heimatgefühl sorgen.
Die Freie Universität Berlin (FU), die größte Universität Berlins, blickt auf eine lange Vergangenheit zurück. Am 4. Dezember 1948 wurde die Universität von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gegründet. Auslöser war die Verfolgung systemkritischer Studierender an der damaligen Universität Unter den Linden im sowjetischen Sektor des geteilten Berlins. Frei von politischem Einfluss wollten Studierende und wissenschaftliches Personal an der Freien Universität lernen, lehren und forschen.
Der Henry-Ford-Bau ist das Repräsentationsgebäude der FU. Gebaut wurde er 1954 im Zuge der Bewegung des neuen Bauens. Das Gebäude beinhält das Auditorium, Hörsäle, eine Bibliothek, sowie die Dauerausstellung zur Universitätsgeschichte. Vor dem Henry-Ford-Bau steht die Skulptur „Perspektive“, die größte Bronzeskulptur Deutschlands. Gewidmet ist die Statue jenen Studierenden, die in der Gründungsphase der Universität wegen ihres Einsatzes für die akademische und politische Freiheit in die Sowjetunion verschleppt und dort ermordet wurden.
Als nächstes wurde dem Harnack-Haus ein Besuch abgestattet. Der große Empfangs- und Veranstaltungssaal des Veranstaltungshauses beherbergt eine Bildergalerie mit den Steckbriefen bedeutender Personen der Geschichte der FU. Namensgeber des Hauses ist Adolf von Harnack. Harnack war maßgeblich an der Bewegung im frühen 20. Jahrhundert zum Vorantreiben der Wissenschaft beteiligt. Auf Harnacks Vorschlag wurde 1909 die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) gegründet. Die KWG, heute die Max-Planck-Gesellschaft, eröffnete ergänzend zu den Universitäten unabhängige Forschungsinstitute. An der FU zum Beispiel die Institute für physikalische Chemie und das Institut für Chemie, welches unter der Leitung von Albert Einstein 1914 eröffnet wurde.
Anschließend standen das Fritz-Haber-Institut für Chemie, das älteste Institut der KWG und der Hahn-Meitner-Bau für Chemie auf dem Programm. Fritz Haber war Chemiker, unter anderem bekannt für den von ihm entdeckten Weg zur Ammoniaksynthese, für den er 1918 mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Im Hahn-Meitner-Bau wurde wissenschaftliche Geschichte geschrieben. Genau hier gelang Otto Hahn, mit maßgeblicher Unterstützung durch Lise Meitner, der Nachweis der Atomaren Kernspaltung. Für die Entdeckung der Kernspaltung erhielt Hahn 1944 den Nobelpreis. Liese Meitner blieb die Anerkennung zu Lebzeiten versagt. Sie bekam mehrere Forschungsangebote zur Weiterentwicklung ihres Projektes mit Hahn. Sie lehnte allerdings alles ab, da sie nicht an der Entwicklung einer Atombombe mitwirken wollte. Beide werden heute mit Gedenktafeln am Gebäude geehrt.
Weiter ging es den Faradayweg entlang, bis zur Hausnummer 8 und 10, den ehemaligen Dienstvillen von Fritz Haber und Richard Willstätter. Willstätter ist der ehemalige Leiter der organischen Abteilung des Instituts für Chemie. Anschließend wurde der Bereich der Universität verlassen. Auf der anderen Straßenseite erstreckt sich der 50 Meter hohe Turm der Jesus-Christus-Kirche, ein markantes Zeichen Dahlems. Dank der hervorragenden Raumakustik wird die Jesus-Christus-Kirche auch als Tonstudio genutzt. Die Kirche dient führenden Orchestern, Chören, internationalen Solisten und Dirigenten, wie auch weltweit marktführenden Schallplattenunternehmen, Rundfunk- und Fernsehfirmen als Produktionsort.
Der letzte Abstecher der Tour war die Ruine der Künste. Seit 1985 fungiert die Kriegsruine als Ausstellungsort. Es wurden seither 150 Ausstellungen aus den verschiedensten Kunstgenres abgehalten. Das Haus wurde von innen komplett saniert und von aus nicht berührt. Noch heute sieht man die Schäden aus der Kriegszeit und die Einschusslöcher an der Fassade.