4. Kulturspaziergang

Spaziergangsteilnehmende zwischen Zitronenbäumen in einem Gewächshaus der Königlichen Gartenakademie

Spaziergangsteilnehmende zwischen Zitronenbäumen in einem Gewächshaus der Königlichen Gartenakademie

„Lichterfelde - Eine grüne Oase inmitten der Stadt“

Am Samstag, den 11.03.2023, zeigte der 4. Kulturspaziergang unter dem Motto „Lichterfelde – Eine grüne Oase inmitten der Stadt“ welche wundervollen und kulturgeprägten Orte der Stadtteil Lichterfelde zu bieten hat.

Passend zum Themenfeld startete das Highlight vornweg – der Botanische Garten – seit 1903 dürfen hier die Besucherinnen und Besucher auf 43 Hektar Fläche etwa 22.000 verschiedenen Pflanzenarten bestaunen und kennenlernen. Um dies auch weiterhin in einer angemessenen Qualität leisten und darbieten zu können, werden aktuell Umbaumaßnahmen im Rahmen von 17 Mio € umgesetzt. Eine bessere touristische Erschließung, die Aufwertung der Gartenanlage und ein digitalisiertes Museum sind dabei nur einige Eckpunkte. Freuen Sie sich, denn im Sommer dieses Jahres sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein.

Rechts neben dem Botanischen Garten ging es für alle Beteiligten entlang der Altensteinstraße vorbei an dem Wohnhaus eines der Gründer bzw. Mitgestalter des Botanischen Gartens, Herrn Adolf Engler, weiter zur ehemals Königlichen Gärtnerlehranstalt. Diese wurde ebenso wie der Botanische Garten 1903, aus platztechnischen Gründen, nach Lichterfelde verlegt. Anfangs diente Sie alleinig der Gärtnerausbildung, später wurde sie dann auch für Forschungs- und anderweitige Lehrzwecke genutzt. Durch den Wandel der Zeit änderte sich auch die Nutzung der Fläche des Geländes, seit 2008 beherbergt Sie nun ein exklusives Gartencenter, auch bekannt unter dem Namen „Königliche Gartenakademie“.

Für die Gruppe ging es weiter zum Hans-Söhnker-Platz. Hans Söhnker spielte seit 1922 in über 100 Filmen mit und war für sein schauspielerisches Talent weit über die Grenzen von Steglitz-Zehlendorf bekannt. Seine frühere Wohnung sowie seine berufliche Wirkungsstätte befanden sich nicht weit von dem heutigen Platz entfernt. Doch nicht nur das zeichnete den Schauspieler aus. Er ist darüber hinaus ein Vorbild für Mitmenschlichkeit geworden. In den Kriegsjahren 1943-1945 beherbergte und versteckte er mehrere verfolgte Menschen. 2018 erhielt Söhnker für seine Zivilcourage posthum die Yad-Yashem-Medaille und wurde in die Liste der „Gerechten unter den Völkern“ aufgenommen.

Eingebogen in die Limonenstraße, erstreckt sich eines der letzten Urstromtäler unseres Bezirks. Von den ursprünglichen Wasserläufen und Gewässerflächen sind durch die Bebauung nur noch wenige verblieben. Zur heutigen Zeit dient es lediglich als Wassersammelbecken bzw. nur Straßenentwässerung bei Regen und ist unter dem Namen Limonenteich bekannt.

Augen offen halten hieß es für alle Beteiligten des Spaziergangs, denn die Stolpersteine für Ellen und Leopold Carsch befinden sich direkt vor dem Hauseingang der Limonenstraße 11. Das verheiratete Paar hatte dort ihr Wohnhaus, welches sie 1942 an einen SS-Offizier „verkaufen“ mussten. Von ihrem neuen Wohnsitz, in der Kaiserallee 111, wurde das Paar 1943 nach Theresienstadt deportiert. Leopold Carsch starb dort am 29.03.1943, Ellen Carsch wurde 1944 weiter in das KZ Auschwitz deportiert wo sie zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet wurde. Die drei Kinder überlebten glücklicherweise in Italien und Manila.

In der Limonenstraße 26 entstand zur gleichen Zeit, am 20. Juli 1944, ein Versammlungsort des Widerstands gegen Adolf Hitler, dieser war auch im Kreis der Bekennenden Kirche in Dahlem bald keine unbekannte Adresse mehr. Auch nach dem Kriegsende behielt das Haus seine Philosophie bei und wurde 1959 nach Hendrik Kraemer benannt. 1961 war das Haus jahrelang einer der wenigen Orte, an denen hinübergeschaut wurde in die DDR und die Warschauer Staaten. Mehr noch, das Hendrik-Kraemer-Haus (HKH) betätigte sich auch als Übersetzer der Fragen und Antworten von Christen der DDR an den Westen. Seit diesem Jahr hat das HKH einen neuen Standort im Bezirk Kreuzberg.

Am Ende der Limonenstraße grenzt der Asternplatz, dieser kleine Stadtplatz entstand 1908. Seine Bäume, Grünflächen und Bänke wirken schön, aber eher unscheinbar. Und doch ein historisches Terrain: Gleich um die Ecke, in der Hortensienstraße 50, wohnte Peter Graf Yorck von Wartenburg, einer der führenden Köpfe des deutschen Widerstandes gegen Hitler.

Ein Highlight wartete noch auf alle Interessierten des Kulturspaziergangs. Die Martin-Luther-Kirche in der Hortensienstraße begeisterte mit einer wundervollen Darbietung auf der Orgel. 1936 wurde sie nach einem Entwurf von Fritz Schupp und Martin Kremmer errichtet. Sie ist der letzte Kirchenbau, der vor dem Zweiten Weltkrieg in Berlin fertiggestellt worden war. Für die Bekennende Kirche war die Martin-Luther-Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus ein wichtiger Standort. Hier wurden u.a. Examen abgenommen. In der Hoffnung, sie hierdurch vor rassistischer Verfolgung zu schützen, wurden in der Martin-Luther-Kirche Menschen jüdischer Herkunft getauft. Heinrich Grüber (evangelischer Theologe/Gegner des Nationalsozialismus) erinnert sich, dass das Büro Grüber (Hortensienstraße 18) im Pfarrhaus an der Martin-Luther-Kirche gegründet wurde.

Wieder hieß es erneut Augen offenhalten, denn in der Hortensienstraße 16 wartete der nächste Stolperstein auf die Gruppe. Laura Lea Gruber wohnte bis 1942 in der genannten Hausnummer, die gelernte Schneiderin und Putzmacherin betrieb seit 1908 ein Geschäft für Damenhüte und Mode. Am 10. Juli 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, am 19. September wurde sie weiter nach Treblinks deportiert, wo sie dann zu einem unbekannten Zeitraum ermordet worden ist.

Der S-Bahnhof Botanischer Garten bildete den Endpunkt des Kulturspaziergangs. Die namensgebende Einrichtung ist etwas älter als die S-Bahnstation: Schon seit 1679 existiert an dieser Stelle eine Grünoase, anfangs noch landwirtschaftlicher Mustergarten genannt. Von 1900 bis 1902 hielten hier die ersten elektrischen Züge im Rahmen eines Probebetriebes mit 750 Volt Gleichstrom. Am 15. Mai 1933 kam dann der richtige elektrische S-Bahnverkehr zum Botanischen Garten.

Freuen Sie sich auf den nächsten Kulturspaziergang in unserem Bezirk Steglitz-Zehlendorf mit Frau Cerstin Richter-Kotowski.
Aktuelle Daten und Anmeldemöglichkeiten können Sie dieser Website entnehmen.

Eindrücke des 4. Kulturspaziergangs

  • Eingang des Botanischen Gartens

    Eingang des Botanischen Gartens

  • Ehemaliges Wohnhaus von Adolf Engler (Mitgestalter des Botanischen Gartens)

    Ehemaliges Wohnhaus von Adolf Engler (Mitgestalter des Botanischen Gartens)

  • Spaziergangsteilnehmende vor der ehemaligen Königlichen Gärtnerlehranstalt

    Spaziergangsteilnehmende vor der ehemaligen Königlichen Gärtnerlehranstalt

  • Blumen im heutigen Gartencenter der Königlichen Gartenakademie

    Blumen im heutigen Gartencenter der Königlichen Gartenakademie

  • Spaziergangsteilnehmende zwischen Gewächshäusern der Königlichen Gartenakademie

    Spaziergangsteilnehmende zwischen Gewächshäusern der Königlichen Gartenakademie

  • Hans-Söhnker-Platz

    Hans-Söhnker-Platz

  • Spaziergangsteilnehmende hören der Bezirksstadträtin Richter-Kotowski am Hans-Söhnker-Platz zu

    Spaziergangsteilnehmende hören der Bezirksstadträtin Richter-Kotowski am Hans-Söhnker-Platz zu

  • Stolpersteine in der Limonenstraße

    Stolpersteine in der Limonenstraße

  • Spaziergangsteilnehmende vor dem ehemaligen Hendrik-Kraemer-Haus

    Spaziergangsteilnehmende vor dem ehemaligen Hendrik-Kraemer-Haus

  • Asternplatz

    Asternplatz

  • Martin-Luther-Kirche

    Martin-Luther-Kirche

  • Spaziergangsteilnehmende in der Martin-Luther-Kirche

    Spaziergangsteilnehmende in der Martin-Luther-Kirche

  • Spaziergangsteilnehmende an der Martin-Luther-Kirche

    Spaziergangsteilnehmende an der Martin-Luther-Kirche

  • Stolperstein in der Hortensienstraße 16

    Stolperstein in der Hortensienstraße 16

  • Spaziergangsteilnehmende unterwegs in der Hortensienstraße

    Spaziergangsteilnehmende unterwegs in der Hortensienstraße

  • Ende des Kulturspaziergangs am S-Bahnhof Botanischer Garten

    Ende des Kulturspaziergangs am S-Bahnhof Botanischer Garten