Wannsee: Auf den Spuren des 20. Jahrhunderts in Wannsee

Stand: 2014

Ein Spaziergang vom S-Bahnhof Wannsee bis zum Städtischen Friedhof Wannsee

Hinweisschild am Bahnsteig

Hinweisschild am Bahnsteig

Haben Sie gerade Zeit? Ich lade Sie ein, mich auf einen kurzen Spaziergang entlang des Großen Wannsees zu begleiten. Ich befinde mich am S-Bahnhof Wannsee .

1874 wurde die Wannseebahn von Zehlendorf nach Griebnitzsee eröffnet. Der Bahnhof erhielt den Namen “Wannensee” und wurde 1878 in “Wannsee” unbenannt.

Die Wannseebrücke

Die Wannseebrücke

Mein Weg führt mich entlang der Anlegestellen der vielen Schiffe am Kronprinzessinnenweg über die zwischen 1953/54 erbaute Wannseebrücke in die Straße Am Großen Wannsee.

Der Schwedenpavillon

Der Schwedenpavillon

Entlang dieser Straße haben sich einige Segelvereine und Yachtclubs angesiedelt, und ich folge dem Straßenverlauf bis zur ersten kleinen Besonderheit, dem Schwedenpavillon , Am Großen Wannsee 28. Es handelt sich hierbei um ein Ausstellungsgebäude der Wiener Weltausstellung, das Wilhelm Conrad 1872/73 nach Wannsee schaffen ließ.

Der “Schwedenpavillon” blickt auf eine lange Geschichte zurück, u.a. beherbergte er bis in die 1930er Jahre ein Restaurant, in dem Max Liebermann oft verkehrte, diente ab 1940 als Rundfunkabhöranlage getarnt als “Rundfunktechnische Versuchsanstalt”, war nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ein Ausflugslokal und ab 1956 ein Heim für chronisch Kranke des Arbeiter-Samariter-Bundes. Heute ist der Schwedenpavillon eine Wohnanlage.

Die Villa Thiede

Die Villa Thiede

Nach etwa 200 Metern erreiche ich die Villa Thiede, Am Großen Wannsee 40, welche von dem Architekten Paul Baumgarten dem Älteren 1906 als Sommersitz für den AEG-Direktor und Reichstagsabgeordneten Johann Hamspohn erbaut wurde. Im Jahre 2002 ging die Villa in den Besitz der Familie Thiede über, die dort ein “Haus der Begegnung” einrichtete. Darin integriert ist im Obergeschoss der “Kunstsalon Berliner Secession” mit Werken des Impressionismus. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss können angemietet werden. Im 6.000 m² großen Garten befinden sich Großskulpturen von Bernhard Heiliger und Volkmar Haase.

Wegweiser zur Liebermann-Villa

Wegweiser zur Liebermann-Villa

Direkt nebenan steht die ebenfalls von Paul Baumgarten dem Älteren 1909 erbaute Liebermann-Villa. Sie diente dem Künstler als Sommersitz und Inspiration für sein künstlerisches Schaffen.

Frontansicht der Villa

Frontansicht der Villa

Da Max Liebermann (1847 – 1935), der u. a. Mitbegründer und Vorsitzender der Berliner Secession war, sich hier sehr wohlfühlte, nannte er die Villa liebevoll sein „Schloss am See“. Mehr als 200 Gemälde entstanden in dem fast 7.000 m² großen Garten (1910 von Liebermann selbst, Albert Brodersen und Alfred Lichtwark entworfen).

Seine Frau Martha Liebermann musste auf Drängen der Nationalsozialisten 1935, nach dem Tod ihres Mannes, die Villa verkaufen. 1940 ging das Gebäude in den Besitz der Reichspost über, die ein Schulungsheim einrichtete. Nach Kriegsende beherbergte das Gebäude ein Krankenhaus und von 1972 bis 2002 ein Sportlerheim.

Die 1995 gegründete Max-Liebermann-Gesellschaft sorgte mit Engagement dafür, dass die Villa im April 2006 als Museum eröffnet werden konnte. Eine Dauerausstellung zeigt dem Publikum neben der Dokumentation seines Lebensweges die in Wannsee entstandenen Werke, Motive, die der Besucher beim Spaziergang durch den Garten wiederfinden kann. Vortragsraum und Café bieten Gelegenheit für Begegnung und Austausch.

  • Der Blumen- und Gemüsegarten

    *Der Blumen- und Gemüsegarten*

  • Der Blumen- und Gemüsegarten

    *Der Blumen- und Gemüsegarten*

  • Der Blick in den Garten

    *Der Blick in den Garten*

  • Der Blick von der Terrasse auf den Garten

    *Der Blick von der Terrasse auf den Garten*

  • Gedenktafel

    *Gedenktafel*

Die Villa Herz

Die Villa Herz

Auf dem Weg zur Gedenkstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ komme ich Am Großen Wannsee 52 bis 54 vorbei. Hier liegt das von 1891 bis 1892 erbaute „Märchenschloss“ des Fabrikanten Paul Herz, dessen Räumlichkeiten als Filmlocation, für Präsentationsveranstaltungen und Empfänge angemietet werden können.

Wegweiser zur Gedenkstätte

Wegweiser zur Gedenkstätte

Die heutige Gedenk- und Bildungsstätte „ Haus der Wannsee-Konferenz“ wurde, wie die Villa Thiede und die Liebermann-Villa, von dem deutschen Architekten Paul Baumgarten dem Älteren in den Jahren 1914 – 1915 erbaut. Der Besitzer Ernst Marlier, ein Fabrikant für Zahnpasta, verkauft das Grundstück 1921 an den Industriellen Friedrich Minoux.

Haus der Wannsee-Konferenz

Haus der Wannsee-Konferenz

Der wegen Unterschlagung inhaftierte Minoux verkaufte Ende 1940 die Villa an die “Stiftung Nordhaven”, eine Tarnorganisation des Reichssicherheitshauptamtes, welche das Gebäude bis 1945 als SS-Gästehaus nutzte und damit zum Tagungsort der Wannsee-Konferenz machte, die hier am 20.01.1942 stattfand.

Auf dieser Konferenz besprachen hochrangige SS-Vertreter, Mitglieder der NSDAP und der Ministerien unter dem Vorsitz des Chefs des Reichssicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich, die beabsichtigte Deportation und Ermordung der europäischen Juden. 1992, zum 50. Jahrestag der Wannsee-Konferenz, wurde die Gedenk- und Bildungsstätte eröffnet. Seit 2006 befindet sich die ständige Ausstellung „Die Wannsee-Konferenz und der Völkermord an den europäische Juden“ in den Räumen der Villa; eine umfassende Bibliothek, Führungen und Seminare sowie Sonderausstellungen bieten zusätzliche Informationen.

  • Der Vorgarten der Gedenkstätte

    *Der Vorgarten der Gedenkstätte*

  • Gedenktafel

    *Gedenktafel*

  • Der Blick vom Garten auf die Villa

    *Der Blick vom Garten auf die Villa*

Der Flensburger Löwe

Der Flensburger Löwe

Keine zwei Minuten weiter entlang der Straße Am Großen Wannsee steht der Flensburger Löwe .

Die 2005 restaurierte Zinngusskopie wurde auf Initiative von Wilhelm Conrad (1822 – 1899), Gründer der Colonie Alsen, 1874 angefertigt und in der Straße Zum Löwen aufgestellt. Erst 1938 kam sie an den heutigen Standort am Heckeshorn, weshalb heute die Straße Zum Löwen nicht mehr zum Denkmal führt.

Der Flensburger Löwe ist der Abguss einer Bronzeplastik, die der dänische Bildhauer Hermann Wilhelm Bissen als Denkmal für den Sieg der königlich-dänischen Truppen über die deutschen Schleswig-Holsteiner in der Schlacht bei Idstedt (1850), südlich von Flensburg, geschaffen hat. Das Original, das ursprünglich auf dem Alten Flensburger Friedhof stand, befindet sich seit 1945 im Vorhof des Kopenhagener Zeughauses.

Blick auf das Strandbad Wannsee

Blick auf das Strandbad Wannsee

Der Blick über den Wannsee auf das Strandbad Wannsee lädt zum Verweilen ein. Gelegenheit, eine gut gekühlte „Berliner Weiße“ oder Selter zu genießen, bieten die nahe am Wasser gelegenen Biergärten und Restaurants.

Der weitere Verlauf meiner Route führt mich zum Hochbunker auf dem Gelände der ehemaligen Reichsluftschule Wannsee, der in den 1980er Jahren reaktiviert und für den Ernstfall zu einem strahlensicheren “Notkrankenhaus” umgebaut wurde. Sein markantes Zeichen ist seine Höhe von 6 Stockwerken und an dieser Stelle möchte ich noch kurz erwähnen, dass während des Zweiten Weltkrieges die gesamte Luftverteidigung der Region Berlin von hier aus koordiniert wurde. Die Anlage steht gut „versteckt“ in einer Sackgasse an einer Zufahrt mit der Hausnummer 80 hinter hohen Bäumen und ist auf den ersten Blick nicht sichtbar. Wenn Sie Interesse an einer Führung oder näheren Informationen haben, wenden Sie sich bitte an die Berliner Unterwelten e.V.

Weiter geht’s nun vorbei an dem Gelände der ehemaligen Lungenklinik Heckeshorn, welche im Jahre 2007 an den Hauptstandort des HELIOS Klinikums Emil von Behring, Walterhöferstraße 11, umzog.

Einfahrt zu den Wannseegärten

Einfahrt zu den Wannseegärten

Ich laufe die Straße Zum Heckeshorn weiter vorbei an der Wannsee-Schule und dem Arbeiter-Samariter-Bund bis zu dem Punkt, wo diese in die Straße Zum Löwen übergeht. Hier, auf dem Areal des früheren Don-Bosco-Heims, einer 1955 gegründeten Einrichtung des Ordens der Salesianer für benachteiligte Jugendliche, die 2005 geschlossen wurde, entsteht seit kurzem die Wohnsiedlung „Wannseegärten“ .

Der Eingang zum Städtischen Friedhof Wannsee

Der Eingang zum Städtischen Friedhof Wannsee

Der Straße Zum Löwen folgend biege ich in die Lindenstraße ein, um das Ziel meines Ausflugs, den Städtischen Friedhof Wannsee, zu erreichen. Der alte, ehemals kirchliche Teil des Friedhofs wurde von Wilhelm Conrad 1887 gestiftet, der auch hier begraben liegt. 1917 fand die erste Erweiterung statt und 1979 wurde er auf die jetzige Größe erweitert.

Auf diesem Friedhof wurden verschiedene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens beigesetzt. Zu erwähnen sind dabei besonders folgende Ehrengräber: Prof. Dr. med. Ernst Ferdinand Sauerbruch (* 03.07.1875, † 02.07.1951)

Ernst Ferdinand Sauerbruch war einer der bedeutendsten und einflussreichsten Chirurgen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Neben der Mitentwicklung an dem Druckdifferenzverfahren für Operationen am offenen Brustkorb, gehört die von ihm entwickelte Oberarmprothese, auch “Sauerbruch-Arm” genannt, zu seinen größten Leistungen.

Gräber der Familie Conrad

Gräber der Familie Conrad

Wilhelm Conrad (* 18.06.1822, † 24.12.1899)

Wilhelm Conrad war Bankier und Gründer der Villenkolonie Alsen. Die Villenkolonie wurde 1872 nach der dänischen Insel Alsen benannt, welche im Deutsch-Dänischen Krieg 1864 erobert wurde. 1874 wurde auf Initiative von Wilhelm Conrad die Wannseebahn eröffnet.

Ehrengrab von Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz

Ehrengrab von Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz

Prof. Dr. med. Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz (* 31.08.1821, † 08.09.1894)

Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz war Arzt, Physiologe, Physiker und Universalgelehrter, einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler seiner Zeit. Zu seinen herausragenden Leistungen gehören u.a. die Abhandlungen über Theorie der Elektrodynamik und über die Thermodynamik chemischer Vorgänge.

Wenn ich Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit geweckt habe, folgen Sie doch einfach meinen Spuren und tauchen Sie ein in ein Stück Berliner Geschichte. Dankeschön für Ihre Aufmerksamkeit.

Text und Fotos: Maria Hinz (Auszubildende des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf)