CHARKIW / April 2022
Charkiw lässt sich nicht unterkriegen: In unserer Partnerstadt bemüht man sich nach Kräften, die Stadt am Laufen zu halten. Trotz anhaltenden Artilleriefeuers tut die Stadtverwaltung alles, um die Versorgung mit Wasser, Strom und Gas aufrechtzuerhalten. Viele Geschäfte des täglichen Bedarfs haben geöffnet, Freiwillige bemühen sich um eine flächendeckende Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind hingegen leider ausgefallen. „In vielen Stadtteilen ist es auch unterschiedlich“, berichtet Iwan Nemitschew am 1. April 2022 dem Bezirksamt. Mit eindrücklichen Worten gibt der stellvertretende Leiter des Amtes für Internationale Beziehungen der Stadt Charkiw seine Einschätzung der aktuellen Lage vor Ort wieder:
“Das Stadtzentrum wird allmählich von den Trümmern geräumt. Manche Stadtteile am Rande haben schwere Schäden. Es wäre ja noch auszuhalten, bloß keiner kann sagen, woher und wann geschossen wird. Die friedliche Bevölkerung, die es nicht geschafft hat, rechtzeitig zu fliehen, versteckt sich bei den Artillerieangriffen in den Kellern und in den U-Bahn-Stationen. Mindestens ein Drittel der Einwohner hat die Stadt verlassen”.
Die Damen und Herren der Charkiwer Stadtverwaltung sind weit verstreut: „Manche sind in der Westukraine, manche in Polen oder gar weiter, manche hier in der Stadt oder Umgebung“, konkretisiert Nemitschew. Ausdrücklich dankt er für das Angebot des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf, Räumlichkeiten und Unterkünfte für eine Art Exil-Verwaltung bereitzustellen, sollte dies aufgrund der Kriegssituation von Seiten unserer Partner gewünscht sein. Unterdessen hat das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf die Stadt Charkiw um eine aktuelle Bedarfsliste für weitere Hilfslieferungen gebeten.
Zweiter Hilfstransport erreicht Charkiw
Am 18. März 2022 ist ein zweiter Hilfstransport des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf e.V. (SPV) mit Gütern des täglichen Bedarfs und Medikamenten wohlbehalten am Bestimmungsort Charkiw angekommen. SPV-Vorstandsmitglied Olga Pischel fasst zusammen:
“Aus den gesammelten Spenden hat der Städtepartnerschaftsverein Schmerzmittel, Einwegspritzen, Antiseptika, Pflaster und Kompressen in Höhe von 2.300 Euro angeschafft. Für 550 Euro wurden Batterien, Taschen- und Stirnlampen, Hygieneartikel und Konserven gekauft”.
Ein „mutiger ukrainischer Fahrer“ habe die auf 41 Kartons verteilten Sachspenden über das in der westlichen Ukraine gelegene Kovel innerhalb von zwei Tagen nach Charkiw gebracht und freiwilligen Helfern vor Ort übergeben. Einen wichtigen Beitrag zum großen Spendenvolumen hätten das Caritas-Hospiz Berlin-Pankow, das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB), sowie Erste-Hilfe-Apotheken geleistet. An der Logistik sei maßgeblich der Verein „Charkiw mit Dir“ beteiligt gewesen, führt Frau Pischel in ihrer Pressemitteilung weiter aus.
“Wir sind sehr froh, dass wir in unseren Reihen mit Olga Pischel als geborener Ukrainerin aus Charkiw jemanden haben mit Kenntnissen und Kontakten in der Ukraine, die uns in dieser Situation mit ihrem Engagement bei der Umsetzung unserer Ziele hilft”,
schreibt der SPV auf seiner Webseite. Das Bezirksamt schließt sich dieser Zuschreibung sehr gerne an.
Die Hilfs- und Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirks ist weiterhin überwältigend. Unmittelbar nach Ausbruch der Feindseligkeiten von Seiten des russischen Aggressors hatte der Städtepartnerschaftsverein ein Spendenkonto eingerichtet (Charkiw-Hilfe). Aus Solidarität mit den in Charkiw ausharrenden Menschen, aber auch mit den zahlreichen Flüchtlingen, ist inzwischen die stattliche Summe von 53.078 Euro (Stand: 31. März 2022) zusammengekommen. Nach einem Benefizkonzert der evangelischen Pauluskirchengemeinde am 2. April 2022 hat sich diese Summe nochmals deutlich erhöht (Paulus-Musik). Alle Einnahmen der von der Kammersymphonie Berlin und der Zehlendorfer Pauluskantorei in der Pauluskirche aufgeführten „Johannespassion“ von Johann Sebastian Bach gehen an die „Charkiw-Hilfe“ des Städtepartnerschaftsvereins.