11/2024 – 9. November: Stilles Gedenken an der Spiegelwand

9. November 2024: Stilles Gedenken von BVV und Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an der Spiegelwand, Hermann-Ehlers-Platz

9. November 2024: Stilles Gedenken von BVV und Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an der Spiegelwand, Hermann-Ehlers-Platz

November 2024

Der 9. November ist ein sehr ambivalentes Datum in der deutschen Geschichte: Die Ausrufung der Republik im Jahre 1918 besiegelte das Ende von Monarchie und Kaiserreich. 1938 machte die Reichspogromnacht vor aller Augen und Ohren offenkundig, wie verbrecherisch und menschenverachtend sich das nationalsozialistische Regime gebärdete. Vor nunmehr 35 Jahren, am 9. November 1989, führte die friedliche Revolution der DDR-Bürger Mauerfall und Wiedervereinigung herbei.

Eigentlich wären es die Feierlichkeiten zum 35. Jubiläum des Mauerfalls wert gewesen, im Fokus der öffentlichen Berichterstattung zu stehen. Tatsächlich sorgte die signifikante Häufung antisemitisch motivierter Vorfälle, die seit dem Ausbruch des Nahostkriegs registriert werden, für eine Verschiebung der medialen Aufmerksamkeit. Es macht betroffen, dass Jüdinnen und Juden 86 Jahre nach den nationalsozialistischen Pogromen wieder bedroht werden: in Steglitz-Zehlendorf, in Berlin, in ganz Deutschland und Europa.

Beispiel Amsterdam, 7. November 2024: Es ist schwer zu ertragen, dass Jagd auf Fußballfans gemacht wurde, die angereist waren, um ihre Lieblingsmannschaft Maccabi Tel Aviv anzufeuern. An der verabscheuungswürdigen Wucht der Ausschreitungen ändern auch mögliche einzelne Provokationen der Maccabi-Fans nichts.

Am gleichen Tag hat sich auch in Berlin ein verstörender Vorfall ereignet:
Während eines Fußballspiels zwischen den Jugendmannschaften des TuS Makkabi Berlin e.V. und des DJK Schwarz-Weiß Neukölln 1920 e.V. soll es zu antisemitischen Attacken gegen jüdische Spieler gekommen sein – sowohl verbal, als auch körperlich. Der Staatsschutz ermittelt.

9. November 2024: Stilles Gedenken von BVV und Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an der Spiegelwand, Hermann-Ehlers-Platz

9. November 2024: Stilles Gedenken von BVV und Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an der Spiegelwand, Hermann-Ehlers-Platz

Bei allem Entsetzen über Judenhass und Israelfeindschaft gibt es auch den einen oder anderen Lichtblick: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner äußerte sich anlässlich des Jahrestages der Novemberprogramme vom 9. November unmissverständlich: Es bleibe „die Aufgabe von uns allen, Judenhass konsequent entgegenzutreten – unabhängig davon, aus welcher Richtung er kommt und wo er stattfindet“.

Der Deutsche Bundestag beriet in seiner Sitzung vom 7. November 2024 eine parteiübergreifende Resolution gegen Antisemitismus, die mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Sie soll der Bekämpfung von Antisemitismus dienen und jüdisches Leben wirkungsvoll und nachhaltig schützen. Der vom Parlament angenommene Antrag steht unter der programmatischen Überschrift „Nie wieder ist jetzt – jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“.

9. November 2024: Stilles Gedenken von BVV und Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an der Spiegelwand, Hermann-Ehlers-Platz

9. November 2024: Stilles Gedenken von BVV und Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an der Spiegelwand, Hermann-Ehlers-Platz

Gedenken an der Spiegelwand

Für Steglitz-Zehlendorf sehr wichtig war das stille Gedenken vor der Spiegelwand auf dem Hermann-Ehlers-Platz: Am 9. November 2024 versammelten sich Vertreterinnen und Vertreter des Bezirksamtes, darunter Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg, zusammen mit Abgeordneten der Bezirksverordnetenversammlung und Abgesandten der Initiative „Haus Wolfenstein“ an dem zentralen Gedenkort, der die Erinnerung der im Zweiten Weltkrieg deportierten Steglitzer Jüdinnen und Juden wachhält. In stiller Anteilnahme wurden Kränze, Kerzen und Blumen niedergelegt: ein Bild des Friedens in schwierigen Zeiten. Per Pressemitteilung des Bezirksamtes waren alle Bürgerinnen und Bürger vorab zum gemeinschaftlichen Gedenken eingeladen worden.

Antisemitisch motivierter Übergriff

Getrübt wurde das friedliche Bild durch Berichte über einen antisemitischen Vorfall nur wenige Gehminuten vom Hermann-Ehlers-Platz entfernt:
Demnach hat ein Mann am späten Abend des 9. November eine Kerze von einem Stolperstein in der Kieler Straße gestoßen und dabei volksverhetzende und antisemitische Äußerungen von sich gegeben. Der dem Vernehmen nach stark alkoholisierte Mann kam zunächst in Polizeigewahrsam und wurde nach Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen wieder auf freien Fuß gesetzt.

Dass es im Umgang mit Stolpersteinen auch anders geht, zeigen die Stolpersteinrundgänge, die am 9. November ab 14:00 Uhr durch die „AG Spurensuche“ der Evangelischen Kirchengemeinde Schlachtensee durchgeführt wurden. Anstelle sie zu schänden, wurden die Steine an verschiedenen Standorten geputzt, um auf diese Weise die ehemals Verfolgten zu würdigen.