07/2024 – Stolpersteine vor dem Haus der Diakonie verlegt

2. Juli 2024: Rosen auf den Stolpersteinen vor dem Haus der Diakonie, Berlin-Steglitz

2. Juli 2024: Rosen auf den Stolpersteinen vor dem Haus der Diakonie, Berlin-Steglitz

Juli 2024

Seit 2. Juli 2024 zieren fünf neue Stolpersteine den Eingangsbereich des „Hauses der Diakonie“ in der Paulsenstraße 55 in Berlin-Steglitz. Der Ehrung von Hermann und Rosa Emma Berger, deren Tochter Marie Martha Schindler (geb. Berger), Schwiegersohn Walter Schindler und Enkelsohn Peter Schindler am 2. Juli 2024 ging eine bewegende Zeremonie vor dem Haupteingang der Diakonie voraus.

Pfarrerin Dr. Ursula Schoen, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V., begrüßte die anwesenden Gäste, vor allem Bürgerinnen und Bürger aus der Nachbarschaft, und sprach ein Gebet. Für den Evangelischen Kirchenkreis Steglitz war dessen neue Superintendentin Christa Olearius vor Ort. Esther Hirsch, Kantorin in der Synagogengemeinde Berlin Sukkat Schalom e.V., sorgte mit ihrem eindringlichen Gesang für den emotionalen Höhepunkt. Besucherinnen und Besucher legten im Anschluss an den offiziellen Teil Rosen auf den frisch verlegten Stolpersteinen nieder. In den Boden eingelassen wurden die Steine von Michael Rohrbach, der der Stolpersteininitiative Steglitz-Zehlendorf des Evangelischen Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf angehört.

2. Juli 2024: Michael Rohrbach verlegt fünf Stolpersteine vor dem Haus der Diakonie in Steglitz

2. Juli 2024: Michael Rohrbach verlegt fünf Stolpersteine vor dem Haus der Diakonie in Steglitz

Zu den fünf geehrten Personen

Zusammen mit den Eheleuten Gustav und Leonie Lewin hatten die Familien Berger und Schindler an dieser Adresse ihren letzten selbst gewählten Wohnort, ehe sie deportiert bzw. zur Emigration gezwungen wurden. Von 1936 bis 1942 wohnten Hermann und Rosa Emma Berger in der Steglitzer Paulsenstraße, nachdem sie ihr gut laufendes Lampengeschäft in Köln aufgeben und in die Haupstadt umziehen mussten. Bereits seit 1928 hatte die gemeinsame Tochter Marie zusammen mit ihrem Ehemann Walter Schindler ihren Wohnsitz in der Paulsenstraße. Peter Schindler, der Enkelsohn der Bergers, kam 1930 zur Welt. Marie Schindler gelang es, für ihre kleine Familie Visa zur Ausreise nach Uruguay zu erhalten. Mit Zwischenstation England verließen sie im November 1938 Berlin. Hermann und Rosa Berger mussten 1942 in ein sogenanntes „Judenhaus“ in Kreuzberg umziehen. Am 17. März 1943 wurden sie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo Hermann Berger am 22. Dezember 1943 im Alter von 78 Jahren verstarb. Rosa Berger wurde wenige Monate später, am 16. Mai 1944, nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie wurde 73 Jahre alt.

Aus Magdeburg kommend, hatten die Eheleute Lewin 1937 in der Wohnung der Familie Berger/Schindler ein Zimmer zur Untermiete bezogen. Ihnen zu Ehren waren am 31. August 2023 in Magdeburg Stolpersteine verlegt worden.

2. Juli 2024: Sebastian Hennig von der AG Stolpersteine der Diakonie verliest die Kurzbiographien der Geehrten

2. Juli 2024: Sebastian Hennig von der AG Stolpersteine der Diakonie verliest die Kurzbiographien der Geehrten

Zur Recherchearbeit

Zu viert hatten sich Sebastian Hennig, Carry Pannrucker, Lukas Schliephake und Daniel Spaldung von der „AG Stolpersteine“ des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V. an die Recherchearbeit gemacht. Um an biographische Informationen der Familien zu kommen, haben sie akribisch Archive und Datenbanken durchforstet. Herausgekommen ist eine informative und reich bebilderte Broschüre, die die Lebensgeschichten der Ehepaare Hermann und Rosa Emma Berger, Gustav und Leonie Lewin, sowie der Nachfahren der Bergers zusammenfasst.

Stolperstein-Broschüre über das Leben der jüdischen Familien Berger, Schindler und Lewin; herausgegeben im Juni 2024 vom Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V.

Stolperstein-Broschüre über das Leben der jüdischen Familien Berger, Schindler und Lewin; herausgegeben im Juni 2024 vom Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V.

Im Rahmen ihrer Recherche haben sie das Atelier des Bildhauers Michael Friedländer in Pankow besucht, der seit über 26 Jahren in handwerklicher Detailarbeit Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer und Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes herstellt.

2. Juli 2024: Bürgerinnen und Bürger aus der Nachbarschaft legen Rosen nieder

2. Juli 2024: Bürgerinnen und Bürger aus der Nachbarschaft legen Rosen nieder

Ausdrücklich ermuntern die Autoren die Leser ihrer Publikation dazu, selbst eine Recherche zum Leben von Verfolgten des nationalsozialistischen Deutschland anzustoßen. Es sei „wertvoll und sinnstiftend“, die Lebenswege der Menschen zu rekonstruieren. Außerdem bereite es „viel Freude (…), diesen Personen wieder ein Gesicht zu geben und den Vernichtungs- und Ausgrenzungsphantasien der damaligen und heutigen Nazis etwas Lebensbejahendes und Menschliches entgegenzusetzen“, schreiben sie. Als ersten Einstieg empfehlen sie den Datensatz des gemeinnützigen Vereins „Tracing the Past“. Ferner verweisen sie auf die Seite der Koordinierungsstelle der Stolpersteine Berlin mit ihrem ausführlichen Recherche-Leitfaden.

Liebe tut der Seele gut: Vor dem Haus der Diakonie in Berlin-Steglitz

Liebe tut der Seele gut: Vor dem Haus der Diakonie in Berlin-Steglitz