01/2023 – Wider das Vergessen: Steglitz-Zehlendorf gedenkt der NS-Opfer

Januar 2023

Es war überfällig, dass am Holocaust-Gedenktag 2023 eine bislang vernachlässigte Opfergruppe im Fokus stand: Bei der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag wurde besonders jener gedacht, die aufgrund ihrer sexuellen Identität Opfer von Verfolgung wurden. Bekanntlich wurde der Strafrechtsparagraph 175 in der wiedervereinigten Bundesrepublik Deutschland erst 1994 offiziell gestrichen, nachdem die damalige DDR diesen Schritt bereits 1968 getan hatte.

Dass in diesem Jahr die verfolgten Homosexuellen im Vordergrund standen, schmälert in keiner Weise das Gedenken an die mit Abstand größte Opfergruppe: die im Nationalsozialismus gedemütigten, entrechteten, verfolgten und ermordeten Juden.

27. Januar 2023: Bezirksbürgermeisterin Schellenberg und BVV-Vorsteher beim stillen Gedenken vor der Spiegelwand

Wie schon 2022 versammelten sich auch am 27. Januar 2023 Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern, an zwei zentralen Gedenkorten unseres Bezirks zu Kranzniederlegungen und zum stillen Gedenken:
zunächst vor der Spiegelwand auf dem Hermann-Ehlers-Platz in Steglitz, anschließend an der “Säule der Gefangenen” in Lichterfelde.

Gekommen waren neben Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg viele Verordnete der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf, darunter deren Vorsteher René Rögner-Francke. Am früheren Standort einer 1897 eingeweihten Synagoge (Haus Wolfenstein) erinnert die Spiegelwand an die Deportation Steglitzer Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis ab 1941. Eine Vertreterin der Initiative Haus Wolfenstein, Verein zur Erhaltung der ehemaligen Synagoge Steglitz und zur Förderung interkultureller Begegnung e.V., stellte in ihrer Ansprache fest, dass die Spiegelwand seit ihrer Errichtung im Jahre 2005 noch nie Gegenstand von Vandalismus gewesen sei. Das ist bei aller Trauer um die Opfer ein sehr erfreuliches Zeichen.

Sehr berührend war die Rezitation des „Kaddisch“, des jüdischen Totengebetes, durch einen Vertreter der jüdischen Gemeinde. Zentral ist die Anrufung Gottes und die Bitte, dass er sich der Seelen jener annehmen möge, die Opfer der Shoah geworden sind:

„Sieh die gesamte Gemeinde betet für das Aufsteigen ihrer Seelen, so berge sie doch Du, Herr des Erbarmens, im Schutze deiner Fittiche in Ewigkeit und schließe ihre Seelen mit ein in das Band des ewigen Lebens“.

27. Januar 2023: Bezirksbürgermeisterin Schellenberg und BVV-Vorsteher Rögner-Francke legen Kränze an der Säule der Gefangenen nieder

Zweiter Gedenkort am 27. Januar war die „Säule der Gefangenen“ vor dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Lichterfelde. Ab Juni 1942 wurden in diesem Lager Kriegsgefangene aus rund zehn Ländern inhaftiert, die Zwangsarbeit für SS-Bauvorhaben in Berlin leisten mussten. Das Außenlager war dem KZ Sachsenhausen unterstellt.

Beim Gedenken in Lichterfelde war auch das Abgeordnetenhaus in Person seiner Vizepräsidentin Cornelia Seibeld vertreten.

Holocaust-Gedenktag 27. Januar 2023: Fahnen wehen auf Halbmast

Der Holocaust-Gedenktag erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945, vor 78 Jahren.

Es ist wichtig, dass die wenigen noch lebenden Holocaust-Zeitzeugen ihre Geschichte erzählen können. Deshalb hat sich Steglitz-Zehlendorf am 26. Januar 2023 an einer internationalen Videokonferenz beteiligt, die von unserer israelischen Partnerstadt Kiriat Bialik initiiert wurde. Darin redete die 99-jährige Holocaust-Überlebende Miriam Harel den jungen Leuten ins Gewissen und erinnerte sie an ihre Verantwortung für das „Nie wieder“: