Umbenennungen und ihre denkbaren Alternativen
Ob die Umbenennung von Straßen und Plätzen der Königsweg ist, um sich mit der Vergangenheit zu versöhnen, oder ob nicht die Aufstellung von erläuternden Infotafeln (sogenannte Kontextualisierung, digital oder analog) einen ganz ähnlichen Zweck erfüllen kann, ist Gegenstand der aktuellen Debatte.
Ziemlich eindeutig ist der Sachverhalt bei der Steglitzer Treitschkestraße, benannt nach dem Historiker und Reichstagsabgeordneten Heinrich Treitschke (1834-1896): Er gilt als einer der geistigen Wegbereiter des NS-Antisemitismus. In einer Denkschrift formulierte er 1879 einen verhängnisvollen Satz: „Die Juden sind unser Unglück“. Am 14. September 2022, dem Tag der Antisemitismus-Resolution, beschloss die BVV, das Bezirksamt werde „ersucht, die Steglitzer Treitschkestraße umzubenennen“.
Eine Umbenennung ist auch aus Lankwitz zu vermelden. Der „Maria-Rimkus-Weg“ ersetzt künftig den Maerckerweg. Einen entsprechenden Beschluss hatte die BVV am 16. Juni 2021 gefasst. Maria Rimkus (1910-2001) ist eine sehr würdige Namensgeberin. Bereits 2011 war eine Lankwitzer Seniorenfreizeitstätte in „Maria-Rimkus-Haus“ umbenannt worden, um die Wohltäterin und „Gerechte unter den Völkern“ zu ehren.
Im Zusammenhang mit der Pacelliallee ist der Bezirk einen anderen Weg gegangen: Anstelle einer Umbenennung gestaltet man die nach Papst Pius XII. (Eugenio Pacelli, 1939-1958) benannte Straße zu einem „Geschichtslehrpfad“ um. Der entsprechende BVV-Beschluss zur Schaffung einer „Allee des Gedenkens und Nachdenkens“ fiel am 25. August 2021.
Hitzig waren die Debatten um Hindenburgdamm und Gallwitzallee. Geeinigt hat man sich in beiden Fällen auf eine Kontextualisierung vor Ort mit erklärenden und veranschaulichenden Hinweistafeln.
Inmitten eines aktuellen Meinungsstreits befindet sich der Lichterfelder Kadettenweg. Dabei steht die Frage im Raum, ob der in der NS-Zeit umbenannte Weg wieder seinen ursprünglichen Namen zurückerhalten und an Julius Stern erinnern soll. Bis 1935 trug der Weg den Namen des jüdischen Komponisten und Musikpädagogen. Ganz offensichtlich war die damalige Umbenennung aus antijüdischen Beweggründen heraus erfolgt.