Die Einzelausstellung von Lorenzo Sandoval kombiniert formal und konzeptionell zwei Elemente: den Ursprung der Algorithmen und die komplexe Knüpftechnik der Quipus aus der Zeit der Inkas. Dabei präsentiert er dreidimensionale Drucke islamischer Ornamente, die Aufzeichnungssysteme der Quipus sowie Videoinstallationen mit Experteninterviews im Atelier der Schwartzschen Villa und wirft damit Fragen zum anthropologischen Ursprung unserer Computertechnik auf. Ganz im Sinne von Marshall Mc Luhan befragt er dabei frühe Kulturtechniken als notwendige Hilfsmittel des heutigen Alltags und richtet unsere Aufmerksamkeit auf den Erfindungsreichtum früherer Kulturen.
Die erste Forschung nimmt ihren Ausgangspunkt in der Abbildung von Mu?ammad ibn M?s? al-Khw?rizm. Sein lateinischer Nachname (al-Khw?rizm) gab dem Algorithmus den Namen. Dieser muslimische Gelehrte der s. IX war der Erfinder einer großen Zahl von mathematischen Entdeckungen, wie Algebra. Ausgehend von seiner Figur wird untersucht, wie Mathematik eine transnationale Sprache war, die das gesamte Mittelmeer überspannte und verschiedene Denktraditionen verband. Darüber hinaus hatten sie einen großen Einfluss auf die ästhetische Konzeption des Islam in Bezug auf Architektur und Systeme der spirituellen Repräsentation in der Welt.
Der zweite Ausgangspunkt untersucht verschiedene Theorien, die den Inka-Quipus als ein System der Berechnung und des Schreibens vorschlagen. Quipus waren ein Aufzeichnungssystem, das von den Inkas benutzt wurde. Das Gerät bestand aus einer Reihe von Saiten, in denen es mit einem Knotensystem versehen war. Es gibt noch offene Diskussionen darüber, ob es sich nur um numerische oder poetische Aufzeichnungen handelt. Es wird auch diskutiert, ob das System binär oder dezimal war.
Das Projekt nimmt diese beiden Elemente als zwei Linien, die sich in der Erzählung verflechten, um die Ursprünge des Computers zu hinterfragen. Die formale Entwicklung des Projekts verbindet die ästhetischen Werkzeuge beider Denksysteme und interessiert sich für basale anthropologische Fragestellungen nach dem Ursprung von Rechensystemen.
Zur Ausstellung erschien eine Publikation bei Archive Books.
Lorenzo Sandoval ist Künstler, Kurator, Schriftsteller und selbsternannter Amateurarchitekt. Seine Arbeiten befragen Raum- und Machtverteilungen durch Plattformen und Begegnungen, die das ‘spatial storytelling’ fördern.
kuratiert von Christine Nippe
Ausstellungsort:
Studio in der Schwartzschen Villa
Grunewaldstraße 55, 12165 Berlin
Mo bis So von 10:00 bis 18:00 Uhr
Eintritt frei
Veranstalter:
Fachbereich Kultur Steglitz-Zehlendorf
Tel. 030 / 90299-2212
kultur.steglitz-zehlendorf@berlin.de
Gefördert aus Mitteln des Ausstellungsfonds für die Kommunalen Galerien der Berliner Bezirke und des Bezirkskulturfonds