Der 26. RegioTalk des Regionalinkubators Berlin Südwest: „Wetterresilienz – Umweltfaktoren als Geschäftsrisiko oder nachhaltiges Wirtschaften“

Pressemitteilung vom 04.11.2024

v.l.n.r.: Juri Effenberg (Regionalinkubator Berlin Südwest), Louis Kott (Regenwasseragentur Berlin), Dr. Nico Becker (Institut für Meteorologie, FU Berlin), Christine Hellerström (Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz), Harald Kraft (Ingenieurbüro Kraft)

Verstehen, nutzen, schützen: mögliche Maßnahmen bei Extremwetterereignissen

Historische Veranstaltungsstätte, hochaktuelles Thema: Am vergangenen Dienstag, 29. Oktober, fand im Wetterturm Steglitz – 1886 in Betrieb genommen und mittlerweile ein gelistetes Berliner Baudenkmal – der 26. RegioTalk des Regionalinkubators (RIK) Berlin Südwest statt. Diesmal im Fokus der Veranstaltungsreihe: Wetterresilienz – Umweltfaktoren als Geschäftsrisiko oder nachhaltiges Wirtschaften. Als Moderator der Veranstaltung fungierte Juri Effenberg.

Eröffnet durch eine Führung der Meteorologin Daniela Schoster lauschten die rund 30 Teilnehmenden anschließend den Präsentationen der vier Referierenden: Dr. Nico Becker (Institut für Meteorologie, FU Berlin), Louis Kott (Regenwasseragentur Berlin), Christine Hellerström (Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz) sowie Harald Kraft (Ingenieurbüro Kraft).

Gäste beim RegioTalk

Dr. Nico Becker erläuterte, was ein Sturm genau mit sich bringt, wie mögliche Schutzmaßnahmen aussehen könnten – und welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Wetter hat: „Viele Folgen des CO2-Anstiegs sind relativ gut abschätzbar: Es wird im Sommer mehr Hitzewellen geben, der Meeresspiegel steigt an und die Ozeane versauern. Die Auswirkungen auf Stürme sind hingegen unklarer, weil die Zusammenhänge komplexer sind.“ Mit „mittlerer Sicherheit“ könne man sagen, dass die Häufigkeit starker Winde und Stürme leicht zunehmen könnte. Zudem sei eine Mehrung von „schweren konvektiven Wetterlagen“ – sprich: Gewittern – mit „mittlerer Sicherheit“ vorauszusagen, meint Dr. Becker.

Zum Thema „Prävention von Sturmeinsätzen“ stellte Dr. Becker das Projekt „FORTEC“ vor, das anhand von Satellitendaten umsturzgefährdete oder kranke Bäume erkennt. Die Deutsche Bahn nutzt „FORTEC“ zum Schutz ihres 33.400 Kilometer umfassenden Schienennetzes. „Die identifizierten Bäume können dann im Rahmen einer Durchforstung entfernt werden, bevor sie das Schienennetz beeinträchtigen“, so Dr. Becker.

Wie die Stadt Berlin die Ressource Regen mehrwertstiftend nutzt und generell mit Witterung umgeht, führte Louis Kott aus: „Wir haben mit zwei Extremsituationen zu kämpfen. Zum einen zu viel Regenwasser in Folge von Starkregenereignissen sowie das komplette Gegenteil: wenig oder kein Regenwasser, wodurch Kleingewässer austrocknen und unsere Stadtvegetation leidet.“ Das Ziel Berlins: Sukzessive Entwicklung zu einer sogenannten „Schwammstadt“. Regenwasser soll so künftig nicht mehr in die Kanalisation geführt, sondern auf einem Grundstück „direkt zur Bewirtschaftung“ genutzt werden, erläuterte Kott. „Gerade bei Bestandsgebäuden lässt sich das nicht von heute auf morgen umsetzen. Dafür wurde die ‚Begrenzung von Regenwassereinleitungen bei Bauvorhaben in Berlin (BReWa-BE)‘ ins Leben gerufen“, so Kott.

Aussicht über Berlin im 6. Stock des Wetterturms Steglitz

Zur Identifizierung von Senken auf dem eigenen Grundstück, die sich potenziell mit Regenwasser füllen könnten, dient die Starkregenhinweiskarte der Stadt Berlin. Diese liefert grundstücksscharf eine topografische Senkenanalyse. Kott: „So kann ich erkennen, ob es auf meinem Grundstück vulnerable Punkte gibt – zum Beispiel Senken in der Nähe meines Technikkellers oder ein nicht hochgemauerter Lichtschacht.“ Vorschläge, um sein eigenes Zuhause vor Wasserschäden zu schützen, liefert der Flyer „Krass, ist das nass“ der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Eine mögliche Maßnahme: die Anbringung von Schwellen oder Stufen an Eingängen, Kellerfenstern und Lichtschächten. „Auch der Einbau einer Rückstausicherung oder die Erhöhung von Lichtschächten ist nützlich“, so Kott.

Ein Praxisbeispiel für Regenwasserbewirtschaftung: die Wohnsiedlung an der Berliner Straße 88 in Berlin-Zehlendorf. Auf zwei Hektar wurde hier bereits vor der Jahrtausendwende unter anderem eine Regenwassereinspeicherung mit 650 Kubikmetern sowie eine öffentliche Freifläche für einen Wasserlauf und einen Teich geschaffen. „Eine der schönsten und wirkungsvollsten ökologischsten Maßnahmen“, befand der erfahrene Ingenieur Harald Kraft, der auch Bauprojekte von Berlin-Spandau über Teltow-Mühlendorf bis hin zur Mongolei vorstellte.

Welche Fördermöglichkeiten privatwirtschaftliche Unternehmen ergreifen können, zeigte Christine Hellerström vom Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz (KNK) auf. Beim KfW-Umweltprogramm im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) haben Unternehmen die Chance, einen Zuschuss von bis zu 60 Prozent für natürliche Klimaschutzmaßnahmen zu erhalten. Das kann eine Begrünung von Gebäuden, eine Entsiegelung befestigter Flächen oder ein dezentrales, integriertes Niederschlags- und Wassermanagement sein. „Wir halten Ausschau nach Unternehmen, die den Beantragungsprozess durchlaufen haben und uns von ihren Erfahrungen damit berichten können“, so Hellerström. Bis 2028 stehen im ANK über 3,5 Milliarden Euro für Maßnahmen des Natürlichen Klimaschutzes zur Verfügung.

Der 26. RegioTalk des Regionalinkubators Berlin Südwest hat verdeutlicht, wie Unternehmen Umweltfaktoren als Geschäftsrisiko erkennen und gleichzeitig durch Maßnahmen zur Wetterresilienz nachhaltige wirtschaftliche Chancen erschließen können.