In den 1980er Jahren stieß FRANEK auf die Rote Liste gefährdeter Tiere der International Union for Conservation of Nature and Natural Ressources (IUCN). Daraus entstand in den letzten Jahren ein umfangreicher Komplex aus Malereien, übermalten Radierungen und Zeichnungen auf Schiefertafeln. Dargestellt sind Tiere, die bedroht oder schon ausgestorben sind. Eine ausgeprägte Affinität der Künstlerin zu nicht-menschlichen Wesen belegen bereits Kindheitszeichnungen. Spätere Begegnungen beispielsweise mit Kojoten beeindruckten sie tief und ebenso Grenzüberschreitungen zwischen Fauna, Flora und Mensch in Ritualen und Mythen indigener Kulturen und im Alten Ägypten. Viele Werke aus früheren Dekaden spiegeln diese Stoffe und die Auseinandersetzung damit wider.
Seit 2023 porträtiert FRANEK in der ihr eigenen großzügigen und raschen Malweise Vögel der Roten Liste in ihrer Eigenart, sei es ein farbenprächtiges Gefieder wie beim Grauspecht, sei es ein auffallend langer Schnabel wie beim Brachvogel, Charakteristika, die sich im Laufe der Evolution entwickelten und in ihrer phantastischen Vielfalt und hinreißenden bis absonderlichen Schönheit Staunen machen und verzaubern. Eine Reihe von Bildern zeigt die Vögel in Kommunikation und in Interaktionen mit Mischwesen aus Mensch und Pflanze. Die Künstlerin, der auch die volkstümliche europäische Sagenwelt nicht fremd ist, bezeichnet diese Fabelgeschöpfe als Alraunen. Wegen ihrer anthropomorphen Wurzel und ihrer psychoaktiven Substanzen wurde dieses Nachtschattengewächs als rätselhafte, koboldartige Kreatur gesehen. Die Verflechtung von Mensch und Pflanze speist sich bei FRANEK einerseits aus diversen magischen und spirituellen Anschauungen und andererseits visualisiert sie in der
Konstellation mit den Vögeln in märchenhaft-poetischer Weise die Symbiose und Sympoiesis der Lebewesen, wie sie in Wissenschaft und Philosophie etwa Bruno Latour, James Lovelock, Lynn Margulis oder Donna Haraway vertreten.
The Spirits of Vanishing Animals ist ein Hymnus an die Natur und mehr noch ein Requiem. Davon künden schlichte, von Gebrauchsspuren geprägte Schiefertafeln, deren Form an Grabsteine gemahnt. Sie tragen feine Zeichnungen von Vögeln der Roten Liste und dazu handschriftliche Notizen über ihre Ausrottung bzw. ihren Gefährdungsstatus. Den Säugetieren widmete FRANEK einen Zyklus, für den sie vorhandene Radierungen zum Thema Vergänglichkeit als Malunterlage verwendete. Ruinen siedeln die Tiere in einer untergegangenen Kultur an. Die Werkgruppe insgesamt, die nun erstmals und ergänzt um eine Auswahl von Plastiken präsentiert wird, ist ein work in progress, eine Fortschreibung ungeheurer Verluste.
FRANEK (Jg. 1939) ist Malerin, Zeichnerin, Grafikerin. Plastiken, Fotos, Filme und Aufzeichnungen ergänzen ihr Werk. Das 3-bändige Werkverzeichnis ist in den letzten Jahren im DISTANZ Verlag erschienen. Sie hatte zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, in Berlin zuletzt 2021/2 in der Berlinischen Galerie.
Zur Ausstellung erscheint die Edition FRANEK – The Spirits of Vanishing Animals. Die Rote Liste (Auflage 200, nummeriert und signiert, VK 35,-€).