Veröffentlichung der Sozialstudie zur Lebenssituation älterer Menschen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf

Pressemitteilung vom 19.02.2024

v.l.n.r.: Prof. Dr. Nils Lahmann, Prof. Dr. Horst Skarabis, Tm Richter und Nina Scholz

Bezirksstadtrat Richter: „Was lange währt, wird endlich gut“: Altenhilfeplanung im Bezirk schreitet voran

„Viel zu lange hat es seit 2019 gebraucht, doch nun liegt die große Sozialstudie zur Lebenssituation älterer Menschen in Steglitz-Zehlendorf endlich vor“, freut sich Bezirksstadtrat Tim Richter bei der Entgegennahme des fast 200-seitigen Werks. Er nahm die Studie von den beiden maßgeblichen Autoren, Prof. Dr. Nils Lahmann, Epidemiologe und Pflegewissenschaftler und Prof. Dr. Horst Skarabis, emeritierter Lehrstuhlinhaber für Statistik, entgegen.

Diese Studie, die auf einen BVV-Beschluss aus dem Jahr 2019 sowie einer umfangreichen Befragung von über 5.000 Senioren und Seniorinnen zurückgeht, dient als Grundlage für die Konzeption eines Altenplanes sowie Entwicklung seniorenpolitischer Leitlinien für den Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

Nach offizieller Übergabe der Studie, stellten Tim Richter, Nils Lahmann sowie Horst Skarabis einige der Erkenntnisse aus dieser Studie vor. Befragungsthemen wie Einkommens- und Wohnverhältnisse, Teilhabe und Engagement, Gesundheitsverhalten, Mobilität und Digitalisierung sowie Einsamkeit und Zukunftserwartungen konnten so einen ersten allgemeinen Eindruck zur Lebenssituation älterer Menschen unseres Bezirkes verschaffen.

Mit Stand vom 30. Juni 2023 lebten in Steglitz-Zehlendorf insgesamt 310.515 Personen, von denen 79.013 über 65 Jahre alt waren. Berücksichtigt man unter dem Aspekt der Altenhilfeplanung, dass diese bereits alle Personen ab 60 Jahren mit einbezieht, liegt der Anteil der Seniorinnen und Senioren bei insgesamt 100.413. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 32,3 %, also rund einem Drittel der Steglitz-Zehlendorfer Bevölkerung.

Die Befragung richtete sich jedoch an die Personengruppe ab 65 Jahren, von denen über das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten per Zufallsgenerator 20.000 Personen, also rund ein Viertel der Bevölkerungsgruppe ausgewählt wurden. Mit einer Rücklaufquote von 25,3 % konnten 5.056 Fragebögen in die Analyse einbezogen werden. Allerdings ist der Anteil Befragter mit Migrationshintergrund mit nur 4,9 % Rücklaufquote unterrepräsentiert.

Vorstellung der Sozialstudie zum Altenplan 2023 in Steglitz-Zehlendorf

Einige Ergebnisse:

  • Im Zehlendorfer Bereich verfügen rund 2/3 der Befragten über Wohneigentum, im Steglitzer Bereich hingegen wohnen hingegen mehr als 2/3 der Befragten in Mietwohnungen. Vielfach werden große Wohnungen bewohnt, obwohl die Haushaltsgröße bei nur 1 – 2 Personen liegt. Der Anteil der Wohnkosten am Nettoeinkommen lag bei Wohneigentum zwischen 20 % und 29 %, bei Mietwohnungen zwischen 37 % und 48 %. Bezogen auf die soziale Ungleichheit bedeutet das, dass Personen, die in Mietwohnungen wohnen, finanziell erheblich schlechter gestellt sind, da ein höherer Anteil ihres verfügbaren Nettoeinkommens für die Wohnkosten ausgegeben werden muss.
  • Der Anteil barrierearmer bzw. -freier Wohnungen ist lt. Umfrage gering; sofern barrierereduzierte Wohnungsausstattungen vorhanden sind, sind die Wohnungen in vielen Fällen dennoch nicht ohne Erschwernisse zu erreichen (fehlender Aufzug, keine Ebenerdigkeit).
  • Einen konkreten Umzugswunsch äußerten nur die wenigsten der befragten Personen. Etwa 85 % der Senioren wohnen mindestens 20 Jahre im Bezirk, die durchschnittliche Wohndauer aller Befragten liegt sogar bei etwa 40 Jahren. Zudem fühlen diese sich sehr sicher im Bezirk, was sich auch in der Berliner Kriminalitätsstatistik spiegelt, die Steglitz-Zehlendorf als den sichersten Berliner Bezirk ausweist.
  • Teilhabe setzt vor allem das Wissen solcher Möglichkeiten voraus. Klassische Informationsquellen sind das Radio/Fernsehen sowie Zeitungen (über 60 %). Informationen aus dem Internet nahmen bereits den 3. Platz im Ranking ein, Programmhefte als Informationsquelle liegen jedoch mit nur 23 % weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Die jüngste Altersgruppe (65 – 74 Jahre) ist jedoch die Gruppe, die die Internetnutzung mit etwas über 60 % am häufigsten benannt hat und dabei Sogar Radio/Fernsehen und Zeitungen hinter sich lässt.
  • Rund 22 % der Befragten gaben an, sich ehrenamtlich zu betätigen, darüber hinaus könnten sich weitere 10 % eine ehrenamtliche Tätigkeit vorstellen. Die, die sich ehrenamtlich engagieren, üben im Mittel 1,52 “Ehrenämter” aus. Die Art der Engagements ist jedoch sehr vielfältig und mitunter sehr unterschiedlich. Am häufigsten wird das kirchliche Engagement benannt, gefolgt von ehrenamtlichen Tätigkeiten für und mit Kindern und Jugendlichen. Engagements in den sogenannten Blaulichtorganisationen (z.B. Sanitätsdienste) liegen mit rund 1 % weit abgeschlagen am unteren Ende der Skala. Dies dürfte auf das Alter der Befragten zurück zu führen sein. Auffällig ist jedoch, dass im Umkehrschluss rund 68 % der Befragten sich nicht ehrenamtlich engagieren oder zumindest Interesse hieran zeigen.
  • Das Thema „Mobilität“ wurde zum einem unter dem Aspekt des gesundheitlichen Zusammenhanges von der Organisationseinheit für Qualitätsentwicklung, Planung und Koordination im öffentlichen Gesundheitsdienst (QPK) ausgewertet wurde. Darüber hinaus wollten wir wissen, wie Mobilität das Alltagsverhalten verändert und welche Auswirkungen eingeschränkte Mobilität auf das Freizeitverhalten der Befragten haben kann. Weit über 80 % der Befragten halten PKW mit alternativen Antrieben für wichtig und sind auf individuelle Verkehrsmittel wie PKW angewiesen und auch der Ansicht, dass sie durch den ÖPNV ausreichend versorgt sind. Erwartungsgemäß steigt mit zunehmenden Alter die Immobilität, die sich darin zeigt, dass die Befragten weniger unterwegs sind und auch ihr Bewegungsradius kleiner geworden ist. Die jüngeren Älteren zeigen sich da mobiler und geben häufiger zu Fuß unterwegs zu sein.
  • Einsamkeit – gerade nach der Coronapandemie – ist inzwischen zu einem breiten Thema der Gesellschaft geworden. Eine aktuelle YouGov-Umfrage, die im Auftrag der Malteser durchgeführt wurde zeigt, dass sich jeder Dritte einsam fühlt. Nur 10 % der Befragten gaben an, sich weniger einsam zu fühlen als vor der Corona-Pandemie (Quelle TS-Newsletter Ehrenamt v. 7.2.24) – für ältere Menschen kann dies jedoch erhebliche gesundheitliche Probleme zur Folge haben, die möglicherweise schneller zur Pflegebedürftigkeit führen. Hier scheint unser Bezirk recht gut aufgestellt zu sein, denn knapp 60 % der Befragten gaben an, sich nie einsam zu fühlen. Nur ein verschwindend geringer Teil, 5 % der Befragten, gaben an, sich meistens oder fast immer einsam zu fühlen. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass die Umfrage nach dem ersten (und vor dem zweiten) Lockdown erfolgte und möglicherweise der überwiegende Teil der Befragten zu diesem Zeitpunkt auch wieder mehr Kontaktmöglichkeiten nutzte
  • Hinsichtlich der eigenen Vorsorge haben rund 70 % der Befragten entsprechende Vorkehrungen durch Vorsorgevollmachten bzw. Patientenverfügungen getroffen.

„Mit Handlungsempfehlungen zum Abschluss der Studie steht dem Bezirk nun ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem sich entsprechende seniorenpolitische Ziele zukünftig entwickeln lassen können“, fasst Tim Richter zusammen.

Die Studie steht zunächst hier als PDF-Datei zum Download zur Verfügung.

Rückfragen sind telefonisch unter 030 90299 5943 oder per E-Mail unter altenhilfe@ba-sz.berlin.de möglich.