Mehr als zehn Millionen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit leben in Deutschland. Viele arbeiten und zahlen Steuer. Aber an der Bundestagswahl dürfen sie trotzdem nicht teilnehmen. Diese Menschen haben keine Repräsentation, keine Möglichkeit, Vertreter*innen für die Gesetzgebung zu wählen. Diese Situation ändert sich nicht, obwohl bereits viele Bündnisse, Vereine, Aktivist*innen dafür eintreten.
Wir, die ehrenamtlichen Mitglieder des Beirates für Migration und Integration in Steglitz-Zehlendorf, haben uns daher der bundesweiten Kampagne für mehr Partizipation und Demokratie in Deutschland angeschlossen: „Hier lebe ich, hier wähle ich“ (https://wir-wählen.org/#Liste). Unser Ziel war es sowohl mit symbolischen Wahlen und einer anschließenden Abschlussveranstaltung auf das Thema Wahlrecht aufmerksam zu machen, als auch Wahlberechtigte mit Migrationshintergrund zu motivieren, nicht passiv zu bleiben und ihr Wahlrecht zu nutzen.
Außerdem war es uns wichtig, die Meinungen derjenigen zu erfahren, die kein Wahlrecht haben. Durch symbolisch eingerichtete Wahllokale in den bezirklichen Unterkünften, wo Menschen mit Fluchterfahrung leben, und in der Hellenischen Gemeinde wurde es Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung mit und ohne Wahlrecht möglich gemacht, symbolisch ihre Stimme abzugeben. Der Wahlprozess wurde dabei nach den Regeln der offiziellen Wahlen durchgeführt.
In den Gesprächen mit den Bewohner*innen der Unterkünfte haben wir viele beindruckende Lebensgeschichten gehört, politische Einsichten erhalten und über Meinungen, Wünsche und Empfehlungen für die aktive politische Partizipation von Migrant*innen gesprochen sowie weitere wichtige Themen miteinander diskutiert. Viele Menschen waren offen für die Teilnahme an den Symbolwahlen. Andere wiederum waren sehr vorsichtig und aufgrund ihrer Lebenserfahrung von der Politik enttäuscht. Aber alle waren sich einig, dass es sehr wichtig für jede Person ist, wählen zu dürfen.
Der Beirat für Migration und Integration Steglitz-Zehlendorf unterstützt die Kampagne „Hier lebe ich, hier wähle ich“ mit der Hoffnung, dass auch in Deutschland das Wahlrecht bald nicht mehr an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist, wie es zum Beispiel in Neuseeland schon der Fall ist. Dort ist nur Voraussetzung, dass man seit zwei Jahren im Land lebt und eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis hat.