Enthüllung der Informationsstele „Die Peter-Lorenz-Entführung“
Pressemitteilung vom 11.10.2019
Die Stele, nach einem Entwurf von Karin Rosenberg, erinnert an die Geschichte der Peter-Lorenz-Entführung durch Mitglieder der linksterroristischen „Bewegung 2. Juni“.
Die Stele wird am Montag, den 28. Oktober 2019, 13.30 Uhr
Quermatenweg Ecke Ithweg, 14163 Berlin
der Öffentlichkeit übergeben.
Es sprechen:
- Ralf Wieland, Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin,
- René Rögner-Francke, Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf,
- Frank Mückisch, Bezirksstadtrat für Bildung, Kultur, Sport und Soziales.
Text der Informationsstele „Die Peter-Lorenz-Entführung“
An dieser Stelle wurde am 27. Februar 1975 der Berliner CDU-Landesvorsitzende Peter Lorenz von Mitgliedern der linksterroristischen „Bewegung 2. Juni” entführt. Drei Tage vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, bei denen Lorenz als Spitzenkandidat fungierte, geriet er morgens mit seinem Mercedes in eine Falle. Ein Lkw blockierte das Dienstfahrzeug und zwang den Fahrer zur Vollbremsung. Der Chauffeur besah den entstandenen Schaden und wurde niedergeschlagen. Mehrere Geiselnehmer überwältigten Lorenz und machten ihn durch eine Spritze handlungsunfähig. Mit einer zerborstenen Windschutzscheibe raste der gekaperte Mercedes Richtung Innenstadt.
Nachdem der verletzte Fahrer die Polizei alarmierte, wurde eine Großfahndung ausgelöst. Einen Tag später meldeten sich die Entführer, zu deren Ergreifung eine Belohnung von 100.000 DM ausgesetzt war, mit einem Bekennerschreiben. Sie forderten im Austausch gegen Lorenz die Freilassung sechs inhaftierter Mitglieder der „Bewegung 2. Juni” und der „Roten Armee Fraktion” (RAF)- Horst Mahler, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler, Rolf Pohle, Verena Becker und Gabriele Kröcher-Tiedemann.
Der 1922 als Sohn eines Getreidekaufmanns in Berlin geborene CDU-Politiker bekämpfte noch vor Gründung der DDR die sich bereits abzeichnende SED-Diktatur. Er gehörte der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit” an und unterstützte die Gründung der Freien Universität. Nach dem Jurastudium wurde er Rechtsanwalt, später Notar. In der CDU, der er bereits 1945 angehörte, absolvierte er eine politische Karriere: 1946 wurde er Landesvorsitzender der Jungen Union, 1961 stieg er zum Zweiten Vorsitzenden seiner Partei auf, 1969 zum Ersten Vorsitzenden. Seit 1954 vertrat er seine Partei im Berliner Abgeordnetenhaus, ab 1967 als Vizepräsident. Obwohl es der CDU am 2. März 1975 gelang, bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus als stärkste Kraft abzuschneiden, blieb ihr dennoch die Regierungsbildung versagt.
Da es den Ermittlern trotz aller Anstrengungen nicht gelang, das Versteck des Entführten ausfindig zu machen, entschied Bundeskanzler Helmut Schmidt, die von den Geiselnehmern erhobenen Forderungen zu erfüllen. In Begleitung von Pastor Heinrich Albertz, dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister der Stadt, wurden die Genannten bis auf Mahler in den Südjemen ausgeflogen. Als Albertz nach seiner Rückkehr die verabredeten Losungsworte „So ein Tag, so wunderschön wie heute” verlas, gaben die Entführer Lorenz noch in derselben Nacht frei.
Die Lorenz-Entführung blieb die einzige erfolgreiche Freipressungsaktion bundesdeutscher Linksterroristen. Die auf freien Fuß Gelangten setzten ihre terroristische Praxis fast ausnahmslos fort und beteiligten sich an Geiselnahmen und Mordaktionen. In der Folge entschied die Bundesregierung, bei neuerlichen Erpressungsversuchen kein weiteres Mal nachzugeben.
Im Oktober 1980 verurteilte das Berliner Kammergericht die an der Lorenz-Entführung Beteiligten Ralf Reinders, Ronald Fritzsch, Gerald Klöpper, Andreas Vogel und Till Meyer zu mehrjährigen Haftstrafen.
Kurz vor seinem 65. Geburtstag erlag Peter Lorenz am 6. Dezember 1987 einem Herzversagen.