Erinnerungen an das alte Charlottenburg

Die Luisenkirche

Die Luisenkirche

Aus der Sonntags-Beilage der Charlottenburger Zeitung “Neue Zeit” von 1923: Wie die Luisenkirche entstand.
(53. Jg., Nr. 261, 04.11.1923)

Lützenburg war 1705 vom König zur Stadt erhoben, mit dem Dorfe Lützow vereinigt und zum Andenken an die Erbauerin des Schlosses mit dem Namen Charlottenburg belegt worden. Diese Vereinigung von Stadt- und Dorfgemeinde mußte naturgemäß auch ihre kirchliche Vereinigung befördern. Der Wilmersdorfer Prediger hatte seither den Gottesdienst in dem Dorfkirchlein verrichtet und es wurde ihm auch die Seelsorge in Lützenburg übertragen. Dies war das einfachste, denn die Bewohner des Schloßbezirks gingen schlichtweg in die nächste Kirche. Allerdings war das Dorfkirchlein sehr klein und als die Stadt Charlottenburg entstanden war und sich allmählig vergrößerte, machte sich bei den Städtern ein drückendes Gefühl geltend, wenn sie als ungebetene Sonntagsgäste in dem baufälligen Kirchlein von den Bauern und Kossäthen mit neidischen Augen angesehen wurden. Damit war dann der Wunsch geboren, eine eigene Kirche und einen eigenen Pfarrer zu erhalten. Schon im Oktober 1707 trug die Gemeinde diesen Wunsch dem Könige vor und regte an, das auf dem Rathausgrundstück in der Schloßstraße befindliche Wagenschauer zu einem Versammlungsraum für den Gottesdienst herrichten zu lassen, bis eine Kirche erbaut werden könnte. Der Magistrat war inzwischen auf die Beschaffung eines Predigers bedacht gewesen und hatte unter den Bewerbern den Konrektor und Predigtamtskandidat Michael Crusius ausgewählt, der aus dem damaligen polnischen Konitz vertrieben war. Crusius wurde am 4. März 1708 feierlich in sein Amt eingeführt und im Oktober wurde auch das Dorf seiner Pfarre zugelegt. Der Pfarrer bezog an Einkünften von der Gemeinde Charlottenburg 50 Taler jährlich und freie Wohnung, von dem Dorfe 1 Taler 18 Groschen, vier Scheffel Roggen und vier Scheffel Gerste, im übrigen war er auf die Sporteln angewiesen. Dabei mußte er mit seiner Frau und seinen drei Kindern Not leiden. Erst im Jahre 1711 wurde das Pfarrereinkommen um den Ertrag einer Stiftung von 100 Talern aufgebessert, doch Crusius erlebte dies nicht mehr, denn er war schon 1709 gestorben. Sein Nachfolger war der Magister Abraham Kalle, der es verstand, seine Verhältnisse besser zu gestalten.
Dem König war es selbst nicht recht, daß die Gottesdienste in seinem lieben Charlottenburg in einem Wagenschauer abgehalten wurden, und er war bestrebt, dem inzwischen gebildeten Kirchenbaufonds Gelder zuzuführen. So oft er um eine Vergünstigung angegangen wurde oder wenn wegen Übertretung irgend eine Buße zu erlegen war, mußten die daraus eingehenden Gelder in den Kirchenbaufonds fließen. Am 21. Oktober 1711 ließ er sogar in allen seinen Landesteilen eine Kollekte veranstalten und brachte damit so viel Geld zusammen, daß er am 13. Juli 1712 den Grundstein zu der Kirche legen konnte. Die Pläne für den Bau stammten von dem Major Philipp Gerlach und die Kosten waren ohne Turm auf 10 000 Taler veranschlagt. Der Kirchenbau wurde eifrig gefördert und später auch ein einfacher Turm aufgeführt.

Altar und Kanzel der Luisenkirche

Altar und Kanzel der Luisenkirche

Diese erste Kirche Charlottenburgs war nach hundert Jahren schon etwas altersschwach geworden und im Jahre 1813 wandte sich der Pfarrer Dressel an Friedrich Wilhelm III. mit der Bitte um 12 000 Taler für den Neubau des schadhaften Kirchenturms. Der König wies die Bitte kurz ab, Dressel jedoch ließ sich nicht abschrecken und fand ein Mittel, das ihn zum Ziel führte. Der König hatte nämlich eine Vorliebe für die alten Formen des evangelischen Gottesdienstes und hatte diese Formen in eine Agenda zusammengefaßt, die er den Gemeinden zur Einführung empfahl. Damit stieß er aber bei allen Parteien auf so heftigen Widerstand, daß er dadurch tief verstimmt wurde. Hier setzte der Schlauberger Dressel ein. Er verschaffte sich ein Exemplar der Agenda, ließ die vorgeschriebenen Gesänge einer Anzahl der Schule entwachsener Bürgersöhne einstudieren und am 4. August 1822 konnte die erste Aufführung in der Kirche stattfinden. Der König war hoch erfreut und bewilligte sofort den Betrag von 12 000 Talern zum Neubau des Kirchturms. Als sich dann auch die Ausbesserung des Daches als notwendig erwies und zudem auch der innere Ausbau als wünschenswert ergab, bewilligte der König auch diese Kosten und steuerte auch zur Beschaffung einer Glocke und neuer Kirchenfenster 3 669 Taler bei.
Da stand nun die nach den Plänen Schinkels erneuerte Kirche da, aber sie hatte noch keinen Namen. Dressel war inzwischen gestorben und der Superintendent Mann war zum Oberprediger gewählt worden. Der Magistrat als Patron und der Kirchenvorstand traten nun an den König heran und erklärten, daß sie ihn ersuchten, der Kirche bei der bevorstehenden Einweihung zum Andenken an die unvergeßliche Königin den Namen Luisen-Kirche beizulegen. Der König genehmigte diese Bitte und am 11, Juni 1826 fand die Einweihung statt. Zum Abschluß kam die innere Ausstattung durch das Altargemälde, daß die Auferstehung darstellt und daß der Prinz Heinrich in Rom von dem Berliner Künstler Franz Catel malen ließ. Am ersten Osterfeiertage 1834 wurde das Gemälde der Gemeinde feierlich übergeben.
In dieser Form blieb die Luisenkirche ein halbes Jahrhundert lang. Dann wurde ein durchgreifender Erneuerungsbau dringend erforderlich, durch den aber ihre äußere Gestalt nicht wesentlich verändert wurde.