Jahresbericht 2020
Das Verwaltungsinformationszentrum (VIZ) des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ist die Bibliothek und Informationsvermittlungsstelle für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des gesamten Bezirksamtes. Die Informationsvermittlung ist die wichtigste Serviceleistung des VIZ. Informationsvermittlung kann auf Anfrage der Kunden, aber auch durch das Wissen um die Kundenwünsche direkt erfolgen. Vom 1.1.20 bis 31.12.20 wurden vom VIZ 55.010 (2019: 56.694) Informationen an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf vermittelt, dies sind im Monat durchschnittlich 4585 (2019: 4725). Die benötigte Zeit pro Informationsweitergabe schwankt sehr. Manchmal liegt sie unter 1 Minute, manchmal aber auch bei mehr als vier Stunden. An externe Nutzer und Nutzerinnen, das sind andere Behörden, Institutionen und Bürger und Bürgerinnen, wurden im selben Zeitraum coronabedingt nur 58 (2019: 304) Informationen zur Verfügung gestellt.
Das VIZ verzeichnet zentral alle Medien des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf.
2020 wurden im Bezirksamt € 79.706,05 (2019: € 74.972,09) für Datenbanken, elektronische Medien, Loseblatt-Sammlungen, Zeitschriften und Bücher ausgegeben. Das VIZ gehört zu den wissenschaftlichen Spezialbibliotheken und kann deshalb bei der Medienbeschaffung den Bibliotheksrabatt von 5% in Anspruch nehmen. Den Zeitschriftenservice nahmen 350 (2019: 316) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Anspruch.
Das Verwaltungsinformationszentrum ist die Nachfolgeeinrichtung der beiden Magistratsbibliotheken von Charlottenburg und Wilmersdorf. Die Magistratsbibliothek Charlottenburg ist die einzige vollständig erhaltene in Berlin und steht daher mit ihrer Sammlung unter Denkmalschutz. In der Sammlung spiegelt sich die Magistrats- und später Bezirksamtsarbeit seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Das VIZ als Nachfolgeeinrichtung versucht mit den wenigen zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Mitteln die alten Bibliotheken zu erhalten und durch Digitalisierung weltweit zur Verfügung zu stellen.
Öffentlichkeitsarbeit
Wie jedes Jahr wurden den neuen Auszubildenden im Bezirksamt die Arbeit und Angebote des VIZ vorgestellt.
Personal
Zur großen Freude konnte 2020 nach zwanzig Jahren die freie halbe Stelle der Bibliotheksassistentin besetzt werden. Zudem konnten wir zur Unterstützung der Bibliotheksarbeit einen Honorarvertrag mit einer weiteren Mitarbeiterin abschließen. Insgesamt arbeiteten 2020 zwölf Personen mit unterschiedlichen Verträgen, Zeitbudgets und Qualifikationen im VIZ.
Zur Vorbereitung des Wechsels in der Leitung des VIZ, wurde im Rahmen des Wissenstransfers die Stelle ausgeschrieben. Die Wahl fiel auf den Historiker und Archivar Thomas Wolfes, der damit Mitte 2021 die Leitung von der Politologin und Bibliothekarin Monika Lübcke übernehmen wird.
Umzüge
Die Bearbeitung der Bestände aus den Rückgaben der Handbibliotheken nach dem Umzug aus dem Rathaus Wilmersdorf wurde 2020 fortgeführt. Nun müssen nur noch etwa 50% der Handbibliotheken gesichtet und entschieden werden, was für den Bestand noch notwendig ist und was entsorgt werden kann.
Magazinreinigung
Im Jahr 2020 konnten Mittel zur Reinigung des Magazins in der Otto-Suhr-Allee zur Verfügung gestellt werden. Damit sind alle Bücher- und Archivbestände einmal professionell gereinigt worden. Nun ist eine kontinuierliche Magazinhygiene aller Bestände durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des VIZ möglich.
Digitalisierung
2020 wurde die Digitalisierung der historischen Akten der Verwaltungsbibliothek zur Vorbereitung der Publikation über die Geschichte des „Bücherzimmers“ fortgeführt. Nach Abschluss werden die Digitalisate auf externen Festplatten gespeichert und die Originale an das Landesarchiv abgegeben.
Zudem wurden weitere Pressespiegel aus den 1980er- und 1990er-Jahren gefunden und mit der Erstellung von digitalen Archivkopien begonnen.
Historische Sammlungen
2020 waren über das Förderprogramm SGB II, 16i, vier Mitarbeiter im VIZ beschäftigt, zudem konnte im Dezember eine Mitarbeiterin über das Senatsprogramm Solidarische Grundeinkommen eingestellt werden. Zudem arbeiteten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der agens Arbeitsmarktservice gGmbH mit an den Projekten. Ziel ist es, mit den im VIZ vorhandenen historischen Quellen zu arbeiten und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
In diesem Rahmen konnten folgende Projekte abgeschlossen und auf den Internet-Seiten des Bezirks veröffentlicht werden.
- Transkription der Lebensbeschreibungen des Stadtpfarrers Dressels von 1751 bis 1773
- Ausschüsse, Deputationen und Kommissionen der Stadtverordneten-Versammlung Charlottenburg von 1884 bis 1920 (ohne 1895-1896)
- Bezirksverordnete des Bezirks Charlottenburg von Berlin von 1946 bis 2000
- Bezirksverordnete des Bezirks Wilmersdorf von Berlin von 1955 bis 2000
Weitere Projekte sind in Arbeit:
- Geschichte der rathäuslichen Bibliothek in Charlottenburg von den Anfängen bis heute
- Auflistung aller Magistratsmitglieder und ihrer Funktionen
- Erstellung von kleinen „Biographien“ der Stadtverordneten und Magistratsmitglieder von 1884 bis 1920, falls das Material dazu ausreicht
- Transkription des 2. Bandes der Lebensbeschreibung des Stadtpfarrers Dressel von 1773 bis 1781
- Redaktion der Dresselschen Stadtchronik (1816)
Archiv des Tiefbauamtes Charlottenburg und teilweise Wilmersdorf
Die historischen Akten des Tiefbauamtes wurden 2020 dem VIZ übergeben. Es wurde mit der Erfassung in Excel-Tabellen begonnen. Zum Umgang mit dem Archiv, das für die Geschichte des Bezirks sehr wichtig ist, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man übergibt es dem Landesarchiv, was zu einer klimatisch sachgerechten Lagerung führen würde, oder das VIZ behält die Akten und erfasst sie professionell. Der große Vorteil letzterer Variante ist die wesentlich einfachere Zugriffsmöglichkeit. Überlegungen zur Digitalisierung des Archivs stehen ebenfalls im Raum.
Mini-Krimi – Aufklärung eines der Bücherdiebstähle
Bei Revisionen im Jahr 1989 und 1991 wurde festgestellt, dass einige Bücher fehlten. Die Analyse des Themenspektrums der fehlenden Bücher ergab einen Schwerpunkt auf der Geschichte Charlottenburgs und grauer Literatur. Viele der Verluste sind als Unikate zu werten. Zudem wurden die meisten im 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Unter den verloren gegangenen Unikaten waren zum Beispiel zwei Bände über „Die Vereinigung der Wohltätigkeitsbestrebungen in Charlottenburg“ aus den Jahren 1911 und 1916 sowie die Polizeiprotokolle des Königlichen Polizeiamtes Charlottenburg vom 3.2.1847 bis 30.6.1849. Am 24.1.1992 veranlasste die damalige Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel eine Anzeige gegen Unbekannt. Das Verfahren wurde leider eingestellt, aber wie der Leiter des Verwaltungsamtes am 15.11.1991 in seinem Vermerk schrieb, beobachtet „die Kripo auch nach vorläufigem Einstellungsbeschluß der Staatsanwaltschaft über Jahre den einschlägigen Markt und
erzielt dabei gute Erfolge. Es ist also nicht auszuschließen, daß unsere vermißten ‚Werke‘ irgendwann im Handel erscheinen (z.B. nach dem Tod des Besitzers durch Verkauf durch die Erben) und dann dem rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden können.“
Im Dezember 2006 entdeckte der Mitarbeiter Thomas Wolfes in einem Antiquariat eine wertvolle Kunstmappe mit dem Titel „Zur Erinnerung an die Zweihundertjahrfeier der Stadt Charlottenburg“ aus dem Jahr 1905, die mit einem Signaturstempel der Magistratsbibliothek Charlottenburg versehen war. Diese Mappe und zahlreiche weitere Bücher waren seinerzeit zur Dauerausleihe an das Charlottenburger Stadtplanungsamt gegangen. Die Liste der dorthin ausgeliehenen Bücher umfasste insgesamt über einhundert Bücher. Teilweise wurden diese inzwischen zurückgegeben. Wolfes gab weiterhin zur Mappe an:
„Auf dem Exemplar befindet sich über unserem Signaturstempel oben rechts ein Stempel Ausgeschieden ohne Datum und ohne Unterschrift. Ein derartiger Stempel ist leicht anzufertigen und kein Beweis für rechtmäßige Aussonderung. Seit meiner Zugehörigkeit zum Bezirksamt wird mit Unterschrift und Datum makuliert. Auf dem Werk befindet sich noch unser Originalsignaturaufkleber und zudem die Stempel auf den einzelnen Blättern. Der Herr des Antiquariats sagte uns, dass er das Werk in einem größeren Bestand vor mehr als zehn Jahren erworben habe, dies aber das einzige Bibliotheksexemplar gewesen sei. Er sagte, er erinnere sich nicht mehr an den Verkäufer.” 1
Am 22. Dezember 2006 wurde ebenfalls Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Diebstahls und Hehlerei gestellt. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde am 13.4.2007 von der Staatsanwaltschaft Berlin eingestellt. 2
2011 musste ein weiterer Diebstahl angezeigt werden. Inzwischen hatte das VIZ eine Vitrine zur Präsentation ihrer Schätze vor der Bibliothek stehen. Über Nacht hatte jemand zwischen 16 Uhr und 8 Uhr die Vitrine aufgebrochen und zwei Bände zu den Berliner Elektrizitätswerken (1897) und zur Gasbeleuchtung (1865) gestohlen. Nun werden nur noch Kopien ausgestellt.
Anfang November 2020 informierte einer der Nutzer der Bibliothek die Leitung des VIZ darüber, dass er über ein Antiquariat ein Buch mit den Stempeln der Magistratsbibliothek Charlottenburg käuflich erworben habe. In einem der Stempel befände sich ein kleiner Stempel „Ausgesondert“. Er wusste, dass im VIZ generell keine Bücher aus den historischen Sammlungen makuliert werden, da die Sammlung als Ganzes den Wert darstellt, und äußerte den Verdacht, dass das Buch gestohlen sein könne. Nach Prüfung eines Scans des Titelblattes bestätigte sich der Verdacht, dass das Buch aus der Magistratsbibliothek Charlottenburg stammt. Am 2.11.20 wurde das Antiquariat über den Vorfall informiert und um Auskunft darüber gebeten, ob sich weitere Bände aus dem Bestand der Magistratsbibliothek Charlottenburg dort befinden. Das Antiquariat war sehr kooperativ, erstattete den Kaufpreis und informierte das VIZ über weitere 39 gestohlene Bücher. Diese wurden am 18.11.20 von der Leiterin
im Antiquariat abgeholt. Die Signaturschilder der Bücher waren sehr sorgfältig entfernt worden. Die Bücher sind in einem guten Zustand. Das Antiquariat teilte uns mit, dass der Verkäufer 2014 ein Konvolut von etwa 5000 Bänden verkauft habe und in dem Kaufvertrag bestätigt habe, dass er der Eigentümer der Bücher sei. Wenn er das Verhältnis unserer Bücher im noch nicht-verkauften Konvolut hochrechne, könnte es sein, dass knapp 400 Bücher aus der Magistratsbibliothek stammen könnten. Nach Überprüfung der zurückerstatteten Bücher stellte sich heraus, dass alle nach der Revision 1989 gestohlen wurden. Nun wird eine Revision der Magistratsbibliothek Charlottenburg angestrebt, um herauszufinden, welche Bücher betroffen sein könnten.
Kiezspaziergänge
Seit Januar 2015 bereitet die Leiterin des VIZ die Kiezspaziergänge für den Bezirksbürgermeister vor, was erhebliche personelle Ressourcen bindet. Aufgrund der Corona-Pandemie fand der letzte „Live-Spaziergang“ im Februar 2020 statt.
Im Juli (100 Jahre Lietzenseepark), August (Charlottenburgs Norden – ein Kiez erfindet sich neu) und September (Der Campus Charlottenburg – von den Gärten der TU zum Charlottenburger Innovations-Centrum) wurden stattdessen die Kiezspaziergänge mit Bezirksbürgermeister Naumann gefilmt und ins Internet gestellt.
Weitere kommende Projekte
- Revision der Magistratsbibliothek Charlottenburg zur Aufklärung über die Verluste seit den Revisionen 1989/1991
- Fortsetzung der elektronischen Erschließung der Magistratsbibliothek Charlottenburg (Retrokatalogisierung).
- Abschluss der Digitalisierung der historischen Akten der Verwaltungsbibliothek Charlottenburg von 1946 bis 1988 zur Vorbereitung der Publikation über die Geschichte des „Bücherzimmers“.
- Erschließung des vom VIZ übernommenen heimatkundlichen Bestands der Stadtbibliothek Charlottenburg-Wilmersdorf.
- BVV Charlottenburg-Wilmersdorf 4. Wahlperiode
- Digitalisierung der Akten des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung aus dem ehemaligen Heimatarchiv
- Digitalisierung des BVV-Archivs mit Fördermitteln des Landes Berlin
- Digitalisierung des Archivs des Tiefbauamtes mit Fördermitteln des Landes Berlin
- Protokoll v. Thomas Wolfes zum Diebstahl v. 22.12.2006 In: Akte Schriftverkehr zu verschw.(undenen) Büchern. Siehe auch Schreiben d. Personalabteilung an d. Leiter d. Stadtplanungsamtes bzgl. Bücher d. VIZ im Stadtplanungsamt v. 22.6.2007. In: Akte VIZ Briefwechsel 2006-2009.
- Schreiben d. Staatsanwaltschaft Berlin, 13 Js 1561/07, Dez.: 137 v. 13.4.2007. In: Akte Schriftverkehr zu verschw.(undenen) Büchern.
Kontakt
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