Laudatio auf die Preisträgerin Ursula Kiesling
von Frau Dr. Marianne Suhr
Eng verbunden mit der Reichsstraße ist seit langem die Buchhandlung “Der Divan” und damit der Name und die Person Ursula Kiesling.
Der frühere Besitzer dieser Buchhandlung hatte als einziges Buch über den Krieg Goethes “Westöstlichen Divan” gerettet, das er im sogenannten Marschgepäck bei sich getragen hatte. Als er aus dem Krieg zurückkam, erfüllte er sich den Traum der eigenen Buchhandlung und nannte sie “Der Divan”. Ursula Kiesling sah es als Verpflichtung an, diesen Namen beizubehalten, als sie 1982 diese Buchhandlung übernahm.
Das war nicht die erste verantwortliche Tätigkeit der 1944 in Essen geborenen Ursula Kiesling, die nach dem Einser-Abitur alle Forderungen ihrer Familie nicht erfüllte und Buchhändlerin lernte. Sie verließ Essen und übernahm bereits 1968 eine erste Führungsposition beim Ullstein-Propyläen-Verlag in München und wurde Assistentin von Wolf-Jobst Siedler. Dennoch begann sie 1972 noch einmal ein zweijähriges Studium, das sie als graduierte Betriebswirtin abschloss.
1974 schon übernahm sie ihre erste Buchhandlung in Charlottenburg, “Assmus vormals Calvary” am Schloss, die sie verkaufte, um dann den “DIVAN” zu übernehmen. Hinzu kamen, sich ergebend durch Kontakte und in Abstimmung mit den ehemaligen Besitzern, die Buchhandlung “Haberland” in Frohnau und eine Buchhandlung an der Krummen Lanke.
Sie beschäftigt heute als verantwortliche Inhaberin 20 Frauen und 2 Männer, mit denen sie die Gestaltung von Arbeitsabläufen und Arbeitszeiten sowie Fragen des Sortiments bespricht. Dabei zeige sich für sie als Unternehmerin, dass Familienfreundlichkeit und ein weit reichendes Mitspracherecht der Belegschaft nicht nur dem Betriebsklima förderlich, sondern auch wirtschaftlich rentabel sei.
Dieses Selbstverständnis werde mit großer Belegschaftstreue bei hoher fachlicher Kompetenz belohnt.
Diese verantwortungsvolle Arbeit aber reichte Ursula Kiesling offenbar nicht aus. Mit der “IG Reichsstraße”, deren Vorsitzende sie seit 1999 ist, baute sie ein Netzwerk auf, dem 70 Geschäfte angehören und organisiert nicht nur zwei Mal jährlich das “Reichsstraßenfest”, sondern ist auch in dieser Funktion wichtig für das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung, als nicht immer einfache, aber jederzeit verlässliche Ansprechpartnerin.
Die vier Mal im Jahr erscheinende Zeitung “Unser Westend” erarbeitet sie mit einer Redakteurin, und Lesungen und Präsentationen in ihrer Buchhandlung sind über den Bezirk hinaus bekannte Ereignisse.
Als Vertrauensfrau für die City-West der “Berliner Volksbank”, als Mitglied im Mittelstands- und Handelsausschuss der IHK Berlin und als Beiratsmitglied im EFRE-Projekt “Management für vitale Geschäftsstraßen” hat sie mit großem Einsatz ihren Sachverstand eingebracht und doch die Aufgaben, wie sie selbst sagt “mit großem Vergnügen” erfüllt.
Ursula Kiesling heute zu ehren, heißt, die bisherige Lebensleistung einer Frau anzuerkennen, die aus eigener Kraft, mit viel Energie und Mut ein Unternehmen aufgebaut hat, das sie nicht Selbstzweck sein lässt, sondern ihr die Basis bietet für gesellschaftliches Engagement, das nicht durch Parteigrenzen definiert ist, sondern im weitesten Sinne der Allgemeinheit dient. Dafür danken wir ihr und zeichnen sie aus.