Lokale Agenda Wilmersdorf - Veranstaltungsprotokoll

Protokoll

DER 11. VERANSTALTUNG ZUR REIHE

“BAUSTEINE FÜR EINE LOKALE AGENDA”

AM 28. 04. 1999, 16.00 UHR; BVV-SAAL

Referenten: Frau Schulz-Hahn, Fachbereichsleiterin des Amtes für Öffentliches Bauen;
Herr Starken, Geschäftsführer der KEBAB gGmbH (Kombinierte
Energiespar- und Beschäftigungsprojekte aus Berlin)

Herr BzStR Straßmeir begrüßt die Gäste der Veranstaltung und stellt Ihnen die Referenten, Frau Schulz-Hahn und Herrn Starken, vor. Er führt in das Thema ein, indem er insbesondere auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung bezüglich des Energiemanagements hinweist.

Frau Schulz-Hahn berichtet über das Energiemanagement des Bezirksamts und stellt dessen Ziele bzw. Vorteile vor. Es folgt ein Bericht über die Maßnahmen zur Energieeinsparung in kommunalen Gebäuden, die auf verschiedenen Ebenen erfolgen: Beachtung energetischer Standards bei Neubau, Dämmaßnahmen bei bestehenden Gebäuden und Anpassung an den Stand der Technik bei Heizungsanlagen und Regelungstechnik. Grundlage hierfür ist die Erfassung der entsprechenden Daten, die seit einigen Jahren mit Unterstützung des Beschäftigungsträgers KEBAB (Energiedienste) erfolgt und die auf Schwachstellen und Handlungsbedarf hinweisen. Zum Vortrag liegt das Skript “Wilmersdorfer Energiebilanz – Daten und Fakten” vor.

Im Anschluß daran stellt Herr Starken die Arbeit der Energiedienste seiner Qualifizierungsgesellschaft vor. Für die bezirklichen Liegenschaften werden die Verbrauchs-, Kosten- und z.T. Flächendaten erfaßt sowie Jahr für Jahr fortgeschrieben. Ebenso werden die technischen Daten der Heizungsanlagen erfaßt, Vorschläge für Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung entwickelt. Anhand von Folien stellt er den Energieverbrauch und die Kosten für die Liegenschaften vor, ebenso das Errechnen der Kennzahlen für Fernwärme, Gas und Öl. Anhand der Kennzahlen können die Entwicklungen in den letzten Jahren verfolgt und auch die Gebäude untereinander verglichen werden. Da KEBAB auch in anderen Bezirken tätig ist, ist eine bezirksübergreifende Gegenüberstellung möglich. Er weist insbesondere auf die schwankenden Verbräuche im Gesamtvergleich Berlins hin und leitet daraus folgende Maßnahmen für einen gleichmäßigen Verbrauch ab:

a) Bestand des Energieverbrauchs ermitteln

b) Verbrauchsausweis erstellen

c) Sanierung kontrollieren

Er fordert ein System, das Zahlen begreifbar macht. Ähnlich den Energieeffizienzklassen für Elektrogeräte, sollte es dergleichen auch für Gebäude geben. Letztendlich sollte es für jede Liegenschaft einen Energieverbrauchsausweis sowie einen Energiebericht geben.

Diskussion:

Frau Heinecke stellt die Frage nach dem Rang Wilmersdorf im Bezirksvergleich bei der Energieeinsparung und Herr Bremmer möchte wissen, wie die Verbrauchsspitzen zustande kommen.

Herr Starken: Wilmersdorf steht mit dem Energieverbrauch in Schulgebäuden im Bezirksvergleich an günstigster Stelle.

Die Energieverbrauchsspitzen hängen von der unterschiedlichen Nutzung der jeweiligen Einrichtung ab. Z.B. hängt der Energieverbrauch in Kitas davon ab, ob eine Küche und/oder eine Waschmaschine bzw. Trockner betrieben werden. Um den Verbrauch zu nivellieren, müßten Unterzähler angebracht werden, um die Mischnutzung aufzutrennen und so gezielt Sparmaßnahmen zu ergreifen. Was die Heizung betrifft, ist es in Kitas immer wärmer als in Schulen. In anderen Bezirken wurde festgestellt, daß über das Wochenende die Temperatur höher ist, als an Wochentagen. Das hängt in nicht geringem Maße mit der unzureichenden Lüftung, also mit dem Nutzerverhalten zusammen. Zu nennen wäre auch noch die Sonneneinstrahlung und unbekannte Faktoren als Ursache, die es schwierig machen genaue Aussagen zu treffen.

Die Maschinen nachts zu betreiben, um den Nachtstromtarif zu nutzen, ist in Schulen und Kitas wirtschaftlich nicht umsetzbar.

Herr Bremmer führt das Beispiel der Saarbrückener Stromversorger an, wo der sinkende Stromverbrauch dem Kunden mit einem geringeren Tarif vergütet wird.

BzStR Straßmeir stellt klar, daß der Energielieferant ein betriebswirtschaftlich günstiges Angebot machen muß und deshalb eine Staffelung der Energiepreise zugunsten einer Verbrauchsreduzierung nicht interessant ist.

Herr Starken: es gibt technische Möglichkeiten z.B. eine moderne Beleuchtung zu installieren, um die Energieverbrauchsspitzen zu kappen. Was die Tarife der Berliner Stromversorger (BEWAG) betrifft, ist es aufgrund der komplizierten Kalkulation der BEWAG schwierig, einen gerechten Verbraucherrabatt zu finden. Ein entsprechendes Projekt wäre das Fifty-Fifty Prämiensystem an den Schulen, das Energieeinsparnis belohnt.

BzStR Straßmeir macht darauf aufmerksam, daß im Sinne der Agenda 21 neben den baulichen und technischen Maßnahmen zur Energiereduzierung, sich das Nutzerverhalten des Einzelnen ändern muß. Z.B. müßten bei geöffneten Toilettenfenstern im Rathaus gleichzeitig die Thermostate der Heizkörper zurückgedreht werden. In Schulen würden Thermostatventile zerstört oder entwendet.

Frau Heinecke plädiert für einen Schließdienst im Rathaus, der die Heizkörper zurückdreht und die Fenster schließt und erweitert das Thema der Einsparung auf den Wasserverbrauch im Rathaus und fragt, warum es noch keine Toilettenspülkästen mit Spartaste gibt und zum Händewaschen nicht ausschließlich kaltes Wasser zur Verfügung steht.

Herr Starken: Wasserregulierung mittels Spülkästen hat erfahrungsgemäß Vandalismus zur Folge. Herr Garbisch verweist auf ein Pilotprojekt Trockentoilette im Rathaus, 4. Etage, neben der Kantine.

Herr Kilz gibt zu bedenken, daß bei einer Mischnutzung die Steuerung des Energieverbrauchs schwierig sei und schlägt deshalb als Alternative eine zentrale Steuerung vor. Für periodisch betriebene Gebäude schlägt er als Heizquelle Holz (Holzschnitzel) vor. Er habe sie einst für Forstgebäude in Friedrichshagen beantragt, aber trotz der günstigen Emission von SenStadt nicht genehmigt bekommen.

BzStR Straßmeir antwortet, periodisch genutzte Gebäude sind im Bezirk kaum vorhanden. Der Container im Volkspark für die Gartenbauarbeiter wurde mit Strom beheizt. Die neue Arbeiterunterkunft wird mit Gas beheizt.

Frau Franke möchte wissen, wie im privaten Haushalt Energie zu sparen sei. Sie hätte bei diversen Stellen auf ein und die selbe Frage unterschiedliche Antworten bekommen.

Herr Starken nennt als Ansprechpartner für Privathaushalte Verbraucherberatung, Mieterverein und Gesellschaft für rationelle Energieanwendung. Wichtig sei, sich bei mehreren Stellen zu erkundigen, um optimal informiert zu sein und dann erst zu entscheiden. Bei der Gesellschaft für rationelle Energieanwendung würde bezüglich des Nutzerverhaltens am effektivsten beraten. BzStR Straßmeir ergänzt, daß die ABM-Stelle Energieberatung, im Wilmersdorfer Rathaus angesiedelt, ab April leider durch Vertragsende nicht weiter besteht.

Herr Starken rät dazu, langfristig einen Energiebeauftragten einzustellen für ein Jahresgehalt von DM 100.000. Dem schließt sich Frau Heinecke an. BzStR Straßmeir und Frau Schulz-Hahn bewerten einen Energiebeauftragten als grundsätzlich sinnvoll. Allerdings ist die Schaffung einer Stelle vor dem Hintergrund des Stellenabbaus und der relativ günstigen Energiebilanz des Bezirksamtes Wilmersdorf nicht realistisch. Wichtig ist das Nutzerverhalten und die Eigenverantwortung.

Auf die Frage von Frau Lienke, wie man als Mieter oder Eigentümer den Energieverbrauch beeinflussen kann, stellt BzStR Straßmeir in Aussicht, daß noch im Jahr 1999 in der Bausteinereihe eine Veranstaltung mit dem Thema Energie in privaten Haushalten mit den großen Wohnungsbaugesellschaften stattfinden soll. Herr Starken hebt hervor, wie wichtig es sei den Energieverbrauch öffentlich zu diskutieren, wobei auf Verbandsebene sich nur noch die Wohnungsgesellschaften beteiligen.

BzStR Straßmeir faßt zusammen, daß nicht nur der Stand der Technik sondern auch das Nutzerverhalten wichtig ist für einen vernünftigen Umgang mit dem Energieverbrauch. Er bedankt sich bei den Referenten und macht auf die Fachtagung Arbeit am 23.6.99 aufmerksam, die im Rahmen der Lokalen Agenda 21 in Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen Soziales und Gesundheit und Bau- und Wohnungswesen, Umweltschutz stattfindet.

Porzner

7. Mai 1999