Lokale Agenda Wilmersdorf - Veranstaltungsprotokoll

Protokoll

der Veranstaltung “Energie-Workshop” vom 26.05.2000

Vorbemerkung

Die Veranstaltung “Energieeinsparung in der Wilmersdorfer Wohnungswirtschaft” findet auf Einladung des Umweltamtes vom 27.04.2000 im Rahmen der Reihe “Bausteine für eine lokale Agenda Wilmersdorf” statt. Schriftliche Einladungen erhielten über 200 Einrichtungen, Institutionen und Personen:

über den “Bausteine-Verteiler”,
den GALA-Verteiler,
einen Spezifischen für die Veranstaltung (u. a. alle größeren Wilmersdorfer Wohnungsbaugesellschaften; Energieversorger; Energiebüros; Mieterverein; Verbraucherberatung u. a. ).
Darüber hinaus erfolgte eine Pressemitteilung.

Die Veranstaltung war auf der letzten Bausteine-Veranstaltung am 28.04.99 angeregt worden und nicht ursprünglich Bestandteil der Bausteine-Reihe. Von der Form her (“Werkstatt”) stellt sie eine Neuorientierung gegenüber früheren (Vorträgen) und eine stärkere Einbeziehung der Teilnehmer dar.

Veranstaltungsverlauf

Erschienen sind 32 Teilnehmer davon u. a.:

sieben aus Wohnungswirtschaft; Immobilienwirtschaft;
zwei “Wilmersdorfer” Förderinstitutionen (IBB; B&SU);
Energiebüros, -versorger (BEWAG)
Vertreter der Schornsteinfeger-Innung in Berlin.
Herr Bezirksstadtrat Straßmeir begrüßt die Teilnehmer und moderiert die Veranstaltung. In seiner Einführung weist er auf die große Bedeutung der Wohnnutzung für den Bezirk hin. Große Wohnungsbauvorhaben existieren z. Zt. nicht; die überwiegenden Aktivitäten in der Wohnungswirtschaft lassen sich der Bestandspflege zuordnen. Er betont die sehr hohen spezifischen CO²-Emissionen im Bezirk und lädt die im Bezirk vertretenen Gesellschaften ein, sich aktiv in den Lokale-Agenda-Prozess einzubringen. Er zeigt die unterschiedlichen Interessen der am Thema beteiligten Akteure auf, stellt die Referenten vor und erläutert den Ablauf der Veranstaltung. Abschließend deutet er auf die Einrichtung eines Energietisches hin.

Im ersten Impulsreferat geht Herr Dr. Müschen, Referatsleiter für Klimaschutz bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, auf das kürzlich vom Senat beschlossene Landesenergieprogramm ein und verweist auf das Ziel der 25% – Co2- Reduktion im Land Berlin bis zum Jahr 2010. Die großen und einfachen Einsparpotentiale sind bereits ausgeschöpft; es wird zusehends schwieriger, die letzten 5 % zu erreichen. Bezogen auf das Thema der heutigen Veranstaltung geht er auf folgende Schwerpunkt-Vorhaben des Senats ein:

Sektor Bewusstseinsbildung: Er erläutert das Impulse-Programm und stellt in diesem Rahmen eine Unterstützung bei Energietischen in Aussicht,
den Berliner Heizspiegel als Informationsinstrument für Mieter,
das Element Contracting (Energiedienstleistungen) sowohl für die öffentliche Hand als auch für die Wohnungswirtschaft.
Als wesentliche Rahmenbedingungen skizziert er die Liberalisierung der Energiemärkte, die für 2001 zu erwartende Energiesparverordnung, die die alte Wärmegesetz-VO ablöst sowie das seit 1.4.2000 in Kraft getretene Erneuerbare Energiegesetz. Er begrüßt die von Herrn Bezirksstadtrat Straßmeir in Aussicht gestellte Fortführung in Form eines Energietisches.

Herr Rehberg, Referent beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V., votiert aus Sicht der Wohnungswirtschaft strikt für das Prinzip der Freiwilligkeit. Ein Motiv für das Handeln ist unter anderem die Senkung der energiebedingten Betriebskosten. Er gibt einen Überblick über die seit der Co2-Vereinbarung erzielten Ergebnisse. Dabei haben Wärmedämmung und der Austausch alter Heizungsanlagen durch Erdgasheizung mit Brennwerttechnik den Hauptanteil an der Co2- Vermeidung; Sonnenenergie spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Zahlen für 1999 liegen noch nicht vor; leider lassen sich die Zahlen aus 1998 z. Zt. nicht auf Bezirksebene auswerten. Er plädiert im weiteren Fortgang für vorbildhafte, vorzeigbare Anlagen der Wohnungswirtschaft und das Instrument des “Benchmarking” (Kennwerte).

Herr Wild, stv. Hauptgeschäftsführer der Berliner Mietrevereinigung, gliedert seinen Vortrag in zwei Blöcke:

1) Änderung des Verbraucherverhaltens,

2) Einflußnahme auf Vermieter / Versorgungsunternehmen.

Zu 1) ist festzustellen, dass

das Verbraucherverhalten schwer zu beeinflussen ist,
Energiekosten in den letzten Jahren relativ niedrig sind;
aus energetischen Einsparungen kaum zusätzliche finanzielle Einsparungen resultieren (über die in der Heizkosten-VO geregelten hinaus);
gerade bei Jugendlichen ist das Verhalten eher nicht auf Energiesparsamkeit gerichtet ist,
mit dem vorhandenen rechtlichen Instrumentarium allein ist eine Änderung des Verhaltens kaum zu organisieren.???
Er plädiert für Aktionselemente (im Sinne einer Klimakampagne).

Zu 2) spricht er sich für die Einführung von Energiekennzahlen und einen Verbrauchsausweis aus. Vermieter sollten in die Heizkostenabrechnung Energiekennzahlen aufnehmen. Mietrechtlich gibt es z. Zt. kaum Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Vermieter. Er weist darauf hin, dass es einen Interessensgegensatz zwischen Nutzer und Investor bei Modernisierungs-, Instandsetzungsmaßnahmen gäbe. Für die Einführung von Energiekennziffern als Controllinginstrument spricht er sich auch bei der Modernisierungsumlage aus. Contracting / Energiedienstleistungen seien aus Mietersicht bei Modernisierungs-, Instandsetzungsmaßnahmen unproblematisch, bei bestehenden Heizungsanlagen fehle die Transparenz bei einem zwischengeschalteten Contractor. Abschließend tritt Herr Wild für die Ergänzung des Mietspiegels um die Rubrik “energetischer Zustand” ein.

Die Bildung von Arbeitsgruppen erfolgt nach der Metaplantechnik. Die Teilnehmer erhalten Karten mit der Bitte, diese mit Problemen, Themen und Anregungen für die Arbeitsgruppen zu beschriften. Die Karten werden dann den von den Veranstaltern angeregten Arbeitsgruppen zugeordnet. Die Zuordnung ist in den meisten Fällen unproblematisch. Einige Karten stellen quasi ein “übergeordnetes Leitbild” für alle AG’s dar. Die zwischzeitlich gebildete AG “Contracting” erweist sich als zu klein; sie wird der AG “Finanzierung / Förderung” zugeordnet.

Somit organisieren sich folgende AG’s:

Finanzierung / Förderung / Contracting
Mieterbeteiligung / -kommunikation
Baulich / technische Aspekte der Energieeinsparung.
Die Arbeit in den AG’s verläuft sehr konzentriert und konstruktiv. Die AG’s stellen ab 12.00 Uhr die Ergebnisse vor.

Im Hinblick auf die weitere Arbeit am Thema scheinen folgende Ergebnisse der AG’s besonders interessant:

AG Bau / Technik

Dächer von Wohnhäusern könnten an Betreiber von Photovoltaikanlagen vermietet werden.
Überprüfung alter Heizungsanlagen durch die Hausverwaltungen (Heizungscheck in Verbindung mit der Überprüfung der Heizkostenabrechnung). Diese könnten vom Schornsteinfeger-Handwerk oder auch von Betrieben der SHK-Branche initiiert werden. Gute / vorbildliche Wohnhäuser erhalten eine “Grüne” Hausnummer.
Überprüfung des Heizverhaltens von Mietern. Eine Aktion des Energietisches Spandau könnte nachgeahmt werden. Hier wurden auf freiwilliger Basis die Verbrauchswerte von Mietern verglichen. Es ergaben sich erhebliche Unterschiede.
Die GAGFAH hat gemeinsam mit der Fa. KEBAB mit einer systematischen Erfassung der Verbraucher begonnen.
AG Finanzierung / Förderung / Contracting

Es gibt zahlreiche Förderinstrumente. Einige aus dem Bereich der IBB-Wohnungsbauförderung sind bereits ausgeschöpft (Fördermittelstau); andere können noch genutzt werden (IBB: Solaranlagen, Mietermodernisierung; Umweltentlastungsprogramm für Gewerbe).
Das Contracting scheint grundsätzlich ein probates Mittel, um Einsparpotential auszuschöpfen; der Bekanntheitsgrad müsste noch durch Multiplikatoren (Architekten, Handwerker u.a.) erhöht werden.
Es ist zu prüfen, inwiefern Biomasse eingesetzt werden kann (Restholz aus dem Grunewald im Überfluss vorhanden). Hier ist eine Extraveranstaltung denkbar (kleiner Workshop).

AG Mieterbeteiligung

Hier sind zwei Aktionselemente verfolgenswert:

Wecken des Engagements der Mieter durch eine Kampagne der Wohnungsbaugesellschaften (in Verbindung mit anderen Maßnahmen; siehe AG Bau / Technik).
Überprüfung der energetischen Zustände von Liegenschaften, wie es die GAGFAH bereits tut.
Als Abschluss der Veranstaltung und Ausblick kündigt Herr Bezirksstadtrat Straßmeir die Dokumentation der Veranstaltung, deren Versand, einen Bericht gegenüber der BVV sowie die weitere Arbeit an den Themen, vermutlich in Form eines Energietisches an. Er lädt zum Fest der Nationen vom 26. – 28.06.2000 ein, kündigt das Agendafest am 09.07.2000 in der Auengemeinde an und dankt den Teilnehmern.

Graf zu Lynar