Erster Zwischenbericht zur Lokalen Agenda Wilmersdorf

– September 1998 –

Logo der Lokalen Agenda Wilmersdorf

Logo der Lokalen Agenda Wilmersdorf

1. Ziel des Zwischenberichtes

Nachdem Ende 1996/Anfang 1997 der Senat von Berlin entschieden hat, dass die wesentliche Lokale-Agenda-Arbeit von den Bezirken zu leisten ist, wurde in Wilmersdorf der Lokale-Agenda-Prozess vorbereitet und begonnen. In den Mittelpunkt stellte das Bezirksamt die Veranstaltungsreihe “Bausteine für eine Lokale Agenda in Wilmersdorf”. Diese Veranstaltungsreihe sollte den Rahmen für die verschiedenen Lokalen-Agenda-Aktivitäten bilden. Von hier aus sollten Anregungen für andere Projekte und Arbeiten ausgehen, hier sollten Ergebnisse und Erfahrungen, die anderen Orts und von anderen Gruppen gesammelt worden sind, eingebracht werden. Ohne dem Resümee vorgreifen zu wollen, lässt sich schon an dieser Stelle festhalten, dass andere Veranstaltungsformen neben der Veranstaltungsreihe erforderlich sind und bleiben.

Der Zwischenbericht soll

- eine Darstellung über den erreichten Zustand, die begonnenen, geplanten und durchgeführten Maßnahmen geben;
- eine fachliche und politische Bewertung des Prozesses erlauben;
- die Basis für Diskussionen zum weiteren Vorgehen darstellen.

Dieser Bericht gibt zunächst einen Überblick über den Bezirk Wilmersdorf (Ziffer 2.) und die Entwicklung des Lokalen-Agenda-Prozesses im Bezirk (Ziffer 3.) Unter Ziffer 4. wird die Konzeption der Veranstaltungsreihe “Bausteine für eine Lokale Agenda in Wilmersdorf” skizziert und über die Veranstaltungen berichtet (Protokolle, Thesenpapiere).

Die gemeinsamen Aktivitäten mit unseren Partnerstädten wird unter Ziffer 5. behandelt. Die bisher erfolgte Öffentlichkeitsarbeit wird unter Ziffer 6. dargestellt.

Künftige Projekte und Maßnahmen zur Lokalen Agenda werden unter Ziffer 7. entworfen. Eine durchaus kritische Würdigung des bisherigen Prozesses und der Planungen, Erwartungen und Aussichten erfolgt dann unter Ziffer 8.

2. Der Bezirk Wilmersdorf

2.1. Vorbemerkungen

Den Bezirken kommt in Berlin die Aufgabe zu, insbesondere alle orts- und bürgernahen Aufgaben zu erledigen. Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung und ministerielle Aufgaben des Bundeslandes werden vom Senat von Berlin wahrgenommen.

Die Senatsverwaltungen nehmen unter anderem einen Großteil der Verkehrs-, Wirtschafts- und Umweltaufgaben wahr.

Bei der Lokalen Agenda kommt den Bezirken daher wegen der Bürgernähe eine wichtige Rolle zu.

Alle inhaltlichen Fragen, insbesondere der Konsultationsprozess sollen von den Bezirken geleistet werden, obwohl die angesprochenen Probleme (z.B. Verkehr, Wirtschaftsförderung) nicht in eigener Verantwortung gelöst werden können. Dies bringt einen hohen Abstimmungs- und Koordinationsaufwand mit sich.

2.2. Zur Lage des Bezirks

Berlin hat zur Zeit 3,5 Mio. Einwohner und erstreckt sich über eine Fläche von 88.900 ha = 889 km²;Wilmersdorf hat zur Zeit ca. 140.000 Einwohner und erstreckt sich über eine Fläche von 3.439 ha (34,39 km²).

Der Bezirk Wilmersdorf liegt im traditionell wohlhabenden Südwesten der Stadt. Fast die Hälfte der Bezirksfläche besteht aus Wald und Gewässern.

Der innerstädtische Ortsteil Wilmersdorfs ist dicht bebaut und gemischt von Wohnen und Gewerbe genutzt. Er umfasst die Hälfte des Kurfürstendamms und damit einen Teil der “City-West”; also des alten City-Bereichs von West-Berlin, der auch acht Jahre nach der Wiedervereinigung noch seine Funktion als Zentrum bewahrt hat.

Der Ortsteil Schmargendorf wirkt noch heute kleinstädtisch. Die Villenkolonie Grunewald ist eine der beliebtesten, schönsten und teuersten Wohnlagen in Berlin mit vielen erhalten gebliebenen Villen aus der Gründerzeit und einer wertvollen Grünstruktur. Die Bebauungsdichte in der Villenkolonie Grunewald ist ausgesprochen gering, die Bodenpreise die höchsten unter den Berliner Einfamilienhausgrundstücken (bis zu 2.400 DM/m²).

Die Villenkolonie grenzt unmittelbar an den Forst Grunewald an, der zusammen mit den großen Wasserflächen der Havel, die ihn durchzieht, eines der am stärksten frequentierten Erholungsgebiete Berlins und ein wichtiger ökologischer Ausgleichsraum für die gesamte Stadt ist.

3. Entwicklung des Lokalen-Agenda-Prozesses in Wilmersdorf

3.1. Chronologie

Mit der Neuwahl der Bezirksverordnetenversammlung und der Bildung eines neuen Bezirksamtes Anfang 1996 begann die politische Initiative für eine Lokale Agenda. Etwa zu dieser Zeit hatte sich der Senat entschieden, dass der Lokale-Agenda-Prozess maßgeblich auf der Ebene der Bezirke stattfinden soll. Die Federführung innerhalb des Bezirksamtes wurde dem Bezirksstadtrat für Bau- und Wohnungswesen, Umweltschutz übertragen und wird fast ausschließlich vom Umweltamt wahrgenommen. Diese Aufgabe haben wir gerne übernommen, müssen jedoch bis zum heutigen Tage ständig darauf hinweisen, dass Lokale Agenda nicht ein reines Umweltprogramm ist, sondern auf eine nachhaltige Entwicklung in allen gesellschaftlichen Bereichen abzielt. Hieran müssen wir leider häufig erinnern.

Im Juni 1996 haben wir einen “Themenaufruf” veröffentlicht und an etwa 100 Einrichtungen, Gruppen und Personen im Bezirk sowie an die Partnerstädte und alle Dienststellen innerhalb der Verwaltung versandt. Mit dem Themenaufruf luden wir ein, eine Konzeption für die Lokale Agenda in Wilmersdorf mit zu erarbeiten. Die Reaktion war zunächst sehr verhalten. Etwa 15 bis 20 Antworten erreichten uns, die im wesentlichen freundlich, aber allgemein und zurückhaltend waren und im wesentlichen keine konkreten Anregungen enthielten. Ausnahmen hierbei war der BUND, eine der großen wichtigen Umweltverbände in Deutschland und das örtliche Forum Lokale Agenda, der Zusammenschluss von mehreren Interessierten aus dem Bezirk.

Da die personelle Unterstützung durch den Senat unseres Projektes durch insgesamt zwei ABM-Kräfte noch über ein Jahr auf sich warten ließ, musste die schwierige Anfangsphase zunächst mit den vorhandenen Personen bewältigt werden.

Kernpunkt unseres Lokalen Agenda-Prozesses ist eine Veranstaltungsreihe, die den Namen “Bausteine für eine Lokale Agenda in Wilmersdorf” trägt. In dieser Veranstaltungsreihe sollen alle relevanten Themen und Bereiche für eine Lokale Agenda erarbeitet werden. Von den thematisch gegliederten insgesamt 25 geplanten Veranstaltungen haben inzwischen neun stattgefunden. In jeder Veranstaltung, zu der unter bestimmten Thema mit einem kompetenten Referenten breit eingeladen wird, erscheinen jeweils 30 bis 40 (im Höchstfall knapp über 60) Teilnehmer. Nach dem Vortrag wird das Thema unter allen Beteiligten erörtert. Über die Veranstaltungen werden inhaltliche Protokolle gefertigt, die den Grundstein für einen ersten Textentwurf der Lokalen Agenda bilden sollen. Zwischen den Veranstaltungen in der Bausteine-Reihe wird die Arbeit von einem geschäftsführenden Ausschuss unter der Leitung des Leiters des Umweltamtes wahrgenommen. Diesem geschäftsführenden Ausschuss, dem GALA (Geschäftsführender Ausschuss Lokale Agenda) gehören mit wechselnder Besetzung etwa die zehn engagiertesten Mitglieder des Lokalen Agenda-Prozesses an.

Auch wenn wir selbst als Veranstalter sehen, dass noch vieles verbesserungsbedürftig ist, insbesondere die Teilnahme einer etwas breiteren Öffentlichkeit mit einer größeren Motivation auch eigenständig Arbeit zu leisten, freuen wir uns über die positive Reaktion aus vielen anderen Bezirken und von seiten der zuständigen Senatsverwaltung.

3.2. Aktivitäten, Projekte und Vorhaben der L.A. in Wilmersdorf

3.2.1. Bezirksamt Wilmersdorf

Die folgende Übersicht zeigt – nach den Abteilungen des Bezirksamtes gegliedert – verschiedene Aktivitäten, Projekte und Vorhaben, die entweder durch den Lokalen-Agenda-Prozess entstanden sind oder inhaltlich dazuzurechnen sind. Die Zuordnung ist induktiv anhand verfügbarer Materialien, hauptsächlich einer Abfrage in den Abteilungen und Ämtern des Bezirksamtes von Februar 1998, vorgenommen worden (Stand Mai 1998); die Aufzählung ist nicht vollständig, berücksichtigt insbesondere Verwaltungstätigkeiten im engeren Kreis der Pflichtaufgaben nicht. Die Reihenfolge bedeutet keine Prioritätenbildung.

a) Abteilung Bau- und Wohnungswesen, Umweltschutz

Schwerpunkt ist die Betreuung und Weiterführung der Veranstaltungs-
reihe “Bausteine …”, die fortgesetzt wird. Neben den organisatorischen Tätigkeiten sind auch eigene inhaltliche Beiträge der Abteilung durchgeführt worden oder geplant.

Basierend auf den bereits vorhandenen Beiträgen und ergänzenden Diskussionen – insbesondere dem Workshop am 29.08.98 im Ökowerk – soll die Entwicklung von Leitbildern für den Bezirk Wilmersdorf erfolgen. Diese sollen zum einen in den zuständigen Bezirksgremien, zum anderen mit der interessierten Öffentlichkeit erörtert werden und sodann Bestandteil eines beschlussfähigen Dokumentes zur Lokalen Agenda Wilmersdorf sein.

Geprüft wird, ob und inwiefern eine Fallstudie in einem noch näher zu bestimmenden Bereich durchgeführt wird. Damit könnten zum einen Entwicklungsstrategien aufgezeigt, zum anderen die Öffentlichkeitsarbeit / Mitwirkung lokaler Gruppen/Einrichtungen eingeleitet/intensiviert werden.

Um die Öffentlichkeitsarbeit zielgruppenspezifisch auszuweiten, wurde in Abstimmung mit der Abt. Jugend, Sport und Schule im Frühjahr eine Fragebogenaktion an Wilmersdorfer Schulen gestartet. Ziel der Aktion ist es, Lehrer und Schüler über die laufenden Aktivitäten zur Lokalen Agenda zu informieren, zur Beteiligung/Mitwirkung anzuregen sowie bereits vorhandene Arbeitsgruppen und Initiativen zu erfassen.

Nach Abstimmung mit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer wird z.Z. ein “Reparaturführer” für den Bezirk Wilmersdorf erstellt. Dies geschieht in Kooperation und mit Unterstützung der Innungen. Der Reparaturführer soll im Bezirk Wilmersdorf ansässige Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe erfassen, die Reparaturen an Gebrauchsgegenständen anbieten. Ziel des Führers ist es, zur Abfallvermeidung beizutragen, zum nachhaltigen Konsumverhalten beitragende Betriebe zu unterstützen und einen Beitrag zum umweltgerechten Mobilitätsverhalten zu leisten (kurze Wege).

Inhaltlich eng verwandt ist die Weiterführung der Wertstoffbörse, die seit Februar 1994 unter dem Slogan Verschenken statt Wegwerfen besteht und Gebrauchsartikel an soziale bzw. gemeinnützige Einrichtungen vermittelt. Bis zum Stand Juni 1998 waren ca. 2.890 Angebote verzeichnet, von denen ca. 54 % vermittelt werden konnten. Seit März 1998 sind die Angebote Bestandteil des Internet-Informationsdienstes des Bezirksamtes.

Mit dem Landschaftsplan IX-L-5 Wilmersdorfer Innenstadt wird das Ziel verfolgt, den dicht bebauten und hochversiegelten Innenstadtbereich (innerhalb des S-Bahn-Ringes) durch die Festsetzung von sog. Biotopflächenfaktoren in ökologischer Hinsicht zu entlasten. Diese Faktoren fungieren als grundstücksbezogene Umweltqualitätsziele, die – in Abhängigkeit von Planungsrecht und vorhandenem baulichen Bestand – bei allen Neubauten/baulichen Erweiterungen einzuhalten sind. Neben dem ökologischen Nutzen wäre mit der Umsetzung auch eine Verbesserung des Wohnumfeldes, der Aufenthaltsqualität verbunden.

In Verbindung mit den anderen Abteilungen, insb. Abt. Finanzen und Wirtschaft wurde die Standortsuche im Bezirk zur Unterstützung des car-sharing-Projektes durchgeführt. Im Ergebnis ist für einen Standort (Lietzenburger Str. 91, zwei Parkplätze) ein Mietvertrag abgeschlossen.

Jährlich wird vom Bezirksamt gem. § 3 a LAbfG ein Abfallwirtschaftskonzept erstellt. Dieses dient als Instrument zur Information (u.a. über Abfallmengen und -arten) und zur Schwachstellenanalyse. Für die Erstellung des AWK ’97 wurde der Weg verfolgt, mit Hilfe eines externen Gutachtens gezielt durch Vor-Ort-Untersuchungen in 70 bezirklichen Einrichtungen nach Verbesserungspotentialen in ökologischer (Abfallvermeidung, höhere Recyclingquote) und ökonomischer Hinsicht zu suchen. Im Jahr 1997 wurden in den Einrichtungen ca. 7.400 t Abfall, darunter ca. 171 t an “Sonderabfällen” erzeugt; die Entsorgungskosten betrugen ca.
470.000,— DM. Die ermittelten Verbesserungsvorschläge werden den verantwortlichen Dienststellen zugeleitet. Wie in den Vorjahren liegt ein Schwerpunkt bei der Umsetzungsberatung bei den Kitas und Schulen, die durch ein ABM-Projekt unterstützt wird. Bereits in den letzten Jahren konnten hier nennenswerte Abfallvermeidungs- und Kostenentlastungspotentiale realisiert werden. Im Jahr 1998 soll die Umsetzungsberatung für alle Kitas und Grundschulen abgeschlossen sein.

Seit Anfang 1995 besteht im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit KEBAB gGmbH das Projekt Energiedienste. Hier werden für alle 128 bezirklichen Liegenschaften die Verbrauchs-, Kosten- und z.T. Flächendaten erfasst sowie fortgeschrieben. Ebenso werden die technischen Daten der Heizungsanlagen erfasst, Vorschläge für Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung entwickelt. Eine Nutzerschulung für Kitaleiter/innen ist geplant. Die Ergebnisse des KEBAB Energiedienstes fließen ein in die Prioritätensetzung bei der baulichen Unterhaltung. So wurden und werden in 1997 und 1998 zahlreiche einzelne, energetisch wirksame Maßnahmen durchgeführt, wie Einbau einer therm. Solaranlage (Sporthalle Franzensbader Straße), Austausch von alten Kesselanlagen zugunsten energiesparender, Einbau neuer Pumpen / Regeltechnik / Thermostatventile, Austausch von Beleuchtungsmitteln, Senkung von Anschlusswerten (Fernwärme), Isolierarbeiten an Gebäudehülle, Fenstern und Leitungen.

Die “Renaturierung” der ehemaligen Munitionsdepots im Jagen 92 und Entwicklung zu einer Dünenlandschaft wurde in enger Zusammenarbeit zwischen den Berliner Forsten, Bezirksamt und den beteiligten Firmen im Mai 1998 abgeschlossen. Durch intensive Überwachung der Baustelle wurde sichergestellt, dass nur unbelasteter Boden verwendet wurde. Nach einer Setzungsphase wird die Düne voraussichtlich im Jahr 1999 Erholungssuchenden zur Verfügung stehen. Tiere (u.a. Fledermäuse) und Pflanzen haben im Rahmen der natürlichen Sukzession mit der Besiedlung begonnen. Ein Informationsblatt ist hierzu erstellt worden.

b) Abt. Finanzen und Wirtschaft

Die Abteilung betreibt fünf öffentliche Wochenmärkte; die Eröffnung eines sechsten Marktes am Olivaer Platz mit dem Schwerpunkt auf Umlandprodukten ist für den Oktober 1998 geplant. Die Aktionstage im Rahmen der Verbraucheraufklärung (z.B. Kartoffel-, Spargel-, Eis- und Geflügelmarkt) werden ebenfalls mit dem Ziel weitergeführt, für Produkte aus der Mark Brandenburg einen kontinuierlichen Absatzmarkt zu eröffnen.

Es wird die Einrichtung eines bezirklichen Arbeitskreises Wirtschaft geprüft. Im Rahmen des allgemeinen Informationsangebotes werden Betriebe über Arbeits-Förderprogramme (z.B. Lohnkostenzuschuss, Einstellung von Auszubildenden) informiert.

c) Abteilung Soziales und Gesundheit

Einen Schwerpunkt bildet der Ausbau und die Entwicklung ehrenamtlicher Strukturen. Hierzu wurden bislang eine Fachtagung (1997) sowie zwei Runde Tische durchgeführt, die die Voraussetzungen für die Aufwertung ehrenamtlicher Arbeit definiert haben; hierzu zählt insb. die Qualifizierung und Motivation der hier Tätigen, die über Fortbildungsangebote an der VHS gewährleistet werden soll. Im September nahm die “Freiwilligenbörse Wilmersdorf” ihre Arbeit auf, die Koordinationsfunktionen wahrnehmen wird.

Im Rahmen der generationenübergreifenden Aktivitäten ist zum einen das Projekt “Wohnen gegen Hilfe” zu nennen, dessen Weiterentwicklung mit dem Ziel beabsichtigt ist, vorhandene Barrieren zu überwinden und die “Vermittlungsquote” zu erhöhen. Eng verknüpft mit der Entwicklung ehrenamtlicher Strukturen sind geplante Maßnahmen zur Förderung generationenübergreifender Aktivitäten im Rahmen der Städtepartnerschaft mit Sutton (s. Kap. 5.3).

Weitere Maßnahmen der Abteilung zur Verbesserung der sozialen und gesundheitlichen Situation im Bezirk im Rahmen des LA-Prozesses betreffen:

- Durchführung einer Pflegekonferenz am 27.05.1998, die die Entwicklung von Qualitätsstandards für die Träger von Pflegeleistungen zum Inhalt hatte.

- Durchführung einer Fachtagung im Herbst 1997 zum Thema “Verbleiben in der eigenen Wohnung” nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit.

- Aufbau einer Sozialberichterstattung, die insb. die Ursachen für Sozialhilfebedürftigkeit im Bezirk und die Dauer des Leistungsbezuges untersucht.

- “Schlange”. Das Projekt wurde aus Sicht der Abteilung abgeschlossen; eine Mieterinitiative regt insb. Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung und für gemeinsame soziale Aktivitäten an.

- Gesundheitsförderung. In der Friedrich-Ebert-Oberschule fand eine Befragung zum Gesundheitsempfinden von Schülern statt, die in die Durchführung von Projekttagen hierzu mündete.

- Gesundheit und Bewegung. Hier fand im März 1998 gemeinsam mit der Berliner Ärztekammer eine Diskussionsveranstaltung zu gesundheitsfördernden Sportangeboten statt; eine weitere ist für den Herbst 1998 gemeinsam mit der Abt. Jugend, Sport, Schule geplant.

- Zwischenwohnen für Obdachlose (Güntzelstr. 4). Das Wohnprojekt hat mit ca. 40 Bewohnern, von denen viele im Rahmen gemeinnütziger Arbeit tätig sind, seinen Betrieb aufgenommen. Die Arbeiten am und im Haus haben sozialen (wieder lernen, zu arbeiten, Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt), praktischen (Substanzverbesserung von Haus und Möbeln) und ökologischen (Begrünung, Möbelreparatur, Energieeinsparung) Nutzen.

- Arbeitsplätze. Nach erfolgtem Vertragsabschluss mit der Firma Maatwerk sollen ab 01.07.1998 240 langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Hiermit wird zum einen ein sozialer Nutzen verfolgt, zum anderen aber auch ein ökonomisch/finanzieller für alle Beteiligten.

d) Abt. Jugend, Sport und Schule

Das Instrument der Jugendhilfeplanung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) greift Prinzipien der Lokalen Agenda auf durch

- die Zusammenarbeit freier und öffentlicher Träger;

- Beteiligung von Kindern und Jugendlichen;

- Jugendhilfekonferenzen;

- Arbeitsgemeinschaften, in denen die Fachdisziplinen ihr Wissen einbringen.

1997 fand in Wilmersdorf eine Jugendhilfekonferenz mit dem Ziel der Vernetzung von Jugendhilfeangeboten statt. Vier Arbeitsgemeinschaften mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen beteiligen sich am Planungsprozess über das weitere Vorgehen.

Die Einrichtung eines Kinderbüros im Bezirksamt Wilmersdorf, das die besonderen Interessen und Bedürfnisse von Kindern aufgreift und in Planungs- und Entscheidungsprozesse einspeist, ist beabsichtigt.

Die Abteilung betreut zusammen mit der Abt. BauWohnUm und einer Firma das Projekt Fifty/Fifty, an dem folgende Schule mitwirken:

- Michael-Grzimek-Schule,

- Johann-Peter-Hebel-Schule,

- Carl-Orff-Schule,

- Comenius-Schule,

- Marie-Curie-Oberschule,

- Birger-Forell-Schule.

- Hanns-Fechner-Schule,

- Comenius-Schule,

- Friedrich-Ebert-Gymnasium.

Neben ökologischen (verringerter Ressourcenverbrauch: Energie, Wasser, Abfall) hat das Projekt auch finanzielle (Kosteneinsparung) und pädagogisch-umwelterzieherische Ziele.

Wie in den meisten zurückliegenden Jahren wird auch im Jahr 1998 ein Ökologie-Wettbewerb der Wilmersdorfer Schulen durch die Abt. gemeinsam mit der BVV Wilmersdorf durchgeführt.

e) Abt. Personal, Verwaltung und Kultur

Die Abteilung unterstützt den Lokalen-Agenda-Prozess im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, insb. durch Pressemitteilungen, Bürgerbüro als Multiplikator, Internet (s. Nr. 6). Eine Kooperation mit der Volkshochschule ist angedacht.

3.2.2. Freie Träger und Gruppen

Forum Lokale Agenda

Das im Sommer 1996 von Wilmersdorfer Bürgern gegründete Forum LOKALE AGENDA 21 hat sich seit August 1996 in 4 Arbeitsgruppen mit den Themen Verkehr, Stadtentwicklung, Abfall und Energie befasst und sich am Themenaufruf 1996 beteiligt.

Mit dem ungerechten Handel zwischen den nördlichen Industriestaaten und den armen Entwicklungsländern am Beispiel des Kaffeehandels befasst sich seit Anfang 1997 die Projektgruppe Fair-Kaffee. Ziel ist es, dass in absehbarer Zukunft in Wilmersdorf möglichst nur noch gerecht gehandelter Kaffee – bei dem die Kaffeekleinbauern einen gerechten Preis erhalten – verbraucht und verkauft wird. Dieses Ziel wurde im September 1997 vom Bezirksamt durch eine Presseerklärung und die Teilnahme von drei Stadträten bei einem Fair-Kaffee-Tag in der Kirche am Hohenzollerndamm mit Probeausschank und Verkauf von fair gehandeltem Kaffee und vielen Informationen unterstützt. Im Mai 1997 und 1998 hat die Projektgruppe Fair-Kaffee beim Fest der Nationen am Prager Platz Fair-Kaffee ausgeschenkt und die Bevölkerung über den Kaffeehandel informiert. Nach Gesprächen mit Mitgliedern der Projektgruppe haben auch einige weitere Einzelhandelsgeschäfte in Wilmersdorf den Verkauf von Transfair-Kaffee und -Tee in ihr Angebot aufgenommen.

Nach einstimmigem BVV-Beschluss bietet auch die Wilmersdorfer Rathauskantine fair gehandelten Kaffee an.

Energieeinsparung und alternative Energieerzeugung sind die Themenkomplexe der Arbeitsgruppe Energie, die dazu im Herbst 1996 bereits einen Vorschlagskatalog erarbeitete und Ende 1997 das in Planung befindliche Bauvorhaben am Prager Platz aussuchte, um zu überprüfen und darzustellen, inwieweit bei diesem Projekt Möglichkeiten des energiesparenden und ökologischen Bauens genutzt werden. Mit Mitgliedern der Wilmersdorfer BVV aus dem Bauausschuss fand dazu bereits ein Gespräch statt, Kontakte mit am Bauvorhaben beteiligten Firmen kamen noch nicht zustande, da auf Briefe des Forums bisher nicht reagiert wurde.

Eine weitere Arbeitsgruppe wurde im Frühjahr 1998 zu den Themen Arbeitslosigkeit und soziale Grundsicherung gebildet. Es ist beabsichtigt, die Ergebnisse an die Enquetekommission “Zukunftsfähiges Berlin” des Abgeordnetenhauses zur Veröffentlichung im Bericht der Kommission weiterzuleiten.

Weiterhin hat das Forum Stellung genommen gegen die vorliegende Planung zur Bebauung des Teufelsberges und gegen die geplante Magnetschwebebahn Transrapid von Berlin nach Hamburg.

Saftladen

In Kooperation mit der Abteilung Soziales und Gesundheit des Bezirksamtes wird der “Saftladen” betrieben, der seine Zielsetzung in der Kombination von suchtmittelfreiem Raum und Nachbarschaftszentrum sieht. Neben dem räumlichen Angebot für Selbsthilfegruppen bestehen auch Unterstützungs- und Beratungsangebote. Im Zusammenhang mit der Lokalen Agenda sind u.a. Aktivitäten zur Integration nicht Erwerbstätiger vorgesehen.

Kirchengemeinden in Wilmersdorf

Durch den Umweltbeauftragten der Evangelischen Kirchengemeinde Grunewald ist – ausgehend von der Lokalen Agenda – 1997 eine Umfrage bei den evangelischen Kirchengemeinden im Bezirk durchgeführt worden; ein Ergebnis liegt nicht vor. Von einzelnen Kirchengemeinden ist bekannt, dass Energiesparmaßnahmen/Aktivitäten zur Nutzung alternativer Energiequellen durchgeführt wurden oder in Planung sind.

4. Bausteine für eine Lokale Agenda in Wilmersdorf

4.1. Idee und Konzeption der Veranstaltungsreihe

Die Veranstaltungsreihe bildet den Kern der Bearbeitung der Lokalen Agenda in Wilmersdorf. Im Rahmen der o.g. Veranstaltungsreihe sind etwa 20 einzelne Veranstaltungen geplant, die sich inhaltlich in fünf Blöcke gliedern.

Jede Veranstaltung sieht im Regelfall so aus, dass sie am Nachmittag eines Wochentages (Beginn 16.00 Uhr) stattfindet und auf etwa 2, maximal 2 1/2 Stunden angelegt ist. In jeder Veranstaltung tritt zum einen ein Referent, ggf. auch mehrere, auf, zum anderen soll für alle Anwesenden genügend Raum gelassen werden, um über den Vortrag und über eigene Vorstellungen zu dem Themenkreis dieser Veranstaltung zu diskutieren. Das Ergebnis der Veranstaltung wird festgehalten und bildet dann einen Bestandteil der künftigen Lokalen Agenda Wilmersdorf.

Eingeladen werden alle Ämter der Abt. Bau- und Wohnungswesen, Umweltschutz, alle übrigen Abteilungen des Bezirksamtes, die Fraktionen, der Bau- und Umweltausschuss sowie neben interessierten Einzelpersonen und der Öffentlichkeit (Presseveröffentlichung) alle diejenigen Organisationen und Einrichtungen, mit denen wir schon im Rahmen des Themenaufrufs in Kontakt getreten sind. Die Veranstaltungen finden im Regelfall im BVV-Saal statt.

Der Ablauf einer jeden Veranstaltung ist so gestaltet, dass der erforderliche Konsultationsprozess zwischen allen, die sich an der Lokalen Agenda 21 beteiligen wollen, gewährleistet ist. Von den ursprünglich geplanten 26 Veranstaltungen sind zehn durchgeführt worden. Die Blöcke A und D sind überwiegend abgeschlossen, die Blöcke B und C teilweise, zum Block E gibt es noch keinen Beitrag.

4.2. Stand der fachlichen Beiträge

Der folgende Abschnitt fasst in knapper Form die wesentlichsten Ergebnisse der Veranstaltungen zusammen; die Skripts der Referenten und die Protokolle sind verfügbar.

4.2.1. “Von Rio nach Wilmersdorf”, 16.01.1997

Dr. Summerer vom UBA umriss zum einen den weltweiten Prozess der katastrophalen Umweltgefährdung und des Ressourcenverbrauchs, beschrieb die beiden kontroversen Diskussionsmodelle zur Nachhaltigkeit “Strukturelle Ökologisierung”, “ökologische Modernisierung” sowie die vier Handlungsgrundsätze zur nachhaltigen Entwicklung. Die “Messlatte” für eine zukunftsfähige Entwicklung der Industriestaaten liegt bei einer Co2 -Reduzierung um 70 – 80 % bis zum Jahre 2000. Die vom UBA (im Auftrag des Bundesumweltministeriums) erstellten Szenarien kommen zum Ergebnis, dass nur ein weitreichender – alle Politik- und Gesellschaftsbereiche umfassender Bewusstseinswandel – zu diesem Ziel führen kann. Erforderlich sind:

- Übernahme der Handlungsverantwortung durch jeden einzelnen ( Orientie-

rung auf “immaterielle Werte” etc. .),
- Einsatz des gesamten verfügbaren staatlichen Instrumentariums,
- die Entwicklung von Perspektiven/positiven Zielsetzungen für Bevölkerung

und Wirtschaft.

4.2.2. “Was bedeutet nachhaltige Entwicklung”, 05.03.1997

Fr. Dr. Weiland stellte den Begriff der nachhaltigen Entwicklung, zu dem es etwa 100 Definitionsversuche gibt, in den Mittelpunkt ihres Vortrages. Der Begriff muss lokal konkretisiert werden. Ihm kommt die Funktion eines Prüfschemas für das Handeln jedes einzelnen wie der Verwaltung zu (s. Abb.).

Diagramm zum Thema Nachhaltigkeit

Diagramm zum Thema Nachhaltigkeit

4.2.3. Lokale Agenda und soziale Entwicklung – Perspektiven für ein sozialverträgliches, gesundes und solidarisches Berlin-Wilmersdorf, 22.04.1997

Frau Schmiedhofer, Bezirksstadträtin für Soziales und Gesundheit, analysierte die recht komfortable Sozialstruktur des Bezirks. Nach den meisten vorliegenden Indikatoren (gesundheitliche Versorgung, Bildungsstruktur, Einkommensniveau, Erwerbslosenquote, Lebenserwartung etc.) liegt Wilmersdorf im Berliner Vergleich an erster oder zweiter Stelle. Allerdings ist auch das Durchschnittsalter das höchste, die Geburtenrate die niedrigste von Berlin. Die besondere soziale Situation stelle gleichzeitig eine Ressource und eine Herausforderung dar, um

- “Randgruppen” (wie Arme, Frauen, Alleinerziehende, Kinder und

Jugendliche) zu fördern,

- die soziale Umwelt zu verbessern (Sozialökologie),

- die soziale Verantwortung und das Engagement der sozial Begünstigten

einzubinden.

Dem Bezirksamt kommen im Zusammenhang mit einem sozialökologischen Leitbild drei Funktionen zu:

- Akteur in eigener Sache,

- Bündelung vorhandener Angebote,

- Indikator von Bewusstseinsprozessen.

Frau Schmiedhofer stellte abschließend Aktivitäten und Vorhaben ihrer Abteilung als Teil des L.A.-Prozesses vor (s. Kap. 3.2), die mit Initiativen anderer Abteilungen zu verknüpfen wären.

4.2.4. Ergebnisse des kommunalen Erfahrungsaustauschs zur Lokalen Agenda/Entwicklung und Sachstand in Köpenick, 29.05.1997

Frau Rösler vom DIFU stellte das Ergebnis von zwei bundesweiten Umfragen vor. Nach zögerlichem Anfang haben die Jahre 1996/1997 einen Aktionsschub gebracht. Die nachhaltige Entwicklung hat in den deutschen Städten nicht am Nullpunkt begonnen, sondern insb. im Umweltschutz und in der Stadtplanung liegen sehr weit entwickelte Ansätze vor, die um die häufig vernachlässigten Bereiche Soziales und Wirtschaft (insb. Handwerk) zu ergänzen sind.

Herr Wazlawik und Dr. Marz berichten von den Köpenicker Erfahrungen, die insb. auf dem Drei-Säulen-Modell beruhen. Herr Wazlawik betonte die Bedeutung ehrenamtlicher Mitarbeit, parteiübergreifenden Handelns und der Balance zwischen der Lösung struktureller Fragen, dem Entwickeln von Visionen und Leitbildern und praktischen Maßnahmen. Dr. Marz ging vor allem auf die Schwierigkeiten, Zukunftsfähigkeit mit Indikatoren zu messen und die Organisation des Konsultationsprozesses innerhalb und außerhalb der Verwaltung ein.

4.2.5 Erfahrungen des Bezirksamtes Lichtenberg, 06.08.1997

Dr. Suchy und Herr Weidlich stellten das Lichtenberger Modell vor. Eine Leitstelle entwickelt unabhängig von der Bezirksverwaltung in sieben Arbeitsgruppen Handlungsempfehlungen an die Bezirkspolitik und -verwaltung. Der Sachstand zur Indikatorensuche wurde dargestellt.

4.2.6. Nachhaltigkeit als Utopie?, 02.09.1997

Dr. Schäfer-Guignier von der Evangelischen Akademie Berlin-Brandenburg vermittelte einen geisteswissenschaftlich/ethischen Überblick über historische und aktuelle Nachhaltigkeitsutopien. Er forderte, den Kreativitätsüberschuss von Nachhaltigkeit als Kreislaufutopie politikfähig zu machen und spielerischen Elementen Raum zu lassen.

4.2.7. Kinder in Wilmersdorf, 28.10.1997

Frau Safadi, Bezirksstadträtin für Jugend, Sport und Schule, betonte die Bedeutung der Situation von Kindern für eine nachhaltige Entwicklung und analysierte anhand sozialer und gesundheitlicher Kriterien die Situation in Wilmersdorf als im überbezirklichen Vergleich positiv (u.a. Ärztedichte, Säuglingsfürsorge, Versorgung mit Kitaplätzen, Wohnungsgröße). Ein aktuelles Problem stellt die Abwanderung junger Familien dar. Daher ist die kindgerechte Entwicklung des Bezirkes wichtig (s. Kap. 3.2). Hierauf legt ihre Abteilung großes Gewicht.

4.2.8. Zustand und Entwicklung der Wirtschaft im Hinblick auf eine Lokale Agenda für Wilmersdorf, 13.01.1998

Herr Kleist, Bezirksstadtrat für Finanzen und Wirtschaft, stellte die wirtschaftlichen und sozialpolitischen Strukturen des Bezirkes vor. Ca. 16.800 Betriebe (fast ausschließlich Handel, Dienstleistung und Handwerk) sind gemeldet; ein großes Problem des Bezirke ist das fehlende Flächenangebot. Er forderte – im Sinne der aktuellen Diskussion um die Bemessung der bezirklichen Globalsummen – einen gerechten Ausgleich unter den Bezirken, d.h. für Wilmersdorf Abstriche hinzunehmen und zeigte ausgewählte Vorhaben zur Entwicklung der Wirtschaft im Gewerbebereiche Forckenbeckstraße und im Bereich Lentzeallee (BESSY). Die örtliche Wirtschaft bildet die materielle Grundlage des Gemeinwesens; Aufgabe des öffentlichen Sektors sei es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die

- zu einem innovativen Klima beitragen,

- eine flexible, anpassungsfähige Wirtschaftsstruktur fördern und die lokalen

Ressourcen optimal zu nutzen,

- wirtschaftliche Entwicklung mit der sozialen und ökologischen zu verzahnen,

d.h. insb. Wirtschaftspolitik mit Beschäftigungspolitik zu koppeln.

Die Diskussion berührte insb. die Fragen,

- wie die Wilmersdorfer Wirtschaft stärker als bisher in den Agenda-Prozess

einbezogen werden kann (Arbeitskreis?),

- die Instrumentarien für eine zuküftsfähige Entwicklung der Wilmerdorfer Wirtschaft.

4.2.9. Beiträge des Bezirkes Wilmersdorf zu einer nachhaltigen Stadt- und

Siedlungsplanung

Herr Latour, Leiter des Wilmersdorfer Stadtplanungs- und Vermessungsamtes, gab einen Überblick über

- generelle Entwicklungstendenzen in Stadt- und Siedlungsentwicklung,

- die räumliche Entwicklung im Bezirk Wilmersdorf, ihre Bestimmungsfaktoren und die wesentlichen Probleme,

- den notwendigen Wandel im Leitbild für den Bezirk,

- den Steuerungsbedarf zu Sicherung einer nachhaltigen und räumlichen

Entwicklung im Bezirk.

Er betonte das Erfordernis

- einer Orientierung “an lokale Raumeignungen” im Rahmen der gesamtstädtischen/regionalen Arbeitsteilung,

- eines zielgerichteten Instrumenteneinsatzes incl. einer zukunftsorientierten Bodenvorratspolitik

- von lokalen Leitbildentwicklungen insb. bei informellen räumlichen Planungen, und wies auf die aktuelle Diskussion zur Bereichsentwicklungsplanung für den Bezirk hin.

5. Kooperation mit Partnerstädten

Das Bezirksamt hat von vornherein der Kooperation mit Partnerstädten eine große Bedeutung beigemessen.

5.1. Themenaufruf

Der Themenaufruf vom Sommer 1996 wurde auch den Partnerstädten als ein Signal dafür übersandt, dass der “Startschuss” in Wilmersdorf gefallen ist. Er bildet somit die Basis für die folgenden gemeinschaftlichen Aktivitäten im Rahmen des Partnerstadtaustausches.

5.2. Twin Town Workshop

Ausgehend von den Vereinbarungen der Bürgermeisterkonferenz der Partnerstädte in Wilmersdorf im Herbst 1997, hatte die Partnerstadt Sutton in England zu einem Workshop vom 04.02. bis zum 08.02.1998 eingeladen. Ziele waren:

- der Informations- und Erfahrungsaustausch,

- das Lernen von den Erfahrungen der Partnerstädte,

- Identifikation gemeinsamer Projekte und die Suche nach Finanzierungs-

quellen hierfür.

Inhaltliche Schwerpunkte waren “transport” (Verkehr/Mobilität), “community development” (etwa: Entwicklung der Gemeinschaft), “youth involvement” (etwa: Beteiligung der Jugend). Der Workshop bot den Teilnehmern einen hervorragenden Einblick in Zustand und Struktur der jeweiligen Agenda-Prozesse und eine Reihe von Anregungen, insb. aus Sutton selbst. Über den exzellent organisierten Workshop liegt ein umfangreicher Bericht vor.

5.3. Gemeinsames Projekt “Age linking”

Ausgehend von der o.g. Konferenz hat die Partnerstadt Sutton einen Vorschlag für ein gemeinsames Projekt der Partnerstädte entwickelt und am 07.04.1998 dem Bezirksamt Wilmersdorf übersandt. Das Projekt ist inhaltlich dem Bereich “age-linking” (generationenverbindende Aktivitäten) zuzuordnen und trägt den Arbeitstitel “building bridges through links”. Ziel ist es, durch gemeinsame Aktivitäten und Kommunikationsmöglichkeiten zum gegenseitigen Respekt und zu positiven Beziehungen beizutragen. Die Kofinanzierung durch die EU ist Bestandteil und Voraussetzung für das Projekt.

Der Vorschlag aus Sutton wurde durch das Bezirksamt auf zwei Sitzungen am 21.04. und 28.04. eingehend mit dem Ergebnis diskutiert, sich an den Projekt zu beteiligen und die Finanzierung zu prüfen.

Federführend ist die Abt. Bau- und Wohnungswesen, Umweltschutz, die das Projekt gemeinsam mit den Abteilungen Soziales und Gesundheit sowie Jugend, Schule und Sport realisieren soll. Am 08.05.1998 hat das Bezirksamt Wilmersdorf der Partnerstadt Sutton mitgeteilt, dass es sich beteiligen wird und erste inhaltliche Vorstellungen für das Projekt entwickelt, die an den laufenden und geplanten Aktivitäten anknüpfen (s. Kap. 3.2). Darüber hinaus wurde die Idee entwickelt, ein ehrenamtlich (von Jungen und Alten) betriebenes Nachbarschaftszentrum im Bezirk einzurichten.

6. Öffentlichkeitsarbeit

Eingeleitet wurde das Bemühen um eine möglichst breite Öffentlichkeit mit der Veranstaltungsreihe “Bausteine für eine Lokale Agenda”. In diesem Zusammenhang wurden Einladungen an alle uns bekannten Multiplikatoren verschickt, Pressemitteilungen herausgegeben und Plakate entworfen, die für das jeweils zu referierende Thema werben sollten. Inzwischen wurden neben der Bausteine – Reihe weitere Methoden der Öffentlichkeitsarbeit entwickelt, die durch den Einsatz unterschiedlicher Medien auf einer möglichst breiten Ebene über den Inhalt und den Prozess der Agenda 21 informieren sollen.

Methoden im Rahmen der Öffentlichkeit:

  • Pressemitteilungen; sowohl allgemein informierende, als auch zu geplanten Veranstaltungen.
  • Ein Faltblatt, in dem die Inhalte der Agenda 21 beschrieben, -und bezirkliche Anlaufstellen für eine mögliche Beteiligung genannt werden.
  • Plakate zur Werbung und Unterstützung geplanter Veranstaltungen und für eine mehr spielerische Darstellung der durch die Agenda 21 angesprochenen Probleme. Es hat sich gezeigt, dass eine Prise Humor diese von vielen Leuten doch eher als trocken empfundene Materie zugänglicher gestaltet.
  • Seit März 1998 lassen sich Informationen zur Lokalen Agenda und die Protokolle der Veranstaltungen Protokolle der Veranstaltungen auch über das Internet aufrufen (http://www.berlin.de/wilmersdorf).
  • Darstellung im Rahmen des Umweltreportes 1997 (geplant für 1998).
  • Informationsstände auf öffentlichen Veranstaltungen und Festen (z.B. beim Fest der Nationen ). Auf diese Art und Weise können auch Bürger informiert und angesprochen werden, die mit anderen Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit schwerer zu erreichen sind. Der Zuspruch wird größer, wenn es sich nicht nur um einen reinen Info-Stand handelt, sondern kleine Aktionen oder Spiele, z.B. für Kinder, angeboten werden.
  • Aktionen an Schulen; in Vorbereitung ist eine Projektwoche für lernbehinderte Kindern einer Grundschule des Bezirks.
  • Gestaltung von Schaukästen (in der Bücherei).
  • Ausstellungen (z.B. mit zwei Umwelt- und Naturschutzverbänden: BUND und BLN).

Bisherige Erfahrungen:

Es ist nur schwer oder gar nicht möglich, alle Bereiche der Öffentlichkeit und jeden Bürger zu erreichen oder zur Beteiligung zu gewinnen. Dies ist allerdings kein spezielles Phänomen der Lokalen Agenda. Die Akzeptanz für ein Thema steigt, je mehr sich der Einzelne davon persönlich betroffen fühlt. Deshalb sind Formen der Öffentlichkeitsarbeit besonders geeignet, bei denen in einem direkten Gespräch Fragen beantwortet – oder in Präsentationen, mit einer Mischung aus phantasievollem Arrangement und Informationen Themen der Agenda 21 aufgegriffen und eine Verbindung zum Alltag herstellt werden können. Ebenso vorteilhaft ist es, bereits vorhandene Strukturen, z.B. der Kirchen, Verbände oder Schulen, zu nutzen, regelmäßige Veranstaltungen durchzuführen und eine Anlaufstelle zu benennen, die informiert und koordiniert.

Auch bei dem Versuch, eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen, zeigt sich der Prozesscharakter der Agenda 21, der für sein Gelingen sowohl viel Geduld, als auch Konstanz in seinen Bemühungen braucht. Mit schnellen Erfolgen ist wohl auch deshalb nicht zu rechnen, weil mit dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung sicher auch die eine oder andere liebgewonnene Gewohnheit oder Bequemlichkeit in Frage gestellt wird. Aber wie heißt es doch: Steter Tropfen höhlt den Stein.

7. Künftige Projekte

In den Punkten 3.2 und 5.3 sowie 6 sind bereits eine Vielzahl von noch laufenden bzw. geplanten Aktivitäten und Projekten dargestellt worden, deren Erfolg oder Misserfolg ausschlaggebend für weitere Vorhaben sein wird. Aufgrund der Entwicklung der Rahmenbedingungen (insb. der personellen und finanziellen Ressourcen) wird die Konzeption und Durchführung weiterer Vorhaben insb. abhängig sein von:

- Diskussionen in Folge dieses Berichtes,

- Verlauf und Ergebnisse der Leitbilddiskussion für den Bezirk,

- der Frage, inwieweit es gelingt, über den sehr schmalen Grad an
Beteiligten/Mitwirkenden/Aktiven hinaus, weitere engagierte “Mitstreiter” zu
finden,

- der Entwicklung anderer Organisations- und Handlungsformen.

Ohne den Ergebnissen hierzu vorgreifen zu wollen, sollen doch einige vielversprechende, bis jetzt noch nicht genannte, Ideen aufgeführt werden:

- Durchführung von Stadtteilkonferenzen (Vorschlag SozGes),

- Entwicklung eines Tauschringes/einer Tauschbörse,

- Durchführung einer Bevölkerungsbefragung,

- Gründung eines Fördervereins für den Grunewald,

- Vorbereitung und Durchführung einer Fachkonferenz zum Thema
“Holzverarbeitung”, die sich mit der Vermarktung von naturnah erzeugtem
Holz aus dem Grunewald in der Region Berlin-Brandenburg befasst.

8. Aussichten - Perspektiven und Erwartungen

Mit der bisherigen Arbeit in Wilmersdorf waren und sind z.T. Antworten auf offene Fragen gefunden worden, es sind aber auch neue Fragen entstanden. Der Zwischenbericht versucht, den bisher erreichten Stand, nach etwa zwei Jahren L.A. in Wilmersdorf in Thesenform zusammenzufassen:

- Die Strukturen in Wilmersdorf waren mit Sicherheit nicht diejenigen, die die Autoren des Kapitels 28 vor Augen hatten, als sie die Notwendigkeit eines Lokalen-Agenda-Prozesses unter Einbeziehung der Bevölkerung betonten. Dennoch stellt die Lokale Agenda ein Instrument dar, das erhebliche Chancen für die Entwicklung des Bezirkes bietet. Die Verantwortung für den Erfolg liegt bei jedem Einzelnen.

- Wilmersdorf hat von Anfang an einen eigenen Weg beschritten und ist damit gut gefahren. Es gibt kein Organisationsmodell, das im 1:1-Maßstab deduktiv übertragbar wäre. Die Organisationsentwicklung des weiteren Prozesses muss dem durch Flexibilität und Offenheit Rechnung tragen.

- Der Prozess hat begonnen und erste Wirkungen zeigen sich. Allerdings ist der Kreis der Einbezogenen und Mitwirkenden auf einen engen “Insiderbereich” begrenzt, der im wesentlichen durch das Verwaltungshandeln bestimmt wird.

- Ziel muss und soll ein sich selbst tragender L.A.-Prozess sein, in dem die Bezirksverwaltung sich im Wesentlichen auf Koordinations- und Partnerfunktionen beschränken kann. Dazu bedarf es einer wesentlich größeren Mitwirkungsbereitschaft von Akteuren der unterschiedlichsten Bereiche und einer größeren Vielfalt an Aktivitätsformen.

- In der breiten Bevölkerung ist die Diskussion um die nachhaltige Entwicklung und die Lokale Agenda (noch) nicht angekommen. Betonung und Durchsetzung von Partikularinteressen, tradierte Konsum- und Verhaltensmuster (materiell betonter Lebensstil, “Rückzug in die Privatheit (Cocooning)”, “Stadtflucht”). prägen eher das Bild, als die kleine, nachhaltig wirkende Minderheit. Der Lokale-Agenda-Prozess sollte es sich aber zumindest zum Ziel setzen, allen denjenigen, die sich für die zukunftsfähige Entwicklung und Gemeinwohlinteressen engagieren wollen, einen Raum hierfür zu geben. Hierfür sind die Voraussetzungen zum Teil geschaffen, zum Teil zu entwickeln.

Straßmeir

Bezirksstadtrat