Wie kann man „biokulturelle Vielfalt“ in einem Bezirk umsetzen?
Zwei Themen („Pflege von Grünflächen – Straßenbegleitgrün, Parks etc.“ und „Berücksichtigung „grüner Belange“ bei Bauvorhaben oder der Entwicklung von Freiflächen“) wurden vertieft diskutiert.
Arbeitsgruppe 1: Pflege von Grünflächen (Straßenbegleitgrün, Parks etc.)
Es wurde insgesamt bemängelt, dass eine naturschutzfachlich sinnvolle Grünflächenpflege nicht gewährleistet sei. Unverständlich sei es vor allem, wenn Blühhorizonte einfach abgemäht würden oder zu Zeitpunkten gemäht würden, an denen es aufgrund des Aufwuchses nicht sinnvoll ist (z. B. im September) Hierfür wurden mehrere Ursachen ausgemacht:
- Die Grünflächenämter sind insgesamt personell völlig unterbesetzt. An dieser Situation wird sich vermutlich auch in den nächsten 2-3 Jahren nicht viel ändern, da die Einstellung von Mitarbeiter*innen nur sehr schleppend verläuft
- Die Pflege der Grünflächen wird i. d. R. an Firmen vergeben. Das ist mit verschiedenen Problemen verbunden: a) in der Ausbildung der Gärtner spielen ökologische Aspekte eher eine untergeordnete Rolle b) es wird vermutet, dass Pflegepläne zu wenig detailliert ausgearbeitet sind (z. B. im Hinblick auf Mahdzeitpunkt) und dass es auch keine Standards der Qualitätssicherung gibt; allerdings wurde darauf verwiesen, dass gerade dies Thema des „Handbuchs Gute Pflege“ sei, dass derzeit in Federführung durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erarbeitet wird c) da eine große Fluktuation bei den Firmen herrscht, die eine Flächen pflegen, können schwer Erfahrungen gesammelt verarbeitet werden; eine kontinuierliche Pflege ist nicht gewährleistet
Die Lösungen dieser Probleme sind naheliegend:
- Einstellung von mehr Personal im Grünflächenamt
- Durchführung der Pflege durch Mitarbeiter*innen des Grünflächenamtes in Eigenregie
- Schulung der Mitarbeiter der Grünflächenpflege, idealerweise in einer Art Ausbildung zum „biologischen Pflegegärtner“
Allerdings werden diese Lösungen nicht kurzfristig wirksam. Daher stellt sich die Frage, wie man eine ansprechende Pflege für die Zeit gewährleisten kann, bis ideale Rahmenbedingungen geschaffen sein werden.
Hier zeigte sich, dass die anwesenden Initiativen durchaus bereit sind, bürgerliche Verantwortung für „ihre“ Grünflächen zu übernehmen. Allerdings müssten hierfür die Rahmenbedingungen verbessert werden. Die Vorstellung, dass Bürger*innen die Arbeit der Verwaltung machen, wird als unbefriedigend empfunden. Daher sollte darüber nachgedacht werden, wie die Verwaltung Bürger*innen unterstützen kann. Hier wurde insbesondere angeregt, eine Mittlerebene zwischen Bezirksamt und Bürgern auf Quartiersebene zu installieren. Die Aufgabe eines solchen „Quartiersgrünmanagers“ wären u. a. die Beratung von Bürger*innen bei der Grünflächenpflege, die materielle Unterstützung (z. B. mit Gartengeräten, Wasser) und die Unterstützung bei der Einholung von behördlichen Genehmigungen.
Dass Berliner Bürgern ihre urbane Landschaft wichtig ist, wurde in der Vergangenheit immer wieder deutlich. Oft standen hierbei Bäume im Fokus der Aufmerksamkeit. Mittlerweile gibt es jedoch auch eine starke Tendenz der Erhaltung von wiesenartigen Strukturen. Bemerkenswert ist, dass es Initiativen von Seiten der Bürger gibt, sowohl solche Flächen anzulegen (s. Thema Bauflächen) als sich auch an der Pflege vorhandener Flächen (s. Straßenbegleitgrün) zu beteiligen. Hier bieten sich große Chancen für den Naturschutz.
Arbeitsgruppe 2: Berücksichtigung „grüner Belange“ bei Bauvorhaben oder der Entwicklung von Freiflächen
Hier fokussierten sich 4 Schwerpunkte unter den Teilnehmenden heraus. Zum einen die für Bürger*innen oft unverständliche Bürokratie der Berliner Verwaltung. Es wurde erläutert, dass die Verwaltungsstrukturen bzw. Zuständigkeiten in den jeweiligen Ämtern zu kompliziert für die Bürger*innen seien. Des Weiteren wurden mangelnde Vorgaben für den Naturschutz in der Stadtplanung sowie eine stärkere Partizipation bei Bauvorhaben und Freiflächenentwicklung im Umfeld angesprochen. Hier wünschen sich die Bürger*innen zudem eine stärkere Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement von Seiten der Verwaltung. Als letzter Punkt wurde kurz die Umweltbildung erörtert.
Mögliche Lösungen:
- eine Art Leitfaden für den Behördengang
An welche Stellen können sich Bürger*innen mit einem konkreten Problem/Fragestellung wenden, anstatt von einer Person zur nächsten weitergereicht zu werden?
- Umstrukturierung der Berliner Verwaltung
- Ausgleich für Entsiegelung von Anfang an als Teil vom Bauplan mit einbeziehen (z. B. Dachbegrünung)
- bei geplanten Versiegelungen im Zuge von Maßnahmen, sollte vor Durchführung der Maßnahmen eine entsprechende Entsiegelung als Ausgleich stattfinden
- Entsiegelungen von Flächen generell stärken
- stärkerer Austausch und engere Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung und Umweltamt
Hier wurden vor allem die fehlenden naturschutzrechtlichen Befugnisse von Seiten der UNB für die Stadtplanung (Ausnahme bildet der BFF) angesprochen.
- Verwaltungsinstrumente für eine effektive Umsetzung naturschutzrechtlicher Belange in der Praxis einführen
- Vorgaben in B-Plänen für Freiflächen und Gründächer präzisieren, statt lediglich einer Prozent- bzw. Größenangabe
Pflanzenarten sind konkret festzulegen
Mischungen für verschiedene Flächentypen und Standorte vorgeben
- Ökologischere Gestaltung der öffentlichen Grünflächen durch das Grünflächenamt
- Stärkerer Einfluss der Politik für naturschutzrechtliche Belange
dies muss auch durch die Bürger*innen selbst erfolgen
- Stärkere Beteiligung von Bürger*innen bei kleineren Bauvorhaben in der Freiraumgestaltung
Mieter*Innen von Wohnungsbaugenossenschaften
Anwohnerinnen und Anwohner bei Grünräumen im Kiez
- Eine stärkere Absprache zwischen Bürger*innen und dem Grünflächenamt, z. B. in der Baumscheibenbegrünung
- Stärkere Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung mit Verweisen zu Experten und Verbänden, zur fachlich korrekten ökologischen Durchführung sowie Artenlisten zur Gestaltung
z.B. bestäuberfreundliche Flächen
Fachleute befinden sich z.B. im Ökowerk oder der Grünen Liga
- Stärkung der Umweltbildung von klein auf
nur was man kennt, wird auch wertgeschätzt
- Entwicklung neuer moderner Formen der Umweltbildung, um weitere Zielgruppen zu erreichen, z.B. Spaziergänge nach Clubbesuch mit Musik (niedriger Schallpegel) im Park
Viele der genannten Lösungen sind in Ihrer Umsetzung eher als mittel- und langfristig zu betrachten, da erst die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben von Seiten der Politik zu leisten sind. An dieser Stelle sind auch die Bürger*innen gefragt, die sich für die Stärkung und Durchsetzung der ökologischen Belange bei ihren politischen Vertretern einsetzen müssen. Darüber hinaus bedarf es einer personellen Stärkung der Verwaltung für eine bürgernahe Verwaltung und verbesserte Öffentlichkeitsarbeit. Auch hinsichtlich der ämter- und akteursübergreifenden Themen, wie ökologische Stadtplanung, Bürgerbeteiligung oder Umweltbildung werden im Vorfeld ausgiebige Absprachen hinsichtlich der Ausrichtung und Konzepterarbeitung zu führen sein.