Westend: Alleen, Villen, Schrebergärten

Westend ist mit 13,53 Quadratkilometern der zweitgrößte Stadtteil im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und hat knapp 41.000 Einwohner. Wer in Westend lebt, spricht gern von einem schönen Stadtteil, von einem grünen, lebenswerten Umfeld. Und das ist nicht übertrieben. Springen wir hinein in die Geschichte Westends und beginnen am Theodor-Heuss-Platz, der „gefühlten“ Mitte des Viertels.

Mahnmal und Brunnen auf dem Theodor-Heuss-Platz, 12.6.2010, Foto: KHMM

Theodor-Heuss-Platz – öffentlich und politisch

Schön ist der Theo, wie der Platz von den Anwohnern genannt wird, wirklich nicht. Vom Verkehr umtost, laut. Kein Ort, um lange zu verweilen. Oder doch? Der Blick über den Kaiserdamm hinunter ist beeindruckend. Immerhin liegt der Theo auf einer kleinen Anhöhe, 25 Meter hoch. Bei gutem Wetter ist in weiter Ferne das Rote Rathaus, der Sitz des Berliner Senats zu erkennen.
Der Platz wurde 1908 als Schmuckplatz angelegt und erhielt den Namen Reichskanzlerplatz. Anfangs war er noch unbebaut. Lediglich zwei U-Bahneingänge befanden sich dort. 1933 wurde der Platz umbenannt und hieß bis 1945 Adolf-Hitler-Platz. Die Nationalsozialisten planten umfangreiche Umbauten. Monumentale Kolonnaden sollten den Platz „einrahmen“ und ein überdimensioniertes Denkmal sollte genau in der Mitte gebaut werden. Die Pläne wurden allerdings nie realisiert. Nach dem 2. Weltkrieg bekam der Platz seinen alten Namen zurück, den er bis zum Dezember 1963 behielt. Kurz nach dem Tod des ersten Bundespräsidenten wurde er in Theodor-Heuss-Platz umbenannt.
Theodor Heuss war es auch, der im September 1955 die „ewige Flamme“ entzündete. „Freiheit – Recht – Frieden“ werden auf dem Sockel angemahnt. Ein Appell so aktuell wie vor fast siebzig Jahren. Das Mahnmal war eine Initiative der deutschen Vertriebenenverbände und die Flamme sollte nur bis zur Wiedervereinigung Deutschlands brennen und dann erlöschen. Was am 3. Oktober 1990 auch geschah. Im Dezember 1990 wurde die Flamme erneut entzündet, nunmehr zur Mahnung an die Verwirklichung der Menschenrechte.
Vor einigen Jahren kam es hier zu einem kleinen Zwischenfall, der die Polizei auf den Plan rief. Ein wohnungsloser Mann hatte sich an der ewigen Flamme sein Mittagessen warm gemacht. Er durfte „zu Ende kochen“.

Haus des Rundfunks

Haus des Rundfunks, Messegelände

Gleich um die Ecke vom Theodor-Heuss-Platz, nur ein paar Schritte die Masurenallee hinunter, steht das Haus des Rundfunks, das 1931 mit den Worten „Das Schiff ist klar zur Fahrt“ eröffnet wurde. Mediengeschichte wurde hier geschrieben. Das Radio trat seinen Siegeszug an, denn: „(…) ist es doch mithilfe des Radios möglich geworden, Nachrichten im Bruchteil einer Sekunde über die ganze Erde zu verbreiten. Die ethischen Aufgaben des Radios krönt als Leitsatz das hohe Ziel: Schafft dem Menschengeist neue Wege“, sagte 1924 der Radiopionier Hans Bredow.
Das Haus des Rundfunks steht seit 1958 auf der Liste der Baudenkmäler Berlins. Mit gutem Grund. Der Gebäudekomplex war zur Zeit seiner Erbauung ein Meilenstein in der Geschichte der Rundfunkhäuser in Europa. Entworfen hat es ein Vertreter der Klassischen Moderne, der Architekt Hans Poelzig. Seine Idee: Drei Sendesäle wurden in der Gebäudemitte platziert, vom Straßenlärm abgeschirmt durch Bürotrakte und Produktionsstudios. Ideale Bedingungen für die Radiomacher bis heute. 156 Meter lang ist die Hauptfront des Funkhauses aus glasierten Keramikplatten. Zwei Gebäudeflügel schwingen leicht nach hinten und bilden ein stumpfes Dreieck. Aus der Vogelperspektive betrachtet, sieht das Haus des Rundfunks tatsächlich aus wie der Bug eines Schiffes.
Der Funkturm stand schon, als die Bauarbeiten an der Masurenallee begannen. Er überragt das Messegelände. 150 Meter ist er hoch, 600 Tonnen schwer. Seine Stahlkonstruktion entstand nach Plänen des Architekten Heinrich Straumer, der den Turm auf einer Grundfläche von gerade mal 20 mal 20 Meter errichtete. Als Sendemast ging er 1926 anlässlich der 3. Großen Funkausstellung in Betrieb. Und schon damals bekam der Funkturm von den Berlinern seinen Spitznamen. Sie nannten ihn „Langer Lulatsch“. Was so viel bedeutet wie: groß, lang und schlaksig.

Theodor-Heuss-Platz von oben

Reichsstraße – Flair und Schaufensterbummel

Sieben Querstraßen hat der Theodor-Heuss-Platz. Eine davon ist die Reichsstraße, der Boulevard von Westend, die zentrale Einkaufsmeile. 1906 erhielt sie, zum Gedenken an die Reichsgründung 1871, ihren Namen. Davor hatte die Straße nur eine Nummer: 7a. Gut zwei Kilometer ist die Reichsstraße lang. Sie beginnt am Theodor-Heuss-Platz und mündet hinter dem Brixplatz in den Spandauer Damm.
Shopping in Westend ist bodenständiger als am Kurfürstendamm und viel unaufgeregter als in der wuseligen Charlottenburger Wilmersdorfer Straße. Viele Läden auf der Reichsstraße sind alt eingesessene Traditionsgeschäfte, die bereits seit einem halben Jahrhundert oder länger am Ort sind und die sich bislang noch gegen steigende Mieten und Gentrifizierung wehren konnten. Dass das so ist, ist der Verdienst der Interessengemeinschaft Reichstraße, in der sich viele der Geschäftsleute organisiert haben, mit dem Ziel, das besondere Flair der Straße zu erhalten. Denn nicht umsonst ist hier im „Alltäglichen das Besondere“ zu finden.

Villenkolonie Westend – eine feine Gegend

„Es führte keine Fahrverbindung dorthin. Der Wald lag unserem Haus gegenüber und die Abendsonne stand über den Kiefern brennend rot“, so beschreibt die bekannte Berliner Malerin Sabine Lepsius ihr neues Domizil in Westend. Im Jahr 1900 zog sie mit ihrer Familie in die Ahornallee 30. In die Villenkolonie.
Die Geschichte von Westend begann im Mai 1866. Der Unternehmer Albert Werkmeister gründete die „Commandit-Gesellschaft auf Aktien“, um ein ca. 100 Hektar großes Areal am Rande des Grunewalds zu erwerben. Hier sollte nach dem Vorbild des Londoner Westends ein Stadtteil für „wohlhabende Bürger“ entstehen, die die Lage westlich der Metropole Berlin mit ihrer guten Luft schätzten. Von Kaiser Wilhelm I. stammt das Zitat, dass es sich in Westend „Gut atmen lasse (…)“, was sicherlich eine richtige Feststellung war. Denn in Berlin herrscht überwiegend Westwind, der den Rauch der Fabrikschlote Ende des 19. Jahrhunderts Richtung Osten pustete. Ein Quartier sollte entstehen mit großbürgerlichen Villen, gepflegten Gärten und einem eigenen Abwassersystem. Extra für die Villenkolonie wurde das Wasserwerk am Teufelssee errichtet, das älteste, heute noch erhaltene Wasserwerk Berlins.
Das Terrain wurde in 400 Grundstücke parzelliert, die im Schnitt 800 Quadratmeter groß waren. Wie ein Schachbrett durchziehen 12 Alleen die Villenkolonie, die alle nach Baumarten benannt sind: Kastanienallee, Ulmenallee, Ahornallee, Eichenallee …
Allerdings verflog die anfängliche Euphorie der Bauunternehmer schnell. Denn der Deutsch-Österreichische Krieg verzögerte den Baubeginn. Nach dem Börsencrash von 1873 geriet auch die „Commandit-Gesellschaft“ in finanzielle Schwierigkeiten. Von 400 Grundstücken war noch nicht mal die Hälfte verkauft.
Als 1877 der Ringbahnhof Westend eröffnet wurde, kam das Baugeschehen wieder in Schwung. Doch erst als eine U-Bahn bis nach Westend fuhr, avancierte das Viertel ab 1908 zum bevorzugten Wohngebiet.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden viele Grundstücke geteilt und Villen abgerissen. Das Erscheinungsbild veränderte sich und mit ihm die Einwohnerschaft. Aber: Alt-Westend oder „die Alleen“, wie die Villenkolonie auch genannt wird, blieb eine gute Adresse. Auch für zahlreiche Botschaften, Konsulate und Residenzen, die dem Viertel den Beinamen „Diplomatenviertel Westend“ einbrachte. Das sorgt für internationales Flair.

Ahornallee – städtebauliche Eigenarten

Alt-Westend ist eine der ältesten Berliner Villenkolonien, für die seit 1985 eine Erhaltensverordnung zum „Schutz der städtebaulichen Eigenart“ gilt. Sie soll den Bestand der Villen, Jugendstilhäuser und Fachwerkbauten sicherstellen, denn viele Gebäude weisen bauliche Besonderheiten auf, wie das Landhaus an der Ahornallee 33, eine der am besten erhaltenen Villen in Westend. Besonders die Fassade mit ihren Schmuckelementen fällt auf. Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs ließ sie der Berliner Rechtsanwalt J. Kallmann vom Architekten Carl Stahl-Urach errichten, der auch das Haus Vaterland, den Vergnügungstempel der 1920er-Jahre am Potsdamer Platz, baute.
Die Villa Kallmann beherbergt heute die Katholische Schule Liebfrauen, 1926 von Bernhard Lichtenberg gegründet, der zu dieser Zeit Pfarrer der Herz-Jesu-Kirche in Charlottenburg war. 1941 schlossen die Nationalsozialisten die Schule, Bernhard Lichtenberg wurde verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er gehörte zu den katholischen Geistlichen, die sich offen gegen die Nazis stellten. Er protestierte gegen die systematische Ermordung geistig und körperlich behinderter Menschen, betete sonntags öffentlich für die Verfolgten gleich welchen Glaubens. Bernhard Lichtenberg starb auf dem Transport in das Konzentrationslager Dachau. 1996 wurde er seliggesprochen.

Blick über Branitzer Platz

Branitzer Platz – Prominenz am angegebenen Ort

Kreisrund. Durchmesser: 100 Meter. Alter Baumbestand. Kastanien ringsherum. Attribute, die den Branitzer Platz auszeichnen, der fast in der Mitte der Villenkolonie liegt. Schon bei den ersten Planungen von Westend war ein zentraler Platz vorgesehen. Viel größer sollte er werden. Oval statt rund und bebaut mit einer Kirche und einer Schule. Sein Name: Kirchplatz.
Die Pläne wurden verworfen. Ein „Schmuckplatz“ entstand, es wurden Flieder und Rotdorn in der Mitte der Rasenfläche gepflanzt, am Rand Rosenrabatten. Ganz so üppig wie vor über hundert Jahren sieht es heute allerdings nicht mehr aus.
Aus Kirchplatz wurde der Branitzer Platz, benannt nach Branitz bei Cottbus, wo der preußische Landschaftsarchitekt Fürst Pückler einen berühmten Park anlegen und ein Schloss bauen ließ.
Der Branitzer Platz ist eine kleine Oase. Kaum Autos, keine Cafés, keine Restaurants. Ungestörte Ruhe. In unmittelbarer Nachbarschaft wohnten Prominente: Am Branitzer Platz 1 lebte der Berliner Verleger und Galerist Bruno Cassirer, in der Kastanienallee 34 Alfred Braun, der erste Rundfunksprecher Deutschlands. Marlene Dietrich wohnte einige Jahre um die Ecke, an der Akazienallee. Der Schauspieler Curd Jürgens ist ganz in der Nähe aufgewachsen. Großbürgerliche Häuser rahmen den Platz ein. Ein Blick über den Gartenzaun lohnt. Nur das Haus Branitzerplatz 3 passt nicht so recht in die gepflegte Umgebung. Seit Jahren steht es leer. Im April 2020 besetzten junge Leute das Gebäude. Ihre Forderung: Aus dem Haus soll ein Jugendzentrum werden. Doch das weitere Schicksal dieser Villa ist unklar.

Ulme 35

Ulmenallee 35 – ein besonderes Stadtteilzentrum

„Projekte. Gefühle. Menschen. Politik. Jedes Mal wenn ich hier bin in diesem Haus, lerne ich was Neues.“ Das sind nur einige Aussagen von Ehrenamtlichen, Mitarbeitern und Besuchern der „Ulme 35“, wie das interkulturelle Stadtteilzentrum in Westend heißt, benannt nach der Hausnummer in der Ulmenallee.
Selbst aktiv werden, wird in der „Ulme 35“ großgeschrieben. In der offenen Atmosphäre, die im Haus herrscht, werden viele neue Projekte angeschoben, für Frauen, für Kinder und besonders für Flüchtlingsfamilien, die Hilfe brauchen.
„Ulme 35“ ist eine einladende alte Villa mitten in einem großen, schönen Garten. Menschen aus Syrien, Afghanistan, aus dem Irak oder der Ukraine treffen sich hier mit Menschen aus Westend und anderswo. Es gibt ein offenes Atelier, einen Chor, Ausstellungen und Lesungen. „Nur wenn wir miteinander reden, uns gegenseitig zuhören, verstehen wir einander.“ Den Satz hört man oft in der „Ulme 35“.
Das Haus wurde 1896 für die „Weilersche Kuranstalt für Nervenleidende und Morphinisten“ erbaut. Mit Luftbädern und Hypnose wurde geworben und die Lage der Kuranstalt damals mit den Worten gepriesen: „sie ist in landschaftlicher wie in klimatisch, hygienischer Beziehung eine denkbar günstige“. Auf dem Gelände befand sich außerdem die Nervenheilanstalt Charlottenburg, die als „Privat-Irrenanstalt“ gegründet wurde und aus der später die „Kuranstalten Westend“ hervorgingen.
Anfang der 1950er Jahre übernahm die Freie Universität die Kuranstalten, aus denen eine Psychiatrische Klinik wurde, die 2015 an den Campus Benjamin Franklin umzog. Das Bettenhaus der ehemaligen Klinik wurde zur Unterkunft für geflüchtete Menschen.
Als Anwohner Flugblätter in ihren Briefkästen fanden, auf denen dazu aufgerufen wurde, sich gegen die Unterbringung von Geflüchteten in der Nachbarschaft zu wehren, wurden Nachbarn und Ehrenamtliche der Initiative „Willkommen in Westend“ aktiv. Sie entwickelten Konzepte für die alte, 15 Jahre lang leerstehende Villa in der Ulmenallee 35. Im November 2015 wurden aus den „Kuranstalten Westend“ die „Interkulturanstalten Westend e. V.“. Im März 2017 war Schlüsselübergabe und die „Ulme 35“ konnte durch die Förderung des Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf ihre Türen öffnen. Seit 2023 ist sie Stadtteilzentrum.

U2 Neu-Westend, Portal

Der U-Bahnhof Westend und Neu-Westend

Wer vom Stadtteilzentrum „Ulme 35“ immer geradeaus die Ulmenallee entlang läuft, die Kirschenallee überquert und links in die Bolivarallee einbiegt, hat Alt-Westend hinter sich gelassen. Angekommen am Steubenplatz, unterscheidet sich das Straßenbild deutlich von den schachbrettartig angelegten Alleen und ihren Villen. Hier dominieren vierstöckige Gebäude das Straßenbild. Reihenhäuser im Stil der Neuen Sachlichkeit stehen in der Westendallee, ganz in der Nähe vom Steubenplatz.
Um 1900 war die Bebauung von Alt-Westend weitgehend abgeschlossen. Neu-Westend entstand. An der Erschließung des neuen Wohngebiets war maßgeblich die Neu-Westend Aktiengesellschaft für Grundstücksverwertung beteiligt. Sie kaufte ein 134 Hektar großes Terrain, auf dem sich unter anderem die Trabrennbahn Westend befand. Nicht nur Pferderennen, auch erste Autorennen wurden dort ausgetragen. Als die Rennbahn Grunewald öffnete, wurde die Trabrennbahn geschlossen.
Doch bis rechts und links der Reichsstraße, zwischen Theodor-Heuss- und Brixplatz ein neues Wohngebiet entstand, dauerte es noch einige Jahre. Erst die U-Bahn brachte den Erfolg. Denn die Neu-Westend-AG schloss mit der Hochbahngesellschaft einen Vertrag mit der Vorgabe, einen U – Bahnhof zu bauen.
Am 20. Mai 1922 konnten die ersten Fahrgäste am Bahnhof Neu-Westend ein- und aussteigen. Es ist ein sehr schlichter Bahnhof. Die Wände sind mit grünen Keramikpaneelen verkleidet. Ein Hingucker ist der Bahnhofseingang aus Muschelkalk, Säulen und Laternen. Er ist ein Recycling-Produkt und wurde eigentlich für den U-Bahnhof Nollendorfplatz gebaut, der 1926 einen Neubau bekam. Für den alten Eingang hatte man keine Verwendung mehr. Man baute ihn kurzerhand ab und am Bahnhof Neu-Westend wieder auf.

Steubenplatz Reiterskulptur

Steubenplatz – Geschichte und Geschichten

Der Steubenplatz markiert die Mitte der Reichsstraße. Um 1930 wurde er angelegt und nach dem preußischen General von Steuben benannt. Als der amerikanische Unabhängigkeitskrieg ausbrach, schloss sich von Steuben 1777 der amerikanischen Kontinentalarmee an und nahm am Freiheitskampf der Amerikaner gegen die Engländer teil.
Fast vergessen ist das Filmtheater am Steubenplatz: das Puck-Kino, an der Straßeneinmündung Ebereschenallee. 1939 wurde es eröffnet. Nach dem 2. Weltkrieg war es ein britisches Truppenkino und zeigte bis 1952 vorwiegend englischsprachige Filme. Seit Ende der 1960er Jahre ist das ehemalige Puck-Kino ein Supermarkt.
Fast vergessen ist auch eine Kultserie, die in den 1980er-Jahren für das Fernsehen produziert wurde und traumhafte Einschaltquoten erreichte: „Drei Damen vom Grill“. Am Steubenplatz Ecke Bolivarallee stand ihr Imbisswagen. Nicht nur hier, auch gegenüber in der Westend-Klause wurden Szenen für die Serie gedreht.
Unübersehbar ist „Der Sieger“, die Reiterskulptur auf der Mittelinsel. Der Bildhauer Louis Tuaillon schuf sie für den Berliner Bankier Hans Arnhold, der die Skulptur 1902 im Garten seiner Wannsee-Villa aufstellen ließ. Seit 1961 steht sie am Steubenplatz. Wohin reitet der nackte Jüngling? In Richtung Olympische Straße – und die führt zum Olympiastation.

Olympiastadion

Olympiastadion – Wahrzeichen mit Geschichte

Das Areal um das heutige Stadion wurde schon in der Kaiserzeit für Sportveranstaltungen genutzt. 1909 gab es hier die Pferderennbahn Grunewald, vier Jahre später wurde das „Deutsche Stadion“ gebaut, das für Olympia 1916 genutzt werden sollte. Die Olympischen Spiele fielen aus. Grund war der 1. Weltkrieg.
Als das Internationale Olympische Komitee den Austragungsort der Sommerspiele 1936 auf Berlin festlegte, sollte eigentlich das Poststadion in Berlin-Moabit ausgebaut werden. Doch dann beschloss Adolf Hitler, ein neues Stadion für 100.000 Zuschauer bauen zu lassen. Das Olympiastadion wurde zu den Sommerspielen 1936 eröffnet, die zu einem großen Propaganda-Spektakel wurden. Für die Fußball-WM 2006 baute man das Stadion um, es wurde modernisiert und überdacht. Hier fand übrigens das WM-Finale 2006 statt. Italien wurde Weltmeister. Und seit 1985 gilt der Ruf: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“… zum DFB-Pokalfinale im Olympiastadion.

Gedenktafel Ringelnatz

Brixplatz Nr. 11 – die Nachtigall vom Sachsenplatz

In diesem Haus lebte Joachim Ringelnatz, der Verfasser skurril-grotesker Nonsens-Gedichte. Ringelnatz war sein Künstlername, als Hans Bötticher wurde er in Wurzen, in Sachsen, geboren. Ringelnatz: So heißt in der Seemannssprache das Seepferdchen. Zur See fahren, Matrose werden, war der absolute Traumberuf von Joachim Ringelnatz. Die Realität sah allerdings anders aus. Aber mit der Kunstfigur Kuddel Daddeldu, dem knurrigen Matrosen, wurde er auf den Kleinkunstbühnen ein gefeierter Star. Wild waren seine Shows. Er schrie, sang und zertrümmerte auch mal Stühle. Das Publikum war begeistert. Ein Kritiker schrieb im November 1930: „Jeden Abend kann man in der Nähe der Gedächtniskirche ein Wunder erleben, sehen und hören, die allerseltenste und allerkostbarste Spezies der Gattung Mensch: einen Dichter, einen ganz großen Dichter.“
Im Februar 1930 zog Ringelnatz nach Neu-Westend und dichtete: „Nach Berlin, nach Berlin, umzuziehen – wie das lockt!! – ich verdumpft, ich, verstockt und verstumpft, habe endlich mich auf den Kopf gestellt.“ Ganz oben wohnte er mit seiner Frau Leonarda, die er liebevoll Muschelkalk nannte. Es gefiel ihm am Sachsenplatz, wie der Brixplatz damals hieß. Er liebte den Gesang der Nachtigallen und schrieb dazu ein Gedicht, an das heute eine Tafel an der Mauer des Brixplatzes erinnert.
1933 setzten die Nationalsozialisten Ringelnatz auf die „Schwarze Liste der meistgehassten Schriftsteller“, seine Bühnenauftritte wurden zur „Abwehr kommunistischer, staatsgefährdender Gewaltakte“ verboten. Das bedeutete für ihn das Ende seiner beruflichen Existenz. Ringelnatz geriet in bitterste wirtschaftliche Not. Er wurde unheilbar krank und starb hier in diesem Haus am 17. November 1935. Er wurde 51 Jahre alt. Begraben ist er auf dem Friedhof an der Heerstraße.

Brixplatz

Brixplatz – immer montags von 10 bis 12 Uhr

An der Endhaltestelle der Buslinie 143 in der Reichsstraße ist einer der Eingänge zum Brixplatz, der eigentlich ein Park ist. „Eine Idylle“, schwärmte neulich der Busfahrer. 1947 wurde der Platz von Sachsenplatz in Brixplatz umbenannt und erinnert seitdem an Josef Brix, Stadtplaner und Rektor der Technischen Hochschule Charlottenburg.
„Kommen sie mit!“ Silke Klasen lädt zu einem Rundgang durch den Park. Sie ist Garten- und Landschaftsplanerin und eine der zehn Ehrenamtlichen der „Parkinitiative Brixplatz“, die seit nunmehr 20 Jahren den Park pflegen. Keine leichte Aufgabe. Hundekot mitten auf den Wegen, herausgerissene Blumen, Plastikmüll in den Büschen, Graffiti auf alten Mauern. „Manchmal sind wir nur damit beschäftigt, den Dreck wegzuräumen“, sagt Silke Klasen.
Im Bebauungsplan für Neu-Westend war 1909 zwischen Reichsstraße und Westendalle eine Kiesgrube verzeichnet, die in eine Grünfläche umgewandelt werden sollte. Die Gestaltung übernahm Charlottenburgs Gartendirektor Erwin Barth. Er schuf einen artenreichen märkischen Landschaftspark mit drei Teichen und einem Botanischen Lehrgarten. Außerdem ließ Barth einen Felsen aus Rüdersdorfer Kalk anlegen, aus dem ein Wasserfall sprudelte. Ein Pavillon und ein Spielplatz wurden gebaut. Nach Barths Vorstellungen sollten die Besucher den unteren Teil des Parks nicht betreten, um das Ökosystem nicht zu stören. Doch 1960 wurde die Senke für die Besucher geöffnet. „Und das bedeutete eine empfindliche Störung im inneren Bereich“, erzählt Silke Klasen.
Als der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 2003 die Pflege des Lehrgartens aus personellen und finanziellen Gründen aufgeben musste, gründete sich die Parkinitiative Brixplatz. „Immer montags von 10.00 bis 12.00 Uhr treffen wir uns am Lehrgarten.“

Spandauer Damm – Kleingärten statt Bauland

Bürgerschaftliches Engagement wird in Westend großgeschrieben. Ohne die „InterKulturanstalten Westend e. V.“ gäbe es das Stadtteilzentrum „Ulme 35“ nicht. Ohne die Ehrenamtlichen der „Parkinitiative Brixplatz“ würde der Park nach und nach seine besondere Atmosphäre verlieren.
Und ohne die „Bürgerinitiative Ruhwald e. V.“? „ … wäre eine wichtige Frischluftschneise, die das Stadtklima verbessert, unwiederbringlich zerstört“, betont Sven Born, der 1. Vorsitzende der Bürgerinitiative.
Man muss vom Brixplatz nicht weit laufen, um zum großen Kleingartengelände am Spandauer Damm zu gelangen. Einfach die Meinigenallee geradeaus.
Die Ruhwaldkolonien erstrecken sich vom Ruhwaldpark bis zum Krankenhaus Westend und vom Spandauer Damm bis hinunter zur Spree: 1500 Kleingärten in 10 Kolonien, die Birkenwäldchen, Sonntagsfrieden oder Wasserturm heißen.
Um 1800 standen hier nur einige Windmühlen, das Koloniegelände war Weideland. Ab 1911 entstanden Arbeitergärten. „Schon meine Großeltern hatten einen Garten. Das prägt und macht sensibel für die Natur und die Umwelt“, sagt Sven Born. Er hat sich Hartmut Matthei eingeladen, einen der Mitbegründer der Bürgerinitiative. 1972 wurden 1.400 Kleingärtnern gekündigt, auf dem Gelände sollten mehr als 4.000 Wohnungen gebaut werden. „1973 haben wir die Bürgerinitiative gegründet, um das Naherholungsgebiet zu erhalten. Gutachter bescheinigten die stadtklimatische und ökologische Bedeutung des Geländes. Und wir schafften, dass sich mehr als 40.000 Berliner mit ihrer Unterschrift für den Erhalt der Kolonien aussprachen“, sagt Helmut Matthei. „Wir verhandelten jahrelang und haben es letztendlich geschafft, dass ganz Ruhwald heute kein Bauland mehr ist.“

Route Westend

Route Westend

Den Stadtspaziergang gibt es auch auf komoot. Weitere Informationen sind auf der Webseite von komoot zu finden.