194. Kiezspaziergang

Vom Rathaus Schmargendorf bis zum Kunstbunker

Kartenskizze 194. Kiezspaziergang

Mit Bezirksbürgermeister Naumann

Treffpunkt: Berkaer Platz / Rathaus Schmargendorf
Länge: 1,4 km

Herzlich willkommen zu unserem 194. Kiezspaziergang. Er führt uns durch die Berkaer Straße an der Carl-Orff-Grundschule und dem Haus Wilmersdorf der Vivantes Hauptstadtpflege vorbei. Nachdem wir den Hohenzollerndamm überquert haben, biegen wir in die Plöner Straße und gehen zum Jugendclub Plöner Straße, wo uns Herr Köster begrüßen wird. Danach halten wir am ehemaligen Standort der Synagoge Grunewald in der Franzensbader Straße. Der Höhepunkt des Februarspaziergangs ist der Besuch des Kunstbunkers, wo uns Herr Yong-Ha Kim empfangen wird. Zudem möchte ich Ihnen ganz herzliche Grüße von Frau Lehmann ausrichten, die ich an ihrem 102. Geburtstag am 14. Januar besucht habe.
Doch bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen Tag und Ort des Kiezspaziergangs im März mitteilen. Wir treffen uns am Samstag, den 10.3.2018, um 14 Uhr vor dem ehemaligen Rathaus Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz und gehen von dort zum Leon-Jessel-Platz. Traditionell beschäftigt sich der Spaziergang im März mit den Frauen in unserem Bezirk.
Eine weitere Station wird deshalb das UCW, das Unternehmerinnen-Centrum West in der Sigmaringer Straße 1, sein, wo wir von der neuen Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks, Frau Lück, und von Franziska Becker, der Vorstandsvorsitzenden des UCW, mit Tee empfangen werden. Dort befindet sich auch das Atelierhaus, in dem Künstler und Künstlerinnen kreativ sind. A propos kreativ: „CW“ steht für Charlottenburg-Wilmersdorf, aber auch für „Creative World“, unsere erfolgreiche Standortkampagne, die wir ständig fortsetzen. Wir gehen dann an der Feuerwache Wilmersdorf und dem Goethe-Gymnasium vorbei und biegen in die Uhlandstraße ein. Enden wird der Kiezspaziergang an der ehemaligen Revierunterkunft im Volkspark Wilmersdorf, wo ein Treffpunkt mit vielen Angeboten entsteht. Holger Michel, Vorstandsvorsitzender des Vereins Nachbarschafft e.V., wird die Kiezspaziergänger und –gängerinnen in die Pläne des Vereins einweihen.

194. Kiezspaziergang, Rathaus Schmargendorf

Station 1: Berkaer Platz

Station 1.1: Berkaer Platz / Herkunft des Namens
Wir sind hier auf dem Berkaer Platz. Er ist nach dem Kurort Bad Berka in Thüringen benannt. Der Name Berka bedeutet soviel wie Stadt der Birken am Wasser. Bad Berka hat knapp 8000 Einwohner und zahlreiche Kur- und Reha-Kliniken. Hier in dieser Gegend sind viele Straßen nach Badeorten benannt, wie wir gleich noch feststellen werden.

Station 1.2: Rathaus Schmargendorf
Der Name Schmargendorf entstand aus Margrevendorf, was hochdeutsch Markgrafendorf bedeutet und auf die Besitzverhältnisse hinweist. Der Ort erhielt 1899 den Status eines selbstständigen Amtsbezirks mit etwa 2.000 Einwohnern und Einwohnerinnen. 1900 ließ die inzwischen auf 3.000 angewachsene Einwohnerschaft das neue Rathaus bauen. Finanziert wurde der Bau vor allem durch die Umsatzsteuer auf Grundstücksverkäufe der Bauern für den Ausbau des Hohenzollerndamm.

Der Hohenzollerndamm, zu dem wir noch kommen werden, sollte wie der Kudamm ein breiter, prächtiger Boulevard werden.

Das neue, für eine Gemeinde von 3.000 Einwohnern mehr als stattliche Rathaus ist im Stil der märkischen Backsteingotik erbaut, enthält aber auch Jugendstilelemente. Architekt war Otto Kerwien. Kerwien beabsichtigte dem Gebäude ein „malerisches“ Aussehen zu geben. Hierfür versah er das Gebäude mit zahlreichen Giebeln, Türmen und Zinnen. Der Bau steckt voller Zitate aus der Profanarchitektur aus Stendal, Brandenburg, Neubrandenburg und Tangermünde. So finden sich am Uenglinger Tor der Stendaler Stadtbefestigung neben der gleichen Turmgestaltung auch bereits die weiß verblendeten Giebel, die schief liegenden verblendeten Wappenfelder und der Einsatz von Formsteinen.

Die Baukosten sollten 200.000 Mark betragen, waren aber bei Eröffnung des Rathauses 1902 wegen der Inflation und den vielen Verschönerungswünschen auf das Doppelte gestiegen, was in heutiger Währung ungefähr € 2,5 Millionen wären.

Der 108 Quadratmeter große Ratssaal wird seit 1920 als Trausaal genutzt. Er erstreckt sich mit einer Höhe von neun Metern über das erste und zweite Obergeschoss. Zahlreiche Prominente haben hier geheiratet: Ernst Lubitsch, Albert Einstein, Romy Schneider und Harald Juhnke, um nur einige zu nennen. Auch ich und mein Mann haben sich hier das Ja-Wort gegeben.

Außer dem Trausaal befindet sich heute im Rathaus die Musikschule, die Staatsangehörigkeitsbehörde und die Adolf-Reichwein-Bibliothek, die nach dem Pädagogen und Widerstandskämpfer Adolf Reichwein benannt ist. In der Paul-Hertz-Siedlung ist eine Straße nach Adolf Reichwein benannt, so dass sich dadurch ein Bogen zwischen Charlottenburg und Schmargendorf spannen lässt. Die Bibliothek wurde ab 1952 von Hertha Block aufgebaut, die im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller aktiv war und im SA-Gefängnis Papestraße inhaftiert worden war. Bisher ist die Adolf-Reichwein-Bibliothek auf verschiedenen Geschossen untergebracht. Die Kinder- und Erwachsenenbereiche werden zur Zeit als Familienbibliothek in den Räumen des ehemaligen Ratskellers zusammengelegt. Die Umbauplanung wurde in Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt erarbeitet.

So werden insbesondere alle Originalornamente im Bereich der Gewölbesäulen durch die Diplomrestauratorin Katharina Sprondel freigelegt. Derzeit sind die Rohbauarbeiten so gut wie abgeschlossen und die Elektroinstallation beginnt.

Die Räume werden barrierefrei über einen Plattformlift erschlossen. Auch die WC-Anlagen sind behindertengerecht geplant. Die Baumaßnahme wird im Rahmen der Sondermittel Wachsende Stadt II durchgeführt und kostet € 200.000. Die Bauarbeiten sollen Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Wenn wir nun gleich am Rathaus vorbei in die Berkaer Straße gehen, achten Sie auf den Außenaufzug, der 2017 angebaut wurde. Dadurch ist es erstmals möglich die Räumlichkeiten des Standesamtes für Trauungen auch per Rollstuhl zu erreichen. Zusammen mit der behindertengerechten Sanierung der WC-Anlagen betrugen die Kosten € 700.000. Im Mai 2014 wurde unser Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention verabschiedet, in dem wir der Barrierefreiheit einen hohen Stellenwert einräumen.

Wir gehen nun in die Berkaer Straße und treffen uns vor der Carl-Orff-Grundschule wieder.

Station 2: Berkaer Straße 9-10

Station 2.1: Berkaer Straße 9-10 / Carl-Orff-Grundschule
Die Carl-Orff-Grundschule wurde 1911 bis 1913 von Alfred Solbach erbaut. Alfred Solbach wurde 1874 geboren und starb 1938. Er baute auch das Gebäude in der Kranzer Straße 3 hier in der Nähe, in dem sich seit dem Schuljahr 2010/2011 die Sekundarschule Wilmersdorf, vormals Marienburg-Oberschule, befindet.

Das Gebäude der Carl-Orff-Grundschule wurde zuerst vom Goethe-Lyzeum und danach von der Oberrealschule und dem Reformgymnasium genutzt. Das dreiteilige Bauensemble besteht aus einem dreigeschossigen Klassentrakt, an den sich südlich Aula und Turnhalle, nördlich das zweigeschossige Lehrerwohnhaus anschließen. Die Bildhauerarbeiten sind von Hans Schellhorn.

Der Baustil vereinigt Elemente der beginnenden Moderne und des romantischen Klassizismus. Das Schulhaus steht unter Denkmalschutz.

Heute beherbergt das Gebäude die Carl-Orff-Grundschule, die nach dem deutschen Komponisten und Musikpädagogen Carl Orff benannt ist. Carl Orff wurde im Juli 1895 in München geboren und starb dort 1982. Orff erhielt ab 1900, also mit fünf Jahren, Klavier-, Cello- und Orgelunterricht. Im selben Jahr erschien auch seine erste Komposition. Grundlage seiner späteren pädagogischen Arbeit bildete die Idee, das musikalisch-rhythmische Gefühl aus der Bewegung heraus zu entwickeln. Daraus entwickelte er ein neues Modell für Musik- und Bewegungserziehung: das Orff-Schulwerk. Die Kinder sollten durch eine musikalische Erziehung auch zu sich selbst finden. So werden seine Lehren bis heute auch in der Heilpädagogik eingesetzt. Sein bekanntestes Werk ist die szenische Kantate Carmina Burana, ein Musikstück, das 24 Texte aus der gleichnamigen mittelalterlichen Handschrift vertonte.

Auch bei anderen Werken griff er auf literarische Vorlagen zurück, insbesondere von Aischylos, Catull, Hölderlin und den Brüdern Grimm.

Die Carl-Orff-Grundschule ist eine Halbtagsschule mit offenem Ganztagsangebot. Auch das jahrgangsübergreifende Lernen (JÜL) ist fest verankert. Schwerpunkt der Schule ist Musik. Es gibt einen Schulchor, ein Orchester und ein Gitarrenensemble. Regelmäßig finden Konzerte, z.B. Hausmusikabende, und Theateraufführungen statt. Einmal im Jahr gibt es eine Benefiz-Veranstaltung für die Partnerschule in Indonesien. Soziales Lernen ist für jede Klasse wöchentlich mit einer zusätzlichen Stunde im Stundenplan integriert. Schüler helfen als Konfliktlotsen ihren Mitschülern beim Lösen von Konflikten auf dem Schulhof. Die Schule beteiligt sich am Projekt Faustlos, einem Programm zum gewaltlosen Miteinander. Lesen ist ein weiterer Schwerpunkt der schulischen Arbeit. Lesenächte und Vorlesestunden aller Lehrerinnen und Lehrer sollen die Kinder motivieren, sich mit Kinder- und Jugendbüchern auseinanderzusetzen.

Die Mensa der Carl-Orff-Grundschule, die zur Auguste-Viktoria-Straße Nr. 57 geht, also hinter dem Gebäude, liegt, wird zur Zeit mit einem etwa 100 m² umfassenden Erweiterungsbau an den Bedarf der wachsenden Stadt angepasst. Die Finanzierung in Höhe von
€ 300.000 erfolgt ebenfalls durch die Sonderförderung Wachsende Stadt II. Die barrierefreie Erweiterung umfasst 2 multifunktional nutzbare Räume sowie einen separaten Raum für Garderobe und Schultaschen. Weiterhin werden die Sanitäranlagen saniert. Derzeit sind die Arbeiten an den Fundamenten abgeschlossen. Im weiteren Bauablauf werden Wände und Dachkonstruktion in Holzrahmenbauweise erstellt. Die Inbetriebnahme der Räume ist für Herbst dieses Jahres geplant.

194. Kiezspaziergang Vivantes

Station 2.2: Berkaer Straße 31-35 / Haus Wilmersdorf Vivantes
Im Haus gegenüber befindet sich heute ein Pflegeheim von Vivantes. Das Gebäude wurde von 1929 bis 1931 gebaut. Architekt war Alexander Beer. Er wurde 1873 in Westpreußen geboren und am 8. Mai 1944 in Theresienstadt ermordet.

Beer war Leiter des Bauamtes der Jüdischen Gemeinde und schuf in dieser Funktion zahlreiche jüdische Bauten in Berlin, z.B. das Jüdische Waisenhaus in Pankow, die Orthodoxe Synagoge am Fraenkelufer in Kreuzberg, die Synagoge in der Prinzregentenstraße und die Jüdische Mädchenschule in der Auguststraße 11 in Mitte. Das Gebäude auf dem 7000 m² großen Grundstück hatte Zimmer für 180 Bewohner und Bewohnerinnen und einen Betsaal für 300 Personen.

Der Backsteinbau ist durch helle durchgehende Putz- und Fensterbänder horizontal gegliedert. Er verfügt über abgerundete Balkone und ein zurückgesetztes Obergeschoss.

Schräg gegenüber neben dem Haupteingang befindet sich seit 1988 eine Gedenktafel daran:

Dieses Haus wurde 1930 von dem Architekten
Alexander Beer 10.9.1873 – 8.5.1944 als
ALTERSHEIM FÜR DIE JÜDISCHE GEMEINDE ZU BERLIN
erbaut. Es wurde 1941 von der SS beschlagnahmt, die letzten Bewohner
und das Pflegepersonal deportiert und im Konzentrationslager ermordet.
Alexander Beer wurde 1943 ins Konzentrationslager
Theresienstadt deportiert und dort am 8.5.1944 ermordet.

Mit dem Haus Leo Baeck in der Herbartstraße 26 existiert seit 1980 wieder ein Altersheim der jüdischen Gemeinde in Charlottenburg-Wilmersdorf.
Von 1941 bis 1945 befand sich die Spionageabwehr in dem Gebäude. Nach dem Krieg richtete die Britische Armee hier eine Kaserne und ein Offizierskasino ein. 1954 wurde das Haus an das Land Berlin zurückgegeben.

Nach Renovierung und Sanierung wurde in dem Haus eine Außenstelle des Krankenhauses Wilmersdorf untergebracht.

1988 kam es zum Charlottenburger Max-Bürger-Krankenhaus und elf Jahre später wurde es wieder zu einem Altersheim, das seit 2001 von Vivantes betrieben wird. Zwischen 2009 und 2011 wurde das Gebäude für elf Millionen Euro umfassend saniert. Nun bietet das Haus Wilmersdorf Platz für 123 Bewohner in 75 Einzelzimmern und 24 Doppelzimmern.

Wir gehen nun weiter bis zum Hohenzollerndamm, überqueren diesen und treffen uns wieder auf dem Elsterplatz.

Station 3: Elsterplatz

Station 3.1: Hohenzollerndamm / Herkunft des Namens
Wir haben ja gerade den Hohenzollerndamm überquert. Er verbindet die westliche Innenstadt mit dem südwestlichen Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Der Straßenzug wurde bereits um 1875 angelegt und erhielt seine heutige Bezeichnung zu Ehren der Hohenzollern, die von 1701 bis 1918 die preußischen Könige und deutschen Kaiser stellten. 1908 wurde die damalige Preußische Straße innerhalb des S-Bahnringes passend zum bereits existierenden Hohenzollernplatz umbenannt und unter diesem Namen an die damalige Kaiserallee (heute: Bundesallee) angeschlossen. In der Folge wurden die Abschnitte zu einem repräsentativen Straßenzug zusammengeführt. Zu einer Konkurrenz zum Kurfürstendamm konnte der Hohenzollerndamm allerdings nicht werden.

Station 3.2: Elsterplatz / Herkunft des Namens
Der Platz wurde nach der Stadt Bad Elster im Vogtland in Sachsen benannt. Die Stadt ist eines der ältesten Mineral- und Moorheilbäder Deutschlands. Der Platz trägt seinen Namen seit dem 6.3.1891.

Wir gehen nun die Berkaer Straße weiter bis zur Plöner Straße, biegen in diese ein, gehen an dem großen, bezirksamtseigenen Spielplatz-Areal für alle Altersgruppen entlang und treffen uns wieder im Jugendclub in der Plöner Straße 4.

194. Kiezspaziergang, Jugendclub Plöner Straße

Station 4: Plöner Straße 4

Station 4.1: Jugendclub Plöner Straße
Wir sind im Jugendclub Plöner Straße angekommen.

1948 wurde das Gelände mit zwei Arbeitsdienstbaracken von der Englischen Besatzungsmacht an das Jugendamt übergeben. Die damalige Jugendpflege Wilmersdorf fing an, in den Räumen, ein Angebot für Kinder und Jugendliche anzubieten. Das Gelände immerhin 13 000qm groß stand der Jugendarbeit zur Verfügung. Die Anlage wurde als Sportanlage geplant und mit 6000 DM von der Bundessportförderung bezahlt. 1959 wurden dann ein neues Haus und eine neu gestaltete Grünanlage eingeweiht.
2010 wurde dann vom Bezirk eine Verkleinerung des Geländes geprüft. Man wollte es zur Hälfte als Bauland für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Es gab spontan Widerspruch der Kinder und Jugendlichen und der Anwohner.
Da kam der Zufall zur Hilfe. In den Unterlagen fand sich ein Papier, dass das gesamte Gelände als Sportanlage auswies. Es wurde ja 1958 mit Sportmittel gebaut. Sportanlagen dürfen aber nur entwidmet werden, wenn an anderer Stelle eine bessere Anlage gebaut wird. Und deshalb gibt es das Jugendfreizeitheim Plöner Str. noch immer. Im April/Mai 2019 wir das Haus 60 Jahre alt.

Ich begrüße ganz herzlich Herrn Svenne-Lars Köster, der den Jugendclub leitet. Herr Köster wird uns gleich mehr zu Konzeption und Zielgruppe des Jugendclubs sagen.

Vielen Dank, Herr Köster!

Hier noch ein Hinweis zur Herkunft des Straßennamens.

Station 4.2: Plöner Straße / Herkunft des Namens
Die Plöner Straße verläuft von der Egerstraße bis zur Delbrückstraße. Plön ist ein bekannter Kurort in der Holsteinischen Schweiz. Die Straße trägt ihren Namen seit dem 9.11.1911.

Station 4.3: Plöner Straße 1-15
Gegenüber befinden sich Mietwohnungen der Wohnbau GmbH. Die Wohnbau GmbH wurde 1921, in der Zeit der großen Wohnungsnot, als Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Bau von Wohnungen für Festbesoldete gegründet. Ziel war die Errichtung von Wohnungen in [ich zitiere] gesunden und zweckmäßig eingerichteten in eigens erbauten oder angekauften Häusern für Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes. Die Häuser in der Plöner Straße wurden 1941 gebaut.

Nach dem Krieg verlagerte die Wohnbau GmbH ihren Sitz nach Bonn.

Heute bewirtschaftet sie rund 18.000 eigene Mietwohnungen sowie über 4000 Eigentumswohnungen für Dritte. Zudem gründeten die damaligen Gesellschafter 1976 die Stiftung Wohnhilfe, die den Bau und die Unterhaltung von Wohnungen, Heimen usw. für alte, behinderte oder bedürftige Menschen fördert.

Wir gehen nun weiter, biegen rechts in die Delbrückstraße und treffen uns wieder an der Bushaltestelle Franzensbader Straße / Ecke Elgersburger Straße.

194. Kiezspaziergang, Bushaltestelle Franzensbader Straße

Station 5: Franzensbader Straße / Bushaltestelle

Station 5.1: Delbrückstraße / Herkunft des Namens
Die Delbrückstraße führt von der Koenigsallee über die Hubertusallee bis zur Franzensbader und Elgersburger Straße. Sie wurde am 6.3.1891 nach dem Politiker Rudolph von Delbrück benannt, der 1817 in Berlin geboren wurde.

Delbrück vertrat eine liberale Handelspolitik und trug viel zur Erweiterung des Deutschen Zollvereins bei, einem Vorläufer des Deutschen Reiches. Lange Zeit war Delbrück die rechte Hand von Bismarck. Nach der Reichsgründung wurde Delbrück Präsident des Reichskanzleramts. Später überwarf er sich mit Bismarck, da er seine Abwendung vom Freihandel und dessen Sozialpolitik ablehnte. Delbrück starb 1903 in Berlin.

Station 5.2: Franzensbader Straße / Herkunft des Namens
1891 wurde die Straße nach dem böhmischen Badeort Franzensbad benannt, der heute in der Tschechischen Republik liegt. Franzensbad gehört neben Karlsbad und Marienbad zu den drei großen, berühmten böhmischen Bädern.

Station 5.3: Bushaltestelle
An der Franzensbader Straße 9 stand früher die Synagoge Grunewald. Die Firma Wall hat die Bushaltestelle hier mit zwei Plakaten als Gedenkort gestaltet. Ich lese die beiden Texte:

1923 wurde in der Franzensbader Straße 7-8 die Synagoge Grunewald eingeweiht. Der „Synagogenverein Grunewald“ hatte die um 1900 gebaute Villa erworben und zu einer Synagoge mit 400 Plätzen umgebaut. Von außen blieb das ehemalige Tanz- und Ausflugslokal nahezu unverändert. In der Pogromnacht im November 1938 in Brand gesetzt, wurde die Ruine 1941 abgerissen.

In der Weimarer Republik hatte Wilmersdorf mit 13,5% den höchsten Anteil jüdischer Bewohner aller Berliner Bezirke. Seit 1921 kam es hier zur Gründung mehrerer Synagogen. Der „Synagogenverein Grunewald“ richtete in der Delbrückstraße 20 auch eine eigene Religionsschule ein. Rabbiner der Grunewald-Gemeinde war von 1925 bis 1936 Dr. Emil Bernhard Cohn, der sich auch als Schriftsteller einen Namen machte.

Wir gehen nun weiter bis zur Franzensbader Straße 7.

Station 6: Franzensbader Straße 7

Station 6.1: Gedenktafel / Synagoge Grunewald
Am 9. November 1988, also vor 30 Jahren, wurde die Gedenktafel zur Erinnerung an die Synagoge Grunewald enthüllt. Darauf steht:

An dieser Stelle stand einst
die Synagoge Grunewald
umgebaut von B. und O. Neubauer 1923
eingeweiht am 8. September 1923
angezündet und zerstört von
Nationalsozialisten am 9. November 1938
“Mögen von dem neuen Gotteshaus die
edelsten und nachhaltigsten Wirkungen auf die ganze Gemeinde ausgehen”.
Grunewald-Echo 16.9.1923

Dass der Tanzsaal des Franzensbader Gartens zum Betsaal der Synagoge umgebaut wurde, habe ich ja bereits gesagt. Im zweigeschossigen Hauptgebäude wurden zudem Rabbiner-, Vereins- und Sitzungsräume sowie Wohnungen im Ober- und Dachgeschoss untergebracht. Das Gebäude im ländlichen Villenhausstil mit Fachwerk und Holzverzierung wurde äußerlich kaum verändert. Bis zur Zerstörung im November 1938 fanden hier regelmäßig Gottesdienste statt.

In einem Vermerk des Bauamtes von 1940 heißt es [ich zitiere]:

Der Synagogenteil ist bis auf die stehengebliebenen Umfassungswände mit den hohen Fensteröffnungen völlig zerstört; die Holzkonstruktionen des Daches und der Decke sind verbrannt und ins Innere gestürzt. Von dem zweigeschossigen Bauteil ist ein Teil des Daches und des Bodenraumes vom Brand zerstört. Die Räume – Erdgeschoß und Wohnungen sind geräumt, sämtliche Fensterscheiben sind zerschlagen, die Fensterflügel fehlen. Das Grundstück steht unbenutzt. …
Eine Wiederherstellung des Synagogenteils für gewerbliche Zwecke erscheint unwirtschaftlich, da höchstens ein Neuaufbau auf dem vorhandenen Fundament in Frage kommen dürfte. Die Brandruine wirkt stark störend auf das Straßenbild und stellt somit eine das Interesse der Allgemeinheit besonders schädigende Verunstaltung dar.

1941 wurde die Synagoge deshalb abgerissen. Die Wohnhäuser hier stammen aus den 50er-Jahren.

Station 6.2: Franzensbader Straße 1-6
Die Miethausgruppe, an der wir gleich vorbeigehen, wurde zwischen 1913 und 1915 gebaut. Architekt war Max Welsch.

Wir gehen nun in den Kunstbunker. Dazu laufen wir vor zum Hohenzollerndamm, überqueren diesen, wenden uns dann nach links und gehen bis zur Hausnummer 120, wo sich auf dem Hof der Eingang zum Kunstbunker befindet.

194. Kiezspaziergang, Kunstbunker

Station 7 : Hohenzollerndamm 120 / Kunstbunker

Ich begrüße ganz herzlich Herrn Yong-Ha Kim, der den Bunker ausgebaut und erst zu diesem besonderen Ort gemacht hat. Ich möchte nun gar nicht so viel sagen, sondern Herrn Yong-Ha Kim das Mikrofon geben.

Vielen Dank, Herr Yong-Ha!

Hier endet unser Kiezspaziergang. Wenn Sie Lust haben, können Sie sich hier noch ein wenig umschauen oder etwas an der Bar trinken. Mir bleibt nur, Ihnen nochmals den Treffpunkt des nächsten Kiezspaziergangs mitzuteilen. Er beginnt am Samstag, den 10.3., um 14 Uhr am Fehrbelliner Platz vor dem ehemaligen Rathaus Wilmersdorf. Von dort geht es über den Leon-Jessel-Platz zum Unternehmerinnenzentrum City West. Enden wird er an der ehemaligen Revierunterkunft im Volkspark Wilmersdorf. Ich wünsche allseits einen guten Nachhauseweg!

Quellen: