Rathaus Charlottenburg
Das Rathaus Charlottenburg wurde 1899-1905 von den Architekten Heinrich Reinhardt und Georg Süßenguth für die Stadt Charlottenburg erbaut und am 20. Mai1905 eröffnet, an dem Tag, an dem auch die 200-Jahr-Feier der Stadt Charlottenburg begann. Charlottenburg war damals eine selbständige Großstadt und galt als reichste Stadt Preußens. Das ist dem Rathaus durchaus anzusehen.
Der Erweiterungsbau, in dem heute die Heinrich-Schulz-Bibliothek untergebracht ist, wurde 10 Jahre später von 1911 bis 1916 von Heinrich Seeling für die Sparkasse gebaut.
Der Turm ist 89 Meter hoch. Angeblich soll Kaiser Wilhelm II es abgelehnt haben, auf dem Weg zum Schloss Charlottenburg am neuen Rathaus vorbeizufahren, weil der Turm die Kuppel von Schloss Charlottenburg um einiges überragt. Er ist aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugänglich.
An einem Tag im Jahr ermöglichen wir zum Tag des offenen Denkmals nach vorheriger Anmeldung in meinem Büro ausnahmsweise den Zugang auf eigene Gefahr.
Ursprünglich wurde das Haus im gotischen Stil geplant, dann aber entschied man sich für den so genannten Sezessionsstil mit Jugendstilelementen. Neben vielen allegorischen Schmuck-Figuren an der Fassade und im Innenbereich gibt es auch eine Reihe von in Stein gehauenen und in Holz geschnitzten Sinnsprüchen. Fast alle vermitteln Arbeitsethos und den Kampf ums Dasein. Schwere Kriegsschäden entstanden in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs von 1943 bis 1945, vor allem hier im vorderen Teil. Der Turm war nach dem Krieg nur noch ein Gerippe. Hans Günther leitete die Wiederherstellung von 1947 bis 1958.
Im Rathaus habe ich als Bezirksbürgermeister mit der Abteilung Personal und Finanzen meinen Sitz. Mein Büro befindet sich direkt über der Eingangstür.
Rechts und links vom Balkon des Bürgermeisterzimmers stehen zwei überlebensgroße Frauengestalten. Es sind allegorische Darstellungen der Weisheit und der Gerechtigkeit. Von Ihnen aus gesehen links die Justitia stützt mit ihrem rechten, angewinkelten Bein das Gesetzbuch ab und hält es, nach außen geöffnet dem Betrachter entgegen. Die linke Hand umfasst das Schwert, das auf dem rechten Unterarm liegt. Zu Füßen der Justitia erinnern zwei ineinander verschlungene Schlangen an den Gegensatz von Gut und Böse.
Die Figur der Weisheit auf der rechten Seite hat ihre Beine gekreuzt, ihr in eine Kapuze gehüllter Kopf ist über ein Buch gesenkt, in dem sie liest. Die rechte Hand hat sie zum Schwur erhoben, als wollte sie die eben erfahrene Weisheit beschwören. Als Symboltier hat der Bildhauer ihr zu Füßen eine Eule beigegeben.
Weisheit und Gerechtigkeit als Herrschertugenden werden also von Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen erwartet.
Als Portalfiguren enthalten die beiden Frauen auch ein Versprechen an die Bürgerinnen und Bürger, die dieses Rathaus betreten. Sie sollen wissen, dass ihre Repräsentanten der Gerechtigkeit verpflichtet sind und weise handeln.
Wenn Sie sich aber den Abschluss des Giebels über dem Haupteingang ansehen, so werden Sie feststellen, dass unser Rathaus und damit natürlich auch der gesamte Bezirk unter dem Schutz von Pallas Athene stehen. Direkt über dem Schild mit dem Charlottenburger Wappentor ist sie mit Helm abgebildet, über ihr ein kreisrundes Gebäude. Sie ist hier die griechische Schutzgöttin der Burgen und Städte. Der Helm zeigt, dass sie wehrhaft ist, aber Angriffswaffen fehlen. Sie ist auch die Göttin der Verträge und des Friedens – ein schönes Symbol für eine Kommunalverwaltung.
Die Figuren unterhalb des Daches sind ebenfalls als Alegorien zu verstehen.
Links vom Rathausturm sehen wir das Handwerk, die Kunst, die Wissenschaft und die Verwaltung, rechts die Geistlichkeit, den Handel, Ackerbau, Industrie, Jugendfürsorge und die Heilkunst.
Der Frauenkopf unmittelbar über dem Eingang stellt ebenfalls die Stadtgöttin Pallas Athene dar.
Hier am Rathaus Charlottenburg beginnt auch die Altstadttour, die wir 2008 eröffnet haben. Auf insgesamt 16 Tafeln werden historische Orte und Gebäude Charlottenburgs erläutert. Die Stelen wurden uns von der Firma Wall zur Verfügung gestellt. Mit dieser Altstadttour haben wir den früheren Altstadtpfad ersetzt, dessen Tafeln zum Teil beschädigt und zum Teil überholt waren. Heute werden wir der Altstadttour nicht folgen, weil wir andere Ziele haben, aber sie ist sehr empfehlenswert und kann jederzeit individuell begangen werden. Auf jeder Tafel finden Sie eine Kartenskizze mit dem Weg zur nächsten Tafel.
Wir gehen jetzt durch das Rathaus hindurch, wollen aber zuvor noch einmal kurz in der Eingangshalle Station machen. Bevor Sie die Treppe hinaufsteigen, können Sie den in Stein gehauenen Bilderschmuck oben an den Wänden betrachten. Dargestellt werden vor allem Szenen der Arbeit und des Kampfes.
Eingangshalle
Nachdem Sie in Stein gehauen betrachten konnten, wie hart die Menschen arbeiten und kämpfen müssen, um zu überleben, können Sie es hier in der Eingangshalle direkt über der Eingangstür noch einmal nachlesen: “ Unablässige Arbeit Überwindet Alles”, heiß es hier. Das würden wir heute wohl so nicht mehr in Stein meißeln, aber damals, 1905, drückte es den Stolz der Bürgerinnen und Bürger aus, die den Reichtum ihrer Stadt mit eigener Arbeit geschaffen hatten.
Sie sehen hier links die Pförtnerloge und dahinter die Treppe nach unten zur Heinrich-Schulz-Bibliothek. Rechts ist der Empfang des Bürgeramtes.
Im April dieses Jahres ist auch die Bezirksverordnetenversammlung aus dem Rathaus Wilmersdorf hierher gezogen. Weitere Umzüge werden folgen, denn wir müssen das Rathaus Wilmersdorf aufgeben und hier im Rathaus Charlottenburg zusammenrücken.
Um Platz zu schaffen, wird das Bürgeramt zur Jahreswende in die Wilmersdorfer Arcaden in der Wilmersdorfer Straße umziehen, das heißt dorthin, wo viele Bürgerinnen und Bürger zum Einkaufen hingehen. Sie können dann den Gang zum Bürgeramt damit verbinden.
Direkt über uns, in der Rathausgalerie in der zweiten Etage zeigen wir regelmäßig Ausstellungen.
Wir gehen jetzt durch den Mittelgang bis zum mittleren Treppenhaus.
Mittleres Treppenhaus
Hier können Sie dann im steinernen Geländer rechts und links jeweils einen Drachenkämpfer bewundern. Links neben der Pförtnertür ist ein Pförtnerkopf zu sehen, und rechts neben der Fernsprechertür eine Call-Center-Dame. Wir gehen jetzt links vorbei an der Bezirkskasse und dann rechts die Treppe hinunter in den Hof und von dort zur Straße Alt-Lietzow. Am Ausgang möchte ich Sie dann auf weitere Merksätze an der hinteren Rathausfassade hinweisen.