Wilmersdorfer Str. 15: Paul Hirsch
Im Haus Wilmersdorfer Straße 15, lebte von 1916 bis 1919 der sozialdemokratische Politiker und Schriftsteller Paul Hirsch. Von 1899 bis 1920 war er Charlottenburger und Berliner Stadtverordneter. 1908 wurde er als einer der ersten Sozialdemokraten ins Preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Bis 1918 war er dort Fraktionsvorsitzender der SPD. Von 1918 bis 1920 war er preußischer Innenminister und einer der maßgeblichen Befürworter des Groß-Berlin-Gesetzes. Nach dem Kapp-Putsch im März 1920 trat er von allen Regierungsämtern zurück. Von 1921 bis 1925 war er Stadtrat und Stellvertretender Bürgermeister in Charlottenburg. Danach wurde er Bürgermeister von Dortmund. 1933 verlor er dieses Amt wegen seiner jüdischen Herkunft. Er starb 1940 in Berlin.
Behaimstraße
Die Behaimstraße wurde 1950 nach dem Nautiker und Geograph Martin Behaim (1459-1507) benannt. Die Straße hieß vorher Schulstraße.
Wilmersdorfer Str. 165: SEW
Wir schenken uns jetzt das letzte Ende der Wilmersdorfer Straße, die bis zur Otto-Suhr-Allee führt. In der Wilmersdorfer Straße 165 befand sich seit 1968 das Büro des Parteivorstandes der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins SEW, West-Berliner Ableger der SED.
Bis 1928 führte die Wilmersdorfer Straße noch über die Otto-Suhr-Allee hinaus bis zu dem großen Tanz- und Vergnügungslokal Flora an der Spree. 1928 wurde dieser Teil der Wilmersdorfer Straße in die Eosanderstraße mit einbezogen.
In der damaligen Wilmersdorfer Straße 166/167, heute Eosanderstraße 1/2 wurde 1901 die Städtische Volksbibliothek Charlottenburg eröffnet. Es war die erste Bibliothek in Deutschland, die nach dem Vorbild der “public libraries” in England und den USA alle Bevölkerungsschichten erreichen wollte. Sie sah für sich eine sozialpädagogische Aufgabe im Sinne der Arbeiterbildung. Die Bibliotheksleiterin Marie Nörenberg war die erste wissenschaftliche Bibliothekarin in Deutschland. Die Volksbibliothek wurde 1943 zerstört.
Wer sich dafür näher für diesen früheren Teil der Wilmersdorfer Straße interessiert, der kann das in der Ausstellung im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim genau nachlesen, die wir jetzt auf kürzestem Wege durch die Schustehrusstraße erreichen werden.
Schustehrusstraße
Die Schustehrusstraße wurde 1950 nach dem ersten Oberbürgermeister Charlottenburgs, Kurt Schustehrus benannt. Er wurde 1856 in Ostpreußen geboren. 1899 trat er sein Amt als Erster Bürgermeister in Charlottenburg an, 1900 wurde ihm der Titel Oberbürgermeister verliehen, was er bis zum seinem Tod 1913 blieb.
Die Straße hieß bis 1824 “Deichstraße”, danach bis 1950 “Scharrenstraße”.
Für die frühe Entwicklung Charlottenburgs spielte die damalige Deichstraße und spätere Scharrenstraße eine wichtige Rolle. Sie war die Hauptstraße der Stadt zwischen Schloßstraße und Berliner Straße (Otto-Suhr-Allee) mit der 1712 gebauten Luisenkirche auf dem Gierkeplatz im Zentrum.
Schustehrusstr. 13: Keramik-Museum-Berlin
Dies ist das älteste erhaltene, bzw. rekonstruierte Wohnhaus Charlottenburgs. Friedrich I, der Stadtgründer Charlottenburgs, ließ von seinem Hofarchitekten Eosander von Göthe das Straßennetz anlegen, die Grundstücke parzellieren und ein Musterhaus entwerfen. Jeder Bauwillige musste nach diesem vorgegebenen Musterentwurf bauen, denn die entstehende Stadt sollte ein regelmäßiges Erscheinungsbild erhalten. Heute existieren nur noch zwei Beispiele dieser Musterhäuser: in der Haubachstr. 8 und hier. Dieses Haus wurde 1712 von Gottfried Berger gebaut, einem Goldschmied und Gelbknopfgießer, der als Handwerker beim Schlossbau beschäftigt war.
Nach vielen Besitzerwechseln und Umbauten wäre das Haus am 24. Dezember 1983 beinahe einem Abrissversuch zum Opfer gefallen. Nach dem illegalen Teilabriss aber wurde es mit alten Baumaterialien und in alter Handwerkstechnik rekonstruiert.
Die Denkmalpflege sah hier die einmalige Möglichkeit, ein Haus zu retten, das uns bürgerliches Bauen demonstriert aus einer Zeit, aus der wir sonst in Berlin nur die erhaltenen Prachtbauten kennen.
Das Haus befindet sich in der Obhut des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf. Wir sind sehr froh, dass das Keramik-Museum-Berlin es angemietet und wieder öffentlich zugänglich gemacht hat.
Die Informationen über das Haus können Sie vor dem Haus auch auf der Tafel 6 des Altstadtpfades nachlesen.
Gierkeplatz
Der Gierkeplatz wurde 1950 benannt nach Anna von Gierke. Sie lebte von 1874 bis 1943 und war die Tochter des Juristen Otto von Gierke. Sie wurde von den Nationalsozialisten als “Halbjüdin” definiert und hatte als Leiterin eines Jugendheimes enge Kontakte zur Bekennenden Kirche.
Gierkeplatz 4: Gemeindehaus, Gedenktafel Dressel
Am Gemeindehaus der Luisenkirche erinnert eine Gedenktafel mit folgendem Text an den früheren Pfarrer Dressel:
“In dem Vorgängerbau dieses Hauses lebte von 1778 bis 1824
der Charlottenburger Oberpfarrer
JOHANN CHRISTIAN GOTTFRIED DRESSEL
22.9.1751-16.10.1824
Der aufgeklärte Prediger führte die
Reformpädagogik Pestalozzis ein, ordnete
die Schulverhältnisse neu und richtete eine
städtische Armenpflege ein.”
Fast alles, was wir über die Frühzeit Charlottenburgs wissen, wissen wir von Dressel, der uns zwei ausführliche Chroniken hinterlassen hat, geschrieben 1813 und 1816.
Im Gemeindehaus der Luisenkirche spielt seit September 2008 auch das Puppentheater Berlin. Es wurde 1984 von Ulrich Treu als privat geführtes Puppentheater gegründet. Ulrich Treu ist Absolvent der Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst. Nachdem das Puppentheater sein früheres Domizil an der Haubachstraße verlassen musste, stellte der Bezirk vorübergehend das Kommandantenhaus am Spandauer Damm 17 zur Verfügung. Da dieses Haus für die Erweiterung des Museums Berggruen gebraucht wurde, musste das Puppentheater wieder umziehen, diesmal hierher an den Gierkeplatz.
Luisenkirche
“Neue Kirche auf’m Berg” nannte Eosander in seinem Plan von 1705 den Standort der Kirche auf dem früheren Kirchplatz. Friedrich l. hatte sie als gemeinsame Kirche für die Reformierten und Lutheraner bestimmt.
Die barocke “Parochial-Kirche” mit ihrem kreuzförmigen Grundriss wurde nach den Plänen von Baumeister Gerlach unter der Leitung von Baumeister Böhme 1712-18 erbaut. 1826 baute Schinkel im Biedermeierstil den quadratischen, dreigeschossigen, mit breit verzierten Gurtgesimsen voneinander abgesetzten Turm an. Nach dem Umbau erhielt die Kirche den Namen der verstorbenen Königin Luise. Die Kirche erlitt 1943 schwerste Kriegsschäden.
Von 1950 bis 1953 wurde das historische Erscheinungsbild des Baudenkmals von der Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt nach den Plänen von Gerlach restauriert.
Die Fassadeninstandsetzung von 1976/77 knüpft an die üblichen warmgelben Farbtöne der barocken Erbauungszeit an.
Vor der Luisenkirche informiert die Tafel 8 des Altstadtpfades.
Schustehrusstr. 43: Schule am Schloss
Das Schulhaus wurde 1919-22 von Hans Winterstein als Sophie-Charlotte-Schule erbaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus die Schlesien-Oberschule. Sie wurde 2004 umbenannt in Oppenheim-Oberschule. Damit sollte an Margarethe und Otto Georg Oppenheim erinnert werden, deren Sommersitz sich von 1882 bis 1910 auf dem Grundstück befand, auf dem heute unter anderem die Schule steht. 2010 erhielt die Schule als Integrierte Sekundarschule den Namen Schule am Schloss.
Schustehruspark
Das Grundstück der Schule und der angrenzende Schustehruspark gehörten früher zur “Villa Oppenheim”. Die Stadt Charlottenburg erwarb 1911 das Gelände, um einen öffentlichen Park zu schaffen. Der Charlottenburger Gartendirektor und Gartenarchitekt Erwin Barth legte 1914 die geometrische Parkanlage an.
Er hat zahlreiche Stadtplätze und Parks in Charlottenburg gestaltet. Er sah die Gartenkunst als eine soziale Aufgabe an. Hier sollten Ruheplätze, Gärten und Spielplätze für diejenigen entstehen, die nicht über eigenen Grund und Boden verfügten.
1845 hatte der Bankier Alexander Mendelssohn das Anwesen gekauft, auf dem heute der Schustehruspark, die Schule am Schloss und die Villa Oppenheim untergebracht sind. Mendelssohn bebaute es mit der ‘Villa Sorgenfrei’ und einigen Nebengebäuden. Er war Besitzer des renommierten Berliner Privatbankhauses Mendelssohn Et Co. und gleichzeitig Ehrenbürger der Stadt Charlottenburg.
1888 übernahm sein Schwiegersohn Otto Georg Oppenheim das gesamte Anwesen, ließ die ‘Villa Sorgenfrei’ abreißen und baute an ihrer Stelle ein zweigeschossiges Haus, die heutige Villa Oppenheim.
Auf dem 28.000 Quadratmeter großen Grundstück entstanden außerdem eine Kegelbahn, ein Tennisplatz, Gartensaal und Treibhäuser.
Nach dem Tod Otto Georg Oppenheims wurde 1910 dessen Sohn Hugo Oppenheim Besitzer des Anwesens. Der Multimillionär Hugo Oppenheim war Teilhaber des Berliner Privatbankhauses Robert Warschauer & Co. Er verkaufte den gesamten Grundstückskomplex 1911 für 1,5 Millionen Mark an die Stadt Charlottenburg. Denn die Villa Oppenheim war inzwischen durch die umliegende Mietshausbebauung ein Anachronismus geworden.
Das Grundstück war umstellt von hohen Mietshäusern, aus deren oberen Stockwerken man auf die Gartenanlage herab sehen konnte. Damit war die Intimität des großbürgerlichen Wohnens verloren gegangen.