Ludwig-Barnay-Platz
Der Platz wurde 1963 benannt nach dem Schauspieler und Theaterleiter Ludwig Barnay (1842-1924). Er war Mitbegründer des Deutschen Theaters und der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger. Bis 1963 hieß der Platz Laubenheimer Platz.
Künstlerkolonie
Die Künstlerkolonie wurde in mehreren Baustufen von 1927 bis 1930 von der Bühnengenossenschaft und dem Schutzverband deutscher Schriftsteller für Bühnenkünstler, Schriftsteller und Journalisten rund um den damaligen Laubenheimer Platz in zunächst drei Baublöcken errichtet und bis 1940 auf den heutigen Umfang erweitert, hauptsächlich von den Architekten Ernst und Günther Paulus.
Entstanden sind in schlichter Ziegelbauweise vier- bis fünfgeschossige Blöcke. Sie wurden überwiegend rot verklinkert und teilweise mit expressionistischen Schmuckelementen versehen. In den Innenbereichen wurden großzügige Höfe angelegt. Die Wohnungen waren klein und preiswert, aber durchaus komfortabel und beliebt bei Künstlern, Schauspielern, Sängern, Tänzern und Schriftstellern, die wenig verdienten.
Wegen der überwiegend “linken” Gesinnung ihrer Bewohner wurde die Künstlerkolonie in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren als “Roter Block” populär. Am 15. März 1933 gab es eine NS-Großrazzia, es war eine der ersten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Auf dem damaligen Laubenheimer Platz brannten die Bücher der Bewohnerinnen und Bewohner – zwei Monate vor der großen Bücherverbrennung auf dem Opernplatz.
1988 wurde auf der Rasenfläche des Platzes der Gedenkstein enthüllt, ein Findling mit einer Bronzetafel mit der Inschrift: “Mahnmal für die politisch Verfolgten der Künstlerkolonie”.
Der Gedenkstein wurde aufgestellt auf Initiative des Vereins KünstlerKolonie e.V..
Seit den 1980er Jahren pflegt der Verein Künstlerkolonie Berlin e.V. die Erinnerung an die Künstlerkolonie und hält sie lebendig – auch indem er sich dafür einsetzt, dass wieder besonders viele Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle hierher ziehen.
Die zweite Vorsitzende, Sylvia Maertin, wird uns jetzt etwas zu den Aktivitäten des Vereins sagen.
Bonner Str.12: Gedenktafel für Axel Eggebrecht
Die Edelstahltafel für Axel Eggebrecht wurde vom NDR gestiftet und am 23. Mai 2000 vom damaligen Wilmersdorfer Bezirksbürgermeister Michael Wrasmann gemeinsam mit dem Intendanten des NDR, Jobst Plog enthüllt.
“Hier lebte von 1931 bis 1933
AXEL EGGEBRECHT
10.1.1899 – 14.7.1991
Schriftsteller und Journalist.
In den 20er Jahren Mitarbeiter der “Weltbühne”
und der “Literarischen Welt.
Wegen seines radikaldemokratischen Engagements
wurde er 1933 für einige Monate im KZ Hainwalde inhaftiert.
1945 Mitbegründer des Nordwestdeutschen Rundfunks in Hamburg.
Kommentator und Hörspielautor des NDR”
1925 war Eggebrecht nach 5 Jahren Mitgliedschaft aus der KPD wieder ausgetreten, immerhin hatte er es bereits bis zum organisatorischen Leiter der KPD in Wilmersdorf gebracht. Aber er setzte sich zunehmend kritisch mit der kommunistischen Ideologie auseinander und Intrigen in der Parteiführung, die er während zweier Aufenthalte in Moskau erlebte, zerstörten bei ihm alle idealistischen Illussionen.
Eggebrecht hat begeistert die Künstlerkolonie als “Roten Block” rund um den damaligen Laubenheimer Platz beschrieben. Hier in der Künstlerkolonie, wo er seit 1930 lebte, hat er eine Solidarität erlebt, wie er sie sonst in der damaligen Gesellschaft vermisste. Er hat das Leben in der Künstlerkolonie mehrmals geschildert: 1957 unter dem Titel “Mut und Übermut im Künstlerblock”, 1959 in seinem Buch “Volk ans Gewehr. Chronik eines Berliner Hauses 1930 bis 1934” und 1975 in seiner Autobiographie “Der halbe Weg. Zwischenbilanz einer Epoche”.
Der schönste Text ist wohl der von 1959 “Mut und Übermut im Künstlerblock”. Darin heißt es unter anderem:
“Der Name Künstlerkolonie führte nicht nur die benachbarten Steglitzer und Friedenauer Kleinbürger irre. Am Barnayweg gabs weniger turbulente Nächte als in Halensee; in der Kreuznacher Straße nicht mehr zerfetzte Bettlaken als anderwärts; und überhaupt war von all den liederlichen Umständen wenig zu merken, welche sich Herr Publikus insgeheim mit angenehmen Gruseln als Lebenselement des Künstlervölkchens vorzustellen liebt.
Mancher Mime, Musikus oder Skribent war, als er um 1930 hierher zog, die letzte Miete seiner möblierten Bude schuldig geblieben. Mancher machte wohl auch jetzt gern einen Umweg, um das Haus Laubenheimer Platz 7 zu meiden; dort schrieb die böse Hausverwaltung ihre Mahnzettel aus. Zuweilen versuchte sie sogar die Exmittierung hartnäckiger Nichtzahler.
Dagegen wurde dann mit allgemeiner Aktion protestiert, die gern den Charakter eines vergnügten Volksfestes annahm; durchgeführt wurde die angedrohte Verbannung kaum jemals. … Es waren die Jahre der steigenden Arbeitslosigkeit. Und darin jedenfalls unterschieden die paar hundert Bewohner der Kolonie sich durchaus nicht von allen anderen Berlinern: auch ihnen ging es von Monat zu Monat miserabler.
Es saßen nun viele daheim, ohne rechte Beschäftigung. Sie hielten sich nach Kräften in Form. Vielleicht blieb mancher fremde Spaziergänger hier verwundert stehen, wenn ihm eine Altstimme aus irgendeinem offenen Fenster die räselhafte Mitteilung machte: ‘Barbara saß am Bache und badete…’ Kaum erriet er, daß dort drin eine engagementlose Schauspielerin abwechselnd ihre Zunge geschmeidig hielt und die Kartoffelsuppe abschmeckte.
Bedrohlicher klang Ernst Buschs stählern schneidende Stimme aus einem dritten Stockwerk der Bonner Straße; zehn, fünfzehn Mal wiederholte sie die Anfangszeilen des neuen Brecht-Eisler-Songs:
‘Kommt heraus aus eurem Loche,
das man eine Wohnung nennt …’”
Etwas später im Text beschreibt Eggebrecht die Solidarität in der gemeinsamen Abwehr des Nationalsozialismus Ende 1932 in den letzten Monaten vor Hitlers Machtübernahme:
“Während Parteien, Organisationen, Ministerien und Zeitungen einander noch im Schatten der Lawine bekämpfen, die sie alles miteinander begraben sollte, fanden sich hier draußen Demokraten und Sozialisten, Kommunisten und Katholiken, junge Naive und greise Zyniker zusammen. Sie gründeten einen Selbstschutz. Sie wählten sich einen fünfköpfigen Rat, der monatelang fast etwas wie eine Notdiktatur im rettenden Sinne des alten Roms ausübte.
An Wahltagen standen die drei Blicks rings um den Laubenheimer Platz (nun kurzweg “der rote Block” genannt) wie eine einsame herausfordernde Insel inmitten des brandenden Meeres von Hakenkreuz und Schwarzweißrot, das ganz Steglitz und Wilmersdorf überflutete; hier gab es nur Rot und die drei Farben der demokratischen Republik. Damals erfanden die Kolonisten, lange vor England, das Konvoisystem: von bestimmen späten U-Bahn-Zügen am Bahnhof Breitenbachplatz holten bewaffnete Geleittrupps die einzelnen ab”.
Eggebrecht beschreibt den Überfall der SA im Februar 1933, als hier auf dem damaligen Laubenheimer Platz die Bücher brannten, und er endet mit einem Apell an die junge Generation, sich an die Geschichte der Künstlerkolonie zu erinnern:
“Die Neuen und Jungen aber, die nun Wand an Wand mit diesen Veteranen hausen, kochen, sprechen, singen, dichten, zeichnen und von künftigen Erfolgen träumen, sie sollen wissen, dass die Birken auf dem Platz ein Stück Berliner Geschichte erlebt haben. Vielleicht haben sie den Namen Künstlerkolonie bis heute für eine ungefähre und gleichgültige Bezeichnung gehalten. Er möge sie daran erinnern, dass hier einmal der Geist der wachen, streitbaren Freiheitsliebe sich behauptet, als es ringsum in der großen Stadt, weithin im Lande sich schon wehrlos aufgegeben hatte”.
Bonner Str.11: Gedenktafel für Ernst Busch
Die KPM-Porzellantafel für Ernst Busch wurde 1990 enthüllt
“Hier lebte von 1931 bis 1933 und von 1945 bis 1946
ERNST BUSCH 22.1.1900 – 8.6. 1980
Schauspieler und Regisseur,
Sänger politischer Lieder: “Barrikaden-Tauber”
Emigrierte 1933. Von 1943 bis 1945 in Gestapo-Haft.
Seit 1950 Mitglied des “Berliner Ensemble”.”
Ernst Busch war 1918 in die SPD eingetreten, entschloss sich aber noch im gleichen Jahr unter dem Eindruck des Kieler Matrosenaufstands am Ende des Ersten Weltkriegs zum Übertritt in die linkssozialistische USPD. Sein Name stand auf den Verhaftungslisten der Nationalsozialisten. Als die SA ihn bei ihrer Razzia hier in der Künstlerkolonie am 9. März 1933 festnehmen wollte, öffnete niemand.
Er flüchtete anschließend zunächst nach Holland, dann über Zürich, Paris und Wien schließlich in die Sowjetunion. Im Januar 1943 wurde er in der Schweiz verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert. Dank einer Intervention von Gustav Gründgens wurde er nicht zum Tode verurteilt, sondern erhielt 1944 eine vierjährige Zuchthausstrafe.
Am 27. April 1945 wurde er von der Roten Armee aus dem Zuchthaus Brandenburg befreit. Im Mai zog er wieder hierher, wo er bis 1933 gewohnt hatte. Er trat in die KPD ein und wurde 1946 durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD automatisch Mitglied der SED. 1949 siedelte er nach Treptow über, ab 1951 wohnte er in Pankow. Er wurde zu einem der populärsten Sänger und Schauspieler der DDR. Er übte zwar keine öffentliche Kritik an der SED, hatte aber diverse Streitereien mit Funktionären, darunter Erich Honecker. Seit 1952 war er faktisch kein Parteimitglied mehr, weil er beim Überprüfungsverfahren nicht kooperierte.
Anfang der 1970er Jahre trug ihm die SED ein neues Parteibuch an, das er dann auch annahm. In seinen letzten Lebensjahren erkrankte er an Demenz. 1980 starb er in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie in Bernburg, aus der er mehrfach vergeblich versucht hatte zu fliehen.
In diesen Tagen erinnern wir uns an Ernst Busch vor allem im Zusammenhang mit der nach ihm benannten Schauspielschule.
Bonner Str. 9: Gedenktafel für Steffie Spira
Die Emailletafel für Steffie Spira wurde 2009 enthüllt:
“ Hier lebte von 1931 bis 1933
STEFFIE SPIRA
(2.6.1908 – 10.5.1995)
Schauspielerin, Mitglied der „Truppe 31“,
Exil in Frankreich und Mexiko, Rednerin
auf der Alexanderplatz-Demonstration am 4.11.1989.
“So, wie es ist, bleibt es nicht!”
Steffi Spira war 1931 in die KPD eingetreten. 1933 floh sie in die Schweiz und von dort über Frankreich nach Mexiko. 1947 kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde eine bekannte Theater- und Filmschauspielerin der DDR. Am 4. November 1989 sprach sie sich auf dem Alexanderplatz vor rund einer Million Menschen gegen die Arroganz der Macht und für die Freiheit ihrer Nachkommen aus.