Deshalb haben wir uns heute als Ziel den Weihnachtsmarkt vor dem Schloss vorgenommen, wo uns der Veranstalter Tommy Erbe mit einer Überraschung erwartet.
Wir werden aber nicht den direkten Weg zum Schloss nehmen, sondern uns heute vor allem einmal die Gierkezeile anschauen mit dem früheren Charlottenburger Krankenhaus, der Alten Schule und der Luisenkirche auf dem Gierkeplatz. Dort erwartet uns gegen 15.30 Uhr Pfarrer Kunkel, der uns seine Kirche vorstellen wird. Wenn wir Glück haben, können wir dort sogar eine Probe für ein Weihnachtskonzert miterleben.
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen. Wie immer findet er am zweiten Samstag des Monats statt, also am 14. Januar ab 14.00 Uhr. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann will dann mit Ihnen gemeinsam den Campus Daniel besuchen, ein Erziehungs- und Bildungszentrum, das rund um die Danielkirche entsteht. Start ist am Samstag, dem 14. Januar 2012, um 14.00 Uhr auf dem Fehrbelliner Platz vor dem Rathaus Wilmersdorf.
Wie immer ist die Teilnahme frei. Alle Informationen über die bisherigen Kiezspaziergänge finden Sie im Internet unter www.kiezspaziergaenge.de.
Sophie-Charlotte-Platz
Der Sophie-Charlotte-Platz wurde 1892 benannt nach der Namensgeberin von Charlottenburg, der preußischen Königin Sophie Charlotte, der Gemahlin von König Friedrich I. Die 1668 in unserer Partnerstadt Bad Iburg geborene Sophie Charlotte starb sehr früh im Jahr 1705. Und ihr zu Ehren wurden das damalige Schloss Liezenburg und die neu gegründete Stadt nach ihr benannt. Charlottenburg erhielt gleichzeitig, im Jahr 1705 Stadtrechte. Der Platz wurde 1910 mit Rasen, Rabatten, Hecken und Bäumen angelegt.
Kaiserdamm 1: Polizeipräsidium
Dieses Haus wurde 1906 bis 1910 von Oskar Launer und Kloeppel für das damalige Polizeipräsidium Charlottenburg gebaut. Das Haus steht unter Denkmalschutz. Heute sind hier das Referat Umweltkriminalität des Landeskriminalamtes und der Polizei-Abschnitt 24 untergebracht.
Nach der Eingemeindung Charlottenburgs nach Berlin im Jahr 1920 wurde hier die Kriminalpolizei untergebracht, und in den 20er Jahren war dies der Sitz des von den Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Herkunft diffamierten Berliner Vizepolizeipräsidenten und Chefs der Kriminalpolizei Bernhard Weiß.
Am 11. Juli 2008 haben wir an dem Wohnhaus am Steinplatz 3, wo Bernhard Weiß bis zum März 1933 lebte, eine Gedenktafel enthüllt, die an ihn erinnert.
Vor einem Jahr, am 1. November 2010, haben Innensenator Körting und Polizeipräsident Gliedtsch auch hier am Haus des ehemaligen Polizeipräsidiums Charlottenburg eine Gedenktafel für Bernhard Weiß enthüllt, auf der sich auch ein Portrait des Geehrten befindet. Der Text lautet:
Bernhard Weiß
1880 Berlin – 1951 London
Polizeivizepräsident in Berlin
von 1927 bis 1932
Preußischer Jude – Kämpferischer Demokrat
In diesem Polizeigebäude wohnte
Dr. Bernhard Weiß während seiner Amtszeit.
Er gehörte zu den Wenigen, die sich dem
aufkommenden Nationalsozialismus
mit rückhaltlosem Einsatz entgegenstellten.
Bernhard Weiß wurde am 30. Juli 1880 in Berlin geboren. Sein Vater war Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in der Charlottenburger Fasanenstraße.
Nach dem Abitur im Jahr 1900 studierte Bernhard Weiß Rechtswissenschaften in Berlin, München, Freiburg und Würzburg, promovierte und absolvierte anschließend eine militärische Ausbildung zum Reserveoffizier.
Im Ersten Weltkrieg stieg er zum Rittmeister auf und wurde mit dem Eisernen Kreuz zweiter und erster Klasse ausgezeichnet. Im Sommer 1918 wurde er als Stellvertretender Leiter der Kriminalpolizei in Berlin in den Polizeidienst aufgenommen, 1925 wurde er Chef der Kriminalpolizei und 1927 Vizepolizeipräsident.
Weiß förderte gemeinsam mit seiner Frau Lotte auch die Kultur und war persönlich befreundet mit Künstlern wie Richard Tauber.
Als Mitglied der liberalen DDP engagierte er sich für die Demokratie der Weimarer Republik. Als Beamter der Republik griff er gegen Rechtsbrüche konsequent durch.
Nachdem Joseph Goebbels von Hitler Ende 1926 zum Berliner Gauleiter der NSDAP ernannt worden war, fand er in Bernhard Weiß seinen Hautgegner. Er veranstaltete unablässig Diffamierungskampagnen gegen ihn und nannte ihn wegen seiner jüdischen Herkunft immer nur “Isidor Weiß”. Besonders in der Hetzzeitung “Der Angriff” wurde Weiß ständig in Texten und antisemitischen Karikaturen diffamiert. Für Goebbel war Weiß ein ideales Opfer als Bürger jüdischer Herkunft und als Repräsentant der demokratischen Weimarer Republik, im Nazijargon “Vertreter des Systems”. Weiß wehrte sich und gewann gegen Goebbels mehr als 60 Prozesse. Goebbels war das egal. Er nutzte die Gerichtsverhandlungen als Bühne für seine Propaganda.
Als Vizepolizeipräsident machte Weiß keinen Unterschied zwischen rechts und links. Er bekämpfte die Pöbeltruppen der SA ebenso wie die Kampfformationen der Kommunisten, die der Weimarer Republik ebenfalls feindselig gegenüberstanden.
In der Berliner Bevölkerung und in der Polizei war Weiß sehr populär und geachtet. Liebevoll-despektierlich nannten sie ihn “Vipoprä”.
Nach dem “Preußenschlag” Papens 1932 verlor Weiß – wie die gesamte Regierung Preußens – sein Amt. Nach kurzer Haft wurde er freigelassen und lebte bis zum März 1933 in Berlin. Als die Nazis ein Kopfgeld auf ihn aussetzten, ermöglichten ihm Kollegen die Flucht. Weiß floh 1933 über Prag nach London, wo er 1951 kurz nach der Wiedererlangung seiner deutschen Staatsbürgerschaft im Alter von 70 Jahren starb.
Kaiserdamm und Bismarckstraße
Hier am Sophie-Charlotte-Platz wird die Bismarckstraße zum Kaiserdamm – oder umgekehrt. Der Kaiserdamm erhielt seinen Namen 1906 nach dem damaligen Deutschen Kaiser Wilhelm II. Am 26 April 1967 wurde der Kaiserdamm in Adenauerdamm umbenannt. Aber nach vehementen Protesten der Bevölkerung erhielt er bereits am 15. Januar 1968 seinen alten Namen zurück. Ersatzweise wurde dann für Konrad Adenauer der Adenauerplatz am Kurfürstendamm gefunden.
Die Bismarckstraße erhielt bereits 1871 ihren Namen, im Jahr der Gründung des Deutschen Kaiserreichs. Heute wäre es wohl unvorstellbar, eine Straße nach einem Politiker zu benennen, der gerade Bundeskanzler geworden ist.
Die Bismarckstraße erhielt aber erst um 1900 ihre heutige Dimension.
Um die Jahrhundertwende entstand auf Initiative Berlins und des Militärs ein Verkehrsprojekt, das von Charlottenburg zunächst eher skeptisch betrachtet wurde: das “Heerstraßenprojekt”, eine geradlinige Prachtstraßenverbindung von Berlin durch den Tiergarten über Charlottenburg und das südliche Spandau bis zum Truppenübungsgelände bei Döberitz westlich von Spandau. Charlottenburg stimmte schließlich zu, nachdem es als Gegenleistung zu einem günstigen Preis Gelände südlich und südwestlich des Reichskanzlerplatzes (heute Theodor-Heuss-Platz) erwerben konnte, unter anderem das heutige Messegelände. 1902 wurden schließlich alle Häuser an der Südseite der Bismarckstraße abgerissen, um die Straße zu verbreitern und über den Kaiserdamm zur Heerstraße zu verlängern. Unter anderem entstand durch diesen Abriss auch der Bauplatz für das Schiller Theater.
Für die Nationalsozialisten wurde dieser Straßenzug zur Ost-West-Achse, die als riesige Paradestraße ausgebaut werden sollte und teilweise auch ausgebaut wurde. Beispielsweise wurden die beiden Flügel des Charlottenburger Tores an der heutigen Straße des 17 Juni (damals Charlottenburger Chaussee) auseinander gezogen, um Platz zu schaffen. Albert Speer selbst hat die Straßenlampen entworfen, die noch heute entlang des Straßenzuges stehen.