Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 77. Kiezspaziergang. Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen ist heute in unserer Partner Split in Kroatien.
Deshalb vertrete ich sie. Mein Name ist Klaus-Dieter Gröhler, ich bin Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Baustadtrat, und ich möchte Ihnen heute unser Ausbildungszentrum Zierpflanzenbau im Grunewald vorstellen. Bekannter ist das Ausbildungszentrum vielleicht unter seiner früheren Bezeichnung “Bezirksgärtnerei”.
Vielleicht haben einige von Ihnen vor 10 Monaten im Juli 2007 an dem Kiezspaziergang von hier zum Ökowerk teilgenommen. Damals kamen Sie an der Bezirksgärtnerei vorbei, und Frau Thiemen hatte darauf hingewiesen, dass sich ein Besuch lohnt, und dass der Leiter, Herr Ryzek Sie bereits dazu eingeladen hatte. Heute also wollen wir das Versprechen einlösen, und da das Ausbildungszentrum in meiner Zuständigkeit liegt, trifft es sich gut, dass ich es Ihnen gemeinsam mit Herrn Ryzek präsentieren kann.
Es liegt unweit von hier im Grunewald und ist eine der großen Attraktionen in unserem Bezirk, die allerdings üblicherweise nicht im Licht der Öffentlichkeit steht. Deshalb ist es für Sie, aber auch für uns etwas ganz Besonderes, dass die Gärtnerei sich heute einmal für ein großes Publikum öffnet. Es ist ein Experiment, und ich bin gespannt darauf. Da es nicht weit von hier zum Ausbildungszentrum ist, empfiehlt es sich, nach der Besichtigung wieder hierher zurück zu gehen. Wir tun dies sicher gemeinsam. Aber wer den Rückweg individuell antreten möchte, der kann dies natürlich tun. Die Orientierung dürfte nicht schwer fallen.
Zuvor möchte ich Ihnen kurz einiges zum Bahnhof Grunewald, zur Villenkolonie, zu den Mahnmalen und zur geplanten Bebauung des Güterbahnhofgeländes sagen, wo ich als Baustadtrat federführend Verantwortung trage.
Wie Sie es gewohnt sind, will ich Ihnen gleich zu Beginn den Treffpunkt des nächsten Kiezspaziergangs nennen: Am 14. Juni wird Frau Thiemen den Kiezspaziergang wieder übernehmen. Und zwar wird sie die neue Altstadttour vom Rathaus zum Schloss Charlottenburg vorstellen. Diese Altstadttour haben wir in den letzten Monaten gemeinsam mit der Firma Wall entwickelt. Wall stellt uns die Stelen zur Verfügung und übernimmt die Gestaltung und den Einbau. Unser Kulturamt hat die Texte und Bilder zusammengestellt. Die neue Altstadttour wird den Altstadtpfad ersetzen, den vielleicht einige von Ihnen kennen. Die Tafeln waren an vielen Stellen beschädigt, einige sind inzwischen abhanden gekommen, und einige Texte waren überholt. Sie werden am 14. Juni quasi als erste die neue Tour erleben können.
Wir hoffen, dass bis dahin auch jede Stele fertig und am richtigen Ort montiert sein wird. Treffpunkt ist am Samstag, dem 14. Juni, um 14.00 Uhr vor dem Rathaus Charlottenburg an der Otto-Suhr-Allee 100 am U-Bahnhof Richard-Wagner-Platz.
Villenkolonie Grunewald
Die Villenkolonie Grunewald entstand im Zusammenhang mit dem Ausbau des Kurfürstendammes zum Boulevard. Fürst Bismarck hatte auf diesen Ausbau großen Wert gelegt. Da er privat finanziert werden musste, durfte die dafür gegründete Kurfürstendamm-Gesellschaft als Gegenleistung 234 ha Grunewaldgelände für die Anlage einer Villenkolonie erschließen. Dies geschah im Jahr 1889, unter anderem durch die künstliche Anlage von vier Seen: Dianasee, Koenigssee, Herthasee und Hubertussee. 1889 wurde auch das Straßennetz angelegt, und die ersten Grundstücke wurden baureif gemacht und verkauft. 10 Jahre später, 1899 erhielt die Kolonie den Status einer selbständigen Landgemeinde. Allgemein wurde sie in Berlin die “Millionärskolonie” genannt.
Die Anlage der Villenkolonie war höchst umstritten. Das Lied “Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion” war nicht zuletzt Ausdruck des ohnmächtigen Protests gegen das Abholzen der meisten Bäume.
1920 gab es in der Landgemeinde Grunewald besonders starke Proteste gegen die Bildung der Einheitsgemeinde Groß-Berlin. Aber diese Proteste nützten nichts. Grunewald mit 6.449 Einwohnern wurde 1920 gemeinsam mit Eichkamp, der Gemeinde Schmargendorf und der Großstadt Wilmersdorf zum Bezirk Wilmersdorf, dem 9. Bezirk von Berlin zusammengefasst.
In der Kolonie Grunewald ließen sich Bankiers, Unternehmer, Professoren, erfolgreiche Künstler und Schriftsteller nieder und genossen bis zur Eingemeindung 1920 die Steuervorteile der Landgemeinde Grunewald.
Der jüdische Anteil der Bevölkerung war hier besonders hoch. Ungefähr ein Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner waren jüdischer Herkunft. Viele jüdische Repräsentanten des neuen, modernen Berlin zog es seit der Jahrhundertwende in den “Neuen Westen”. Nach 1933 vertrieben die Nationalsozialisten die jüdischen Bürgerinnen und Bürger und zerstörten damit das kulturelle Zentrum Grunewald.
Bahnhof Grunewald
Dieser Bahnhof wurde 1879 zunächst als Bahnhof Hundekehle eröffnet, 1884 wurde er umbenannt in “Bahnhof Grunewald”. Zunächst wurde er vor allem von den Grunewald-Ausflüglern aus Berlin genutzt, seit der Zeit um 1900 zunehmend auch von den Bewohnern der Villenkolonie. Das Bahnhofsgebäude wurde 1899 von Karl Cornelius gebaut. Es steht ebenso unter Denkmalschutz wie der Tunnel, der 1884-85 entstand, gemeinsam mit dem Bahnsteig 1. Der Bahnsteig 2 wurde 1935 eröffnet.