Kiezspaziergang am 8.3.2008

Vom Breitscheidplatz zum UCW

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt: Breitscheidplatz an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen am Internationalen Tag der Frau zu unserem 75. Kiezspaziergang. Rund um den Internationalen Frauentag am 8. März hat die Frauenbeauftragte unseres Bezirksamtes, Christine Rabe, auch in diesem Jahr wieder den Frauenfrühling organisiert. Bis zum 31. März gibt es Veranstaltungen, darunter Filmvorführungen, Lesungen, Workshops, Diskussionen und Vorträge, Ausstellungen und Führungen. Höhepunkt ist natürlich der heutige 8. März, der in diesem Jahr auch der zweite Sonnabend im Monat ist, also der Tag unseres Kiezspaziergangs.
Wir wollen uns heute “auf die Spuren starker Frauen” konzentrieren. Und wir werden unter anderem den Spuren von Kaiserin Auguste Viktoria, Romy Schneider, Helene Weigel, Anna Seghers und Marlene Dietrich begegnen. Ziel ist die Frauenmesse im Unternehmerinnen- und Gründerinnenzentrum Charlottenburg-Wilmersdorf UCW an der Sigmaringer Str. 1. Und wer nach dem Kiezspaziergang noch Lust hat, kann sich dort umsehen und umhören – und selbstverständlich sind auch Männer willkommen – sowohl hier beim Kiezspaziergang als auch bei der Frauenmesse.

Wie immer will ich Ihnen gleich zu Beginn den Treffpunkt unseres nächsten Kiezspaziergangs nennen: Am 12. April werde ich nicht in Berlin sein. Deshalb wird mich mein Kollege, Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte vertreten. Er ist der jüngste im Bezirksamtskollegium, und es wird sein erster Kiezspaziergang sein. Er hatte auch gleich eine sehr gute Idee. Er will nämlich Kinos in Charlottenburg zum Schwerpunkt seines Spazierganges machen, und er hat den Chef der Internationalen Berliner Filmfestspiele, Dieter Kosslick, dafür gewinnen können, an dem Kiezspaziergang teilzunehmen. Am Ende wird sogar eine kleine Filmvorführung im Filmkunst 66 in der Bleibtreustraße stehen. Start ist am Sonnabend, dem 12. April, um 14.00 Uhr auf dem Adenauerplatz direkt am U-Bahn-Ausgang an der Adenauer-Skulptur.
Sie können das nachlesen im Internet unter www.kiezspaziergaenge.de , wo Sie auch die Manuskripte aller bisherigen 74 Kiezspaziergänge finden.
Unser nächstes Kiezmenü am 26. März im Restaurant “Die Kneipe” gleich hier in der Rankestraße 9 ist schon ausgebucht. Sie können sich aber immer in der Pressestelle unter Tel 9029-12514 oder im Internet unter www.kiezmenue.de über das Kiezmenü informieren.

An der Gedächtniskirche, Foto: KHMM

An der Gedächtniskirche, Foto: KHMM

Breitscheidplatz
Dieser Platz wurde 1889 angelegt und 1892 nach Auguste Viktoria benannt, der Frau von Kaiser Wilhelm II, der letzten deutschen Kaiserin und Königin von Preußen. Die Berlinerinnen und Berliner gaben ihr den Spitznamen “Kirchen-Juste”. Er war wohl eher berlinisch liebevoll gemeint und bezog sich auf das kirchenpolitische Engagement der Kaiserin als Schirmherrin des evangelischen Kirchenbauvereins. Beliebt war sie zweifellos wegen ihres sozialen Einsatzes, und eines ihrer wichtigsten Anliegen war die Senkung der Kindersterblichkeit. Schließlich hat sie auch selbst sieben Kinder zur Welt gebracht. Wir haben bei unserem Kiezspaziergang im Januar dieses Jahres das Kaiserin-Auguste-Victoria-Haus am Heubnerweg 6 besucht. Es wurde als Säuglingsklinik erbaut und 1909 als “Kaiserin-Auguste-Victoria-Haus zu Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reiche” eröffnet. Es war die weltweit erste Einrichtung für Prävention in der Kinderheilkunde mit dem Ziel, die Säuglingssterblichkeit im Deutschen Kaiserreich zu senken.

Dieser Platz hieß bis 1947 Auguste-Viktoria-Platz. 1947 wurde er umbenannt, und zwar nach dem Reichstagsabgeordneten der SPD und Gegner des Nationalsozialismus, Rudolf Breitscheid.

Gedenktafel für Rudolf Breitscheid, Foto: KHMM

Gedenktafel für Rudolf Breitscheid, Foto: KHMM

Eine Bronzetafel wurde 1984 enthüllt, zunächst im Pflasterbereich, später an die Brüstung zum Tunnel der Budapester Straße versetzt. Nachdem der Tunnel in den letzten Jahren zugeschüttet wurde, fiel diese Brüstung weg, und die Tafel wurde jetzt in die gläserne Umrandung des Eingangs zur Wall-Toilette eingefügt. Sie trägt folgenden Text:

RUDOLF BREITSCHEID
*1874 IN KÖLN +1944 IM KZ BUCHENWALD
1920 – 1933
SOZIALDEMOKRATISCHER REICHSTAGSABGEORDNETER
“DIE GESCHICHTE WIRD EINMAL
EIN VERNICHTENDES URTEIL
NICHT NUR ÜBER DIEJENIGEN
FÄLLEN, DIE UNRECHT GETAN
HABEN, SONDERN AUCH ÜBER
DIE, DIE DEM UNRECHT STILL-
SCHWEIGEND ZUSAHEN.”

In der Nachkriegszeit wurde der Breitscheidplatz schrittweise vergrößert: Bei einem Umbau von 1956 bis 1960 wurde der Kreisverkehr aufgegeben, 1977/78 wurde dann die sogenannte “Schnalle” , das heißt die Straßenverbindung zwischen Kurfürstendamm und Budapester Straße geschlossen. Dadurch entstand ein weitläufiger, zusammenhängender Fußgängerbereich. 1982 bis 1984 wurde der Platz wiederum völlig umgestaltet durch Ivan Krusnik und Oskar Reith und mit dem Weltkugelbrunnen aus rotem Granit mit Bronzefiguren von Joachim Schmettau geschmückt, dem sogenannten “Wasserklops”.
In den letzten Jahren wurde der Platz abermals umgestaltet. Der Autotunnel wurde zugeschüttet. Die Budapester Straße verläuft jetzt ebenerdig. Die Hochbeete wurden entfernt. In den Boden wurde eine Bänderbeleuchtung eingebaut.
Insgesamt wurde der Platz dadurch optisch größer. Die nördliche Bebauung an der Budapester Straße, das Bikini-Haus, wird jetzt auch als Platzrandbebauung wahrgenommen. Allerdings nehmen wir dadurch auch besser wahr, dass dieses Bikini-Haus dringend renovierungsbedürftig ist. Der Eigentümer, die Bayerische Immobilien AG, will hier demnächst restaurieren und umbauen.

Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
In der Platzmitte befindet sich die als Mahnmal gegen den Krieg gesicherte Turmruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, daneben die Neubauten Egon Eiermanns. Ursprünglich war die Kirche für den Wittenbergplatz geplant. Sie wurde 1891-95 auf dem damaligen Auguste-Viktoria-Platz zu Ehren Kaiser Wilhelms I. als spätromanische Zentralanlage in Form eines lateinischen Kreuzes von dem Architekten Franz Schwechten erbaut. Von den Berlinern wurde sie bald nach dem Bau des Kaufhauses des Westens 1907 respektlos als “Taufhaus des Westens” tituliert. Die Kirche wurde im Krieg schwer beschädigt. Zunächst war der Abriss geplant, aber gegen den vehementen Protest der Berlinerinnen und Berliner wurde die Ruine nach einem Teilabriss gesichert und als Mahnmal erhalten. 1959 bis 1963 entstanden die Neubauten von Egon Eiermann: Ein sechseckiger Turm mit Trauungs- und Taufkapelle, der Hauptbau in Form eines Oktogons, in dem sich eine Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus befindet. Die Außenhaut besteht aus wabenförmigen Betonplatten und blauen Glasflächen, die von Gabriel Loire aus Chartres gestaltet wurden.
Seit 1987 dient die Eingangshalle der alten Kirche mit Resten der reichen Mosaikarbeiten als Gedenkhalle; hier wurden das Nagelkreuz der Kathedrale von Coventry, ein Ikonenkreuz der Russisch-Orthodoxen Kirche und die beschädigte Christusfigur vom Altar der alten Kirche aufgestellt. An der östlichen Außenwand des alten Turmes wurden 1988 vier Sandsteinskulpturen von Stefan Kaehne aufgestellt. Wie Sie wissen, läuft derzeit eine große Kampagne zur Rettung des Turms. Die Fugen zwischen den alten Steinen sind undicht und müssen dringend erneuert werden. Die Kosten werden auf 3,5 Millionen Euro geschätzt. Viele Prominente und weniger Prominente haben bereits dafür gespendet. Seit vorgestern gibt es für 10.- Euro die Benefiz-CD “Für Dich soll’s rote Rosen regnen”. Der Verkaufserlös ist für den Erhalt der Turmruine bestimmt. Ich kann die CD sehr empfehlen: Dieter Hallervorden, Edzard Reuter, Judy Winter, Ute Lemper, Nina Haben, Marianne Rosenberg und andere interpretieren das berühmte Lied von Hildegard Knef auf ganz unterschiedliche Weise.
Die Kirche war ursprünglich Teil eines romanischen Forums, das heißt rings um den Platz durfte nach kaiserlicher Anordnung nur im romanischen Stil gebaut werden. So entstanden zwei Romanische Häuser: Westlich der Kirche das erste Romanische Haus, in dem 1926 der Gloria-Palast eröffnet wurde, und östlich der Kirche am Tauentzien das Zweite Romanische Haus, in dem nach dem Ersten Weltkrieg das Romanische Café zum legendären Treffpunkt der Künstler, Schriftsteller und Filmemacher wurde.

Das runde Kaisereck, Foto: KHMM

Das runde Kaisereck, Foto: KHMM

Das einzig übrig gebliebene Haus aus dieser romanischen Bebauung ist das runde “Kaisereck” südlich der Kirche am Kurfürstendamm 237, Ecke Rankestraße. Es wurde 1913-15 von Emil Schaudt gebaut, inzwischen nicht mehr ganz so mittelalterlich wie die anderen Bauten, die allesamt dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer fielen.
Das Grundstück des Ersten Romanischen Hauses blieb nach dem Zweiten Weltkrieg unbebaut. Es ist jetzt teil des Breitscheidplatzes. An der Stelle des zweiten Romanischen Hauses entstand das Europa-Center.

Europa-Center
Das Europa-Center wurde 1963-65 von Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg für den Berliner Geschäftsmann Karl-Heinz Pepper erbaut, unter künstlerischer und städtebaulicher Beratung von Werner Düttmann und Egon Eiermann. Es war das erste wirkliche Hochhaus Berlins. Vorbild war das Rockefeller-Center in New York. Es besteht aus einem 22geschossigen 103 m hohen Hauptgebäude mit vorgehängter Stahl-Glas-Fassade und einem vorgelagertem drei- bis fünfgeschossigem Sockelbau. Auf dem Dach befindet sich seit 1965 ein drehbarer Mercedesstern mit 10 m Durchmesser auf einem 4 m hohen Sockel.
Zum Europa-Center gehören ein Parkhaus, das Hotel Palace, das Kabarett “Die Stachelschweine” und die “Thermen im Europa-Center”. An Stelle des ehemaligen Kinos Royal-Palast wurde ein Saturn-Markt mit 12.000 Quadratmetern gebaut, natürlich der größte in Berlin.
Am 1. April 1965 wurde das Europa-Center mit viel Prominenz eröffnet, darunter Walter Giller, Günther Pfitzmann, Grethe Weiser und Romy Schneider. Ihr Stiefvater Hans Herbert Blatzheim eröffnete im Europa-Center ein neues Restaurant, und Romy Schneider reiste extra aus Paris an, wohin sie mehr oder weniger geflohen war, um ihrem Sissi-Image zu entkommen. Während der Eröffnungsrede kam verspätet der Schauspieler und Regisseur Harry Haubenstock, der vor allem an Boulevardtheatern inszenierte und sich Harry Meyen nannte. Romy Schneider sah ihn, und es war wohl Liebe auf den ersten Blick. Sie heirateten am 15. Juli 1966 und bezogen als Ehepaar Haubenstock eine Vierzimmer-Wohnung in der Winkler Straße in Grunewald.
Romy Schneider hat ihren Erinnerungen später ihre Grunewalder Zeit als die “schönsten, glücklichsten und heilsten Jahre” ihres Lebens bezeichnet. Am 3. Dezember 1966 wurde im Rudolf-Virchow-Krankenhaus der Sohn David-Christopher geboren. Zwei Jahre lang zog sich Romy Schneider komplett aus der künstlerischen Arbeit und – soweit es ihr möglich war – aus der Öffentlichkeit zurück. Ältere Grunewalder erinnern sich noch heute an eine glücklich aussehende, immer freundliche Romy mit ihrem großen Kinderwagen, den sie von der Winkler Straße zu den Wiesen des Diana- und des Koenigssees schob. Aber die Idylle dauerte nicht lange. Die Ehe mit Harry Meyen scheiterte, und er nahm sich zwei Jahre nach der Scheidung das Leben. 1981 wurde Romy Schneiders zweite Ehe mit David Biasani geschieden, und im gleichen Jahr verunglückte ihr Sohn David-Christopher tödlich. Am 29. Mai 1982 wurde Romy Schneider in ihrer Wohnung in Paris tot aufgefunden. Ihr Vermächtnis ist ein erstaunliches Lebenswerk von 57 Filmen.

Rankestraße
Die Rankestraße wurde 1888 nach dem Historiker Leopold von Ranke benannt. Er wurde 1795 in Wiehe an der Unstrut geboren und starb 1886 in Berlin. 1865 wurde er geadelt. Seine 16bändige “Weltgeschichte” verfasste er von 1881 bis 1888.

Gedenktafel für Hermine Heusler-Edenhuizen, Foto: KHMM

Gedenktafel für Hermine Heusler-Edenhuizen, Foto: KHMM

Rankestr. 35: Hermine Heusler-Edenhuizen
Die Berliner Gedenktafel wurde am 30.11.2002 enthüllt:

In diesem Hause lebte und praktizierte von 1911 bis 1937
Hermine Heusler-Edenhuizen
16.3.1872 – 26.11.1955
Erste niedergelassene Fachärztin in Deutschland
für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe
Gründungsvorsitzende des “Bundes deutscher Ärztinnen”
Mitunterzeichnerin der Reichstagseingabe
gegen den Paragraphen 218
Ihr mutiges und soziales Engagement prägte
maßgeblich das Berufsbild der Ärztin

Über ihre Anfänge als selbständige Ärztin in diesem Haus hat sie geschrieben: “Eine der ersten Privatpatientinnen in Berlin war eine etwa vierzigjährige Frau, die sich zehn Jahre lang mit einem quälenden Leiden herumgeschleppt hatte, weil sie sich genierte, zu einem männlichen Arzt zu gehen.
Sie kam auf mein erstes Zeitungsinserat hin zu mir und konnte in kurzen drei Wochen geheilt werden. Dieser Fall beglückte mich als Beweis für die Notwendigkeit von Fachärztinnen.”
Hermine Heusler-Edenhuizen war keine Frauenrechtlerin, und sie wollte auch keine Sonderrechte als Frau. Sie stellte nur einfach fest, dass ihre Leistung als Frauenärztin dringend gebraucht und nachgefragt wurde, und sie bestand darauf, diese Leistung erbringen zu dürfen. Sie musste dafür in der männerdominierten Welt der Wissenschaft und der Gesellschaft ihrer Zeit hart kämpfen und viele Vorurteile besiegen, aber sie tat dies nicht unter ideologischen Vorzeichen. Wenn sie eine Kämpferin für die Rechte der Frauen auf Bildung und Beruf war, dann war sie es gleichsam nebenbei, unbeabsichtigt, weil sie kämpfen musste, um das zu tun, was sie als ihre Lebensaufgabe betrachtete.
Sie entdeckte durch Beobachtung, dass das in ihrer Zeit häufig auftretende Kindbettfieber zusammenhing mit dem oft noch unmittelbar vor der Geburt praktizierten sexuellen Verkehr. Und sie erreichte mit geduldiger aber hartnäckiger Überzeugungsarbeit, dass diese Erkenntnis auch von männlichen Ärzten nicht mehr geleugnet werden konnte. Wie schwer diese Überzeugungsarbeit selbst damals, in den fortschrittlichen 20er Jahren noch war, beschreibt sie sehr anschaulich in ihren Erinnerungen:
“In einer gynäkologischen Gesellschaft, in der 1924 meine Arbeit mit ihrer Forderung, die Schwangere wenigstens die letzten vier Monate vor einer Cohabitation zu schützen, besprochen wurde, meldete sich ein seinerzeit bekannter Frauenarzt zu Wort und erklärte:
‘Bedenken Sie, meine Herren, der Coitus ist doch der Hasenbraten des armen Mannes!’ – Ein Hasenbraten, den die Frau mit dem Leben bezahlen kann! Das gibt zu denken, namentlich als Ausspruch aus dem Munde eines Arztes, der sich als Fachmann der Gesundheit der Frau widmet!”
Soweit das Zitat von Hermine Heusler-Edenhuizen. Sie war zu Recht empört über eine solch frauen- und menschenverachtende Haltung eines Mannes, aber sie hat diese Erfahrung keineswegs verallgemeinert. Im Gegenteil: Sie hatte eine durchaus pragmatische Haltung gegenüber Männern.
Sie stellt schlicht fest, dass es bornierte gibt, die ihr Steine in den Weg legen, aber auch aufgeschlossene, die ihr helfen und sie unterstützen. Ihren eigenen Mann, Otto Heusler, schildert sie auf eine sehr anrührende, bewegende Weise mit großer warmherziger Sympathie – nicht nur als liebende Frau, sondern auch voller Anerkennung für die Unterstützung, die sie für ihren Beruf von ihm erfahren hat.
Sie machte große Fortschritte auf dem Weg zu einer schmerzarmen Geburt. Und sie kämpfte auch gegen den Paragrafen 218. Aber für klassenkämpferische Programme hatte sie nichts übrig. Ihr Haltung wird deutlich in einer kleinen Geschichte, die sie in ihrem Buch erzählt:
“Eine verwöhnte junge Frau, Tochter eines bekannten Berliner Kommunisten, lag als Wöchnerin in meiner Klinik erster Klasse mit extra Pflegerin. Scherzend sagte ich ihr, dass sich die erste Klasse doch mit ihren kommunistischen Ideen nicht in Einklang bringen lasse, sie hätte sich konsequenterweise doch dritter Klasse legen müssen. Worauf sie entgegnete: ‘Nein! So wie ich es jetzt habe, sollen es einstmals alle Frauen haben!’
An die unerschwinglichen Kosten, die das verursachen würde, und die dadurch bedingte Unmöglichkeit dachte sie nicht. So habe ich viele Widersprüche erlebt zwischen Theorie und Praxis, viel oberflächliches Daherreden und entgegengesetztes Handeln.” Soweit das Zitat.
Diese realitätstüchtige, unideologische Haltung können wir von ihr lernen. Vielleicht ist es doch eine eher weibliche Haltung. Ein wenig ist es ja auch heute noch so, dass Männer Geschichte machen, während Frauen die Lebensqualität verbessern.

Los-Angeles-Platz, Foto: KHMM

Los-Angeles-Platz, Foto: KHMM

Los-Angeles-Platz
Der Platz wurde 1982 nach Los Angeles benannt. Die kalifornische Stadt ist seit 1967 Partnerstadt Berlins. Das kann man auf einer halbkreisförmigen Bronzetafel in der Platzmitte nachlesen.

Augsburger Str. 23: Melanie Klein
Diese Tafel wurde am 16.10.2004 vom Verein der Freunde der Psychoanalyse und Psychoanalytiker angebracht.

Melanie Klein
Psychoanalytikerin und Dozentin
am Berliner Psychoanalytischen Institut.
(30.03.1882-22.09.1960)
Emigrierte aus Ungarn und lebte
von 1921 – 1926 in Berlin
Eine der ersten Kinderanalytikerinnen,
die als originelle und radikale Denkerin mit ihren theoretischen Entwürfen
zur frühkindlichen EntwickIung
kontroverse und fruchtbare Diskussionen auslöste.
Sie wohnte hier in der Augsburger Straße 47, Pension Rosa Stößinger,
zeitgleich mit der Wiener Psychoanalytikerin
Helene Deutsch (1923/24)
Sponsoren der Tafel: Freunde der Psychoanalyse und Psychoanalytiker (16.10.2004)
(Mit Freud in Berlin)

Lietzenburger Straße, Foto: KHMM

Lietzenburger Straße, Foto: KHMM

Nürnberger Straße

Lietzenburger Straße
Bis zur Bezirksfusion 2001 war die Lietzenburger Straße die Grenze zwischen Charlottenburg und Wilmersdorf. Sie wurde 1890 nach dem ursprünglichen Namen des Schlosses Charlottenburg benannt. Der Name Lietzenburg wurde von dem Dorf Lietzow abgeleitet, das 1720 nach Charlottenburg eingemeindet wurde.

Nürnberger Str. 33: Hotel-Neubau
Hier residierten bis zu ihrem Umzug an den Theodor-Heuss-Platz die “Wühlmäuse” von Dieter Hallervorden, eines der bekanntesten Kabarett-Theater Berlins. Dieter Hallervorden gründete die Wühlmäuse 1960 in der damaligen Schöneberger Scala und präsentierte gemeinsam mit Schauspielerkollegen ein politisch-satirisches Kabarettprogramm. An der Lietzenburger Straße blieb das Theater bis 1999. Im März 2000 eröffnete es am Theodor-Heuss-Platz im früheren Naafi-Haus seine neue Spielstätte. Hier zog dann vorübergehend das Berliner Kriminal-Theater ein. Inzwischen wurde das Haus abgerissen, und ein Hotel-Neubau entsteht.

Spichernstraße
Die Straße wurde 1888 benannt, nach einem kriegerischen Ereignis, wie so viele Straßen damals. Spicheren ist eine Gemeinde in Lothringen, und im deutsch-französischen Krieg wurden 1870 die stark befestigten Spicherer Höhen durch deutsche Truppen eingenommen – wenn auch mit schweren Verlusten.

Spichernstr. 16 Helene Weigel, Bert Brecht
Hier hing bis vor kurzem eine Gedenktafel für Bertolt Brecht und Helene Weigel. Sie wurde am 6. Mai 1989 hier enthüllt. Barbara Brecht-Schall musste noch einen Ausreiseantrag stellen, bevor sie zur Gedenktafelenthüllung von Buckow hierher reisen durfte. Nach der Fassadenrenovierung wurde die Gedenktafel noch nicht wieder angebracht. Wir haben die Eigentümerin, die Tizian Wohnen GmbH, dazu aufgefordert. Der Text auf der Tafel lautet:

In dem früher hier stehenden Haus lebten
BERTOLT BRECHT
10.2.1898 – 14.8.1956
Schriftsteller
HELENE WEIGEL
12.5.1900 – 6.5.1971
Schauspielerin
Brecht schrieb hier den Text der “Dreigroschenoper”.
Beide emigrierten 1933, zuletzt in die USA.
Lebten seit 1948 in Berlin (Ost)
und gründeten dort 1949 das “Berliner Ensemble”.
Richtigerweise müsste auf der Tafel eigentlich zuerst Helene Weigel genannt werden, denn sie lebte hier, als Brecht 1924 nach Berlin kam und überließ ihm schließlich großzügigerweise ihre Wohnung, was er als selbstverständlich voraussetzte.
Helene Weigel war die Tochter des Prokuristen einer Textilfirma und der Inhaberin eines Spielwarengeschäftes, jüdischen Glaubens. Nach der Schauspielausbildung in Wien ging sie 1919 nach Frankfurt am Main und 1922 nach Berlin. Hier studierte sie Dramaturgie bei Max Reinhardt, trat an der Volksbühne und am Deutschen Theater auf, wo sich ihr Ruhm begründete. 1923 lernte sie Bertolt Brecht kennen. Der 26jährige Dramatiker schrieb ihr am 18. Juni 1924 von einer Italienreise: “Ich freue mich sehr auf Berlin und die Spichernstraße.” In Italien war Brecht noch mit seiner damaligen Ehefrau Marianne Zoff unterwegs. Nur wenige Wochen später übersiedelte er von München nach Berlin hierher in die Spichernstraße 16, wo Helene Weigel seit 1922 das Dachatelier des großen Mietshauses bewohnte. Als im November 1924 der gemeinsame Sohn Stefan geboren wurde, bat Brecht Helene Weigel, sich eine andere Wohnung zu nehmen, da der Säugling dem Vater die Ruhe zum Arbeiten raubte. Der guten Beziehung tat diese Bitte keinen Abbruch. Bereitwillig räumte Helene Weigel ihr schönes Domizil und zog mit dem Sohn in die nahe gelegene Babelsberger Straße 52.
Brecht war in den 20er Jahren Stammgast in den Künstlerlokalen des Berliner Westens hier in Charlottenburg und Wilmersdorf, vor allem in der Prager Diele am Prager Platz. Als Brecht im Dezember 1927 vom Finanzamt Wilmersdorf schriftlich aufgefordert wurde, endlich die säumige Steuererklärung abzugeben, antwortete er: “Ich schreibe Theaterstücke und lebe, von einigen äußerst schlecht bezahlten Nebenarbeiten abgesehen, ausschließlich von Vorschüssen der Verlage, die in der Form von Darlehen an mich gegeben werden.
Da ich mit den Stücken vorläufig beinahe nichts einnehme, bin ich bis über den Hals meinen Verlagen gegenüber in Schulden geraten. Ich wohne in einem kleinen Atelier in der Spichernstraße 16 und bitte Sie, wenn Sie Reichtümer bei mir vermuten, mich zu besuchen.”
Der große Erfolg der “Dreigroschenoper”, die am 31. August 1928 im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt wurde, sanierte das Brechtsche Budget und ermöglichte den Umzug in eine größere Wohnung in der Hardenbergstraße 1A am heutigen Ernst-Reuter Platz, wo endlich die ganze Familie Brecht-Weigel ausreichend Platz fand.
1929, nach der Scheidung Brechts von seiner ersten Frau, heirateten er und Helene Weigel, und 1930 kam die Tochter Barbara zur Welt. Aber auch Helene Weigel sollte Bertolt Brecht in ihrer langjährigen Ehe nie für sich alleine haben.
Die Frauengestalten im Werk des Dichters sind von ihr beeinflusst, fast alle hat sie verkörpert. In der Uraufführung des Stückes Die Mutter spielte sie 1932 ebenso die Titelrolle wie in Brechts Die Gewehre der Frau Carrar fünf Jahre später in Paris. Die Brechts lebten nach der Machtergreifung Hitlers 1933 in der Emigration, wo es für Helene Weigel keine Möglichkeit gab, als Schauspielerin zu arbeiten. Die Rolle der stummen Kattrin in “Mutter Courage und ihre Kinder” hatte Brecht extra für sie geschrieben, damit sie ohne Sprachschwierigkeiten auftreten könne, allerdings brachte damals kein Theater den Mut auf, das Stück des antifaschistischen Deutschen auf den Spielplan zu setzen. “Helli“, wie sie von allen genannt wurde, wechselte für fünfzehn Jahre in die Rolle einer „Nur“-Ehefrau und „Nur“-Mutter.
Brecht hatte für den Regisseur Fritz Lang für dessen Widerstandsdrama “Auch Henker sterben” das Drehbuch geschrieben und Helene Weigel war zuerst mit einer Nebenrolle bedacht worden, doch Lang besetzte diese im letzten Augenblick um. Dies war das Ende der Freundschaft zwischen Lang und Brecht und Letzterer betrat nie wieder ein Hollywood-Studio.
Nach der Rückkehr aus den USA spielte Helene Weigel 1948 die Titelrolle in der Uraufführung von Brechts “Die Antigone des Sophokles” in der Schweiz. Im gleichen Jahr ging das Künstlerpaar nach Ost-Berlin, wo mit der Premiere von Mutter Courage und ihre Kinder im Deutschen Theater eine neue Theaterära begann: 1949 wurde Helene Weigel Intendantin des neu gegründeten Berliner Ensembles, Brecht dessen künstlerischer Leiter. Mit ihm gemeinsam führte sie das Theater zu Weltruhm.
1950 war Helene Weigel Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin, für die SED trat sie 1954 als Kandidatin für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus an, dreimal wurde sie mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet. 1956 starb ihr Mann Bertolt Brecht, 1960 wurde sie zur Professorin ernannt und 1965 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet. Der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei 1968 ließ sie an der DDR verzweifeln. Ihr letzter Auftritt war 6 Wochen vor ihrem Tod am 3. April 1971 in Nanterre (bei Paris) in ihrer Paraderolle als “Die Mutter” im gleichnamigen Stück. Sie wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin neben ihrem Mann beigesetzt.

Von der Dicken Berta zur Roten Rosa, Foto: KHMM

Von der Dicken Berta zur Roten Rosa, Foto: KHMM

Bundesallee, Mittelstreifen: Skulptur
Die Metall-Skulptur wurde 1991 von Igael Tumarkin geschaffen und hier aufgestellt. Sie trägt den Titel “Von der Dicken Berta zur Roten Rosa”. Man kann das Relief des Kopfes von Rosa Luxemburg erkennen. Die “Dicke Berta” war eine besonders große Kanone, die von der Deutschen Armee im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde. Mit der Skulptur will Igael Tumarkin auf den Zusammenhang von Krieg und Revolution hinweisen, und er wollte Rosa Luxemburg ein Denkmal setzen, die den Militarismus im Kaiserreich bekämpfte.
Dieser Kreuzungsbereich wird inoffiziell oft “Spichernplatz” genannt, und eine ganze Reihe von Straßen in der Umgebung ist nach kriegerischen Ereignissen benannt. Insofern bezieht sich diese antimilitaristische Skulptur auch unmittelbar auf ihre Umgebung. Ganz in der Nähe, in der Gerhart-Hauptmann-Anlage neben dem ehemaligen Joachimsthalschen Gymnasium befindet sich auch das 1924 von Eberhard Encke geschaffene Gefallenendenkmal für die Gefallenen des XXII. Reservekorps im I.Weltkrieg.

Bundesallee
Die frühere Kaiserallee wurde 1950 gleichzeitig mit der Eröffnung des Bundeshauses in Bundesallee umbenannt. Die frühere Kaiserallee mit Boulevardcharakter wurde nach dem Krieg autobahnähnlich ausgebaut und wurde dadurch zur Trennlinie zwischen den Kiezen. Wir werden sie erst später überqueren.

Bundesallee 210. Investitionsbank Berlin IBB
Horst Haseloff, Klaus Hendel und Wolfgang Hotzel bauten hier 1971-75 das Verwaltungsgebäude für die damalige Wohnungsbau-Kreditanstalt WBK. Entstanden ist ein 12-geschossiges Hochhaus parallel zur Bundesallee. Es riegelt die ursprünglich hier einmündende Regenburger Straße bis auf eine Fußgängerpassage vollkommen ab und ist damit ein typisches Beispiel für die Aufhebung früherer Wege- und Straßenführungen, wie sie von der Stadtplanung der 70er Jahre häufig praktiziert wurde. Über die Wohnungsbau-Kreditanstalt wurde größtenteils der soziale Wohnungsbau in Berlin finanziert; 1993 ging sie in der Investitionsbank Berlin IBB auf, die neben der Förderung von seniorengerechtem und umweltfreundlichem Bauen auch Wirtschaftsförderung betreibt. 1996-98 wurde das Haus durch Stankovic + Bonnen zum Bankhaus für die Investitionsbank umgebaut. Die dunkelbraune Aluminiumfassade wurde durch eine grüne Granit- und Glasverkleidung ersetzt.
In ihrer gestrigen Bilanzpressekonferenz verkündete die IBB ein Rekordergebnis für das Jahr 2007: Der Jahresüberschuss von 126 Millionen Euro ist ein absolutes Spitzenergebnis in der 84jährigen Geschichte der IBB und ihrer Vorgängerinstitute.

Cerberus, Foto: KHMM

Cerberus, Foto: KHMM

Am 28. September 2000 wurde rechts neben dem Eingang die Skulptur “Cerberus” von Ewerdt Hilgemann enthüllt. Was die einen für eine zerknitterte Blechdose halten, ist für die anderen ein besonders gelungenes Kunstwerk. Die sechs Meter hohe implodierte Edelstahlskulptur entwarf der Künstlerin seiner Amsterdamer Werkstatt. Mit ihrem drei Millimeter dicken Stahl wiegt sie annähernd 1,5 Tonnen. Inklusive Sockel kostete sie 250.000 DM.
Der Künstler hat seine Skulptur “Cerberus” getauft. In der griechischen Mythologie ist der “Zerberus” ein dreiköpfiger, drachenschwänziger Hund, der den Eingang zum Hades bewachte. Er erlaubte nur Schatten, die Unterwelt zu betreten und ließ niemanden aus ihr entkommen. Eine Ausnahme war Orpheus, dem es gelang, den Zerberus mit seinem Leierspiel zu verzaubern.

Karriereleiter, Foto: KHMM

Karriereleiter, Foto: KHMM

Ein neues Kunstwerk an der Fassade zeigt eine Karriereleiter, an der sich drei Figuren mehr oder weniger erfolgreich abmühen. Die 16 Meter hohe Skulptur stammt von dem Künstler Peter Lenk. Sie wurde im Dezember des letzten Jahres hier aufgestellt. Die Investitionsbank Berlin hat 60.000.- EUR dafür ausgegeben, nachdem der Vorstandsvorsitzende Prof. Dieter Puchta sich dafür eingesetzt hatte. Die Urfassung der Karriereleiter steht in Konstanz, wo sie der erste Auftraggeber, die Firma Siemens, auf einem öffentlich nicht zugänglichen Firmengelände versteckt hat. Wenn Sie sich diese Karriereleiter und die Figuren darauf betrachten, dann werden Sie mir sicher zustimmen, dass dies eine reine Männersache ist, mit der wir Frauen nichts zu tun haben.

Regensburger Straße
Die Straße wurde 1902 nach der bayerischen Stadt Regensburg in der Oberpfalz benannt.

Nachodstraße
Die Straße hieß früher “Schöneberger Straße”, denn sie führt nach Schöneberg. 1890 wurde sie umbenannt nach der Schlacht bei Nachod, einer ostböhmischen Stadt, heute in der Tschechischen Republik. 1866 siegten dort die Preußen über die Österreicher.

Bundesallee 204 Ecke Nachodstraße: Jobcenter
Hier wurde 2005 das Jobcenter eröffnet. Nach anfänglichen Problemen mit der neuen Aufgabenverteilung zwischen Bezirksamt und Jobcenter hat sich die Zusammenarbeit inzwischen deutlich verbessert und normalisiert. Viele Projekte des Bezirksamtes werden vom Jobcenter unterstützt, und wir unterstützen unsererseits eine Reihe von Projekten des Jobcenters, darunter beispielsweise die Computeria, wo es kostenlosen Computer- und Internetzugang für Arbeitslose gibt oder das Projekt “KommMode – Kommunale Mode”, in dem Migrantinnen aller Nationalitäten exklusive, elegante Kleider herstellen und dabei Deutsch lernen.

Trautenaustraße
Die Trautenaustraße erhielt ihren Namen 1908, und auch hier ging es um die Erinnerung an eine Schlacht zwischen Preußen und Österreich 1866.

Rilke-Monument am Prager Platz, Foto: KHMM

Rilke-Monument am Prager Platz, Foto: KHMM

Prager Platz
Der Prager Platz wurde 1870 von Johann Anton Wilhelm von Carstenn-Lichterfelde angelegt. Dieser Platz hieß zunächst Halberstädter Platz, 1888 wurde er dann in Prager Platz umbenannt. Er war in den 20er Jahren ein kulturelles Zentrum im Berliner Westen; gelegen in dem zu Wilmersdorf und Schöneberg gehörenden Bayerischem Viertel, der sogenannten “Jüdischen Schweiz”. Hier lebten viele jüdische Bürger, Künstler und Intellektuelle. Bert Brecht traf sich in der “Prager Diehle” mit russischen Emigranten.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Platz und fast die gesamte Randbebauung vollständig zerstört. 1986 wurde er in Anlehnung an seine historische Form wieder neu gestaltet als ovaler verkehrsberuhigter Platz mit fünf Straßeneinmündungen, gepflasterter Fahrbahn, Mittelinsel mit Rasenfläche, Randrabatten, Heckengrün hinter Sitzbänken und einem Fontänenbrunnen in einer flachen Steinschale. 1987 wurde der Platz als Teil der Internationalen Bauaustellung “IBA” zum besonderen Stadtplanungs- und Architekturprojekt, das im Juni 2002 mit der Eröffnung der “Prager Passage” abgeschlossen wurde. Die neuen Gebäude am Prager Platz zeigen mit modernen Formen das traditionelle architektonische Stilmittel der Eckbekrönung zur Betonung der Kopfbauten an den Straßeneinmündungen.
Alljährlich feiern wir hier das traditionelle “Fest der Nationen”. In diesem Jahr wird es an dem Wochenende vom 11. bis zum 13. Juli sein.

Rilke-Monument aus Prag
Die 3,30 Meter hohe Steinskulptur des tschechischen Bilhauers Miroslav Vochta wurde von dem Prager Physiker, Schriftsteller und Übersetzer Jirí Kostelecký, seiner Rilke-Stiftung und der Stadt Prag gestiftet. Der Granit für das Monument wurde in dem berühmten Steinbruch von Mrakotin auf der historischen Grenze zwischen Böhmen und Mähren geschlagen. In den Stein sind Zitate des in Prag geborenen Dichters Rainer Maria Rilke eingraviert. Das Monument ist Teil des Projektes “Unsere Geschichte kennt keine namenlosen Helden” der Rilke-Stiftung. Es soll für die friedliche und freundschaftliche Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen stehen. Ich habe das Monument 25. Oktober 2007 enthüllt gemeinsam mit dem früheren tschechischen Außenminister Jiri Dienstbier und Jirí Kostelecký enthüllt.

Gedenktafel für Anna Seghers, Foto: KHMM

Gedenktafel für Anna Seghers, Foto: KHMM

Helmstedter Str. 24a: Anna Seghers
Die Gedenktafel für Anna Seghers wurde 1988 enthüllt. Sie enthält folgenden Text:
Hier lebte von 1928 bis 1933
ANNA SEGHERS
19.11.1900 – 1.7.1983
Schriftstellerin, Trägerin des Kleist-Preises (1928) und
des Georg-Büchner-Preises (1947)
1933 wurden ihre Bücher verboten und verbrannt.
Anna Seghers emigrierte über Frankreich und Spanien
nach Mexiko. 1952 bis 1978 Präsidentin des
Schriftstellerverbandes der DDR. Hauptwerk: “Das
siebte Kreuz”

Anna Seghers war das einzige Kind des Mainzer Kunsthändlers Isidor Reiling und seiner Frau Hedwig. Die Familie bekannte sich zum orthodoxen Judentum. Anna Reiling studierte nach dem Ersten Weltkrieg in Köln und Heidelberg Geschichte, Kunstgeschichte und Sinologie. 1924 promovierte sie an der Universität Heidelberg mit einer Dissertation über Jude und Judentum im Werk Rembrandts.
1925 heiratete sie den ungarischen Soziologen László Radványi, mit dem sie zwei Kinder bekam. Das Ehepaar zog nach Berlin, wo 1926 Sohn Peter geboren wurde.
Eine ihrer ersten Veröffentlichungen, die Erzählung Grubetsch, erschien 1927 unter dem Künstlernamen Seghers ohne Vornamen, worauf Kritiker einen Mann als Autor vermuteten. Das Pseudonym Seghers entlieh sie dem von ihr geschätzten niederländischen Radierer und Maler Hercules Seghers.
1928 wurde Tochter Ruth geboren. In diesem Jahr erschien auch Seghers erstes Buch “Aufstand der Fischer von St. Barbara” unter dem Pseudonym Anna Seghers. Noch im selben Jahr erhielt sie dafür den Kleist-Preis. Ebenfalls 1928 trat sie der KPD bei und im folgenden Jahr war sie Gründungsmitglied des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. 1930 reiste sie erstmals in die Sowjetunion. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Anna Seghers kurzzeitig von der Gestapo verhaftet; ihre Bücher wurden in Deutschland verboten und verbrannt. Wenig später konnte sie in die Schweiz fliehen, von wo aus sie sich nach Paris begab.
Im Exil arbeitete sie an Zeitschriften deutscher Emigranten mit; unter anderem war sie Mitglied der Redaktion der Neuen Deutschen Blätter. 1935 war sie eine der Gründerinnen des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Paris. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs und dem Einmarsch deutscher Truppen in Paris wurde Seghers Mann in Südfrankreich im Lager Le Vernet interniert. Anna Seghers gelang mit ihren Kindern die Flucht aus dem besetzten Paris nach Südfrankreich. Dort bemühte sie sich in Marseille um die Freilassung ihres Mannes sowie um Möglichkeiten zur Ausreise. Diese Zeit bildete den Hintergrund ihres Romans Transit, der 1944 erschien.
Im März 1941 gelang es Anna Seghers, mit ihrer Familie von Marseille aus über Martinique, New York und Veracruz nach Mexiko-Stadt auszuwandern. Sie gründete dort den antifaschistischen Heinrich-Heine-Klub, dessen Präsidentin sie wurde. Gemeinsam mit Ludwig Renn rief sie die Bewegung Freies Deutschland ins Leben und gab deren gleichnamige Zeitschrift heraus. 1942 erschien ihr wohl berühmtester Roman “Das siebte Kreuz” in einer englischen Ausgabe in den USA und auf deutsch in Mexiko. 1944 wurde er von Fred Zinnemann verfilmt. Der Erfolg von Buch und Film machten Anna Seghers weltberühmt.
1947 verließ sie Mexiko und kehrte nach Berlin zurück, wo sie anfangs als Mitglied der SED in West-Berlin lebte. In diesem Jahr wurde ihr der Büchnerpreis verliehen. 1950 zog sie nach Ost-Berlin. Sie wurde zum Mitglied des Weltfriedensrates und zum Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste berufen. 1951 erhielt sie den Nationalpreis der DDR und unternahm eine Reise in die Volksrepublik China. 1952 wurde sie Präsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR, was sie bis 1978 blieb. Als 1957 ihrem Verleger Walter Janka wegen angeblicher ‘konterrevolutionärer Verschwörung’ der Prozess gemacht wurde, schwieg sie ebenso wie 1961 beim Ausschluss von Heiner Müller aus dem Schriftstellerverband, 1976 bei der Ausbürgerung von Wolf Biermann und 1979 bei den Ausschlüssen von neun kritischen Autoren aus dem Schriftstellerverband. 1978 trat sie als Präsidentin des Schriftstellerverbandes zurück und wurde dessen Ehrenpräsidentin. 1981 wurde Anna Seghers die Ehrenbürgerwürde ihrer Geburtsstadt Mainz verliehen. Sie starb am 1. Juni 1983 und wurde nach einem Staatsakt in der Akademie der Künste auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt.

Berliner Straße

Fechnerstraße
Diese Straße war ursprünglich ein Weg mit der Bezeichnung “An der Trift”. 1947 wurde sie benannt nach dem Maler und Schriftsteller Hanns Fechner, der von 1860 bis 1931 lebte, und zwar die meiste Zeit in Wilmersdorf. Er hat das Dorf am Ende des 19. Jahrhunderts sehr lebendig beschrieben.

Gasteiner Straße

Goethe-Gymnasium, Foto: KHMM

Goethe-Gymnasium, Foto: KHMM

Gasteiner Str. 23 Goethe-Gymnasium
Das Goethe-Gymnasium wurde 1903/04 von Otto Herrnring als Mädchengymnasium erbaut. Es erhielt den Namen Viktoria-Luise-Lyzeum. Viktoria Luise wurde am13. September 1892 als einzige Tochter Kaiser Wilhelms II und Kaiserin Auguste Viktorias in Potsdam geboren. Den Namen Viktoria erhielt sie nach ihrer Großmutter, der Kaiserin Victoria. Den Namen Luise erhielt sie nach der preußischen Königin Luise. Bereits im Jahr ihrer Einschulung, 1899 wurde übrigens in Schöneberg der Viktoria-Luise-Platz nach ihr benannt. Wenig später 1904 also dann das Viktoria-Luise-Lyceum.
Sie heiratete 1913 den Herzog Ernst August von Braunschweig und starb 1980 in Hannover. Ihre Tochter Friederike wurde Königin von Griechenland.
Das Viktoria-Luise-Lyzeum wurde reich geschmückt. An der Fassade herrscht romanischer und orientalischer Zierrat vor. An der städtebaulich besonders auffälligen Ecke zur Uhlandstraße schließt sich ein niedrigeres ehemaliges Lehrerinnenseminar an. Die ursprüngliche Ausschmückung des Inneren ist weitgehend erhalten.
In dem Verwaltungsbericht der Großstadt Wilmersdorf von 1913 heißt es über den kommunalpolitischen Schwerpunkt Bildung:
“Für die ebenso rasche wie günstige Entwicklung Wilmersdorfs war nicht zuletzt die seit Mitte der 90er Jahre von ihm verfolgte Schulpolitik von erheblicher Bedeutung. Hierbei aber ging die Gemeindeverwaltung von der durch die Tatsachen später als richtig erwiesenen Ansicht aus, daß nach dem an sich keineswegs begüterten Wilmersdorf steuerkräftige Elemente nur dann in größerer Zahl zuziehen würden, wenn in ihm auch den Bedürfnissen eines solchen Zuzugs nach möglichst günstiger Gelegenheit zu Erziehung und Unterricht der Jugend gebührend Rechnung getragen sei.”
Um die steuerkräftigen Elemente also ging es, und um diese anzulocken, wurde vor allem in Bildungseinrichtungen investiert. Viele unserer heutigen Schulgebäude stammen aus der Zeit um 1900, und dieses Gymnasium ist eines der besonders aufwändig gebauten.
Vom 13. April 1917 bis Ostern 1918 besuchte Marlene Dietrich die Schule. Mit 16 verließ sie die Schule ohne Abitur und begann in Weimar eine Ausbildung zur Konzertgeigerin.

Gasteiner Str. 19: Feuerwache
Diese Feuerwache wurde 1909 von Philipp Nitze gebaut. Bereits 1874 war in Wilmersdorf eine Pflichtfeuerwehr eingerichtet worden, 1890 umgewandelt in eine Freiwillige Feuerwehr. 1906 wurde dann eine Berufswehr geschaffen, die 1909 in dieses Gebäude einziehen konnte. In den 90er Jahren wurde ein Neubau in der Barstraße geplant aber nie realisiert, so dass dies nach wie vor die Hauptfeuerwache in Wilmersdorf ist.

Eingang zum UCW, Foto: KHMM

Eingang zum UCW, Foto: KHMM

Sigmaringer Straße: UCW
Wir stehen vor dem Unternehmerinnen- und Gründerinnenzentrum Charlottenburg-Wilmersdorf, abgekürzt UCW. Ursprünglich stand an dieser Stelle das dörfliche Armenhaus, 1894 wurde hier das Rathaus Wilmersdorf gebaut. Es wurde im Zweiten Weltkrieg, 1944 fast vollständig zerstört. Die übrig gebliebenen Akten wurden in das benachbarte Goethe-Gymnasium geschafft, die Ruine später abgerissen. Das Verwaltungsgebäude für das Gesundheitsamt wurde 1955 zusammen mit der Bibliothek gebaut. Nach der Bezirksfusion von Charlottenburg und Wilmersdorf 2001 wurden die beiden Gesundheitsämter zusammengelegt und schließlich im Verwaltungsgebäude am Hohenzollerndamm 177 neben dem Rathaus Wilmersdorf untergebracht, so dass dieses Haus frei wurde. Und nun endlich konnten wir die Idee verwirklichen, ein Unternehmerinnennetzwerk zu gründen, in dem die Mieterinnen die Möglichkeit haben, durch gemeinsame Nutzung von Serviceangeboten Synergieeffekte zu erzielen, Aufträge firmenübergreifend anzunehmen, gemeinsam Marketingstrategien zu entwickeln und sich gegenseitig zu ergänzen.
Am 15. Juli 2005 übernahm die Gesellschaft für Stadtentwicklung GSE das Haus , und am 1. August 2005 wurde das Unternehmerinnen- und Gründerinnenzentrum Charlottenburg-Wilmersdorf UCW. eröffnet. Das Gebäude besteht aus 5 Etagen mit hellen Räumen, Anschlussmöglichkeiten für EDV und ISDN und teilweise Wasseranschlüsse. Das Haus ist behindertengerecht eingerichtet und verfügt in einem ruhigen Innenhof über Pkw-Stellplätze. Die Startmiete beträgt 6 EUR/m² brutto warm.
Anfang 2006 wurde in der 4. und 5. Etage das Atelierhaus Sigmaringer 1 mit 23. Künstlerinnen und Künstlern eröffnet.

Die Frauenbeauftragte Christine Rabe, Foto: KHMM

Die Frauenbeauftragte Christine Rabe, Foto: KHMM

Heute veranstalten wir hier die Frauenmesse und den Unternehmerinnentag. Die Mieterinnen des Hauses und rund 50 Ausstellerinnen präsentieren auf fünf Etagen die Vielfältigkeit und Kreativität des Unternehmerinnentums. Angeboten wird Kunst, Mode und Schönheit, aber auch über Gesundheit, Bildung, Architektur, Planung, Recht und Finanzen können Sie sich umfangreich informieren. Zahlreiche Veranstaltungen und Vorträge begleiten die Messe. Erholung, Essen und Trinken gibt es im Begegnungscafé in der 3. Etage. Dort haben Unternehmerinnen oder Existenzgründerinnen die Möglichkeit, beim Themen-Stammtisch an Gesprächsrunden teilzunehmen. Bevor die Disco um 19:00 Uhr eröffnet wird führt die Theatergruppe aus dem D3 Mädchentreff das Stück “Wer ist eigentlich Marie” auf.
Und jetzt verteilt unsere Frauenbeauftragte Christine Rabe rote Rosen zum Internationalen Tag der Frau.