250. Kiezspaziergang: Auf den Spuren der religiösen Vielfalt vom Julius-Morgenroth-Platz zur dänischen Christianskerken

250. Kiezspaziergang Oliver Schruoffeneger

Herzlich willkommen zu unserem letzten Kiezspaziergang im Jahr 2023. Dieser ist zugleich ein Jubiläum – denn wir begeben uns heute zum 250. Mal auf den Weg durch unseren schönen Bezirk. Ich bin Oliver Schruoffeneger, Bezirksstadtrat für Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen.

Ich würde sagen, nun starten wir in unseren Jubiläums-Spaziergang:

Die Wilmersdorfer Witwen sind weltberühmt. Als Inkarnationen von Antikommunismus und Fremdenfeindlichkeit treten Agathe, Kriemhild, Lotti und Martha in dem weltweit adaptierten Musical „Linie 1“ des Berliner Grips-Theaters auf, dessen Autor Volker Ludwig in Wilmersdorf aufwuchs. „Was nach uns kommt, ist schiete / denn wir sind die Elite“, da sind sich die schwarzen Witwen sicher, die in ein Berlin wie im Dritten Reich zurückwollen. Dieses satirische Klischee von Wilmersdorfer Weiblichkeit hat mit dem wirklichen Leben im Ortsteil nichts mehr zu tun, im Gegenteil. Wer mit offenen Augen durch die Straßen geht, sieht überall die Spuren eines bunten Mit- und Nebeneinanders der Nationen und Kulturen.
Zu seinen Besonderheiten gehört ein großer Anteil von Osteuropäern, darunter viele Auswanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und eine sehr sichtbare russische und ukrainische Community. Zwischen den Weltkriegen lebten schon einmal mehr als 300.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Russland in Berlin und „Charlottograd“ wurde zu einem kulturellen Zentrum der Emigranten. Auf eine ähnlich dramatische Flüchtlingswelle mussten Verwaltung und Zivilgesellschaft 2022 reagieren, als Russlands schwelender Krieg gegen die Ukraine eskalierte.

DG HZD und Julius-Morgenroth-Platz

Julius-Morgenroth-Platz

Wir stehen hier heute auf Julius-Morgenroth-Platz.

Der dreieckige Platz vor dem Dienstgebäude Hohenzollerndamm, das heute unter anderem die Kommunale Galerie und das Bürgeramt beherbergt, liegt zwischen dem Hohenzollerndamm und der Brienner Straße.
Am 2. September 1996 wurde der Platz vor dem Dienstgebäude nach Julius Morgenroth benannt. Morgenroth, der aus einer jüdischen Familie stammte, wurde am 19. Oktober 1871 in Bamberg geboren. Er studierte Medizin in Freiburg, Würzburg und München. 1897 ging er nach Berlin, wo er am „Institut für Serumprüfung“ Assistent des Serologen Paul Ehrlich wurde. Von 1906 wurde er Direktor der Bakteriologischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Charité in Berlin. Heute ist Morgenroth vor allem bekannt für die von ihm mitentwickelte Immunitätslehre sowie die Chemotherapie, als deren Mitbegründer er gilt. Im Verlauf seiner Forschungen fand Morgenroth im Chinin-Derivat Optochin ein hochwirksames chemotherapeutisches Medikament gegen Pneumokokken. Weiter sind seine Forschungen zu bakteriellen Erregern der Wundinfektionskrankheiten wie Streptokokken, Staphylokokken und Gasbrandbazillen bedeutend. Hier leistete Morgenroth insbesondere während des Ersten Weltkrieges Grundlegendes. Morgenroth starb mit nur 53 Jahren am 19. Oktober 1871 in Berlin.

Im Jahr 2000 wurde eine überlebensgroße Bronzeskulptur von Marko Marulic von Slavomir Drinkovic aufgestellt, ein Geschenk der kroatischen Partnerstadt Split.
Marulić, geboren 1450 in Split; 1524 dort vestorben war ein kroatischer Dichter und Humanist. Als Schriftsteller zog er das Lateinische zwar dem Kroatischen vor, gilt aber dennoch als Vater der kroatischen Literatur. Er war der erste, der Petrarca und Dante ins Kroatische übersetzte. Sein Lied “Das Gebet gegen die Türken” beschreibt, was die Kroaten bei den Angriffen der Türken erdulden mussten. Es galt jahrhundertelang als Vorbild für patriotische Poesie. Einmal im Jahr, am 18. August, treffen wir uns hier an der Statue mit Mitglieder der kroatischen Community, legen Blumen nieder und oft rezitieren Kinder dann Gedichte von Marulic.

Nun drehen wir uns einmal und schauen auf die gegenüberliegende Seite des Hohenzollerndamms – zur Hausnummer 33 – das Eckhaus.

250. Kiezspaziergang Hohenzollerndamm 33

Hohenzollerndamm 33

Das Wohnhaus in der Spitze zwischen Ruhrstraße und Hohenzollerndamm trat im Stadtbild auffallend hervor, weil man die Obergeschosse 1923-1928 zu einer russisch-orthodoxen Kirche mit Zwiebeltürmen umgebaut hatte. Sie wurde von den durch die Russische Revolution vertriebenen Emigranten genutzt, die sich zum Teil noch auf große Vermögenswerte stützen konnten.
Der Bau muss sehr auffällig gewesen sein, denn in seinem Buch: Kirchen, Moschee und Synagogen in Wilmersdorf zitiert Karl-Heinz Metzger aus einer Wilmersdorfer Zeitung:
„Man tritt in die im dritten Stock des Hauses gelegene Kirche ein. Wie eine Vision des Alten Rußland umfängt es den Besucher. Die Wände sind von glitzernden, kunstvoll in Messing und Emaille gearbeiteten heiligen Bildern übersät, die in prunkvollen Rahmen hängen… Draußen pfeift scharf der Novemberwind über den freien Platz, es ist wie am Newski-Prospekt. Aber es ist doch nur der Fehrbelliner Platz, der heute ein russisches Gesicht zeigt.“
1938 wurde das Gebäude von der Deutschen Arbeitsfront DAF übernommen und umgebaut. Die Russisch-Orthodoxe Gemeinde erhielt ein Ersatzgrundstück am Hohenzollerndamm 166, zu dem wir nachher noch kommen werden.
Heute gibt es hier ein Hotel und ein georgisches Restaurant.

Für uns geht es nun weiter zur Kommunalen Galerie (Hohenzollerndamm 176) – Dafür gehen wir hier links die Straße runter.

250. Kiezspaziergang Kommunale Galerie

Kommunalen Galerie

Unsere Kommunale Galerie Berlin ist seit 1974 ein aktuelles Forum für alle Sparten der Kunst der Gegenwart in Charlottenburg-Wilmersdorf und für die Kunstszene in der Stadt Berlin. Ob Projektraum für Künstlervereine oder erste Plattform für junge Positionen – die Kommunale Galerie Berlin fördert und unterstützt die Initiativen und eröffnet die Teilhabe am Kunstgeschehen für Alle. Ein Schwerpunkt im Ausstellungsprogramm ist die künstlerische Fotografie.
Die Kommunale Galerie Berlin präsentiert in zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen die große künstlerische Bandbreite und kulturelle Vielfalt von Künstlerinnen und Künstlern, die in Berlin leben und arbeiten. Hier ist übrigens auch die Artothek untergebracht, in der man sich -so wie in einer Bibliothek Bücher – Kunstwerke ausleihen kann.

Wir treffen uns für die nächste Station nun an der Russisch-Orthodoxen-Kathedrale am Hohenzollerndamm 166.

250. Kiezspaziergang Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungskathedrale

Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungskathedrale

Die Kirche wurde zwischen 1936 und 1938 von der Preußischen Bau- und Finanzdirektion durch Karl Schellberg am Hohenzollerndamm 166 auf dem heutigen Hoffmann-von-Fallersleben-Platz als Ersatz für einen Vorgängerbau am Hohenzollerndamm 33 Ecke Ruhrstraße errichtet, nachdem die Immobilie von der NSDAP beansprucht worden war.
Das Gebäude ist als dreischiffige Basilika im russisch-byzantinischen Stil mit Dachkuppel, runder Laterne und Zwiebelhaube, sowie vier kleinen Zwiebeltürmchen in den Dachzwickeln erbaut und wurde am 13. Mai 1938 eingeweiht.
Anfang 2011 erwarb die Russisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats das Grundstück, für das sie bis dahin einen Erbbaupachtvertrat hatte. Die Ikonostase stammt aus dem Vorgängerbau, ursprünglich aus einer alten Kirche bei Warschau. Die Kathedrale blieb im Zweiten Weltkrieg fast unbeschädigt. Am 25.11.1945 fand in der Kathedrale das erste Kirchenkonzert statt.

Russisch-Orthodoxe Gemeinden gab es im deutschen Raum bereits seit Beginn des 18. Jahrhunderts. Ausgehend von Kaufleuten, Diplomaten sowie Soldaten im Dienste Preußens entstanden diese Gemeinden. 1718 werden in Potsdam orthodoxe Kapellen errichtet. Ebenso entstanden Kirchen zu pastoralen Betreuung russischer Adliger. Dies waren z.B. Fürstinnen, die nach Deutschland verheiratet wurden und nun ihren Glauben weiterleben wollten.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führte zu Spannungen in der Gemeinde und stellte das religiöse Miteinander auf die Probe: Nicht nur die ukrainischen Gemeindemitglieder, auch viele Russischstämmige lehnten den prorussischen und antiwestlichen Kurs des Moskauer Kirchenoberhaupts Kyrill I. ab.

Für uns geht es nun zum Friedhof Wilmersdorf – wir treffen uns am Eingang zum Krematorium.

250. Kiezspaziergang Krematorium

Friedhof Wilmersdorf und Krematorium

Der Friedhof wurde als Städtischer Friedhof der Landgemeinde Deutsch-Wilmersdorf westlich des Ortskerns von Wilmersdorf südlich der Berliner Straße angelegt. Die Größe betrug damals ungefähr einen Hektar. Im Zentrum des Friedhofs wurde bis 1887 nach Entwürfen von Max Contag und Christian Havestadt eine Friedhofskapelle mit angeschlossener Leichenhalle in Klinkerbauweise errichtet. Von der Kapelle aus wurde der Friedhof mit einem rechtwinkligen Wegeraster erschlossen, wobei die Hauptwege als Alleen, hauptsächlich mit Linden und Platanen ausgeführt wurden. Der Friedhof wurde durch eine Friedhofsmauer abgeschlossen an welcher zahlreiche monumentale Erbbegräbnisstätten errichtet wurden.
Die Friedhofskapelle wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und nachfolgend abgetragen. Das Wegerondell, das um die Kapelle führte, besteht noch, der ehemalige Standort der Kapelle wurde mit Rhododendronbüschen bepflanzt. Die Alleen und die Außenmauern mit den Wandgräbern und Mausoleen sind in großen Teilen noch vorhanden. Der ehemalige Haupteingang ist heute der Nebeneingang an der Berliner Straße.
Zwischen 1906 und 1915 erfolgten mehrere Erweiterungen der Friedhofsanlage nach Süden, Westen und Osten. Die Gestaltungsprinzipien des Friedhofs wurden bei den Erweiterungen im Großen und Ganzen beibehalten. Die Entwürfe für die Erweiterungen werden Richard Thieme zugeschrieben. Nur durch eine rechteckige Wasserfläche und eine parkartig angelegte Gräbergruppe, die als „Hainbegräbnisplatz“ bezeichnet wurde, sind Auflockerungen im strengen Raster geschaffen worden. Die Wasserfläche ist später einem Unterstand gewichen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden an mehreren Stellen auf dem Friedhof Grabfelder für die zahlreichen Opfer des Krieges angelegt. Diese Gräber müssen entsprechend dem Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft dauerhaft erhalten bleiben.

Krematorium Wilmersdorf
Das Krematorium wurde 1919-22 von Otto Herrnring und Bettenstedt als klassizistischer Kuppelbau auf dem Gelände des Friedhofs Wilmersdorf errichtet.
Nach der Renovierung wurde das Krematorium am 27. Juli 1966 wiedereröffnet, 1990 aber für Verbrennungen geschlossen, die Trauerhalle ist nach wie vor in Benutzung.
Die Trauerfigur links neben dem Eingang stammt von dem Bildhauer Eberhard Encke. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Es ist zu ungemütlich heute, über den Friedhof zu spazieren. Ich empfehle Ihnen aber sehr, sich den Friedhof und die vielen eindrucksvollen Grabstätten einmal bei besserem Wetter anzusehen. Ich möchte Ihnen dennoch kurz etwas zu einigen Menschen sagen, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

D5: Ehrengrab Freifrau Margarethe von Witzleben
Die am 22. Februar 1853 in Dresden als Tochter eines adligen Rittergutsbesitzers geborene Freifrau Margarethe von Witzleben organisierte 1901 den ersten Gottesdienst für Schwerhörige und Ertaubte und gab damit den Anstoß für die Schwerhörigenbewegung in Deutschland und weltweit.
1995 erklärte der Berliner Senat das Grab Margarethe von Witzlebens auf dem Friedhof Wilmersdorf zur Ehrengrabstätte.

D7: Ehrengrab der Bundeswehr Markus Matthes
Markus Matthes wurde am 28. Mai 1977 geboren – gefallen in Afghanistan am 25. Mai 2011. Markus Matthes war ein deutscher Offizier und Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr. Er hatte als Kommandierender einer deutschen ISAF-Einheit am 3. Mai 2011 in Nordafghanistan einen Angriff von Taliban-Rebellen abgewehrt und war dabei selbst verwundet worden, verblieb aber auf eigenen Wunsch in Afghanistan. Am 25. Mai 2011 geriet sein Gefechtsfahrzeug in eine Sprengfalle. Markus Matthes starb an den Verletzungen. Sein Freund, der Weltmeister im Diskuswerfen, Robert Harting, widmete ihm seine in Südkorea am 30. August 2011 erkämpfte Goldmedaille.

C7: Ehrengrab Hildegard Wegscheider
Unter ihrem Mädchennamen promoviert Hildegard Ziegler im März 1898 als erste Frau zum Doktor der Philosophie. Eine Sensation und eine Provokation zugleich. Mit 21 legt sie ihr Lehrerinnenexamen ab, womit sie aber nur in Grundschulen unterrichten darf. Sie will mehr und legt 1894 als erste Frau in Preußen das Abitur ab. Aber die Zulassung zum Studium an der Berliner Universität lehnt der damalige Dekan mit dem Einwand ab: „Ein Student, der sich nicht besaufen kann – unmöglich!“ In Halle jedoch nimmt man sie auf. Bald darauf heiratet sie den Berliner Frauenarzt Dr. Max Wegscheider.
Die junge Wissenschaftlerin wird Mutter und setzt sich für die Rechte von Lehrerinnen ein: Das „heimliche Zölibat“, das nicht für männliche Lehrer gilt, soll auch nicht mehr für Frauen gelten. Bisher mussten Frauen, die heirateten, ihren Beruf aufgeben. 1900 gründet sie in Charlottenburg das erste Mädchengymnasium, von 1919-1921 sitzt sie für die SPD in der preußischen Landesversammlung, wird dann Abgeordnete im Preußischen Landtag bis 1933. Unter den Nazis werden ihr ihre Ämter entzogen, sie erhält Berufsverbot – doch nach dem Krieg arbeitet sie weiter mit ganzer Kraft, um die politischen und sozialen Veränderungen voranzutreiben. Für das Errungene – insbesondere das Grundrecht auf Bildung – erhält Hildegard Wegscheider 1952 das Bundesverdienstkreuz. 1953 starb sie im Alter von 81 Jahren.

C8: Ehrengrab Leon Jessel
Der 1871 in Stettin geborene Léon Jessel lebte von 1928 bis 1941 in Wilmersdorf in der Düsseldorfer Straße 47, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert. Sein Hauptwerk ‘Schwarzwaldmädel’ ist bis heute eine der populärsten deutschen Operetten. Die Tantiemen aus den Aufführungen kommen dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zugute, denn die Witwe gründete die Léon-Jessel-Stiftung und übertrug sie dem Bezirk Wilmersdorf. Bis heute werden aus der Stiftung vor allem bedürftige Familien unterstützt. Léon Jessel wurde als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt. Er starb am 4. Januar 1942 im Jüdischen Krankenhaus an den Folgen nationalsozialistischer Haft. Am 13. Juni 1986 wurde der Platz an der Wegenerstraße Ecke Fechnerstraße nach Léon Jessel benannt.

Viele der Gräber hier erinnern auch an die sogenannten “Millionenbauern”, die durch den Verkauf ihrer Äcker an Investoren in der Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts zu viel Geld kamen. Heute spiegeln sich einige dieser Familien noch in Straßennamen in Wilmersdorf wider: Blisse oder Mehlitz oder Schramm. Auch die Schramms waren eine alteingesessene Wilmersdorfer Bauernfamlie. Otto Schramm eröffnete um 1880 am Ufer des damaligen Wilmersdorfer Sees das Seebad Wilmersdorf und wenig später Schramms Biergarten. 1895 wurde die Seestraße umbenannt nach Otto Schramms Tochter Hildegard.

Bekannte Persönlichkeiten, die hier bestattet sind
  • Robert Biberti, Sänger bei den Comedian Harmonists
  • Der Neurochirurg Jörn Kubicki, Lebensgefährte des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, der an einer Corona-Infektion starb
  • Der Schauspieler Rudolf Platte, den vielleicht noch einige unter Ihnen noch kennen
  • Der Schriftsteller und Heimatforsscher Kurt Pomplum und der
  • Schauspieler Wolfgang Völz, unvergessen als die Stimme vom Käptn Blaubär

Wir verlassen nun den Friedhof und treffen uns an der Berliner Moschee, wo wir von Iman Imam Amir Aziz empfangen werden

250. Kiezspaziergang Berliner Moschee

Moschee an der Brienner Straße

1922 gründete der Inder Maulana Sadr-ud-Din in der Giesebrechtstraße 5 in Charlottenburg die Berliner Gemeinde der Lahore-Ahmadiyya-Bewegung zur Verbreitung islamischen Wissens und initiierte den Bau der dieser Moschee. Die “Ahmadiyya Anjuman” ist eine Religionsgemeinschaft mit Sitz in Lahore (heute in Pakistan). Die Moschee wurde 1924-28 von Karl August Herrmann für nach dem Vorbild des indischen Taj Mahal im Mogulstil” mit einem Nebenhaus für den Imam erbaut.
Über dem Kubus des Unterbaus erheben sich die zentrale Kuppel, Kioske und Türmchen. Zwei symmetrisch angeordnete Minarette sind durch Blendmauern verbunden. Einweihung war bereits am 23. März 1928. Damit ist diese Berliner Moschee die älteste existierende Moschee Deutschlands. Seit 1928 ist hier Deutsch die Sprache für Predigten und Vorträge. 1934 wurde in der Moschee das erste deutsche Ehepaar, das dem Islam beigetreten war, getraut: Abdullah Dayer und Fatima Adaresh. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Moschee stark beschädigt, nachdem deutsche Maschinengewehrschützen auf den Minaretten Stellung bezogen hatten und sie deshalb von der Roten Armee beschossen wurde. Die Kuppel erhielt einen Artillerietreffer, und die Minarette stürzten ein.
In der Nachkriegszeit wurde die Moschee mit Hilfe der Alliierten und mit Spenden aus Lahore wieder komplettiert, später auch mit Mitteln des Berliner Denkmalschutzes restauriert. Am 24. Juni 1952 wurde sie vom Berliner Imam Mohammed Aman Hobohm wiedereröffnet.
Von 1959 bis 1986 leitete Maulana Muhammad Yahya Butt die Moschee. Am 17. November 1990 wurde die Gesellschaft zur Erhaltung der Moschee e.V. gegründet. Seit 1993 steht die Moschee unter Denkmalschutz. In der Nacht zum 8. Januar 2011 wurde ein Brandanschlag auf die Moschee verübt, bei dem ein Sachschaden entstand.
Seit 2010 finden wieder regelmäßige Gottesdienste statt; das Freitagsgebet mit Predigt wird jeden Freitag um 13.15 Uhr abgehalten. Gottesdienste, Führungen oder Bildungsveranstaltungen können nach Absprache mit dem Berliner Imam Amir Aziz vereinbart werden.

Ein paar Häuser weiter macht ein hölzerner Glockenturm am Straßenrand auf die 1967 eingeweihte Christianskirken aufmerksam, das schlichte Gotteshaus der dänischen Auslandsgemeinde in der Brienner Straße 12. Dort ist nun unsere letzte Station heute.

Dänische Christianskirken - Dänische Gemeinde

Dänische Christianskirken - Dänische Gemeinde

Nach der französischen zog in den 60er-Jahren auch die dänische Gemeinde nach Wilmersdorf, wo sie am 15. Oktober 1967 ihre Kirche in der Brienner Straße 12 einweihen konnte.
Mehr zur Christianskirken und seiner Gemeinde erzählt uns heute Pfarrer Thomas Buelund.
Zur Geschichte:
Was die Kirche und ihre Gemeinde Pfarrer Kraglund schrieb dazu: “Während sich heute etwa 500 dänische Staatsbürger in Berlin aufhalten, waren es Anfang dieses Jahrhunderts 2000. Die relativ große Zuwanderung um die Jahrhundertwende wurde ausgelöst durch Berlins große Anziehungskraft. Außerdem war Berlin eine natürliche Zwischenstation, wenn der Skandinave nach Süden zog. Als junge dänische Handwerker, Ingenieure, Geschäftsleute und Studenten der schönen Künste in die weite Welt zogen, um ihr Wissen zu mehren, führte buchstäblich kein Weg an Berlin vorbei.
Es waren Handwerker, die 1880 den ersten dänischen Verein in Berlin gründeten, „Freja“. (In der nordischen Mythologie ist Freja die Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit.) Die Vereinigung „Freja“ trifft sich heute in den Räumlichkeiten der „Christianskirke“ in der Brienner Straße.
Auf Initiative der Vereinigung „Freja“ und des CVJM – Christlicher Verein Junger Menschen – wurden die ersten skandinavischen, und später auch dänischen, Gottesdienste in Berlin durchgeführt. Zwar war vieles vertraut, wenn man die Gottesdienste der deutschen evangelischen Kirche besuchte, aber man vermisste doch das Evangelium in der Muttersprache zu hören, wie die vertrauten dänischen Kirchenlieder zu singen.
Im Jahre 1896 wurde zum ersten Mal von einem dänischen Pastor ein Gottesdienst in Berlin durchgeführt. Dieser fand beim CVJM in der Wilhelmstraße 34 statt. In den folgenden Jahren nahm das dänische Kirchenleben in beträchtlichem Umfang zu. Es sollten jedoch noch einige Jahre vergehen, bevor die Dänen ihre eigene Kirche erhielten.

1912 gründeten Dänen in Berlin ihre eigene Kirchengemeinschaft, zugehörig zur evangelisch-lutherischen „Folkekirke“ Dänemarks. Da die dänische Gemeinde nicht über ausreichende Mittel verfügte, um eine eigene Kirche zu bauen, mietete man Räumlichkeiten bei der böhmisch-lutherischen Gemeinde, deren Gemeindesaal in der Neuenburger Straße 3, in der Nähe des Halleschen Tores, lag. Der Saal war ein umgebauter Pferdestall – und ein früherer Stall als Rahmen um die Gottesdienste einer christlichen Gemeinde ist eigentlich sehr besinnlich.
Im Jahre 1928 konnte die dänische Gemeinde in Berlin ihre eigene Kirche einweihen, „Christianskirken“ benannt nach dem dänischen König. Während der Zeit des Nationalsozialismus war die dänische Kirche Sammelpunkt und Zufluchtstätte für viele Pfarrer und Theologen aus der Bekennenden Kirche. Obwohl die Kirche bis 1965 am selben Ort lag und während des Krieges trotz der Nähe zum Anhalter Bahnhof (heute Hauptbahnhof) nicht zerstört wurde, musste sie ihr Briefpapier oft ändern. Denn die Königgrätzer Straße wurde erst in Stresemannstraße, dann in Saarlandstraße umbenannt. Heute heißt sie wieder Stresemannstraße. Die Gemeinde musste ihre Kirche und ihr Grundstück 1965 an die Deutsche Bundespost verkaufen und sich nach einem neuen Ort umsehen.
Man entschloss sich für die Brienner Straße 12, wo nur noch die Ruinen eines Altersheimes der schwedischen Victoriagemeinde übriggeblieben waren. Unter der energischen Leitung des damaligen Pfarrers, Olav Refshauge, begann die dänische Gemeinde den Bau der neuen Kirche, die am 15. Oktober 1967 eingeweiht werden konnte. Da die dänische Gemeinde selbsttragend ist und keine Zuschüsse erhält, konnte das Bauvorhaben nur unter großen Schwierigkeiten durchgeführt werden.
So kam die dänische „Christianskirken“ nach Wilmersdorf.
Hier treffen sich Dänen in Berlin mit ihren Angehörigen zum Gottesdienst und zu vielen anderen Veranstaltungen. Die Evangelische Studentengemeinde der Freien Universität fragte, ob sie ihre Gottesdienste und das anschließende Beisammensein in der „Christianskirke“ durchführen dürfte. Im Gegensatz zu den dänischen Gottesdiensten, die immer in dänischer Sprache stattfinden, ist die Sprache bei den Gottesdiensten der Studentengemeinde deutsch.
1970 stiftete der Verleger Axel Springer die Orgel der „Christianskirke“ zum Gedenken an den dänischen Pastor und Dichter Kaj Munk, der 1944 von der Gestapo in Dänemark ermordet wurde. An der Orgel ist eine Plakette befestigt mit den Worten: „Die Kirche ist und bleibt der Ort, wo Barmherzigkeit geübt werden soll als der Quelle des Lebens, als der Herzschlag der Menschheit.“ Kaj Munk.“

Wir haben in diesem Jahr wieder 12 wunderbare so unterschiedliche Spaziergänge gemacht und ich hoffe, dass ich Sie auch alle im neuen Jahr begrüßen darf.

Bevor wir uns aber unserem heutigen Kiezspaziergang widmen, möchte ich schon einmal auf den nächsten Hinweisen: Der 251. Spaziergang findet am 13. Januar 2024 statt und führt durch Schmargendorf. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Dorfkirche.

Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Vorweihnachtszeit und ein schönes Weihnachtsfest. Bleiben Sie gesund und rutschen Sie gut ins neue Jahr.