236. Kiezspaziergang: Die kleine Grunewaldseenkette - Idyll zwischen Wald und Villen

Wanderroutenkarte Kleine Grunewaldseen

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 236. Kiezspaziergang. Ich bin Detlef Wagner, Stadtrat für Gesundheit und Jugend und gemeinsam wollen wir heute einen herbstlichen Spaziergang mit einer kleinen Seentour machen – Unsere Route umschließt den Halensee, den Koenigs-und Dianasee, den Hertha- und Hubertussee.

Friedenthalpark

1. Station: Friedenthalpark (ehem. Halenseepark) und Halensee

Wir stehen hier im Friedenthalpark. 1882 eröffnete Paul Saeger hier sein “Wirtshaus am Halensee”. Theodor Fontane machte es zum Ziel einer Landpartie in seinem Roman “Frau Jenny Treibel”, der von 1888 bis 1891 entstand. An der Stelle von Saegers Wirtshaus wurden 1904 die “Terrassen am Halensee” als Vergnügungsgelände mit orientalisierender Fantasiearchitektur eröffnet und seit 1910 erfolgreich als “Lunapark” betrieben – mit jährlich wechselnden Attraktionen wie Shimmytreppe, Cakewalk-Maschine, Wasserrutschbahn, Gebirgsbahn, Wirbelschaukel, Teufelsscheibe, Somalidorf usw. Am 16. Mai 1927 wurde das legendäre Wellenbad als größte Schwimmhalle Europas eröffnet. 1934 wurde der Lunapark durch die Nationalsozialisten als “Schandfleck des Westens” geschlossen und abgerissen. Stattdessen wurde 1938 ein Teil des Geländes von Joseph Pertl als Landschaftspark gestaltet und ein Teil zum Bau einer Straße zum damaligen Reichssportfeld, dem heutigen Olympiagelände genutzt.
Heute führt die Halenseestraße als Autobahnzubringer mitten durch das Gelände.
1997 wurde der Park nach dem preußischen Staats- und Landwirtschaftsminister Karl Rudolf Friedenthal benannt. Nach Friedenthal war bereits 1908 in Schmargendorf eine Straße benannt worden. Als die Nationalsozialisten alle nach Bürgern jüdischer Herkunft benannten Straßen umbenannten, erhielt diese Friedenthalstraße am 16. Mai 1938 den Namen Schellendorffstraße. Eine Gedenktafel oben am Eingang zum Park informiert über den Politiker.

Karl Rudolf Friedenthal
15.9.1827 – 7.3.1890
Preußischer Politiker und Unternehmer
1867 Mitbegründer der Freikonservativen Partei
1871-1881 Reichtagsabgeordneter
1874-1879 preußischer Landwirtschaftsminister
1938 wurde in Wilmersdorf die nach Friedenthal
benannte Straße wegen seiner jüdischen Herkunft
von den Nationalsozialisten umbenannt in Schellendorffstraße

Auch wenn das Baden hier verboten ist, wird die Wiese gern von FKK-Anhängern genutzt.

Halensee

Halensee

Die Kleine Grunewaldseenkette, zu der auch der Halensee gehört, besitzt keinen natürlichen Zufluss, sondern speist sich aus Grund- und aus Regenwasser. Auch um den Wasserstand zu halten, wird ein Großteil der umliegenden Straßenzüge in die Seen entwässert. Das abgeleitete Regenwasser nimmt von den versiegelten Flächen Partikel auf, die in den See eingeleitet werden. Das können Staub, Laub, Reifenabrieb, Abfall oder auch Hundekot sein. Auf diese Weise gelangen Nährstoffe, Keime, Sedimente und Schadstoffe in die Seen. Dies führt zur Belastung der Gewässer, insbesondere bei Starkregen. Der hohe Nährstoffgehalt führt in der Folge zu teilweise übermäßigem Pflanzenwachstum in den Gewässern.

Der Halensee ist mit rund 56.000 Quadratmetern der größte See der kleinen Grunewaldseenkette. An seiner tiefsten Stelle misst der See etwa sieben Meter.
Das Gesamteinzugsgebiet für das Straßenabwasser in den Halensee beträgt 672.950 Quadratmeter, mehr als das Zehnfache der Seefläche selbst.

Wegen des verschmutzten Wassers war das ehemalige Freibad Halensee etwa zehn Jahre lang geschlossen und Baden im See seit 2003 verboten. Inzwischen ist das Freibad Halensee den Sommer über wieder geöffnet, wird allerdings privat betrieben. Am Ufer zum Friedenthal-Park kann man ein Schilfbecken sehen. Es ist Teil einer Bodenfilteranlage, die 2007 in Betrieb genommen wurde. Die Anlage kann jährlich 85 Millionen Liter Regenabflüsse von 28 Hektar Straßenfläche klären. Sie reinigt die darüber eingeleiteten Straßenabwässer von Nährstoffen, Sedimenten und weiteren Schadstoffen bis zu 80 Prozent. Die Wasserqualität des Halensees hat sich seit der Einrichtung des Retentionsbodenfilters bereits verbessert, was an der größeren Sichttiefe zu erkennen ist.
Übrigens: Auch wer das Entenfütterungsverbot an den Seen befolgt kann etwas zur Verbesserung der Wasserqualität beitragen. Das natürliche Nahrungsangebot für Vögel und Fische ist hoch und unnötiges Futtermaterial trägt zur Nährstoffanreicherung und somit Verschlechterung der
Wasserqualität bei.

Wir spazieren jetzt über den Uferwanderweg unterhalb der Trabener Straße. Achtung, dieser Weg ist nicht barrierefrei!

Halensee Uferweg

2. Station Holzpfad am Halensee entlang:

Wir sehen hier einen Plankenweg, der uns ein Stück direkt am Ufer des Halensees entlangführt. Planungen zu einem Uferwanderweg entlang der Grunewaldseen bestanden bereits in den 1920er-Jahren, konnten jedoch nie realisiert werden. Ende der 1970er-Jahre griff der Bezirk Wilmersdorf die Idee im Rahmen eines Landschaftsplans auf und machte zunächst die Uferbereiche der landeseigenen Grundstücke öffentlich zugänglich. Durch Zukäufe kamen in den 1980er- und 1990er-Jahren weitere Teile dazu. Die Gesamtlänge des Uferwanderwegs Grunewald soll 3,5 Kilometer betragen und die Innenstadt entlang der kleinen Seen auf einem durchgehenden Weg mit dem Forst Grunewald verbinden. Bis zum Jahr 2003 waren knapp zwei Kilometer fertiggestellt. Seitdem stagniert der Ausbau, da Mittel für weitere Ankäufe erst einmal nicht vorhanden sind.
An dieser Stelle können Sie besonders gut sehen, wie schwierig die Anlage eines solchen Uferwanderweges ist. Die Berliner Wasserwerke bauen hier seit Anfang des Jahres in Abstimmung mit dem Bezirksamt ein neues Stück als Kompensation für die durch den Bau der Filteranlage verloren gegangene Erholungsfläche. Eine Holzbrücke führt über den Auslauf des Regenwasserklärbeckens. Der Weg muss hier teilweise mit einer Steganlage um private Ufergrundstücke herumgeführt werden. Schließlich mündet er in einen Zugangsweg neben der Trabener Straße 70 mit Freitreppe und Kinderwagenrampe.

236. Kiezspaziergang - Detlef Wagner

3. Station: Hier an der Erbacher Straße 1-3 machen wir wieder eine kleine Verschnaufpause

Das Eingangstor zum Gebäude Erbacher Straße 1-3 ist ein gutes Beispiel für die oft prachtvolle Bebauung der Grunewalds. Das Eingangsportal erinnert noch an die frühere Villa des Bankiers und Politikers Bernhard Dernburg von 1901. Hinter dem Haus ließ Dernburg einen landschaftlich gestalteten Garten anlegen, der bis zum Halensee reichte. Durch umfangreiche Baumaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Villa und das Grundstück leider stark verändert.

Wir sehen uns gleich wieder vor dem Haus Baraschstraße 6

4. Station: Baraschstraße. 6: Haus von Rainer Kriester

Seit den 60er-Jahren lebte hier bis zu seinem Tod 2002 der Bildhauer Rainer Kriester. Im Garten ist eine Auswahl seiner Skulpturen aufgestellt. Ein großer Teil seiner Arbeiten beschäftigten sich mit abstrahierten Köpfen, die vorwiegend durch Stachel und Nägel gestaltet sind und die er auch als Stelen oder Kopfzeichen bezeichnete. Zwei Köpfe von Rainer Kriester wurden 1989 auf dem Theodor-Heuss-Platz zwischen Kaiserdamm und Masurenallee aufgestellt.

Die Baraschstraße hieß übrigens bis 2021 Wissmannstraße.
2020 hat die Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf eine Initiative mit dem Ziel der Umbenennung der Wissmannstraße beschlossen. Seit vielen Jahren engagieren sich Initiativen für einen kritischen Umgang mit Straßennamen aus einem kolonialen Kontext und haben eine öffentliche Auseinandersetzung mit deutscher Kolonialgeschichte mit angestoßen. Die Straße in Grunewald wurde noch zu seinen Lebzeiten nach Hermann von Wissmann (1853-1905) benannt. Wissmann hatte als Befehlshaber von Kolonialtruppen 1889/1890 den Widerstand der Küstenbevölkerung in Ostafrika niedergeschlagen. In einem gewaltsamen Feldzug nahm er das Gebiet ein, das 1891 offiziell zur Kolonie Deutsch-Ostafrika, heute Tansania, erklärt wurde.
Der Straßenname ehrt seit 2021 die jüdischen Eheleute Irene und Arthur Barasch, die bis zu ihrer Flucht und Deportation mit ihren Kindern Else und Werner in ihrem Haus an der Wissmannstraße 11 gelebt haben.

Wir gehen jetzt schräg gegenüber in den Rhoda-Erdmann-Park bis hinunter zum Koenigssee

Rhoda-Erdmann-Park

5. Station Rhoda-Erdmann-Park und Koenigssee

Die kleine Parkanlage trägt seit 2012 den Namen einer sehr interessanten Frau. Auf die Namensgeberin Rhoda Erdmann (1870-1935) geht die Institutionalisierung der experimentellen Zellforschung in Deutschland zurück. An der Berliner Universität setzte sie die Gründung einer Abteilung und später eines eigenständigen Instituts für experimentelle Zellforschung durch. Zunächst arbeitete sie als Lehrerin. Um Oberlehrerin zu werden, studierte Rhoda Erdmann bis 1908 Zoologie, Botanik und Mathematik an der Berliner Universität. Frauen war es in Preußen zumeist nur über diese Oberlehrerinnenkurse möglich, ein reguläres naturwissenschaftliches Studium zu absolvieren. 1908 promovierte sie und arbeitete dann als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin am Institut für Infektionskrankheiten bei Robert Koch. Da ihr Habilitationsantrag 1913 negativ beschieden wurde, nahm sie ein Stipendium als Research Fellow an der Yale University in New Haven/USA an und arbeitete sich in die modernsten experimentellen Methoden der Zellforschung und Gewebezüchtung ein. In Berlin zurück, habilitierte sie sich 1920 als zweite Frau in Deutschland. 1924 wurde sie zur nichtbeamteten, 1929 zur beamteten außerordentlichen Professorin ernannt. Im darauffolgenden Jahr wurde ihre Abteilung für experimentelle Zellforschung (am Institut für Krebsforschung der Charité) zum selbständigen Universitätsinstitut. Sie war Begründerin und Herausgeberin der Zeitschrift Archiv für experimentelle Zellforschung. 1933 wurde sie aufgrund einer Denunziation gegen ihre Person zwei Wochen inhaftiert. 1935 wurde ihr mitgeteilt, dass sie “aus prinzipiellen Gründen” keine Vorlesungen mehr halten dürfe. Da sich Rhoda Erdmann der Probleme von Frauen in der Wissenschaft bewusst war, gründete sie den “Verband deutscher Hochschuldozentinnen”. 1997 etablierte die Freie Universität Berlin das Rhoda-Erdmann-Programm, ein Weiterbildungsprogramm für Nachwuchswissenschaftlerinnen.

Seit 2014 werden in dieser Parkanlage im Rahmen des Projektes “Citybiotop” zur Initiierung ehrenamtlicher Arbeit diverse Maßnahmen umgesetzt. Das Projekt verfolgt die Idee mit bürgerschaftlichem Engagement die Artenvielfalt im Bezirk zu erhöhen und somit eine natürliche Stadtnatur zu fördern. So wurde z. B. der Japanische Staudenknöterich entfernt und die Fläche mit vorwiegend heimischen Blütenpflanzen und Gehölzen bepflanzt. Für blütenbestäubende Insekten wurde ein Insektenhotel aufgestellt und für im Boden nistende Wildbienen wurde eine Sandfläche geschaffen.

Koenigssee_2022

Koenigssee

Der 2,2 Hektar große See ist einer der vier 1889 zum Ausbau der Villenkolonie Grunewald künstlich angelegten Seen. Er wurde – wie die gleichnamige Allee – nach dem Bankier und Mäzen Felix Koenigs benannt, der von 1846 bis 1900 lebte.

Die Anlage von Koenigssee, Dianasee, Herthasee und Hubertussee diente einerseits zur Trockenlegung des übrigen Grunewaldgebietes. Zum anderen konnte man dadurch begehrte und entsprechend teure Seegrundstücke gewinnen. Die vier Seen wurden innerhalb eines Jahres von polnischen Gastarbeitern ausgegraben und durch artesische Brunnen, das heißt, Brunnen, dessen Wasser durch den Überdruck des Grundwassers selbständig aufsteigt, mit Wasser gefüllt.
Diese Seen werden von zwei ehemaligen Schmelzwasserrinnen durchzogen. Die erste Rinne ist eine Nebenrinne der Havelseenrinne, die in Nord-Süd-Richtung gelegen ist. In ihr ist der Halensee, der Koenigssee und der Dianasee enthalten.
Eine zweite Rinne verläuft etwa vom Schöneberger Rathaus in westlicher Richtung auf die erste Rinne zu. In ihr liegen der Fennsee, der Hubertussee und der Herthasee. Die Rinnen entstanden im Verlauf der Eiszeit, also von etwa 600.000 bis 12.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung.

Zur Stabilisierung der Wasserstände in den Seen und zur Minimierung der negativen Einflüsse der Straßenabwassereinleitungen aus dem Kanalnetz der Berliner Wasserbetriebe wurde die Oberflächenwasseraufbereitungsanlage Beelitzhof (OWA) und die zugehörigen Pumpstationen in Betrieb genommen. Damit ist es seit 1981 möglich, die Kleine Grunewaldseenkette mit entphosphatisiertem Wasser aus dem Wannsee zu durchströmen. Somit hat sich die Gewässersituation verbessert. Ein Nachteil der Durchströmung ist der Export von beträchtlichen Nährstoffmengen aus den oberhalb gelegenen Seen.

Die Ufer der neu geschaffenen Seen wurden befestigt und so bepflanzt, dass man ihre Künstlichkeit nicht wahrnahm. Mit ihren geschwungenen Uferlinien lag der optische Unterschied zu dem natürlich entstandenen Halensee lediglich in ihrer geringen Breite und einer Tiefe von durchschnittlich nur eineinhalb Metern. Das bei dem Aushub anfallende Erdreich nutzte man für Aufschüttungen der Ufer, so dass die Seeparzellen zum Teil beträchtlich zum Wasser hin abfallen.

Wir gehen jetzt weiter bis zur Koenigsalleebrücke

236. Kiezspaziergang - Villa Walther

6. Station: Koenigsalleebrücke und Villa Walther

Die 1892 gebaute Koenigsalleebrücke führt im Zuge der Koenigsallee über den Kanal, der den Koenigssee mit dem Herthasee verbindet. Die als Klinkergewölbe errichtete Brücke ist 21 Meter lang und 18 Meter breit. Das schmiedeeiserne Geländer wird von Blumenmotiven geziert. Vier ursprünglich vorhandene Kandelaber wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen.

Gegenüber an der Koenigsallee 20a Ecke Delbrückstraße steht die Villa Walther.
Die Villa an der Koenigsallee Ecke Delbrückstraße wurde 1917 von dem Königlichen Baurat Wilhelm Walther für einen russischen Adligen erbaut, der nach dem Krieg nicht mehr bezahlen konnte. Walther hat sich durch den Bau der “maßlosen Villa” ruiniert und soll sich nach der Fertigstellung im Turm erhängt haben.
Der Architekt Wilhelm Walther war ein Hauptvertreter des Eklektizismus, das heißt einer Mischung verschiedenster Stile. Er wurde bekannt durch den Bau von Versicherungspalästen, Industriebauten und Mietvillen in Berlin, und er war auch im Grunewalder Baugeschäft engagiert. Mit dieser Villa errichtete er ein städtebauliches und künstlerisches Lehrstück seiner eigenen Architekturauffassung.
1918 wurde das Haus von einem Fabrikbesitzer erworben und als Wohnhaus mit Mietwohnungen genutzt. 1938 wurde das Gebäude dann vom Finanzministerium erworben, das hier die “Reichsfinanzschule” unterbrachte. Im Zweiten Weltkrieg zerstörte ein Bombentreffer 60 Prozent der Bausubstanz.
Nach dem Krieg wurde der erhaltene Gebäudeteil in mehrere Wohnungen aufgeteilt. Die Oberfinanzdirektion Berlin als Eigentümerin beabsichtigte seit Ende der 60er-Jahre, das Restgebäude wegen seiner Unwirtschaftlichkeit abbrechen zu lassen und das Grundstück auf dem Immobilienmarkt zu veräußern. Der Denkmalschutz konnte das allerdings verhindern. 1980 erwarb das Land Berlin das Grundstück. 1985-1988 wurde die Villa nach langjährigem, ruinösen Leerstand durch den Architekten Gottfried Böhm restauriert, erweitert und ausgebaut.
Heute sind in der Villa Walther die Botschaft der Republik Kosovo und Wohnungen der Fellows des Wissenschaftskollegs und ihren Familien untergebracht. Hinter dem Haus befindet sich ein kleiner öffentlicher Park. Dieser ist Teil der 1912 entstandenen Gartenanlage, die ebenfalls von Wilhelm Walther stammt.

Wir biegen jetzt links in die Delbrückstraße ein und spazieren bis zur Bismarckbrücke und steigen links an der Brücke hinunter zum Herthasee, wo es eine kleine öffentliche Grünanlage gibt

Herthasee

7. Station: Die Bismarckbrücke und Grünanlage am Herthasee

Die Bismarckbrücke ist ein Baudenkmal und stammt von 1891. Die Brückenbögen und die Pfeiler der Brückenunterkonstruktion bestehen aus Mauerwerk. Vier steinerne Vasen, die die verzierten und in die Höhe durchgezogenen Grundpfeiler krönen, und vier Obelisken des Bildhauers Max Klein schmücken die dekorativen Brückenwangen aus Buntsandstein. Kolossale Sphingen aus dem gleichen Stein, von Klein als Fabelwesen aus einer Mischung ägyptische Sphinx und gründerzeitlichem Frauenbild geschaffen, bewachen die Brückenköpfe. Eine eiserne Gitterbrüstung fügt sich harmonisch in das steinerne Kunstwerk ein.

Er war ursprünglich nicht geplant, die Ufer der Kolonie Erholungssuchenden zur Verfügung zu stellen. Für diese glaubte man mit dem Grunewaldsee, dem Südufer des Hundekehlesees sowie dem nördlichen Halensee und seiner öffentlichen Badeanstalt ausreichend Ufer, bzw. Seeanteile bereitgestellt zu haben. So ist der Herthasee, auf den wir an der Koenigseebrücke bereits einen kleinen Blick werfen konnten, fast vollständig von Privatgrundstücken umgeben und nur an wenigen Stellen zugänglich. Er hat eine Fläche von etwa 13.000 Quadratmetern und wird vom Koenigssee gespeist, mit dem er durch einen rund 30 Meter langen Kanal verbunden ist.
Auch dieser See wurde 1889 zur Trockenlegung des sumpfigen Gebietes beim Bau der Villenkolonie Grunewald ausgehoben.
Die bei der Gründung der Kolonie gültigen Baubestimmungen sicherten die landschaftlichen Qualitäten des Villengebietes. So wurden die Seeufer und die Hangbereiche von Bebauung freigehalten und eine Bebauungshöchstgrenze von 30 Prozent der Grundstücksfläche eingeführt. Gehörten die ersten 1890 bebauten Flächen noch zu den kleineren Grundstücken mit einer Größe zwischen 700 und 3.500 Quadratmetern, so entstanden in den darauffolgenden 15 Jahren gärtnerisch kultivierte Anlagen mit Ausmaßen zwischen 5.000 und 23.000 Quadratmetern bis hin zur extremsten Ausbreitung von annähernd 80.000 Quadratmetern Gartenfläche. Entsprechend großzügig war die Bepflanzung mit Waldbäumen möglich. Diese großen Grundstücke waren vor allem an den Uferbereichen der Seen zu finden, vor allem an den Nord- und Ostufern, da dort eine optimale Ausnutzung der Sonneneinstrahlung möglich war.
Veränderte Baubestimmungen nach 1959 führten zur zunehmenden baulichen Verdichtung und zur teilweisen Zerstörung des traditionellen Landschaftsbildes. Dadurch wurden der ökologische sowie der Erholungs- und Wohnwert beeinträchtigt. Prägende Landschaftselemente wie die Hangkanten zu den Seen, der Waldbaumbestand und die großzügigen Grundstücksfreiflächen sind heute zum Teil vollständig verschwunden.
Durch intensive Nutzung wird auch der empfindliche Uferbereich geschädigt. Die Bebauung im Hangbereich bewirkt die Zerstörung gewachsener Böden. Die charakteristische Bepflanzung von Grundstücken mit typischen Waldbaumarten ist in den vergangenen Jahren immer weiter zugunsten von modischen Gehölzen zurückgegangen. Großkronige Laubbäume, die ehemals prägende Waldkiefer oder landschaftstypische Sträucher werden kaum noch gepflanzt. Immer mehr Flächen werden befestigt und versiegelt. Das führt zu einer starken Einschränkung der typischen, zum Teil seltenen und gefährdeten Pflanzen- und Tierarten. Der Bestand an Fröschen, Kröten und einigen Vogelarten geht stetig zurück.
Im Rahmen des Landschaftsplanes wird versucht, dem entgegen zu wirken und die Qualitäten des Gebietes zu sichern.
Entlang der Seeufer wurde eine rund 35 Meter breite Uferschutzzone festgesetzt, für die besondere Schutz- und Pflegemaßnahmen anzuwenden sind.
Der verstärkte Laubfall in die Seen führt zu Verschlammung und Sauerstoffverzehr beim biologischen Abbau. Deshalb sind Abholzungen an den Ufern wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität. Bei Abholzmaßnahmen gibt es oft Proteste, wenn dieser Zusammenhang und die Bedeutung für die Seen nicht bekannt sind.

Hubertussee

Hubertussee

Das gesamte Südufer des Hubertussees ist auf einer Länge von 730 Metern inzwischen für den Uferwanderweg aufbereitet. Der langestreckte See hat eine Gesamtfläche von etwa 25.00 Quadratmetern und wird vom Herthasee gespeist, mit dem er, wie unter der Brücke sehen können, durch einen Graben verbunden ist. Im See liegt sogar eine kleine Insel. Die östlich angrenzende Hubertusallee ist Teil des früheren Reitweges, auf dem die Kurfürsten vom Berliner Stadtschloss über den ehemaligen Knüppeldamm Kurfürstendamm zur Jagd in den Grunewald und zum Jagdschloss Grunewald ritten.

Hasensprungbrücke

8. Station Hasensprung

Die 1920 errichtete Hasensprungbrücke überquert im Zuge des Promenadenweges zwischen Koenigsallee und Winklerstraße die enge Verbindung von Dianasee und Koenigssee. Der Name des Fußweges nach einer Weinlage im Rheingau gab 1924 den gestalterischen Anstoß für die beiden spiegelbildlichen Steinfiguren auf der Brückenbrüstung.

Dianasee, 21.7.2009, Foto: KHMM

Dianasee

Auch der Dianasee ist einer der vier 1889 beim Ausbau der Villenkolonie Grunewald künstlich angelegten Seen. Der kleine, längliche See mit einer Fläche von etwa 25.000 Quadratmeter wird über eine Rohrleitung vom Grunewaldsee gespeist. Die Seeufer sind fast vollständig bebaut und deshalb zum größten Teil noch unzugänglich. Von dem geplanten Grunewalder Uferwanderweg, der einmal auf 680 Meter Länge am Dianasee entlangführen soll, sind erst 280 Meter angelegt. Es gibt allerdings einen Weg hinunter zum Ufer, den wir gleich noch einmal von der Koenigsallee aus hinuntergehen können, falls Interesse besteht.

236. Kiezspaziergang - Löwenpalais

9. Station: Koenigsallee 30-32 Stiftung Starke im Löwenpalais

1903/04 baute Bernhard Sehring für Emilie Habel, ein Mitglied der Familie des kaiserlichen Kellermeisters Habel, den schlossartigen Putzbau mit reichem historischem Baudekor, kupferner Kuppel und zwei steinernen Löwen, nach denen das Haus den Namen “Löwenpalais” erhielt. Es ist einer der größten und prunkvollsten Bauten der Villenkolonie Grunewald. Nach 1930 wurde das Haus aufgeteilt in 30 luxuriöse Wohnungen, in denen bis in die Nachkriegszeit zahlreiche Künstler wohnten, unter anderem O.W. Fischer und O.E. Hasse.
Innen stark verändert, beherbergt das Palais heute die 1988 gegründete gemeinnützige Kunststiftung Starke. Sie bietet jungen Künstlern im Löwenpalais Wohn- und Arbeitsateliers zur temporären Nutzung als Artists in Residence. Und sie veranstaltet Kunstausstellungen mit wissenschaftlicher Begleitung und fördert den Dialog zwischen Künstlern und Öffentlichkeit.

Gedenktafel für Vicki Baum

Koenigsallee 45: Gedenktafel für Vicki Baum

Die Porzellantafel der KPM wurde 1989 angebracht. Sie enthält folgenden Text:
In dem früher hier stehenden Haus lebte
von 1926 bis zu ihrer Übersiedlung in die USA 1931
VICKI BAUM
24.1.1888 – 29.8.1960
Journalistin, Schriftstellerin und Drehbuchautorin
schrieb hier 1929 ihren Erfolgsroman
“Menschen im Hotel”

Vicki Baum wohnte hier mit ihrem Mann Richart Lert, der Generalmusikdirektor an der Staatsoper Unter den Linden war. Ihre beiden Söhne besuchten das nahegelegene Grunewald-Gymnasium, das heutige Walther-Rathenau-Gymnasium. In ihrem Erinnerungsbuch “Es war alles ganz anders” schrieb sie:
“Wir wohnten nahe den Grunewaldseen, und in der warmen Jahreszeit fuhren wir nach einem leichten Frühstück allesamt hinaus, um rasch ein paar Stöße zu schwimmen …
Dann brachten wir, mein Mann und ich, die Kinder zur Schule, aber um Himmels willen nie bis an den Eingang: wer im Wagen vorfuhr, war als Dicketuer gezeichnet.”
Zur Verfilmung ihres Romans “Menschen im Hotel” reiste Vicki Baum 1931 nach Hollywood, kehrte noch einmal kurz zurück, entschied sich wegen ihrer jüdischen Herkunft und dem wachsenden Antisemitismus 1932 endgültig zur Übersiedlung in die USA.

Hagenplatz

10. Station Hagenplatz

Der Hagenplatz wurde 1934 nach dem Landesforstmeister Otto von Hagen benannt, der von 1817 bis 1880 lebte. Bis 1934 hatte der Platz den Namen Kurmärker Platz.

Koenigsallee 53-55 (Ecke Fontanestraße): Carl Fürstenberg

Von 1898 bis zu seinem Tod 1933 lebte hier der Bankier Carl Fürstenberg. Als Direktor der Berliner Handelsgesellschaft BHG, beteiligte er seine Bank am Ausbau des Kurfürstendamms und an der Erschließung der Villenkolonie Grunewald. Die Villenkolonie war sein Lieblingsprojekt, für das er sich persönlich einsetzte. Er ließ sich hier am Dianasee von dem Architekten Ernst von Ihne eine zunächst nur als Sommersitz gedachte Villa bauen, zog aber 1905 ganz in den Grunewald.
Alfred Kerr, der ebenfalls in der Nähe ein Haus besaß, schrieb:
“Der wirkliche Herr des Hauses war nicht der Finanzmann, sondern Aniela, seine Frau: Polin von fremdartiger Schönheit, aristokratisch, überlegen.”
Sie richtete die legendären gesellschaftlichen Empfänge aus, auf denen Künstler wie Walter Leistikow, Hanns Fechner und Max Klein und Prominente wie Richard Strauss, Gerhart Hauptmann, Max Reinhardt, Walther Rathenau, Maximilian Harden und eben auch Alfred Kerr verkehrten. Walter Leistikow bewohnte mehrere Jahre ein Gartenhaus auf dem Grundstück und malte hier seine berühmten Grunewald-Bilder.
Alfred Kerr schreibt über die Empfänge bei den Fürstenbergs:
“Aniela hatte mich im Grunewald bei dem Bildhauer Max Klein kennengelernt und in ihr Haus gezogen… Dort waren die Gesellschaften in der Mischung oft recht locker – obschon die Gäste wegen der Tischordnung manchmal tobgrollten. Gutgekleidete Töchter, leckere Mädel aus üppigem Haus, hübsche Finanzfrauen, Diplomatie, zwischendurch irgendein Fürst Radziwill, eine Sängerin, irgendein Douglas, preußische Minister, Volk, Edle, Füllsel – und Rathenau.”
Aniela Fürstenberg war nicht nur als Berliner “Gesellschaftslöwin” beliebt, sondern auch bekannt für ihr soziales Engagement. Im Charlottenburger Westend gründete sie ein Säuglings- und Mütterheim für mittellose und ledige Mütter.
Auf dem Grundstück am Dianasee wurden in den 50er-Jahren vier Reihenhäuser entlang der Koenigsallee gebaut.

Wir können jetzt noch gemeinsam bis zum S-Bahnhof Grunewald gehen. Hier vom Hagenplatz aus fährt der Bus M19 wieder in Richtung Kurfürstendamm.
Ich hoffe, unser Spaziergang entlang der Grunewaldseen hat Ihnen gefallen und ich möchte mich bei Ihnen verabschieden.
Der nächste Kiezspaziergang beschäftigt sich am Samstag, 12. November mit dem jüdischen Leben in der City West. Er startet im Yva-Bogen am Bahnhof Zoo, zwischen Kant- und Hardenbergstraße.