Der damalige Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck regte den Ausbau des Boulevards 1871 an, als er nach dem deutsch-französischen Krieg aus Paris zurückkam, wo gerade das Kaiserreich gegründet worden war.
Bismarck schrieb am 5. Februar 1873 an den Geheimen Kabinettsrat von Wilmowski:
bq. Auch die Straße am Kurfürstendamm wird nach den jetzt bestehenden Absichten viel zu eng werden, da dieselbe voraussichtlich ein Hauptspazierweg für Wagen und Reiter werden wird. Denkt man sich Berlin so wie bisher wachsend, so wird es die doppelte Volkszahl noch schneller erreichen, als Paris von 800.000 Einwohnern auf 2.000.000 gestiegen ist. Dann würde der Grunewald etwa für Berlin das Bois de Boulogne und die Hauptader des Vergnügungsverkehrs dorthin mit einer Breite wie die der Elysäischen Felder durchaus nicht zu groß bemessen sein.
1875 wurde die Breite des zukünftigen Kurfürstendammes per Kabinettsordre auf 53m festgelegt (knapp halb so breit wie die Champs-Èlysées). Bismarck legte besonderen Wert darauf, dass ein Reitweg erhalten bleiben sollte. Zunächst scheiterten die Finanzierungsbemühungen. Schließlich wurde ein Banken-Konsortium gebildet, die Kurfürstendamm-Gesellschaft. Diese erhielt als Ausgleich für die Finanzierung des Straßenausbaus die Vorkaufsrechte für 234 Hektar Grunewald. Der Boulevard sollte nicht in einen Wald führen, sondern in eine Villenkolonie
Seit 1883 wurde die Straße ausgebaut, am 5. Mai 1886 mit der Dampfstraßenbahnlinie Zoo-Kurfürstendamm-Grunewald eröffnet. Die war in gewisser Weise der Geburtstag des Kurfürstendammes als Boulevard, und in rasantem Tempo entwickelte sich der frühere Knüppeldamm zu einer City-Filiale, wie man damals sagte, und in den 20er-Jahren überflügelte die westliche City-Filiale die alte City. Thomas Wolfe nannte den Kurfürstendamm “das größte Caféhaus Europas”. Der Kurfürstendamm war die lebendigste, modernste, internationalste Straße Berlins geworden. In den großen Uraufführungskinos am Kurfürstendamm liefen die neuen Filme zuerst und meist im Original, bevor sie dann später synchronisiert in die Friedrichstraße und die Bezirkskinos kamen.
Jungschwanenbrunen an der Ecke Leibnizstraße und Kurfürstendamm
Der Jungschwanenbrunnen, auch Schwanenkükenbrunnen genannt, wurde 1908 von August Gaul für den Garten der Villa des Unternehmers und Papierfabrikanten Max Cassirer an der Kaiserallee182/183 (heute Bundesallee) geschaffen. Cassirer musste seine Villa 1938 nach der “Arisierung” seines Unternehmens- und Aktienbesitzes an das Kaiserliche Japanische Marineministerium verkaufen. Der Sockel des Brunnens blieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Garten stehen, während die bronzene Tiergruppe 1941 versteigert wurde. 1962 wurde der komplette Brunnen durch das Bezirksamt Charlottenburg hier an der Kreuzung Kurfürstendamm und Leibnizstraße wieder aufgestellt.
Der 1857 geborene Max Cassirer kam 1887 nach Charlottenburg bei Berlin. 1893 wurde er parteiloses Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und 1909 Stadtrat von Charlottenburg. Als Charlottenburg 1920 die Selbstständigkeit verlor und Teil von Groß-Berlin wurde, trat er am 18. Februar 1920 als Stadtrat zurück. Anlässlich dieses Datums verlieh ihm die Stadt Charlottenburg für seine Verdienste die Ehrenbürgerwürde.
Im Juni 1920 wurde er Mitglied der neugegründeten Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Charlottenburg.
Er unterstützte verschiedene künstlerische Aktionen. So stiftete er zum Beispiel den Entenbrunnen, der heute vor dem Renaissance-Theater steht. Mit dessen Schöpfer, August Gaul, war er viele Jahre eng verbunden. So war Gaul auch Architekt der 1895 errichteten Familienvilla an der Kaiserallee. Auch in vielen sozialen Bereichen engagierte sich Cassirer. 1928 wurde er Ehrensenator der Technischen Hochschule Charlottenburg.
Nach 1933 verlor er einen Großteil seines Vermögens. Sein Aktienkapital ging an die Siemenstochter Elektro-Licht- und Kraftanlagen AG Berlin.
1938 wurde auch sein restliches Vermögen “arisiert” und er zum Verkauf seines Hauses gezwungen. Im Dezember 1938 floh er zu seiner Tochter in die Schweiz, die dorthin bereits 1934 mit ihrem Mann emigriert war. 1939 reiste er nach Großbritannien, wo er bis zu seinem Lebensende lebte. Im Jahr 1941 wurde er ausgebürgert und sein restliches Vermögen eingezogen. Er verlor Bankguthaben von mehreren Hunderttausend Reichsmark, seine Kunstsammlung wurde versteigert oder beschlagnahmt. Max Cassirer starb zwei Jahre später im walisischen Exil.
Kurfürstendamm 59/60: Wohnhaus mit Kupferkuppel
Das Wohnhaus an der Ecke Leibnizstraße ist eines der besterhaltenen und prächtigsten Häuser am Kurfürstendamm und steht unter Denkmalschutz. Es wurde 1905-07 von den Architekten und Bauherren Hans Toebelmann und Henry Gross als fünfgeschossiges Eckhaus und Teil eines Ensembles von vier Mietshäusern errichtet. Dem üppig geschmückten Äußeren entsprachen im Inneren die jeweils zwei Wohnungen auf einem Geschoss mit je elf Zimmern, davon sechs besonders aufwändig ausgestaltete Gesellschaftszimmer auf 580 Quadratmetern. In den 1920er-Jahren wurde das Erdgeschoss in eine Ladenzone umgewandelt. Heute sind die einst großen Wohnungen in mehrere kleinere unterteilt.
Das gut erhaltene und prächtig restaurierte Gebäude ist ein prägnantes Beispiel für den großbürgerlichen Mietshausbau um 1900 am Kurfürstendamm.
Hinweis auf die andere Kudammseite: Grüne Insel am Kudamm von Christian Mayer
Der Garten- und Landschaftsplaner Christian Meyer hat hier 1997 mitten in der City unmittelbar am Kurfürstendamm auf eigene Initiative ein ökologisches Kleinod geschaffen. Er nannte sein Projekt den “Einzug der Gräser und Blütenstauden auf den Kurfürstendamm”, hat dafür Sponsoren gewonnen und wurde bereits mehrmals dafür ausgezeichnet, unter anderem mit unserer Bürgermedaille, dem bezirklichen Ehrenamtspreis und 2008 mit dem Erwin-Barth-Preis, den die Bauabteilung seit einigen Jahren für besonderes Engagement in der Grünpflege vergibt. In jeder Jahreszeit sieht die Fläche anders aus, selbst im Winter gelingt es den Gärtnern, die trockenen Stauden, bedeckt von Schnee, attraktiv in Szene zu setzen. Christian Meyer leistet die Pflege dieser Staudenfläche gemeinsam mit Studenten der Landschaftsplanung.
Olivaer Platz
Der Olivaer Platz wurde 1892 nach dem Kloster Oliva in Danzig benannt, wo 1660 der “Frieden von Oliva” unterzeichnet worden war. 1910 wurde er streng symmetrisch angelegt mit einem von Pyramidenpappeln umgebenen Terrassenplatz samt Grottenbrunnen im westlichen Teil, einem Kinderspielplatz im östlichen, dazwischen eine vertiefte Rasenfläche. Hecken und Alleen begrenzen den Platz an den Seiten. Auf alten Fotos mit Kinderwagen schiebenden Hausmädchen wirkt der Platz sehr idyllisch.
Es gab mehrfach Änderungen und 1961 eine komplette Neugestaltung durch Eberhard Fink. Sie wurde erforderlich durch den 1956 begonnenen Ausbau der Lietzenburger Straße zu einer Hauptverkehrsstraße. Rasenflächen, Blumenbeete Sitznischen und Kinderspielecken, Wasserspiele, Gartenbeleuchtung, Mauern, Pergolen und Gehölzgruppen wurden asymmetrisch angeordnet. Auf der östlichen Seite entstand ein Parkplatz für Autos.
2009 wurde über Pläne der Unternehmensgruppe Peter Unger diskutiert, für 25 Millionen Euro auf dem Olivaer Platz nach dem Vorbild von Covent Garden in London eine Markthalle mit 4000 Quadratmeter Verkaufsfläche in drei Geschossen zu bauen, in der Brandenburger Erzeuger ihre Produkte direkt vermarkten können sollten. Darunter sollte eine Tiefgarage entstehen. Alternativ dazu sollte der Olivaer Platz mit Hilfe von EU-Fördermitteln als Grünfläche zum Flanieren und Verweilen qualifiziert werden. Diese Pläne konnten nicht realisiert werden.
Im Februar 2018 begann nach vielen Diskussionsrunden mit Planern und Anwohnen erneut eine Umgestaltung des Platzes, dessen Ergebnis Sie jetzt hier sehen. Die Zahl der Parkplätze wurde auf die Hälfte reduziert, der Platz wurde transparenter und es gibt nun weniger “Angsträume”, wie sie vorher vor allem von Frauen kritisiert worden waren.