8.3.2007 Alexander Diez: Laudatio auf die Preisträgerin Tülin Hüner

Verehrte Frau Thiemen, Frau Dr. Suhr, liebe Versammelten:

Die Jury des Wettbewerbs “Frau in Verantwortung” hat sich für Tülin Hüner als eine der beiden Preisträgerinnen entschieden. Sie hat sich in der Männerdomäne “Baumarkt” als Frau durchgesetzt. Der Lebensweg der 48-jährigen Wahlberlinerin kann anderen Frauen als Vorbild dienen. Gerade ausländische Frauen können sich durch sie ermutigt fühlen.

Zu ihrer Vita möchte ich deshalb folgendes sagen:
Tülin Hüner kam mit ihren Eltern im Alter von zwölf Jahren aus Ankara nach Berlin. Bereits nach neun Monaten Hauptschule in Kreuzberg, wo sie in rasanter Geschwindigkeit die deutsche Sprache erlernte, wechselte sie aufs Gymnasium. Durch den Beruf des Vaters war die Familie bereits vor dem Umzug nach Deutschland in vielen Städten in der Türkei beheimatet gewesen.
Einen Unterschied zwischen der Tochter und dem Sohn machten die Eltern in der Erziehung nicht. Sie wurden gleichberechtigt erzogen und erhielten auch dieselbe Schulausbildung. Das ist in türkischen Familien bis heute nicht immer selbstverständlich.

Dass Frau Hüner nach dem Abitur an der TU Berlin Verkehrswesen mit der Richtung Flugzeugbau studierte, verwundert da nicht. Sie beendete ihr Studium, als Nachwuchs kam und entschied sich fürs Geldverdienen. Sie wollte der Tochter eine gute Ausbildung ermöglichen und schickte sie deshalb auf eine Privatschule, auf der von der ersten Klasse an Englisch gesprochen wird.

Die Prüfungen an der Uni hat Frau Hüner nun alle absolviert. Die fehlende Diplomarbeit will sie bald zu Papier bringen. Unerledigtes liegt ihr nicht.
Nach und nach eroberte sich die junge Mutter die Männerdomäne Baumarkt. Schon als Studentin hatte sie im Unternehmen als Kassiererin gejobbt. Nun führt sie den Betrieb an der Mecklenburgischen Straße in Wilmersdorf als Geschäftsleiterin bereits seit elf Jahren. Auf die Förderung ihrer 31 Mitarbeiter – speziell der Frauen – legt sie dabei großen Wert. Sie unterstützt alle, die etwas können und weiterkommen wollen. Die eigene Ausbildung für die Leitungstätigkeit erhielt sie durch ein Traineeprogramm im Unternehmen.

Ein kooperativer Führungsstil ist für sie wichtig. Ihr Motto lautet: “Überzeugen und mit entscheiden lassen, erst dann ist man ein Team”. Durch ihre Förderung wechseln Mitarbeiter auch immer wieder in größere Häuser und gehen ihr so verloren. Das ist für sie nicht ärgerlich, sondern absolut in Ordnung. In den letzten Jahren sind sechs ehemalige Kassiererinnen durch ihre Betreuung aufgestiegen. Sie ermutigt alle dazu, sich weiterzubilden und an Schulungen teilzunehmen. Mit Kollegen aus der Personalentwicklungs-abteilung sowie der zweiten Geschäftsleiterin des Baumarkts an der Wilmersdorfer Straße hat sie ein Netzwerk gebildet, um die von ihr ausgebildeten Frauen in anderen Fachzentren einzusetzen.

Schnelle, korrekte Entscheidungen, Organisationstalent und Flexibilität sind fachlich unabdingbar. Für Frau Hüner lebt Führungsqualität und auch Ehrlichkeit, Offenheit und konstruktive Kritik. Sie ermutigt gerade Frauen, darunter auch etliche Studentinnen und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, vor Berufszweigen nicht zurückzuschrecken, die traditionell eher den Männern vorbehalten sind.
Frau Hüner betont, dass ihr Mann sie sehr unterstützt. Er arbeitet beim türkischen Elternverein Berlin-Brandenburg als Projektleiter für die Schullaufbahn-Beratung. Nicht nur bei ihm stößt ihr Job auf Anerkennung: Ihr umsichtiger Führungsstil führt ebenso bei den männlichen Beschäftigten dazu, dass Frauen in der Männerdomäne “Baumarkt” akzeptiert werden.

Wir ehren heute als Frau mit Veranwortung: Tülin Hüner.