Station 8: Eosander- / Ecke Brauhofstraße
Station 8.1: Eosanderstraße / Herkunft des Namens
Die Eosanderstraße wurde am nach dem Architekten und Baumeister Johann Friedrich Nilsson Eosander Freiherr von Göthe benannt. Eosander wurde 1669 in Stralsund geboren und starb 1728 in Dresden.
Er ist sicher einer der wichtigsten Architekten des frühen Charlottenburgs. Er war von 1701 bis 1713 für den Umbau des Schlosses verantwortlich und 1705 für den des ersten Charlottenburger Rathauses in der Schloßstraße 2. Nach dem Tod von Sophie-Charlotte beauftragte Friderich I. ihn mit der Stadtplanung der neuen Stadt. In diesem Rahmen entwarft er auch das Charlottenburger Modellhauses, was als Muster für alle Gebäude festgelegt wurde. Sein wichtigstes Bauwerk steht allerdings nicht in Charlottenburg. Er errichtete er am Ende seines Lebens im Dienste Augusts des Starken in der Nähe von Dresden, das Schloss Übigau, wo er all seine architektonischen Vorstellungen verwirklichen konnte.
Station 8.2: Brauhofstraße / Herkunft des Namens
1719 schenkte der König seinen Bürgern ein Gelände für einen Brauhof. Dort konnten die Bürger, die eine Brauberechtigung hatten, ihr Bier brauen. Der Brauhof war bis 1788 in Betrieb. Das ist der Ursprung des Namens.
Station 8.3: Eosanderstraße 1/2 / Städtische Volksbibliothek und Kunstgewerbe- und Handwerkerschule
Ende des 19. Jahrhunderts setzte die Bücherhallenbewegung in Deutschland ein. Vorreiter war dabei, wie bei so vielem, die Stadt Charlottenburg. Es sollte wie der Chronist Gundlach schreibt,
eine Stätte, an welcher alle Einwohner zu geistiger Belehrung und edler Unterhaltung zwanglos sich vereinigen können,
geschaffen werden. 1896 wurde die erste Volksbücherei eingerichtet. Am 3. Januar 1898 wurden in der Kirchstraße 4/5, dem alten Schulhaus, für die Bibliothek Räume neu hergerichtet. Die Nachfrage war so groß, dass sie bald zu klein war. 1899 wurde also ein Neubau beschlossen. Am 9. September 1901 wurde im Quergebäude der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in der Wilmersdorfer Straße 166/167 (heute Eosanderstraße 1-2) die Städtische Volksbibliothek und Lesehalle neu eröffnet. Sie hatte zwei übereinanderliegende umlaufende Galerien und ein Glasdach.
Die Bibliothek konnte von jedem Bewohner Charlottenburgs, der älter als 16 Jahre war, besucht werden;
der Besuch der Lesehalle, sowie die Benutzung der darin aufgestellten Handbibliothek und der dort ausliegenden Zeitschriften steht bedingungslos frei, schreibt Gundlach in seiner Geschichte der Stadt Charlottenburg von 1905 und weiter:
bq. Die Räumlichkeiten der neuen Bibliothek bestehen aus dem über 280 Quadratmeter Fläche einnehmenden, 8,75 Meter hohen, durch drei Stockwerke gehenden Lesesaal, der mit zwei übereinander liegenden Galerien versehen ist, aus der Bücherausgabe mit davor befindlichem Wartezimmer, sowie aus drei für Verwaltungszwecke bestimmten Räumen. Als Bodenbelag ist überall rotbraunes Linoleum verwendet worden, entsprechend dem im gleichen Farbton gehaltenen Holzwerk, während die Eisenkonstruktion, sowie der Linoleumbelag der Tische in Grün gehalten ist. Sämtliche Räume sind mit Zentralheizung und elektrischem Licht versehen. Der sehr geräumige und bequem eingerichtete Lesesaal enthält zur Zeit an die 100 Sitzplätze, doch ist ihre Vermehrung auf etwa 150 vorgesehen. Der Verkehr der Ausleihestelle und des Lesesaals erfolgt durch einen Fahrstuhl.
Was den Jahressatz betrifft, so wurden seitens der Stadt für das erste Jahr 15.000 Mark bewilligt, eine Summe, die sich 1900/1901 auf 20.000, 1901/1902 (Umzugsjahr) auf 30.400 und 1903/1904 auf 33.437 Mark gesteigert hat; dazu kommen noch die Ausgaben für elektrisches Licht und Heizung.
Bei der Eröffnung setzte sich das Beamtenpersonal zusammen aus dem Bibliothekar, einem Assistenten, einem Diener und zwei Hilfsarbeitern. […]
Der Bücherbestand ist von den 7000 Bänden des Jahres 1898 auf 14.201 im Jahre 1901 und auf 20.996 im Jahre 1904 angewachsen, von welchen 3.174 als Handbibliothek in der Lesehalle ausgestellt, also neben den 100 ausliegenden Zeitschriften sofort benutzbar sind, während die übrigen durch Zettel bestellt werden müssen, aber so rasch wie möglich beschafft werden […] Der Lesesaal, welcher 1898/99 nur von 17.956 […] Personen besucht war, wurde 1903/04 von 112.686 […] benutzt.
Das Bibliotheksgebäude war ein Anbau zu der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule. Diese wurde 1861 gegründet. Ihr Ziel war die Vermittlung von zeichnerischen und kunstgewerblichen Kenntnissen an Handwerker. Zu ihren Fächern gehörte: Architektur und Raumgestaltung, Angewandte Plastik, Angewandte Malerei und Metallbearbeitung.
1900 wurde das neue Gebäude fertiggestellt. Architekt war der Stadtbaurat Paul Bratring. Bratring hatte einen vierstöckigen repräsentativen Klinkerbau entworfen mit Zeichensälen, einem Aktsaal, einem gestufte Hörsaal, einer Fachbibliothek, einer Bildhauerwerkstatt, einer Werkstatt für den Möbelbau und einer Turnhalle unter der Volksbibliothek.
Im November 1943 wurde das Gebäude bei den Luftangriffen auf Charlottenburg schwer getroffen und brannte völlig aus. Die erhaltenen Buchbestände wurden 1944 in einer Zweigstelle in der Sybelstraße 2–4 im Gebäude der heutigen Sophie-Charlotte-Oberschule und 1948 im Rathaus Charlottenburg untergebracht, aus diesen ging dann die heutige Stadtbibliothek hervor.
Die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule ging über mehrere Stufen in der Universität der Künste auf.
Unser nächster Halt ist die Eosanderstraße 31.