Treffpunkt: Östliche Ecke Fürstenbrunner Weg / Spandauer Damm
Länge : ca. 1,9 km bzw. 4 km
212. Kiezspaziergang am 10.8.19 mit Bezirksstadtrat Wagner
Bild: BA CW, ML
Herzlich willkommen zu unserem 212. Kiezspaziergang. Ich bin Detlef Wagner, Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit, und habe im April dieses Jahres die Nachfolge des verstorbenen Carsten Engelmann angetreten. Ich werde heute mit Ihnen in Vertretung des Bezirksbürgermeisters Naumann durch den Fürstenbrunner Weg spazieren. Wir werden als erstes von Frau Dr. Freybourg, die schon unter uns weilt und die ich ganz herzlich begrüßen möchte, über das Gelände des Klinikums Westend geführt. Danach werden wir von Frau Luckey am Trauerhaus des Bestattungsinstituts Grieneisen empfangen. Ein weiteres Highlight wird dann der Luisenfriedhof III sein. Dort erwartet uns Herr Höhne, der Chef-Planer des Friedhofes. Er wird uns sein Konzept vorstellen und Beispiele dazu zeigen. Der erste Teil des Kiezspaziergangs endet am Ausgang des Luisenkirchhofs III:
Da das Wetter nicht zu nass und nicht zu heiß ist, werden wir, das heißt, die, die noch Lust und Zeit haben, zur Spree hinunterlaufen und an ihr entlangwandern. Ich werde Ihnen etwas zu den Siemenswerken, dem geplanten Campus Siemensstadt und den neuen Plänen für die Siemensbahn sagen. Der zweite Teil des Kiezspaziergangs endet im Schlosspark Charlottenburg am Belvedere.
Ehe wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt des nächsten Kiezspaziergangs am Samstag, den 14. September, mitteilen. Der Spaziergang beginnt um 14 Uhr am Bundesplatz, und zwar vor dem Bundesplatz-Kino am Bundesplatz Nummer 14. Bezirksbürgermeister Naumann wird Sie durch den Volkspark Wilmersdorf, durch die Babelsberger und Helmstedter Straße zum Fest der Vielfalt am Prager Platz führen.
Bevor wir nun unsere Route beginnen, möchte ich an das morgige hundertjährige Jubiläum der Weimarer Verfassung erinnern, die am 11. August 1919 nach siebenmonatigen Beratungen und Diskussionen verabschiedet wurde. Die Weimarer Verfassung, wie später das Grundgesetz, übernahm viele Passagen wörtlich aus der in der Paulskirche in Frankfurt am Main verabschiedeten Verfassung des Deutschen Reiches vom April 1849, die nie in Kraft trat. Die Weimarer Verfassung, hervorgegangen aus der Revolution vom November 1918, in deren Nachgang das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, begründete die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland.
Bild: BA CW, ML
Station 4: Fürstenbrunner Weg / Luisenkirchhof III
Ich begrüße nun ganz herzlich Herrn Höhne. Er ist Landschaftsarchitekt und zuständig für die Verwaltung der Kirchhöfe der Evangelischen Luisen-Kirchengemeinde. Herzlich willkommen in unserer Runde! Ehe ich Herrn Höhne die Führung über den Friedhof übergebe, noch ein paar kurze Hinweise zu Geschichte der Luisenfriedhöfe.
Es gab drei Luisenkirchhöfe, der älteste in der Guerickestraße wurde 1815 außerhalb der Stadtgrenzen von Charlottenburg angelegt- Die früheren Begräbnisstätten waren auf dem Hof der Kirche des Dörfchens Lützow. Als dieser zu klein wurde, zog man auf die andere Seite der Stadtgrenze.
Im August 1831 gab es eine Choleraepidemie in Charlottenburg. Man brauchte Platz für die vielen Toten. Ein Teil wurde in den sogenannten Sandgruben am Spandauer Berg beigesetzt. Zwanzig Jahre später wurde zwar die Umwandlung zu einem regulären Friedhof, dem Luisenfriedhof II, beschlossen, der Beschluss wurde aber erst 1866 bei einem erneuten Choleraausbruch umgesetzt.
Durch die starke Zunahme der Bevölkerung Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Luisenfriedhof II schon bald wieder zu klein. Auf dem Gelände einer kircheneigenen, weiteren Sandgrube auf dem Spandauer Berg wurde deshalb weit außerhalb der damaligen Bebauung ein neuer Friedhof angelegt. Geplant wurde er 1884 von dem Landschaftsgärtner Otto Vogeler, der einen Alleequartierfriedhof mit einheimischen Pflanzen anlegte. 500 Alleebäume, vorwiegend Linden, Ahorne und Eichen, sowie 4500 weitere Gehölze wurden gepflanzt. Der Luisenfriedhof III wurde 1891 eröffnet. Der erstmals 1895 erweiterte Luisenfriedhof III umfasst heute eine Fläche von 121.514 m², die im Süden an das Gelände der DRK-Kliniken Westend anschließt und im Norden durch den Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof begrenzt wird.
Für alles Weitere übergebe ich nun das Mikrofon an Herrn Höhne.
Vielen Dank, Herr Höhne für die spannende Führung durch Ihr Reich!
Hier beende ich nun den ersten Teil des Kiezspaziergangs. Der zweite Teil führt uns an der Spree entlang zum Teehaus Belvedere im Schlosspark Charlottenburg. Aus Anlass meines ersten Kiezspaziergangs darf ich mich von den Damen unter Ihnen, die jetzt gehen, mit einer Rose verabschieden. Ich möchte nochmals für diejenigen, die uns jetzt verlassen, auf Zeit- und Treffpunkt des Septemberspaziergangs hinweisen, der wieder von Bezirksbürgermeister Naumann geführt werden wird. Er beginnt am Samstag, den 14.9.2019, um 14 Uhr auf dem Bundesplatz, und zwar vor dem Kino am Bundesplatz 14. Enden wird er beim Fest der Vielfalt am Prager Platz.
Wir verlassen nun den Friedhof und gehen den Fürstenbrunner Weg hinunter bis zur Spree. Dort nehmen die, die auf der rechten Straßenseite gehen, die Treppe hinunter zur Spree, die die auf der linken Straßenseite gehen, biegen links ab und nehmen den Weg rechts unter der Brücke hindurch. Wir laufen dann an der Spree entlang in Richtung Osten und treffen uns wieder an der abgebrochenen Brücke der Siemensbahn, die auf der gegenüberliegenden Spreeseite zu sehen ist.
Bild: BA CW, ML
Station 5: Brücke der Siemensbahn
Station 5.1: Siemenswerke
Gegenüber auf der anderen Seite der Spree stehen seit Ende des 19. Jahrhunderts die Siemenswerke. Die Siemens AG wurde 1847 als Telegraphen-Bau-Anstalt von Werner Siemens und Johann Georg Halske gegründet. Der erste Sitz war in Mitte, doch bereits 1862 kaufte Siemens ein Grundstück am Salzufer 2, das 1915 an Mercedes Benz verkauft wurde und wo sich heute die Mercedes-Welt befindet. Ein weiteres Werk in Charlottenburg war in der Franklinstraße.
Mit der zunehmenden Industrialisierung zeigte sich, dass die großen Unternehmen zu groß für die gewachsenen Städte waren. Deshalb baute Siemens 1899 ein drittes Werk auf den Nonnenwiesen gegenüber, die 1914 den Namen des Unternehmens annahmen, Siemensstadt. 1904 wurde das Werk in Berlin-Mitte geschlossen. Der Standort am Landwehrkanal in Charlottenburg wurde 1929 aufgegeben. Wenn sich bisher Städte um ein Zentrum mit Kirche und Rathaus bildeten, war in Siemensstadt das Zentrum der Konzern. Darum gruppierten sich die Wohnungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Geschäfte, Schulen usw. Ein großer Paradigmenwechsel: Die Macht war von Kirche und Politik zur Wirtschaft gewechselt.
Zur Architektur der Siemenswerke zitiere ich nun aus der Denkmaldatenbank des Landes Berlin:
bq. Der Siemens-Architekt Karl Janisch stellte dem Verwaltungsbau mit dem eindrucksvollen Dynamowerk eine Kathedrale der Technik gegenüber. Die Strategiezentrale wurde architektonisch mit der Großmontagehalle für den von Werner von Siemens erfundenen Dynamo zu einem einheitlichen Komplex zusammengeschlossen. Die nächsten vierzig Jahre der Firmenarchitektur bestimmte der Architekt Hans Hertlein, der mit seiner unverwechselbaren Industriearchitektur einen “Siemens-Stil” schuf. Zu seinen wichtigsten Bauten in der Siemensstadt gehören die 1916 begonnenen und bis 1928 in mehreren Bauabschnitten erweiterte Shedhalle und die von 1926 bis 1928 erbaute zehngeschossigen Gebäudescheibe des Schaltwerkes am Nonnendamm, der in zwei Bauabschnitten von 1928 bis 1930 und 1936/37 errichtete Wernerwerk-Hochbau am Siemensdamm und die in vier Bauabschnitten 1924 bis 1941 entstandenen fünf- bis zehngeschossigen, dreifach abgewinkelten markanten Baukörper des Wernerwerkes XV am
Siemensdamm.
Waren die roten Klinkerfassaden seiner ersten in Stahlskelettbauweise errichteten Hochbauten noch pfeilergegliedert, durch vorgerückte mächtige Treppentürme akzentuiert und in den obersten Geschossen gestaffelt, entwarf Hertlein ab den 1930er-Jahren glatte Gebäudekuben, die mit ihren sich durchdringenden, verschieden hohen Flügelbauten und hoch aufragenden Treppentürmen eine bewegte Silhouette bieten.
Der Konzern gehört heute weltweit zu den größten Unternehmen der Elektrotechnik und ist in 190 Ländern vertreten. Allein in Deutschland hat er 125 Standorte. Sitz des Unternehmens ist München und Berlin. Siemens hat weltweit rund 379.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und hatte 2018 einen Umsatz von 83 Milliarden €.
Letztes Jahr beschloss der Konzern auf dem denkmalgeschützten Industrieareal seinen Innovations-Campus Siemensstadt 2.0 zu errichten. Der Campus soll eine Fläche von 940.000 m² umfassen, eine riesige Fläche, der Alexanderplatz würde 32 Mal hineinpassen.
Der Konzern will bis 2030 600 Millionen € in den Campus investieren. Es soll angeknüpft werden an die Idee der Siemensstadt von 1897, damals wurden neben den Arbeitsplätzen in den Industriehallen, werkseigene Wohnungen für die Arbeiter und Arbeiterinnen geschaffen, aber auch Schulen, Kirchen, Parks und Freizeiteinrichtungen wurden mitgedacht. Forschen, Arbeiten und Wohnen waren an einem Ort vereint. Diese Idee möchte Siemens nun mehr als hundert Jahre später wieder aufgreifen und eine Smart City schaffen, mit innovativen Wohn- und Arbeitskonzepten, kooperativen Forschungsprojekten und dem Ausbau der eigenen Sparten Gas und Energie, Automatisierung, industrielle Digitalisierung, Elektromobilität und intelligente Infrastruktur. Geforscht werden soll also unter anderem an Lösungen für das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz und Industrie 4.0. Bestimmte Technologien, etwa selbstfahrende Autos, sollen auch direkt auf dem Campus getestet werden. Der Senat hat Siemens dafür zugesagt, das Gelände mit Glasfaseranschluss zu versorgen, so dass jeder Arbeitsplatz eine Internetverbindung im Gigabit-Bereich hat.
Die neuen Gebäude sollen zum größten Teil auf dem Areal der heutigen Siemensstadt entstehen. Aber auch das Gasturbinenwerk in der Huttenstraße wird einbezogen. Inzwischen wurde ein städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt, um das schwierige Gelände mit seinen Freiflächen und denkmalgeschützten Altbauten neu zu sortieren. 17 namhafte Architekturbüros sind eingeladen, ihre Vorstellungen zu präsentieren. Wie in Berlin üblich sollen 30 Prozent der geplanten rund 3.000 Wohnungen mietpreisgebunden sein. Denkmalgeschützte Gebäude bleiben selbstredend erhalten und auch soziale und kulturelle Einrichtungen sind Bestandteil der Planungen. Am 8. Januar 2020 will die Jury dann ihre Entscheidung bekanntgeben. Der Gewinnerentwurf wird dann der Masterplan für die städtebauliche Entwicklung des Geländes. Die Bauarbeiten sollen 2022 beginnen.
Der Forschungsarm des Siemensstadt-Projekts ist das Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science. Hier werden Zukunftstechnologien erforscht, getestet und produziert. Das Besondere ist, dass Forschung und Wissenschaft am selben Ort wie die Produktion stattfinden, so dass Ideen direkt industriell verwertet werden können. Im Werner-von-Siemens Centre for Industry and Science kooperieren bereits über 25 Partner miteinander, u.a. TU Berlin, Fraunhofer-Gesellschaften, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Siemens, Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen. Eine weitere bereits realisierte Einrichtung ist das A 32 Entrepreneurs-Forum Berlin Siemensstadt. Es wurde am 22. März 2019 eröffnet. Der Industrie- und Wissenschafts-Campus Berlin (IWCB) ist ist auch bereits umgesetzt. Bestandteile dieser Zusammenarbeit von Forschung und Industrie sind Digitalisierung, Additive Manufacturing und neue Werkstoffe/ Beschichtungen mit bisher 30 Partnern.
Der Berliner Senat hat die Siemensstadt zur Unterstützung des Projekts zum elften Berliner Zukunftsort erklärt. Zukunftsorte sollen als Standorte Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung verknüpfen, also genau das, was Siemens hier vorhat. Die Rolle des Landes Berlin dabei ist die, die Erschließung der Gebiete zu optimieren. Dazu gehören der Anschluss an das und die Optimierung der Verkehrswege, in diesem speziellen Fall die Wiederinbetriebnahme der Siemensbahn. Das Gelände muss auch noch von einem Industriegebiet in ein „urbanes“ Gebiet umgewidmet werden, damit überhaupt Wohnungen und andere Nutzungen möglich sind. Aus den Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) werden Bund und das Land Berlin je 7,5 Millionen € beisteuern.
Station 5.2: Siemensbahn
Mit der Gründung des neuen Siemensstadt-Campus hat der Senat zugesichert, die stillgelegte Siemensbahn wieder zu aktivieren und bis zum Bahnhof Jungfernheide zu verlängern. Die 4,5 km lange Siemensbahn wurde 1929 als Stichbahn vom Bahnhof Jungfernheide zum Bahnhof Gartenfeld in Spandau eröffnet. Sie wurde von der Firma Siemens auf eigene Kosten gebaut, um die rund 60.000 Siemens-Beschäftigten nach Siemensstadt zu befördern. Eine geplante Weiterführung nach Haselhorst, Hakenfelde und Hennigsdorf wurde nicht realisiert. Geplant wurde sie von Hans Hertlein und Richard Brademann. Die Bahn wurde gut angenommen. Bis zu 12 Züge fuhren pro Stunde zwischen Gartenfeld und Jungfernheide in jede Richtung. An den Wochenenden wurde die Bahn von Ausflüglern genutzt.
Nach dem S-Bahn-Streik am 18.9.1980 wurde die Strecke still gelegt. 2007 beantragte die Deutsche Bahn beim Eisenbahn-Bundesamt, die Strecke zu entwidmen. Dem widersprach allerdings der Berliner Senat, der sich die Möglichkeit offenhalten wollte, die Wasserstadt Spandau oder das Gelände des Flughafens Tegel an das S-Bahn-Netz anzuschließen.
Und jetzt ist es so weit! Durch den Bau des Campus Siemensstadt kommt Bewegung in die Verfahren. Die Deutsche Bahn rechnet damit, dass die Arbeiten etwa acht Jahre dauern werden. Es gibt auch viel zu tun, denn wie Sie sehen, muss nicht nur die Brücke über die Spree neu gebaut werden, sondern auch der Anschluss zum S-Bahnhof Jungfernheide. Der Zustand der noch vorhandenen Bahnanlagen ist ruinös, man muss ihren Zustand prüfen und dann überlegen, wie sie am besten instandgesetzt werden können. Ich selbst war anwesend, als der Regierende Bürgermeister mit Vertretern der Bahn-AG und der Siemenswerke den Wiederaufbau besiegelte.
Wichtig ist aber die Botschaft: Hier in Charlottenburg-Nord und dem östlichen Spandau wird Zukunft geschrieben.
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