Station 6.1: Blüthgenstraße / Herkunft des Namens
Die Blüthgenstraße wurde am 2. Januar 1914 nach dem Dichter und Schriftsteller Victor Blüthgen benannt. Er wurde 1844 in Zörbig geboren und starb 1920 in Berlin. Der Sohn eines Postvorstehers studierte ab 1869 Theologie und besuchte das Predigerseminar in Wittenberg. Zunächst schlug er sich als Hauslehrer durch; ab 1876 arbeitete er als Journalist, ab 1880 bei der Deutschen Monatsschrift. Seine Gedichte und Erzählungen für Kinder erschienen in der Zeitschrift Die deutsche Jugend. Er publizierte Romane, Novellen, Operntexte und wurde vor allem durch seine Kinderlyrik bekannt.
Und hier zwei Beispiele, die Sie vielleicht sogar kennen:
Die fünf Hühnerchen
Ich war mal in dem Dorfe,
Da gab es einen Sturm,
Da zankten sich fünf Hühnerchen
Um einen Regenwurm.
Und als kein Wurm mehr war zu sehn,
Da sagten alle: Piep!
Da hatten die fünf Hühnerchen
Einander wieder lieb.
In der Ruhrstraße 10 sehen Sie das Gebäude der Christengemeinschaft.
Station 6.2: Ruhrstraße 10 / Christengemeinschaft
Die Christengemeinschaft, eine Bewegung für religiöse Erneuerung, wurde 1922 in der Schweiz gegründet. Sie steht den Gedanken des anthroposophischen Denkers Rudolf Steiner nahe. Geleitet wird die Christengemeinschaft von einem Lenkerkreis. Sie bildet ihre eigenen Priester und Priesterinnen aus. Die Berliner Gemeinde wurde von dem evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer in der Neuen Kirche am Gendarmenmarkt gegründet. Unter den Nationalsozialisten war die Christengemeinschaft verboten. Die Kirche zwischen Ruhr- und Mansfelder Straße und das Gemeindehaus wurden von den Architekten Helmut Lauer und Rex Raab entworfen und am 10. Juni 1962 eingeweiht.
Station 6.3: Ruhrstr. 6 / Freie Volksbühne im Siegfried-Nestriepke-Haus
Wir waren ja letztes Jahr zum 125-jährigen Jubiläum der Freien Volksbühne bei ihrem Sommerfest, wo wir kräftig mitgefeiert haben. Für die, die damals nicht dabei waren: Der Verein Freie Volksbühne e.V. hat 6200 Mitglieder. Der Mitgliedsbeitrag beträgt € 36,00 im Jahr. Dafür bekommt man ermäßigte Eintrittskarten für Oper, Schauspiel, Musical, Kabarett, Varieté und auch Sportveranstaltungen. Das Programm und die bestellten Karten werden nach Hause geschickt.
Station 6.4: Blüthgenstraße 5 / Trümpy-Schule
In der Mitte der Blüthgenstraße auf der rechten Seite, Hausnummer 5, stand die Trümpy-Schule der Schweizer Tänzerin Berthe Trümpy, die 1895 geboren wurde. Das Haus wurde 1927 nach den Plänen von Alfred Gellhorn gebaut.
Der 1885 geborene Gellhorn baute hauptsächlich im Stil des Neuen Bauens. Auch die Trümpy-Schule war in diesem Stil gebaut. Er floh 1933 ins Ausland, erst nach Großbritannien, dann nach Kolumbien und Argentinien und kehrte 1954 nach Deutschland zurück. Er konnte aber an keinem dieser Orte an seine Erfolge aus der Zeit vor dem Nationalsozialismus anknüpfen und starb 1972 in London.
Die Trümpy-Schule wurde von Berthe Trümpy, einer Schülerin der Tänzerin Mary Wigman, gegründet. Dort arbeitete sie bis zu deren frühem Tod 1932 mit der ebenfalls aus der Schweiz stammenden Vera Skoronel zusammen. Diese Schule für modernen Tanz war hinsichtlich des Gebäudes und der Tanztechnik die modernste ihrer Art. Sie gehörte zu den besten Unterrichtsstätten Europas. In den zwanziger Jahren leiteten Trümpy und Skoronel den Sprech- und Bewegungschor an der Volksbühne in Berlin, insbesondere 1927 den Bewegungschor mit arbeitslosen jungen Menschen für die Aufführung “Der gespaltene Mensch” von Bruno Schönlank.
In den dreißiger Jahren choreografierte Berthe Trümpy Massenszenen und Tableaus für Festveranstaltungen. 1939 ging Trümpy nach Italien und 1941 in die Schweiz zurück. In den fünfziger Jahren eröffnete sie ein Feinschmeckerrestaurant. Nach einem schweren Unfall 1979 lebte sie bis zu ihrem Tod 1983 zurückgezogen in einer Klinik in der Schweiz.
Am Ende der Blüthgenstraße finden Sie rechts an der Ecke die Botschaft der Republik Malawi.
Station 6.5: Westfälische Straße 86 / Ecke Blüthgenstraße / Botschaft der Republik Malawi
Malawi zählt zu den ärmsten Volkswirtschaften der Welt, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf beträgt 142 Euro pro Jahr. 42% der Bevölkerung müssen mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag auskommen. Im Human Development Index lag das Land 2013 auf Platz 174 von 187. In Malawi ist Korruption weit verbreitet. In diesem Fall ist das eine Art Verteilungskampf, die auf traditionellen Rechten, Vorrechten und Vormachtstellungen aufbaut. So gibt es neben dem öffentlichen Staatshaushalt einen informellen, der für die Stabilität des Landes wichtig, aber sehr konfliktträchtig ist. Die Wirtschaft ist überwiegend landwirtschaftlich ausgerichtet. Der Agrarsektor beschäftigt 90 % der Bevölkerung und erbringt fast 40 % des Bruttoinlandsprodukts und fast 90 % der Exporteinnahmen. Exportiert wird hauptsächlich Tabak, gefolgt von Tee und Zuckerrohr, während für den Eigenbedarf vor allem Mais angebaut wird.
Malawi war ab 1891 britisches Protektorat und ab 1907 Kolonie. 1915, als die britische Regierung die Wehrpflicht für die Koloniebewohner anordnete, revoltierte die einheimische Bevölkerung unter dem Baptistengeistlichen John Chilembwe gegen die Fremdherrschaft. Am 6. Juli 1964 erlangte das Land die Unabhängigkeit und wurde bis 1993 von dem Diktator Hastings Banda regiert. 1993 gab es ein friedlich ablaufenden Referendum, welches 1994 in freie Wahlen mündete. Initiiert worden war diese Entwicklung durch einen Hirtenbrief von sechs römisch-katholischen Bischöfen unter Führung von James Chiona im Jahr 1992, in dem erstmals seit Jahren öffentlich politische Reformen gefordert wurden.
Wir gehen nun weiter durch die Ruhrstraße und biegen links in die Westfälische Straße ein und treffen uns wieder vor der Einfahrt der Hausnummer 84.